Samstag, 31. Dezember 2016

Rätselhaftes Silvester

Rauch und Glanz - zwei Seiten einer Medaille...

Heute, am letzten Tag des Jahres, denke ich gern in aller Ruhe darüber nach, was das vergangene Jahr an Herausforderungen bereit gehalten hat, wie ich damit umgegangen bin und wie sich mein Leben verändert hat. Ich bewerte mein eigenes Verhalten, ich überlege, ob ich mich im neuen Jahr irgendwie anders verhalten möchte. Den Jahresrückblick 2016 nehmen sich ja auch sämtliche großen Medien vor, die diesmal zu einem einhelligen Schluss kommen: 2016 war ein mieses Jahr, unterm Strich, trotz kleiner und zahlreicher Lichtblicke. Die Weltgemeinschaft wird aufgerührt, ein Teil der Gesellschaft zeigt sein wahres Gesicht, man muss sich ernsthaft fragen, woran man noch glaubt.

Mir ist heute, sozusagen zum Schluss des Jahres, etwas sehr Schönes passiert, das mich eine Zeit lang tragen wird. Ich verbringe den Tag mit Meditationen und Alice - Hinter den Spiegeln in 3D. Und ich gebe meinen Lesern ein kleines Rätsel zu lösen, in Manier der guten alten Rätseltexte bei den Drei ???. Ich würde mich freuen, wenn meine lieben Freunde sich dieses Rätsel anschauen, vielleicht machen sie sich ja auch an die Lösung, denn um sie geht es in erster Linie - um Sanni, Caro, Flo und meine lieben Eltern (in beliebiger Reihenfolge).

sine sine nihil relictum, ergo sine relinque
mich, dich, ihn, sie, es, uns, sie - und?
hätte würde liefe sähe; sein sieht anders aus
126-quadrat, aber weniger 2 im zweiten faktor
hacken wir mit einem beil sein eigenes ende ab
mit weitblick fällt uns statt des blicks ein... em...? ins auge
thöcht entteigt (die große Buba weiß die Antwort!)
al wie ach, was fehlt denn da 3x?
einfach nur erträglich
wo bin ich? ich habe mich total

nicht auf
es ist macht
wer wie wass der die

vor drei jahren hat er mir selbigen ins ohr gesetzt, aber ohne h
akkusativ der ersten person singular
dresdner oper auf deutsch
nicht tag a=o und ende weg
"ich tanke kopflos anagrammiert unverBLEIT"

reim auf englisches geld, aber mit s
eine stunde ohne die ersten zwanzig und die letzten zehn minuten
wer trinkt schon ersatzkaffee?
zweiter akt der oper
so nennt man auf dem platten land das feuer
im verhältnis der fluggeschwindigkeit zur schallgeschwindigkeit hat sich ein selbstlaut vertan
wenn man nicht weiß, ob es mit einem oder zwei s geschrieben wird, lässt man den buchstaben einfach weg
berühmter seefahrer ohne sein bad

man kann es auch glauben, das ende ist jedenfalls weg
sprudelwasser ohne schlangenzahn? mehr davon!
stationiert im all, aber auch im europa-park vertreten
letzter akt und vorhang
eine von vier brauseflaschen traf einen musikalischen nerv
du solltest niemals auf

All' das gibt mir die Motivation, aus 2017 ein fantastisches Jahr zu machen!

DANKE!

Freitag, 30. Dezember 2016

Tee bei Jay

Es muss nicht immer klinisch weiß und hell sein

Gold Block Tabak...
Gold Block Tabak...

Der Name schwirrte mir im Kopf herum, als ich gestern den Weg durch die Kieler Innenstadt zu Jay antrat. Ich wusste, dass Jay ein Genießer ist - und in seinem Blog hat er nochmals drauf verwiesen, dass nichts über einen guten Pfeifentabak geht. Auf dem Weg von Hassee zum Blücherplatz legte ich einen Zwischenstopp ein bei Motzeks Tabakladen. Ich wollte ursprünglich zu Trennt, aber der lag dann doch zu sehr abseits.

Wie ich nun weiß, gibt es den Gold Block Tabak nicht mehr, also ließ ich mich beraten und nahm letztlich zwei Tabake mit, und von dort war es nur noch ein kleiner Weg zu Jay. Ich klingelte, stieg die Treppen hinauf, sah eine sich öffnende Wohnungstür und sah - Bücher. Hunderte, Tausende, überall. Books do furnish a room, lernte ich an jenem Nachmittag. Ich hegte keinen Zweifel daran, dass Jay sie alle gelesen hatte.

