Mittwoch, 30. August 2023

Tag 30 - Bye bye, Schule!

Sorry an alle, denen ich etwas Anderes in Aussicht gestellt hatte! :-)

Mail: futureperfectATgmxPUNKTde

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Dienstag, 29. August 2023

Tag 29 - Aufatmen, Luft holen.


Manche Beiträge sind ganz kurz, aber wichtig - die Arbeitsbescheinigung ist angekommen, das ALG I wird angewiesen, nach vielen Telefonaten und Mails und Verzweiflung. Mal schauen, wann die ersten Mahnungen eintrudeln, aber immerhin weiß ich jetzt, dass das Geld irgendwann kommt.

Tief durchatmen. :-)

Montag, 28. August 2023

Tag 28 - Schlüsselabgabe


Heute habe ich meine Schlüssel in der Schule abgegeben. Jemand sieht mich, strahlt mich an und fragt:

"Hey, geht's gut?"

Ich schüttele nur den Kopf.

"Oh, warum das denn?"

"Hmmm, warum das denn... ich bin zum siebten Mal in zwölf Jahren arbeitslos, nachdem es an meiner siebten Schule nicht geklappt hat. Das DLZP sendet meine Arbeitsbescheinigung nicht an die Agentur für Arbeit. Ich bekomme seit einem Monat kein Arbeitslosengeld. Ich bin nicht krankenversichert. Ich bekomme keinen Schwerbehindertenstatus. Ich habe meinen vierzigsten Geburtstag mit Psychopharmaka verbracht, weil ausgerechnet mein eigener Schulleiter mich vor dem gesamten Kollegium bloßgestellt hat. Wie geht es mir wohl?"

"..."

"Schlüssel. Schlüssel. Fernbedienung. USB-Stick. Noch Fragen? ... Gut."

Und damit habe ich diese Schule zum letzten Mal verlassen.

post scriptum: Ich bin nicht traurig oder wütend. Das war einfach nur eine extrem unangenehme Situation.

paulo post scriptum: Ich habe eben den Film "Deadstream" (2022) gesehen. Extrem witzige Horrorsatire auf Influencer und Followertum, ich habe sehr gelacht!

Samstag, 26. August 2023

Tag 26 - Warum ich Wordle liebe...


...und mir nur dafür - beziehungsweise ein Feature davon - ein Abonnement der New York Times (NYT) zugelegt habe:

Ihr wisst, ich liebe Sprache. Ich liebe ihre Fähigkeit, komplexe Konzepte zu vermitteln, die uns sonst zu beschreiben überfordern würden. Ich liebe ihre Wandelbarkeit - dass sie immer im Wandel ist, und das ("Durchschnitts-")Englisch von heute bereits ein völlig anderes ist als noch vor einer Woche; früher hätten Amerikaner bei corona an den Lichtkranz bei einer Sonnenfinsternis gedacht, heute denken sie zuerst an Covid-19.

Das fasziniert mich unglaublich, und ich bin gierig darauf, immer mehr über Sprache zu lernen. Dieses Wissen hat interessante Effekte: In meinem Amerikaurlaub hat niemand, mit dem ich mich unterhalten habe, gemerkt, dass ich Deutscher bin, ich bin voll mit dem Freizeitparkleben dort verschmolzen, als hätte ich nie was Anderes gemacht. Die Erkenntnis bei den Amis war dann immer wieder interessant im Gesicht abzulesen ;-)

Alles nur durch Sprache. Und ich bin mir immer bewusst, dass meine Englischkenntnisse noch extrem fehler- und lückenhaft sind (eine Frage der Relation). Damit ich merken kann, wie gut ich das gesamte englische Vokabular kenne, spiele ich Wordle von der NYT - ja, ich weiß, ich muss doch kein wandelndes Wörterbuch sein. Aber ich möchte es gern, es macht mich glücklich und erfüllt mich mit Zufriedenheit und Ausgeglichenheit und Ruhe.

Wer es nicht kennt: Man hat sechs Versuche, ein fünfbuchstabiges englisches Wort zu erraten, so wie das Spiel Mastermind früher: Man bekommt einen farbigen Hinweis, wenn ein Buchstabe im Wort vorkommt, aber an anderer Stelle, beziehungsweise wenn der Buchstabe genau richtig liegt.

Und nachdem man das Rätsel, das jeden Tag um exakt null Uhr Ortszeit (also für uns um Mitternacht) neu gestartet wird, gelöst hat, kann man sich mit einer künstlichen Intelligenz in Verbindung setzen, dem WordleBot, und für den brauche ich das Abo. Der Rest, das Spiel, ist kostenlos. Der Bot gibt mir dann in mehreren ausführlichen Erläuterungen eine Analyse, welche Rolle skill, also Fertigkeit, und luck, also Glück bei meinen Versuchen gespielt haben. 



 


Ich finde das wahnsinnig interessant, vor allem, weil ich dann auch erfahre, wie gut mein Skill und meine Wortkenntnisse gegenüber dem Durchschnitt der NYT-Leser sind, und somit weiß ich, ob ich noch mehr lernen muss oder "genug" weiß. Was natürlich niemals passieren wird. ;-)

Und damit ich mich auf die Analyse des WordleBot verlassen kann, spiele ich nach sehr strengen Regeln: Ich rate aus dem Kopf. Ich schlage keine möglichen Wörter nach, weder im dictionary noch online. Das führt dann eben dazu, dass ich keine hundert-Prozent-Quote habe; ja, ich habe es zweimal nicht erraten. Ich bin irgendwie stolz auf die Quote und die strenge Regeleinhaltung.

Ich liebe Wordle. Ich bin ein Wordler. Ich liebe Lernen. Und Sprache. Und das Leben an sich.

Freitag, 25. August 2023

Tag 25 - Beste Absage ever!


Fuck, wie gut ein Telefonat tun kann. Ich habe gestern und heute je eines hinter mich gebracht, und ich habe es selten gehabt, dasss ich nach einem Telefonat fröhlich klatschend durch die Wohnung gesprungen bin. The Reason I Jump. Nice!

Ich rufe eine unbekannte Schulleiterin an, aus eigenem Impuls heraus. Sie hat bei mir für eine Vertretung angefragt. Grund- und Regional- beziehungsweise Gemeinschaftsschule. Klein, ein- bis zweizügig, fünfundzwanzig Minuten mit dem Bus, inklusive Förderzentrum. Genau das richtige Umfeld für mich - wollte ich früher nicht wahrhaben, aber ich weiß jetzt als special needs person, wie wichtig das für mich ist.

Gesucht wurde eine Vertretung zunächst für ein halbes Jahr zwanzig Stunden, eventuell auf ein Jahr siebenundzwanzig aufstockbar. Ich bin jetzt seelentechnisch an einem Punkt angekommen, wo ich mich auf eine neue Schule einlassen kann, selbst wenn es nur für eine Vertretung ist. Geld muss dringend her, und zwar jetzt, denn die Arbeitsbescheinigung ist immer noch nicht eingereicht worden. Ich bekomme kein Geld, weil das DLZP seine Arbeit nicht richtg macht. Meine Sachbearbeiterin hat vorhin ihren guilt trip abbekommen, und wenn es drauf ankommt, kann ich das richtig gut. Ärgerlich nur, dass es manchmal eben darauf ankommen muss.

Dann habe ich überlegt, warum die Schulleiterin sich bei mir gemeldet hat. Nicht nur per Mail, sondern zusätzlich per Nachricht auf dem Anrufbeantworter, und mir deutlich gesagt hat, dass die Stelle vierundzwanzig Stunden für mich freigehalten wird. Das ist ein Luxus, der ist nicht normal. Solch' einen Aufwand hat damals nur die Nordseeschule in St.Peter-Ording für mich betrieben, weil sie mich behalten wollte. Um. Jeden. Preis. Also habe ich angerufen und gefragt, warum ich angefragt wurde, weil nämlich zu genau jener Vertretungs-Grundschule zwei FörderschulkollegInnen von mir an der Toni Verbindungen haben und es mich nicht überrascht hätte, wenn mein Name in Gesprächen dort gefallen wäre. Ist tatsächlich schonmal vorgekommen, es gibt nicht nur Schlechtes über mich zu berichten ;-)

Interessanterweise hat sich in unserem Telefonat aber herausgestellt, auch wenn das so explizit wohl nicht gesagt werden darf, dass das an meinem Gleichstellungsstatus mit Schwerbehinderten liegt. Tatsache - im pbOn, dem Schulbewerbungssystem, ist nämlich jetzt der Eintrag schwerbehindert freigeschaltet - und es zeigen sich erste Wirkungen.

Wir haben dann in einem tollen, offenen Gespräch mit weinenden und lächelnden Augen festgestellt, dass diese Stelle für mich nicht optimal geeignet ist. Der Impuls ging von mir aus, ich habe also quasi abgesagt. Genau das, worüber ich letztens hier geschrieben hatte - es wirkt! Es funktioniert! Und das gibt mir eine so unglaubliche Seelenruhe, dass ich jetzt endlich bereit bin, mein Leben anzugehen. Das Aufräumen. 

Das war eine der besten Absagen evar

post scriptum: Das andere Gespräch war ein Telefonat mit Mama vorhin über genau das (und mehr) - das hat mich klatschend in der Wohnung zurück gelassen. Diesen Tag lasse ich mir durch nichts wegnehmen!

Mittwoch, 23. August 2023

Tag 23 - Aspi-Heaven


Langsam realisiere ich, dass ich jetzt Zeit habe. Das merke ich an den Nachrichten, die ich auf Anrufbeantworter und per Mail bekomme; da gibt es Schulen, die momentan dringend Vertretungslehrkräfte suchen und wegen meiner Note werde ich vielen von ihnen angezeigt. Macht also doch etwas aus, die Note, aber leider nichts, was mir bisher geholfen hätte. Schönkirchen hat per Anruf und Mail angefragt, und da es eine Zusammenarbeit mit der Toni gab, könnte ich mir vorstellen, dass irgendjemand meinen Namen bei der Schönkirchener Schulleiterin hat fallen lassen. Das klingt theoretisch auch nach einer sehr interessanten Stelle - allerdings ist es eben nur eine Vertretung. Das mache ich nicht mehr ohne Perspektive.

Aus irgendeinem Grund spiele ich in dieser Phase wieder survival horror-Videospiele, eine schöne Kombination aus Rätsellösen, Plotaufdecken und Selbstverteidigung. Da gibt es einige brillante Spiele, eines von ihnen ist Silent Hill 2. Wenn die große Buba das liest, wird sie da vermutlich nicht besonders begeistert sein, denn sie war damals, als wir das gespielt haben, definitiv underwhelmed. Vielleicht hat es daran gelegen, dass wir aus Versehen ein anderes Ende als das Kanonende freigespielt haben, ich weiß es nicht.

SH2 ist in so vielerlei Hinsicht ein Meilenstein der video game history. Horrorspiele, bei denen man herumrennen und Zombies umlegen muss, das gibt es reichlich, und letztlich ist das gar nicht so weit von der primitiven Befriedigung einer Moorhuhn-Jagd entfernt. Silent Hill zeichnet sich dadurch aus, dass es psychological horror ist, also alles im Kopf stattfindet. Eines meiner Lieblingsgenres. Wieviel mir das Spiel bedeutet, merkt man am Blogbild, das ich fast immer benutze, wenn es um etwas Psycho-logisches geht. Eine Spielszene.

Plot nur ganz kurz: Ein Witwer erhält einen Brief aus Silent Hill, von seiner Frau Mary, die ein paar Jahre zuvor verstorben war. Verwirrt reist er nach Silent Hill, um dort Antworten zu finden. Diese Prämisse ist terrific, spannend, wirft viele Fragen auf und kommt zu einer Erklärung, die tiefenpsychologisch interessant ist. Da hat mein Kopf etwas zu tun, das mag ich.

Jedenfalls ist das Spiel zweiundzwanzig Jahre alt; damals sah die Szene noch so aus:

Es gibt mehr technische Möglichkeiten, das gut umzusetzen, mit der Playstation 5. Was mich aber besonders auftreibt ist das Entwicklerteam. Für das Remake zeichnen Bloober Team verantwortlich. Das ist eine Truppe aus Polen, die das unglaublich gute Layers of Fear kreiert haben. Das haben sie so gut gemacht, dass ich ihnen bereits aufgrund weniger Spiele vollkommen vertrauen kann.

Das ist Aspi-Heaven. Eines der besten psychological horror adventures aller Zeiten wird von einem Team überarbeitet, das den psychological horror auf seiner Visitenkarte hat. Ich bin sehr gespannt!

Und warum spiele ich überhaupt solche unheimlichen und grauslichen Spiele? Ganz einfache Antwort: Um mich meinen Ängsten zu stellen, und das führt tatsächlich in der Realität dazu, dass ich wesentlich entspannter bin als noch vor ein paar Jahren. Beschäftigung mit Horror nimmt dem Unbekannten den Schrecken.

Ich bin unheimlich aufgeregt und werde selbstverständlich einen Eintrag zu der Neuauflage des Spiels verfassen. Ist nicht alles schlecht in der Arbeitslosigkeit, solange es nur eine Transitionsphase ist.

Dienstag, 22. August 2023

Tag 22 - Weitergeleitet


Heute habe ich endlich, nach Urlaub und Gehaltszahlungsphase, meine Sachbearbeiterin im Dienstleistungszentrum Personal S-H erreicht und gefragt, wie denn der Stand der Dinge ist hinsichtlich der Arbeitsbescheinigung, die ich für das Arbeitslosengeld brauche.

Ja, sie war ja im Urlaub, und das ist alles weitergeleitet worden, schauen wir mal im System, Dr Hilarius, ah, hier steht, dass das schon am elften August erledigt wurde, aber das hat nicht geklappt? Das ist ja seltsam?

Wenn man solche Sätze am Telefon hört, tanzt der Dalai Lama im Hintergrund den "Nichts ist entspannender..."-Walzer. Ich habe immer nur ja und amen gesagt, während sie versucht hat, nachzuvollziehen, was da wohl geschehen ist oder nicht. Eigentlich sollte das also schon erledigt sein. Faszinierend: Erst während des Telefonats habe ich die Mail-Lesebestätigung von ihr bekommen - darauf habe ich seit gestern gewartet.

Ich mag nicht mutmaßen, was da falsch gelaufen ist. Das Bürokratiergehege erfindet sich ständig neu. Stand jetzt ist, dass ich Freitag mal schauen soll, ob das bis dahin geklappt hat, und ansonsten möge ich sie doch bitte wieder anrufen. Das macht mir nicht gerade Mut. Ich versuche dann mal, in der Zwischenzeit die Papierfluten abzuarbeiten, die postalisch eintrudeln.

Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass ein Antrag auf Gleichstellung schneller durchgeht als ein Antrag auf Arbeitslosengeld.

Montag, 21. August 2023

Tag 21 - Rückenwind, gleichgestellt!


Zwar ein kleiner Schritt, aber immerhin einen Schritt weiter.

Ich habe Post vom Landesamt für soziale Dienste bekommen, mein Widerspruch ist rechtzeitig eingereicht worden und ich habe nun bis Ende September Zeit, zusammen mit meinem Psychiater eine Widerspruchsbegründung zu formulieren. 