Er ist ein Kavalier und Gentleman der alten Schule - so nahm er mir meine Jacke ab (in die er mir zum Schluss auch wieder reinhalf - wer macht sowas heutzutage noch?) und bot mir an: Einen Tee, einen Whiskey, einen Zigarillo. Zum Whiskey sagte ich nicht nein, weil ich wusste, dass es ein guter Tropfen sein würde. Vanillig, leicht süßlich, sehr geschmeidig. Ich mag Geschmackserfahrungen.

Seine Wohnung war von Atmosphäre erfüllt, warmes Licht, viele alte Bücher, schöne (teils selbstgemalte) Bilder an den Wänden, und ein Klavier. Und Jay fing an, zu erzählen. So, wie er es damals im Seminar getan hatte, so gab er auch gestern wieder große Brocken seines Wissens an mich weiter. Ich hörte ihm zu - und spürte nochmal einen Hauch von Studium in der Luft. Ein Genuss auf mehreren Ebenen, und ich fühlte mich danach richtig gebildet. Mit herzlichem Humor und auch mal einer Träne im Augenwinkel führte er mich durch Kunst, Musik, Politik, Hochschule. Ganz ohne Notizen, frei gesprochen.

War, ist, wird immer sein:

Ein Unikat.

Mittwoch, 28. Dezember 2016

Wer ist Bruce Willis?


Ich liebe es, mir Filme anzuschauen. Mich von ihnen verführen, verzaubern zu lassen und Denkstoff daraus mitzunehmen. Gestern habe ich mal wieder M.Night Shyamalans Unbreakable angeschaut. Über die Qualität (bzw. generell den Stil des Regisseurs) möchte ich hier kein Wort verlieren. Vielmehr geht es mir darum, dass ich den Film gestern zum ersten Mal auf Englisch gesehen habe und mir eine Sache sehr deutlich geworden ist: Die Synchronisation kann einem Film oder einzelnen Charakteren ganz neue Seiten geben, leider nicht immer zum Vorteil.

Es geht also um Bruce Willis, den ich als Schauspieler schätze, sehr sympathisch, kann mich immer wieder begeistern. Ich kenne ihn hauptsächlich aus den Die Hard filmen (Stirb Langsam) und habe ihn als absoluten Macho kennengelernt - tiefe, männliche Stimme, trainierter Körper, meistens nur in Muskelshirts unterwegs und immer mit Blessuren am Körper und Waffen in der Hand. Das bietet Unterhaltungpotential! Allein seine Stimme hat suggeriert, dass es sich hierbei um den absoluten Oberboss handelt, dem kein anderer Mann das Wasser reichen kann.

Ich habe mich immer wieder gewundert, wenn Roger Ebert (R.I.P.) in seinen Filmrezensionen auf die Rolle Willis' als Charakterdarsteller für den 0815-Mann hingewiesen hat. Ein everyday man, who could be you or I, sozusagen. Bitte was? Völliger Unsinn!

Und genau in dieser Hinsicht war es gestern eine Offenbarung, als ich dann mal direkt miterlebt habe, dass Bruce Willis gar nicht so eine tiefe Stimme hat, nicht diesen Macho-Ton. Ganz im Gegenteil, seine Stimme ist völlig unspektakulär - das könnte tatsächlich irgendjemand sein, Du oder ich. Und dieser Umstand gibt den Willis-Filmen eine neue Nuance, nämlich, dass sie von einem Durchschnittsbürger handeln, der in eine außergewöhnliche Situation versetzt wird und sich bewähren muss. Und das reizt mich noch etwas mehr als seine deutsche Synchronstimme a la "Macht mal Platz, jetzt kommt das Alphatier!"

Nur mal so festgestellt.

Montag, 26. Dezember 2016

Staubwischen: Silke wird flachgelegt


Vor dem genüsslichen Rezipieren dieses Artikels möchte ich darauf hinweisen, dass es auch Schulleiterinnen gibt, die Silke heißen. Das hat aber hiermit nichts zu tun, das ist reiner Zufall. Und das wiederum ist keine Ironie. Also wollen wir doch mal schauen, was ich mit Silke so angestellt habe.

Irgendwann wacht man in seiner eigenen Wohnung auf, fühlt sich müde, nüchtern und rational und angeekelt von dem ganzen Dreck, den man auf einmal sieht: Wäscheberge hier, da und dort. Geschirrplantagen auf, unter und neben den Möbeln. Müllfeuchtbiotope vor, hinter und in den Schubladen. Die Wohnung steht kurz davor, ein gefährliches Eigenleben zu entwickeln. Reicht schon, wenn es im Badreich soweit ist. Das muss nicht auch noch in den Wohngefilden passieren. Also schreitet man irgendwann zur Tat und überlegt verzweifelt, wo man nur anfangen soll.