...so ganz war es das noch nicht. Es kommen in dieser Phase viel zu viele Briefe hereingeflattert, und so ist am Wochenende Post von der Agentur für Arbeit gekommen, mit der Nachricht, dass mein Antrag auf Gleichstellung mit Schwerbehinderten angenommen wurde und ich ab dem zweiten August unbefristet gleichgestellt bin.

Ein kleiner Schritt deswegen, weil das Hauptziel natürlich immer noch ist, einen höheren GdB zugestanden zu bekommen. Dennoch kann ich jetzt die Schwerbehinderung in den Bewerbungsunterlagen angeben, und das Nachdenken darüber hat zu einigem Schmunzeln geführt.

Die Chancen auf eine feste Stelle dürften damit von Null ein wenig gestiegen sein, und theoretisch so hoch, dass ich bei Zusage einer Schule immer noch absagen kann, wenn Recherche ein toxisches Arbeitsumfeld ergeben sollte - oder wenn ich mit Antworten aus dem Auswahlgespräch nicht zufrieden bin; ich werde mir ein paar sehr konkrete Fragen und Situationen überlegen, die für eine autistische Lehrkraft an einer Schule relevant sein könnten, und wenn mir die Antworten abschließend nicht gefallen, dann werde ich dort nicht unterschreiben. Natürlich ohne Angabe von Gründen - das kann man auch anders herum spielen.

Ich muss zugeben, ich habe ein bisschen gestaunt. Das war dieser sehr umfangreiche Antrag, bei dem ich irgendwas angekreuzt hatte, das Kreuz aber nicht wieder entfernen konnte, und es sah alles nur zur Hälfte ausgefüllt aus. Schön, dass es gereicht hat. 

Mit Motivation in eine neue Woche!

post scriptum: Ihr Lieben, ich rufe morgen an!

Samstag, 19. August 2023

Tag 11&19 - Der vierzigste Geburtstag


Teil 1

Hallo Flo!

Heute ist mein Geburtstag, das bedeutet, dass Du in ein paar Tagen dran bist. Ich nulle, um Sir Peter Ustinov zu paraphrasieren: Ein Jubiläum ist ein Tag, an dem eine Null für eine Null von vielen Nullen gefeiert wird. Vierzig also. Ich verbringe den Tag wie immer seit einigen Jahren ganz allein und eher ruhig. Das macht mir nichts aus, im Gegenteil, ich empfinde das sogar als sehr angenehm, und da wären wir bei dem Grund, warum ich Dir schreibe.

Es ist gut zehn Jahre her, dass wir uns näher kennengelernt haben, damals wohnte ich in dieser miesen kleinen Wohnung mit der Kesseltherme für heißes Wasser; damals hast Du dich ein paarmal auf den Weg gemacht, um mich zu besuchen. Das war schön, das waren Highlights, die mir durch das Referendariat geholfen haben. Du warst damals fünfundzwanzig Jahre alt, und ich bildete mir tatsächlich ein, dass es damals einen klitzekleinen Unterschied zwischen uns in der Reife gab. Es wäre witzig, einmal zu sehen, wie sich die Dinge entwickelt hätten, wenn wir beide zehn Jahre älter gewesen wären.

Wahrscheinlich nicht anders; boys will be boys. Wir würden Spaß haben, viel miteinander reden, und ich würde es wahrscheinlich genau wie damals schaffen, Dich immer wieder zu verletzen mit Kleinigkeiten, die ich Dir etwas zu direkt gesagt hatte. Und ich würde mich genauso wundern, dass Du trotzdem immer wiedergekommen bist. Du hast Dich weder von meiner Art abbringen lassen noch von Deinen Freunden und Deiner Familie, die Dir sehr deutlich gemacht haben, dass sie nicht wollen, dass wir Zeit zusammen verbringen. Weil ich ein Freak sei.

Wir konnten damals ganz offen darüber reden, vielleicht erinnerst Du dich. Und ich hatte Dir damals erklärt, dass es okay ist, dass sie so denken. Viele Menschen haben genau das über mich gedacht. Aber warum? Nur weil ich andere Kleidung getragen habe als sie? Sie hatten mich doch noch nicht einmal kennen gelernt - warum sind sie so schnell zu einem Urteil über mich gekommen? 

Weil ich anders bin, und viele Menschen reagieren mit Vorsicht, Angst oder daraus resultierendem Hass auf alles Unbekannte. Ich kenne das mein Leben lang, und bis vor ein paar Jahren konnte ich nicht verstehen, warum. Ich habe immer versucht, alles richtig zu machen, warum bekam ich "trotzdem" immer diese Behandlung? Zu jeder Zeit gab es maximal eine Handvoll Menschen, mit denen ich richtig eng befreundet war. Im Lateinstudium ging das etwas leichter, weil da mehrere Freaks waren, ebenfalls anders, und das macht die Kommunikation vielleicht etwas leichter.

Genau wie Du sind sie bei mir geblieben. Ich merke das besonders drastisch, wenn ich an eine neue Schule komme und im neuen Kollegium viel über mich gelästert wird. Und es kommt kaum jemand auf mich zu mit dem Wunsch, mich etwas näher kennenzulernen und seine Meinung vielleicht zu ändern.

Oh, kleines Update, wenn ich schreibe "wenn ich an eine neue Schule komme" - ich habe noch immer keine unbefristete Stelle, ich habe mittlerweile an sieben verschiedenen Schulen unterrichtet. Ich würde gern sagen, dass meine Chance auf eine Planstelle in den letzten Jahren etwas gesunken sei, aber sie war immer schon niedrig, und leider kommt das auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht selten für Menschen wie mich vor. 

Unser Kontakt ist vor etwa sieben Jahren auf sehr unschöne Weise abgebrochen, und deswegen schreibe ich Dir jetzt, denn es gibt da etwas, das ich Dir seit Jahren mitteilen möchte - aber ich habe es immer wieder vor mir hergeschoben. Mal, weil ich dachte, dass ich es Dir lieber persönlich sagen würde, damit Du Fragen würdest stellen können, die Dir danach vielleicht in den Kopf kommen - mal, weil ich lange überlegt habe, wie ich Dir das mitteile - als Mail, als Brief oder vielleicht als Video auf einem USB-Stick.

Ich weiß, dass Du diesen Brief nicht lesen wirst, denn ich schicke ihn nicht an Dich. Es ist nur ein Beitrag für meinen Blog. Weil ich immer noch Angst habe, noch mehr Porzellan zwischen uns zu zerbrechen. Deswegen schreibe ich den Brief quasi als öffentlichen Tagebucheintrag, in dem ich ein paar Details auslasse, wegen privat und so. 

Was ich schreibe, soll keine Rechtfertigung für mein Verhalten von damals sein, sondern eine Erklärung, damit wir nicht genau wie damals ratlos bleiben, was bei uns nicht geklappt hat. Kurz und schmerzlos gesagt: Ich bin geistig behindert, ich bin Autist und Du nicht.

Ich wäre damals nie auf so eine Erklärung gekommen, und das, obwohl ich zu dem Zeitpunkt schon mehrere AutistInnen unterrichtet hatte. Autisten, das waren für mich immer diese empathielosen Menschen, die kaum reden und einem nie in die Augen schauen können. Mittlerweile weiß ich, dass das "Autismusspektrumsstörung" heißt und es sie in ganz unterschiedlichen Ausprägungen gibt, auch in vermeintlich unauffälligen wie bei mir. Was bedeutet das konkret? Jetzt kommt keine psychiatrische Auflistung von Symptomen, sondern nur ein paar Dinge, die für uns damals hilfreich zu wissen gewesen wären.

Ich sage Menschen in der Regel völlig unverblümt, was ich denke - und das kommt nicht bei allen gut an, gerade wenn ich sie auf vermeintliche Fehler ihrerseits hinweise. Dabei will ich damit eigentlich nur helfen - und dass ich nicht emotionslos bin, das haben wir damals recht gut gemerkt. Ich nehme die Welt nur anders wahr, sachlicher. Ich deute nicht in jede Kleinigkeit etwas hinein, was man zu mir sagt, und im Gegenzug meine ich alles, was ich sage, auch fast immer wörtlich. "Fast", weil ich bei meiner Diagnose "high functioning autism" mir Strategien überlegt habe, möglichst unauffällig zu sein. Ich beobachte, wie andere Menschen sich in Situationen "korrekt" verhalten und ahme es nach. Das hat so gut geklappt, dass in fünfunddreißig Jahren niemand auf die Idee gekommen ist, mich einmal zu einem Psychiater zu schicken. 

Nun wirst Du fünfunddreißig Jahre alt, und vielleicht möchte ich uns mit diesem Brief auch "closure" bringen, das Gefühl, dass alles in Ordnung ist und wir mit unseren Brennpunkten von damals abschließen können. Ich bin Autist und Du neurotypisch - quasi "normal". Und das hat zwischen uns für Missverständnisse gesorgt, wir haben uns gegenseitig verletzt. Es hat aber auch dafür gesorgt, dass Du bei mir geblieben bist - sei es nun wegen der Ausstrahlung meinerseits (Du hattest damals so etwas zu mir gesagt), oder - eher noch - weil Du auf Deine Weise ein anderer Mensch bist als viele Anderen.

Du hast Dir die Zeit und das dicke Fell genommen, mich näher kennenzulernen, und so ist es nicht zu dieser Ablehnung gegenüber dem Unbekannten gekommen. Du bist ein aufgeschlossener Mensch, offen und neugierig; nicht jeder kann das von sich behaupten, und das war ein Glück für uns. Wie damals meine SchülerInnen (wir wollen ja politisch korrekt sein, woke eben ^^): Die haben mich wenigstens vier bis fünf Wochenstunden lang kennengelernt und nicht nur vom Hörensagen, und sie waren fast immer ganz auf meiner Seite, das hat mir viel Kraft gegeben, wenn Eltern oder Schulleitungen mir aufgrund Hörensagens die Hölle heiß gemacht haben, eben weil ich so ein unkonventioneller Lehrer bin.

Du nicht - und dafür möchte ich mich aufrichtig bedanken. Ich hoffe, dass Du dir diese Offenheit bewahren kannst, Menschen nicht nach dem Äußeren zu beurteilen. Der Spruch mit dem Buch und Cover kam damals öfters von Dir ;-) Und letzten Endes sind wir damals nicht auseinander gegangen, weil es zwischen uns nicht funktioniert hätte - das hat nur die Probleme verstärkt, die wir damals aufgrund des Drucks von der "Außenwelt" hatten. Der war für uns beide schwer auszuhalten.

Ich hoffe, mit dieser Erklärung kann ich Dir ein wenig von Deinen Schuldgefühlen nehmen, dass Du es zwischen uns zerbrochen hast. Ich weiß jedenfalls, dass es mir viele dieser Schuldgefühle genommen hat, ich weiß, dass es aufgrund der Kommunikationsprobleme zwischen einem Autisten und einem neurotypischen Menschen diese "Streits" gab, die nie stark genug waren, um zu verdecken, dass wir tatsächlich Freunde waren - und vielleicht immer noch sind. Meinerseits auf jeden Fall. Ich trage fast immer, wenn ich rausgehe, den Anhänger mit mir, und hin und wieder fragen SchülerInnen auch mal nach, was es damit auf sich hat ;-) Und es hängt auch immer noch das große Bild in der Wohnung, von unserem "Fotoshoot" mit meinem Bruder damals. 

Ich bin jedenfalls nach allem glücklich, dass wir uns kennengelernt haben, denn es hat mir so viel über mich selbst verraten. So hast Du es damals auch formuliert, auf Dich selbst bezogen. Eine Ähnlichkeit gab es dabei - wir haben beide gelernt, inwiefern unser Verhalten andere Menschen verletzen konnte, und haben versucht, bessere Menschen aus uns zu machen.

"Bessere Menschen", was für ein blöder Ausdruck. Als müsste man einen Soll erfüllen, um ein guter Mensch zu sein. Ich glaube immer an das Gute im Menschen.

Danke, Flo, dass Du auch so geglaubt hast, und sicherlich auch immer noch glaubst. Behalte Dir das bei! Und vielleicht siehst Du unsere gemeinsame Zeit damals ja auch inzwischen mit etwas anderen Augen, schon weil Du etwas "reifer" greworden bist, und damit bin ich wieder bei dem Käse von oben mit dem Alters- und Reifeunterschied zwischen uns. Du bist nun etwas älter, als ich es damals war. Würdest Du nun Dinge anders machen als damals? Wer weiß das schon...

Happy Birthday!

Mit vielen lieben und dankbaren Grüßen,

Dr Hilarius 

ps.: Immer fleißig an's "Putzen, putzen" denken" :D 

 

Teil 2

Wie verbringe ich meinen vierzigsten Geburtstag? Ehrlich gesagt, habe ich darüber erst nachgedacht, als die große Buba am Vorabend da war. Tag wie jeder Andere, oder? Ach warte mal, diesmal ja mit einer Null, als ob das etwas Besonderes wäre. Wird mein Leben jetzt irgendwie anders?

Ich meine mich zu erinnern, wie ich an meinem dreißigsten Geburtstag mit der Tante in Husum in einem Café war, und ich glaube, ich meinte damals, dass mein Leben sich etwas aufregender anfühlte - dass ich gespannt sei auf alles, was in den Dreißigern passiert, und dass ich wie ein neugieriger Entdecke darauf zu gehe.

Inzwischen habe ich viele Antworten gefunden, teilweise auf Fragen, die ich mir gar nicht gestellt habe. Ich fühle mich nicht ganz so entdeckerig-neugierig, im Gegenteil, ich fühle mich ein kleines bisschen müde. Ich vermute mal sehr stark, dass das mit meiner beruflichen und privaten Talfahrt zusammenhängt.

Immerhin fühle ich mich aber optimistisch. Nicht, dass ich einen unbefristeten Job finde, und erst recht nicht, dass ich verbeamtet würde. Auch nicht, dass ich rechtzeitig mein Arbeitslosengeld bekomme. Kleine Schritte gehen: Erstmal optimistsch sein, dass ich vielleicht doch noch meinen Schwerbehindertenstatus bekomme.

Aber auch realistisch bleiben. Mir wird jetzt noch übel, wenn ich an die vielen Mitmenschen denke, die mir gesagt haben, okay, dann hat das jetzt an der Schule nicht geklappt, aber nächstesmal bewerbe ich mich als Schwerbehinderter, und dann bekomme ich endlich meine Stelle - und dann kam die "Ablehnung" vom LaSD.

Ich hasse solche "Versprechungen", die sich dann als leider falsch herausstellen. Deswegen ist einer der Gedanken im Buddhismus, dass das Leben leichter ist, wenn man sich keine Hoffnungen macht - denn die haben immer das Potential, zu Enttäuschungen zu führen.

Ich wollte Einiges in den Ferien machen, ich wollte meine Eltern besuchen, in den Hansa-Park fahren, ich wollte in Hamburg mit der S-Bahn fahren und endlich mein Bad auf Vordermann bringen. Während manchmal einfach das Wetter in diesem Sommer dagegen war, lag es teilweise auch an eben jenen Enttäuschungen, die mich jedesmal wieder in eine Art Schockstarre versetzt haben. Ich habe es satt, aber ich kann eben auch nichts dagegen tun. Nichts gegen unser Schulsystem (oder zumindest Aspekte davon) und nichts gegen Teile unserer social security.

Auch wenn ich meinen Geburtstag seit Jahren immer allein verbringe, spüre ich an diesem Tag die lieben Menschen, die in Gedanken bei mir sind. Es ist immer ein Meditationstag, und wie in jeder Meditation geht es zuerst immer darum, die größten Probleme gedanklich anzugehen, damit man am Ende vielleicht bei ausschließlich positiven Denkweisen ankommen kann. 

Wie wird es wohl, wenn ich meinen fünfzigsten Geburtstag habe? Die große Buba hat auf ihre Karte für mich ganz charmant geschrieben, dass sie dem alten Frettchen zum hundertsten Geburtstag gratuliert (und ich wiehbe sie dafür). Und im Flur hängen jetzt zwei Thalia-Titten, in die ich immer reinrenne, wenn ich aus dem Bad komme, und so langsam sehen sie aus, als hätte da jemand die Luft rausgelassen.

Aufgabe für das neue Lebensjahr: Die Ballons nicht zum Sinnbild für mein Leben werden lassen! ;-)

Donnerstag, 17. August 2023

Tag 17 - Nicht erreichbar


"Ja, ähä, leider muss ich ihnen mitteilen, dass unsere Sachbearbeiter wegen der Gehaltszahlungen heute und morgen nicht erreichbar sind, sondern erst ab Montag wieder. Einen schönen Tag noch!"

Ganz ruhig bleiben. 

Erste Auskunft heute von der Agentur für Arbeit - immerhin ehrlich: Sie können meinem Arbeitgeber auf die Füße treten, auch mit Rechtsmitteln, um an die Arbeitsbescheinigung für mein Arbeitslosengeld zu kommen. Allerdings können sie das nur in Form eines Schreibens mit einer Frist von vier Wochen, und wenn die nicht eingehalten wird, einer nochmaligen Frist von vier Wochen. Das kann ich also vergessen. Trotzdem bin ich froh, dass die nette AA-Frau mir das heute ganz offen erklärt hat, und das Schreiben geht raus, aber ich sollte mich unbedingt auch nochmal direkt mit dem Dienstleistungszentrum Personal in Verbindung setzen. Wenn die Arbeitsbescheinigung innerhalb der nächsten zwei bis drei Tage online übermittelt wird, sollte eine Auszahlung Anfang September möglich sein.

Also rufe ich meine DLZP-Sachbearbeiterin an, und da kommt eine Bandansage, dass zur Zeit die Gehaltszahlungen laufen und deswegen keine Auskünfte zu Personaldaten möglich sind. Danach dauerhaftes Besetztzeichen, ich komme nicht durch, vier Versuche. Also rufe ich bei der allgemeinen DLZP-Hotline durch, wo sich ein Mann ohne Namen meldet und mir scheinbar mit einem leichten Schmunzeln die obige Ansage macht. 

Gaaaaaaaanz ruhig bleiben.

Da hilft es auch nicht viel, wenn die Dame der AA mir erklärt, dass das Arbeitslosengeld ja auf jeden Fall rückwirkend zum ersten August gezahlt wird; es ist nicht da, wenn ich es brauche, und das ist ein Problem, mit dem ich auf dieser Welt garantiert nicht allein bin. Warum muss sich ausgerechnet diese Geschichte wiederholen?

Dienstag, 15. August 2023

Tag 15 - Clonidin


Eigentlich hätte hier schon längst ein Beitrag zu meinem Geburtstag stehen sollen. Der ist auch fast völlig fertig. Fast völlig fertig bin auch ich, denn an meinem Geburtstag, neun Tage nach Absenden, habe ich die Lesebestätigung der Mail bekommen, in der ich meine Sachbearbeiterin im Dienstleistungszentrum Personal dringend gebeten habe, eine Arbeitsbescheinigung für meinen Antrag auf Arbeitslosengeld bis spätestens zum sechzehnten August einzureichen. War wohl im Urlaub, naja, ist ja nicht so, als ob Ende Juli mehrere Lehrkräfte arbeitslos würden bzw. eine neue Arbeit aufnehmen.

Heute ist also der Fünfzehnte. Abends. Nach wie vor ist bei der Agentur für Arbeit nichts angekommen. Und da dachte ich, ich sei klug, und rufe meine Sachbearbeiterin im DLZP einfach einmal an, rechtzeitig vorher, aber nein. Dort kommt nur eine Bandansage, dass am vierzehnten und fünfzehnten August keine Mails bearbeitet und keine Anrufe entgegen genommen werden können, weil mit Hochdruck an den Gehaltszahlungen gearbeitet würde.

Panikattacke, ich liege heulend auf dem Bett, fünfundsiebzig Mikrogramm Clonidin, um den Blutdruck zu senken, eine halbe Stunde später bin ich wieder ruhig. An der Sache ändert das natürlich nichts. Also rufe ich direkt bei der AA an und erkläre meine Lage, und bekomme dort von einer sehr netten Dame einen genauen Plan: Wenn in zwei Tagen das Dokument nicht eingereicht wurde, soll ich die Kontaktdaten der DLZP-Dame an die AA weitergeben, damit sie ihr deutlich auf die Füße treten können.

Das sollte natürlich alles ein wenig beruhigen, tut es aber nicht, denn ich sehe den Monatswechsel ohne Arbeitslosengeld kommen, genau so wie bei'm letzten Mal. Und ich werde diesen Beitrag zum Vierzigsten erst dann posten, wenn es mir nicht mehr mies geht.

Donnerstag, 10. August 2023

Tag 10 - Badewannen-Stopfkopf


An meiner Badewanne ist ein Teil abgebrochen. Diese Wanne hat nicht einfach einen Stöpsel, sondern einen fancy (aber billig verarbeiteten) Mechanismus - man muss eine Scheibe an der Seitenwand drehen, damit der Stöpsel hoch oder runter geht. Weil das Ganze aber aus Plastik ist und acht Jahre lang für Bäder benötigt wurde, ist die Scheibe am Plastikgelenk abgebrochen. Ich kann den Stöpsel nicht mehr öffnen und schließen, und da hilft (bisher) auch kein Wiederankleben.

Meine Idee ist es, mich in einem ruhigen Moment hinzusetzen und einen anderen Mechanismus auszutüfteln, aber ich brauchte gerade eine schnelle Lösung - was tun? Die logische, ganz einfache Antwort wäre, mal eben in's Rewe Center zu gehen und einen Auflegestöpsel zu besorgen, die sind aus Gummi und sollten einfach und günstig zu bekommen sein.

Ein Autist kennt aber keine einfachen Lösungen. Zumindest nicht immer; wie oft musste ich mir im Leben schon anhören "Ah, Du hast es erledigt, aber warum hast Du es denn so umständlich gemacht?" - für neurotypische Menschen liegen die einfachsten Lösungen oft auf der Hand. Ich dagegen setze mich hin und denke intensiv nach. Das kostet Zeit und ist wenig pragmatisch - bis ich die Lösung habe, nehme ich eben kein Bad mehr.

Diesmal aber nicht. Irgendwie bin ich auf die Idee gekommen, den Abfluss mit einer Plastiktüte abzudecken und zum Beschweren dann einen meiner Glasköpfe (für Headsets) umgedreht draufzustellen. Das hat tatsächlich funktioniert, die Wanne war komplett dicht und so hatte ich bei'm Baden dann einen Kopf zwischen meinen Beinen.

Get your mind out of the gutter...

Mittwoch, 9. August 2023

Tag 9 - Pink Judeath


"Ja, ich habe gerade ihren Lebenslauf gesehen, das muss auch echt anstrengend und belastend sein, wenn man immer wieder an eine neue Schule kommt, immer wieder neue..."

"Sie müssen mir nicht erklären, wie sich das anfühlt. Das weiß ich seit zehn Jahren sehr gut. Diese Phrasen helfen mir nicht. Meine Frage ist: Warum bin ich hier? Was können wir tun?"

Das muss ein bisschen harsch geklungen haben, als ich meine Sachbearbeiterin "R" abgewürgt habe, als sie gerade das Mitleids-Skript herunterrattern wollte. Und auch auf ihre Begrüßungsfrage "Wie geht es ihnen?" habe ich vielleicht ein bisschen zu ehrlich geantwortet, habe ihr direkt von den Problemen mit dem ALG-Antrag erzählt - ach ja, ich wollte heute meine Sachbearbeiterin im Dienstleistungszentrum Personal Schleswig-Holstein erreichen, bin extra eine Stunde früher aufgestanden, habe extra gestern vor dem Schlafengehen eine Tablette Bromazepam genommen, damit ich zum einen gut schlafen kann und zum anderen heute dann ruhig und entspannt bin und mich ohne Wut oder Traurigkeit über die Ungerechtigkeit der Situation mit diesen Menschen unterhalten kann.

Es war ein schöner Termin und bei'm Herausgehen ist mir erst bewusst geworden, dass ich im Gespräch vielleicht etwas zynisch und unwirsch war, und das tat mir so leid, weil R alles richtig gemacht hat. Freundliches, aufgeschlossenes Auftreten, mir zugewandt, mich über Rechte und Pflichten aufgeklärt und sich für mich als direkter Ansprechpartner für alles angeboten, auch wenn sie in vielen Fällen mir wahrscheinlich nur sagen kann, an wen ich mich stattdessen wenden muss.

Aber das hilft, das tut gut. Zu wissen, ich habe in der AA jetzt eine R, mit der ich kommunizieren kann. Und sie hat mich darin bestätigt, dass ich mich jetzt erstmal auf mich konzentrieren soll - dass ich nicht sofort in die erste Vertretungsstelle, die sich anbietet, einsteigen muss. Ich habe erstmal Wichtigeres zu erledigen. Und es muss heartbreaking für sie gewesen sein, meinen Lebenslauf inklusive aller Empfehlungen vor sich zu sehen und mir mitteilen zu müssen, dass sie mir leider keine Stelle verschaffen kann. 

Pflichtgemäß hat sie natürlich auch die Frage gestellt, ob ich denn schonmal überlegt habe, etwas Anderes zu machen. Ich habe ihr dann die Anekdote mit der Toni erzählt ("Entweder es klappt, oder ich hänge den Beruf an den Nagel"); dann wiederum, dass ich gerade die Arbeit im Brennpunkt mit SchülerInnen der Klassenstufen sieben bis zehn nicht nur kann, sondern auch liebe, und sie hat mir dann beigepflichtet mit dem Punkt, dass so viele Menschen auf Lehrerstellen gesetzt werden, die gerade diese Arbeit nicht machen wollen oder können. Dass es einfach unfair ist. Und dass ich gerade deshalb unbedingt Lehrer bleiben sollte.

Trotzdem war es ein schöner Termin. Nicht nur wegen Bromazepam, sondern auch weil R mich so intensiv an Judith Rakers erinnert hat, blond, mit dem offenen, hellen Lächeln, und sie hatte nur pinke Kleidungsstücke an und einen pinken Armreif. 

Liegt vielleicht an der Barbenheimer-Welle...

Dienstag, 8. August 2023

Tag 8 - Wahrsager


Heute waren gleich drei Briefe auf einmal in der Post, die nichts mit Einkauf aktuell und ähnlichem Gedöns zu tun hatten. Zweimal steht als Absender Agentur für Arbeit (AA) drauf, einmal Deutsche Post Zentrale Bonn. Habt Ihr das auch manchmal, dass man auf den Absender schaut und sich erstmal ausmalt, was wohl in dem Brief stehen könnte? Es gab Phasen, da waren diese Ausmalungen so gruselig, dass ich Briefe ungeöffnet zur Seite gelegt habe. Heute nicht.

Der Brief von der Post ist super, denn darin befindet sich der Rückschein, der mir bestätigt, dass mein Widerspruch fristgerecht im Landesamt für soziale Dienste in Neumünster angekommen ist. Anders sieht es bei den Briefen der AA aus, da steht bestimmt drin, dass ich alle Anträge falsch ausgefüllt habe und neurotypisch bin und kein Recht auf Gleichstellung mit Schwerbehinderten habe. 

Aber nichts davon; ein Brief gibt mir eine PIN für meinen AA-Account, mit der ich dann mehr Funktionen werde nutzen können. Der andere Brief bedankt sich bei mir für den Antrag auf Arbeitslosengeld, kann aber leider nicht bearbeitet werden, weil noch die Arbeitsbescheinigung des Ministeriums (Landes?) fehlt. Ich solle mich doch bitte umgehend bei meinem ehemaligen Arbeitgeber melden und auf diese Bescheinigung hinweisen.

Das habe ich bereits gemacht. Und genau wie in jenem Post befürchtet geht es schon wieder los mit der Verzögerung der dämlichen Arbeitsbescheinigung. Langsam frage ich mich, ob ich nicht lieber als Wahrsager tätig sein sollte, die Toni-Schulleiter-Katastrophe hatte ich auch vorhergesehen.

Oder vielleicht ist es einfach nur das Wiedererkennen von Verhaltensmustern, und so führt kein Weg drumrum - ich muss morgen telefonieren. Wie aufregend! Vor allem, weil ich morgen Punkt Mittag meinen Termin bei der AA zum ersten Gespräch habe. Ich hätte nicht übel Lust, hinzugehen und die Sachbearbeiterin zu bitten, hinter der Arbeitsbescheinigung hinterherzutelefonieren.

Aber das mache ich natürlich nicht. Stattdessen versuche ich morgen einfach mal meine Sachbearbeiterin im DlzP SH zu erreichen, bevor ich zu meinem AA-Termin gehe. Das wird spannend; diesmal freue ich mich richtig auf diesen Termin, weil ich jetzt mal hören möchte, was meine Sachbearbeiterin für Vorschläge hat, meine berufliche Zukunft zu sichern. 

Ich muss unbedingt noch meine Nägel lackieren...

Montag, 7. August 2023

Tag 7 - Ansteckend


Das Bad muss dringend geputzt werden, und den Anfang hat heute die Badewanne gemacht. Da müssen dann auch leider mal scharfe Reinigungsmittel ran, denn wenn man medizinische Ölbader macht, dann bleibt ein Fettfilm auf der Wanne zurück, der ein toller Nährboden für alle möglichen Bakterien und Keime ist. Und weil ich zwar einen Spritzschutz habe, aber zwei Meter groß bin und den nicht in meinem abgeschrägten Badezimmer aufstellen und darin duschen kann, verteilt sich das Wasser überall. Schimmel, was auch immer, dieses Bad muss dekontaminiert werden. Wenn man am eigenen Körper die Konsequenzen erleben kann, dann wird es Zeit.

Wie passend, dass ich vor ein paar Tagen den Film Contagion (2011) gesehen habe. Ich mag die Filme des Regisseurs Steven Soderbergh, weil er immer ein visuelles Flair reinbringt, das mich anspricht. So auch bei diesem Film, der völlig unaufgeregt, sachlich und distanziert beschreibt, wie eine Pandemie beginnt und ihren Lauf nimmt. Ich kannte den Film vorher nicht, und es war ein extrem gruseliges Gefühl, zu sehen, wie da alles vorausgeahnt wurde, was nachher mit Covid-19 tatsächlich passiert ist. Wirklich alles! Die Forscher, die dämonisiert werden, die vermeintlichen Heilsbringer mit ihren Blogs, Sensationspresse, und die Krankheit beginnt auf einem Fischmarkt in China.

Deswegen mag ich hard science fiction - weil sie ernsthaft mit "Was wäre, wenn..."-Ideen umgeht, und auf diese Weise tatsächlich vorausschauend sein kann. Früher mag sie noch etwas fancy gewesen sein, wie zum Beispiel im thematisch ähnlichen Film The Andromeda Strain (1971), aber trotzdem liebe ich die Sachlichkeit solcher Filme.

So, morgen wird weiter geputzt.

Samstag, 5. August 2023

Tag 5 - Macarons


Wer das Leben nicht genießen kann, der macht etwas falsch.

Heute scheint endlich mal wieder die Sonne, das hebt gleich die Stimmung und macht Lust auf Macarons (warum auch immer). Ich habe hier im Blog schon einmal darüber geschrieben, wie sehr ich gute Confiserieware zu schätzen weiß, und die französischen Macarons sind ein Hybrid aus Gebäck und Trüffelpraline, zwei Mandelbaiserhälften gefüllt mit einer Ganache, ein Genuss für mehrere Sinne. Seit einem Jahr bin ich Fan.

Da wäre zunächst einmal die Optik. Gute Macarons leuchten, der Mandelbaiser hat keine Bruchstellen, die Oberfläche ist glatt und ebenmäßig, der Rand aufgebacken, die Farbe ist gleichmäßig. Kunterbunt, je nach Geschmacksrichtung, und die Farbe der Ganache passt zum Baiser.

Gute Macarons haben einen intensiven Duft nach Mandel, einfach mal die Augen schließen und genussvoll daran schnuppern.

Vor dem Geschmack kommt der Tastsinn: Macarons sind ganz leicht und zerbrechlich, sie landen in einem Haps im Mund und bei'm Zubeißen fallen die Baiserhälften in sich zusammen. Ich liebe das Gefühl; es gibt Varianten, bei denen der Baiser einen höheren Anteil Mandelmehl hat und die sagen mir überhaupt nicht zu. Da kann man auch einfach einen Keks essen.

Die Kür liegt natürlich im Geschmack. Macarons sind süß - wer das nicht mag, ist fehl am Platz. Die genaue Geschmacksrichtung ergibt sich aus der Ganache. Sie ist cremig, nicht zu intensiv. Hier zeigen sich deutlichere Unterschiede, und da kommen wir auf das Bild oben zu sprechen.

Macarons sind sehr aufwändig per Hand herzustellen und das hat seinen Preis. Ein richtig guter Macaron darf gern einen Euro oder mehr kosten. Wer sie einfach nur mal probieren möchte, um zu wissen, wie das ist, dem kann ich die ALDI-Macarons (im Frischeregal) an's Herz legen. Die sind nicht sehr gut - oft hat man Bruchstellen dabei, und die Ganache ist je nach Sorte viel zu intensiv. Dafür kosten zwölf Stück nur vier Euro, ein gutes Preis-Leistungsverhältnis als Probierangebot.

Die große Buba, wenn Du magst, kannst Du nachher einen Schoko-Macaron probieren. Wenn nicht, kein Problem, mehr für mich ;-)

Freitag, 4. August 2023

Tag 4 - Tonglen


Vor Kurzem erreichte mich eine Mail, die mich sehr berührt und mir Kraft gegeben hat:

Hey,
vielen Dank erstmal, dass ich dich hier erreichen kann. Ich hoffe, du kannst dich noch an mich erinnern. Ich will mich hier für deinen Blog bedanken. Nachdem du das BBZ Plön verlassen hast, habe ich die WKA- Unterstufe wiederholt. Ich habe es geschafft Spanisch zu meistern. Doch dann musste ich die Oberstufe wiederholen, so wie viele Schüler, die "einen gewissen Lehrer" im Unterricht aushalten müssen.
In den zwei Jahren in der Oberstufe ging es mir oft sehr schlecht, weil ich mich wegen Rechnungswesen schlecht und dumm fühlte. Ich spielte sehr oft mit dem Gedanken, ob ich die Schule abbrechen sollte. Auch konnte ich abends oft nicht einschlafen, weil ich große Selbstzweifel & Zukunftsängste hatte. Doch dein Blog gab mir den Mut weiterzumachen. Zu sehen, dass auch andere Menschen manchmal mit dem Leben struggeln und trotzdem kämpfen, hat mir sehr geholfen. Und ich habe mich jedes Mal gefreut, wenn du über positive Dinge geschrieben hast, die dir passiert sind.
Nachdem ich mich durch "des Lehrers" Unterricht durchgebissen habe, habe ich mich dazu entschieden ein weiteres Jahr für das Wirtschaftsabi zu absolvieren. Diesen Abschluss habe ich vor einem Monat erhalten und das sogar mit guten Noten. Ich starte nächsten Dienstag meine Ausbildung zum Steuerfachangestellten bei SHBB und mein Ziel wird es sein, dass ich mich nach der Ausbildung zum Steuerberater weiterbilden werde.
Nochmal: Vielen Dank für deinen Blog. Ohne ihn bzw dich hätte ich definitiv nicht die Ausdauer dafür gefunden meinen Weg bis hierhin zu gehen.
 
Mit freundlichen Grüßen,
JB

Ich musste eine Weile überlegen, aber dann hatte ich JB wieder vor Augen, und mir ist das Herz aufgegangen. Es gibt immer wieder Nörgler, die von meinen Problemen nichts wissen wollen (wobei ich mich dann frage, warum sie diesen Blog überhaupt lesen), aber ich möchte diesen Blog authentisch halten und das reale Leben da draußen, gerade der erste Arbeitsmarkt, sieht für einen Autisten nicht gut aus. 

Auch wenn ich mich manchmal so fühle, als sei ich mit manchen Problemen allein auf der Welt - dem ist nicht so. Es ist genau, wie JB geschrieben hat: Auch andere Menschen müssen kämpfen, können fallen, aber auch wieder aufstehen und weiterkämpfen.

Diese Erkenntnis ist die Grundlage für die Meditationstechnik Tonglen, über die ich hier schon einmal geschrieben hatte. Man konzentriert sich während der Meditation intensiv auf alle Menschen, die das gleiche - oder ähnliche - Probleme haben wie man selbst. Bei'm Einatmen nimmt man mit dem Atem alle Probleme dieser Menschen in sich auf und atmet dann im Gegenzug etwas Gutes aus. Etwas, was diesen anderen Menschen gut tun könnte. Auf diese Weise wird nicht nur Altruismus trainiert, sondern auch das eigene Leid genau dadurch gelindert, dass man sich bewusst macht, dass man mit seinem Problem nicht allein ist.

Genau diesen Effekt hat mein Blog also auf JB gehabt, und das freut mich riesig und zeigt mir, dass ich weitermachen muss, egal, wie hart die Umstände gerade sein mögen.

Danke, JB, für Deine Nachricht!

post scriptum: Und die Zeit am BBZ Plön war auch für mich als Lehrkraft alles Andere als schön, nicht nur aufgrund "eines gewissen Lehrers", sondern weil man mich durch eine neurotypische Lehrkraft ausgetauscht hat.

Donnerstag, 3. August 2023

Tag 3 - WIDERSPRUCH!

Die perfekte Geisteshaltung für den Umgang mit Behörden. Schlonz ist hier der Hauptdarsteller!

"Dickschwartig sein."

Das ist eine der Lehren, die meine Mutter mir schon frühzeitig auf den Weg mitgegeben hat. Gerade bei Angelegenheiten, die mit Behörden zu tun haben, solle ich den Menschen immer auf die Füße und in den Arsch treten, damit sie ihre Aufgaben machen. Ich habe mich selten daran gehalten, weil ich in der Hinsicht eher der ruhige Typ bin. Nicht erst seit dem Buddhismus; ich komme da nach meinem Vater. Immer ruhig bleiben (wenn es nicht gerade zum Meltdown kommt).

Leider hatte meine Mutter damit immer Recht. Das Landesamt für soziale Dienste in Neumünster hat mein Vertrauen in den letzten dreizehn Monaten verspielt. Nicht nur, dass sie meinen Antrag haben vergammeln lassen - obwohl es hieß "Bitte erkundigen Sie sich nicht nach dem Bearbeitungsstand ihres Antrags. Wir werden uns bei Ihnen melden, wenn noch Dokumente fehlen oder ein Arzt nicht reagiert".

Meine Hausarztpraxis hat, warum auch immer, elf Monate lang nicht reagiert - und das Amt auch nicht. Ich finde sowas zum Kotzen, ich kann damit nicht umgehen, wenn ich genaue Anweisungen bekomme, aber Andere sich nicht an ihre Anweisungen halten. Mein Gehirn versteht das nicht und fragt sich dann, wo denn genau die Grenze ist, an der Fehlverhalten okay ist und wo nicht.

Und dann kam der Bescheid, über den ich hier ein wenig enttäuscht geschrieben hatte. Mittlerweile habe ich von fünf unterschiedlichen Seiten den Hinweis bekommen, umgehend Widerspruch einzulegen, von Schulelternseite, Kollegenseite, Familienseite, Freundesseite - das Tröpchen, was das Fass dann zum Überlaufen gebracht hat, war der Hinweis meines Psychiaters: Der Entscheid sei leider nicht sehr überraschend, da man auf solche Anträge oftmals erstmal mit einer Ablehnung reagiere und erst bei Widerspruch eine genauere Untersuchung stattfinde. Das hat sich gedeckt mit der Einschätzung einer befreundeten Kollegin, also habe ich mir das zu Herzen genommen.

Again, zum Kotzen! Also: Dickschwartig sein, Öl herausholen, damit alles an mir abprallt (Copyright Mama), und einen Widerspruch einreichen. Per Einschreiben mit Rückschein natürlich, genau wie damals bei Antragsstellung, weil ich diesem Amt nicht mehr vertraue und der Widerspruch fristgerecht innerhalb von vier Wochen eingereicht sein muss. Nun ist der Brief abgeschickt, und sobald mein Psychiater aus der Sommerpause zurück ist, geht es an eine, wie hatte er das genannt... eine "fachärztliche medizinische Widerspruchsbegründung". Wunderbar!

Und falls dieses komische Amt noch ein paar von den "leichten sozialen Anpassungsschwierigkeiten" haben möchte, liegt in meinem Kopf ein ganzer Katalog davon bereit, nicht zuletzt die Probleme bei der Jobsuche (beziehungsweise den Job zu behalten) und die Tatsache, dass ich nicht zum Arzt gehe, wenn etwas ist, das eigentlich dringend ist - siehe Fingergeschichte damals (süß, wie ich das alles damals noch auf die Hochbegabung geschoben hatte).

Irgendwann werde ich dieses ganze Bürokratiergehege zusammen mit der großen Buba einreißen und plattrollen!

Mittwoch, 2. August 2023

Tag 2 - Anträge, Anträge...


Das ging ja schon mal gut los, eigentlich wollte ich um acht Uhr aufstehen, damit ich schon vor Mittag ordentlich was schaffen kann. Hab' aber vergessen, mir den Wecker zu stellen. Zum Glück hat mich dann der Postbote um kurz nach neun aus dem Bett geklingelt und es konnte losgehen.

Ich bin kein Fan von Anträgen. Im Studium der BAFöG-Kram, der Antrag auf Feststellung der Behinderung, und dieser ganze Kram ist immer ein Riesenhaufen Papier. Deswegen stellen viele Verwaltungen auf online um.

Erster Antrag heute war natürlich der für das Arbeitslosengeld I. Und mit Hilfe des Accounts bei der Agentur für Arbeit ging das relativ schnell, denn da waren schon die letzten beiden Anträge aus den vergangenen Jahren gespeichert und die Basisdaten konnten übernommen werden. "Toll, sie waren jetzt schon so oft arbeitslos, da geht das alles fast wie von allein!"

Ging wirklich schnell. Angst gemacht hat mir aber die Arbeitgeberbescheinigung über die letzten zwölf Monate Arbeit. Wer ist mein Arbeitgeber? Ich hatte genau dieses Problem vor vier Jahren, weil das Dienstleistungszentrum Personal SH einen Teil der Bescheinigung ausfüllen musste und das Bildungsministerium den Rest. Die haben sich da gegenseitig die Verantwortungen zugeschoben und es hat mehrere Wochen gedauert, diese Bescheinigung zu bekommen, so dass mein erstes Arbeitslosengeld erst mit Verspätung ausgezahlt werden konnte. Mal schauen, ob das diesmal wieder so ist.

Der Antrag auf Gleichstellung mit Schwerbehinderten war da schon etwas schwieriger. Fast dreimal so viele Seiten wie bei'm vorherigen Antrag, aber zum Glück konnten viele der sechsundneunzig Informationen, die da abgefragt werden, übersprungen werden, weil ich derzeit arbeitlos bin. Und dann muss man natürlich auch eine Begründung dafür schreiben, warum man diese Gleichstellung braucht. Ich habe mir da etwas aus den Fingern gesogen, aber einfacher wäre es natürlich, auf GdB fünfzig hochgestuft zu werden. Das muss bis nach den Sommerferien warten. Ich habe überhaupt keine Ahnung, ob ich den Antrag richtig ausgefüllt habe.

Und dann habe ich tatsächlich zehn Minuten lang die Schaltfläche "absenden" gesucht, weil man diesen Antrag ja auch online stellen konnte und ich das gemacht habe. Was mir nicht bewusst war: Wenn ich auf "Antrag online stellen" klicke, geht ein neues Fenster mit einem Blanko-Antrag als PDF auf, den ich komplett ausfüllen, dann erstmal auf meinem Rechner zwischenspeichern und dann extra wieder hochladen musste.

Ich hasse Bürokratie.

Dienstag, 1. August 2023

Neustart: Tag 1 - Arbeitslos


vorweg: JB, ich habe Deine Mail bekommen, gib' mir noch einen oder zwei Tage!

Ich dachte tatsächlich, ich würde heute mehrere wichtige Dinge erledigen können, aber ich habe mal wieder meine Behinderung unterschätzt, und die Modernisierung der Behörden. Immerhin habe ich heute die persönliche Arbeitslosmeldung geschafft. Ich meine mich zu erinnern, dass ich letztesmal noch den Antrag auf Arbeitslosengeld I in Papierform dort abgeben konnte - geht nicht mehr. Ich habe jetzt Papierkram mitbekommen, morgen geht es an's Online-Bürokratiergehege.

Ich versuche einfach mal, jeden Tag eine wichtige Sache zu schaffen. Heute gibt es nicht mehr zu erzählen, obwohl das alles viel zu aufregend ist und ich meine Gedanken gern direkt auf Papier bannen würde. 

Und dazu kommt noch das Beben - es fahren immer wieder schwere Kräne über die Kreuzung unten und bringen das Haus zum Wackeln - sieht man an den Rissen in der Tapete, die bei Einzug vor acht Jahren noch nicht dort waren. Heute liegt es aber an der großen Buba, die endlich in die Weltraumbasis einrollt. Wir haben so viele neue Nachbarn in den letzten Monaten bekommen - hätte ich sie vorwarnen sollen? Obwohl, wenn der Boden bis jetzt noch nicht durchgekracht ist, dann wird er auch diese Sommerferien überstehen. Ich freue mich auch darauf, nach längerer Zeit mal wieder Dark zu schauen, eine der besten Science Fiction-Serien, die Netflix zu bieten hat.

Kenn jetzt alles losgehen!