Und ich nehme mir den ganzen Staub vor: Man sollte nicht glauben, wie viel davon der Couchtisch schon wieder eingefangen hat, angesichts des multisexuellen tête-à-têtes auf der Glasplatte. Überhaupt wird mir IKEAs MARIT langsam etwas langweilig. Sie ist faltig. Sie ist befleckt. Ich hätte gern eine saubere, junge Dame auf meinem Couchtisch. Zum Glück hat mir die wurfreife Abrissbirne (sie möge mich ob dieser Titulierung verschonen, aber der Spaß muss sein, bevor der Ernst des Familienlebens beginnt) ein Weihnachtsgeschenk gemacht, über das ich mich riesig freue: Silke.

Silke ist der auf dem Foto abgebildete Tischläufer. Bislang lag dort MARIT herum, die jetzt aber in den Schrank gewandert ist. Sie war praktisch, um einfach *irgendeinen* Tischläufer zu haben. Jetzt aber wurde es Zeit für ein wenig Design und die Rocky-Baby-Mountains hatten etwas Stoff übrig - schwarz-grau, mit geometrischem Muster und leicht glänzend, wie perfekt für diesen Doktor, der es düster und symmetrisch mag. Und weil es mich vom Glanz her ein bisschen an Seide erinnert, ist der Name Silke aufgetaucht - abgesehen davon, dass es neben Telse einer meiner Standardnamen für alles Mögliche ist; es ist schon erstaunlich, dass der Kühlschrank Xena getauft wurde. Was soll's, es gibt auch Menschen, die ihre Migräne Medusa nennen, und ich kann das vollkommen nachvollziehen.

Also habe ich heute endlich den Tisch vom Unrat befreit, den Staub heruntergewischt und Silke schön flachgelegt, die Yin & Yang-Untersetzer darauf drapiert und den Zen-Garten dazu, wobei mir aufgefallen ist, dass das Grau des Gartens sich wunderbar mit Silkes Farbgebung verträgt. Und sowas wirkt beruhigend auf mich - insofern darf ich stolz feststellen, dass das eines der besten Weihnachtsgeschenke seit Langem ist. Jetzt ist der Tisch viel zu edel, als dass ich darauf Klassenarbeiten korrigieren könnte - ich denke mal, ich lagere sie in der staubigen Ramschecke, da fallen sie nicht so sehr auf. Und nun eine kleine Schreibpause, vielleicht fällt mir ja in der Meditation nachher noch mehr dazu ein. Erstmal muss ich noch die Welt retten. Oh, und mein Auto wiederbekommen, das haben die Bösewichte nämlich gestohlen.  Und die ganze Lauferei kann sehr stressig sein; manchmal merkt man den Wert von Dingen - und Menschen - erst, wenn man sie nicht mehr hat.

Welch' subtile Anspielung.

(...)

"Kleine Schreibpause" ist wohl untertrieben für das, was in der Zwischenzeit abgegangen ist. Kopftechnisch. Also, das hätte ein wunderbar runder Tag sein können, Tisch aufgeräumt, Silke eingeweiht, ein paar Monster getötet und fertig.

Doch dann kam die große Buba.

Nicht in persona, sie feiert irgendwo mit Freunden und das ist auch gut so. Die Buba hat mir ein Geschenk gemacht, und es ist noch nicht einmal ein Weihnachtsgeschenk: Zum Geburtstag hatte ich es bekommen, und seither liegt es herum und wartet auf seine Präsentation. Es ist eine Bluray des Films Mad Max:Fury Road in 3D. Und ich hatte keine Ahnung, worauf ich mich da einlasse.

Ich hatte den Namen Mad Max schonmal irgendwo gehört, das hatte irgendwas zu tun mit einem postapokalyptischen Szenario, die Welt ist eine Wüste und Wasser ist wertvoller als Gold. So oder so ähnlich - und mit diesen Erwartungen habe ich den Film gestartet. Ich wurde sofort irritiert: Moment, die ganzen Szenen ergeben keinen Sinn. Und ein bisschen unrealistisch ist das schon, was da gezeigt wird. Und wieso überlebt der Typ einen Autounfall ohne Blessuren?

Es hat über eine halbe Stunde gebraucht, bis ich realisiert habe, dass ich mir eine Comicverfilmung anschaue. Die haben ihre eigenen Gesetze, und das ist auch vollkommen in Ordnung - nur musste mein Gehirn das erstmal begreifen. Tja, was kann ich zu dem Film sagen?

Ich habe keine Ahnung, worum es geht. Menschen fahren durch die Wüste, tagsüber und nachts. Ich weiß nicht, warum sie fahren. Und da ist so ein widerlicher Typ, der den Menschen das Wasser vorenthält. Und eine Frau mit einem halben Arm, mal mit, mal ohne Prothese. Ich habe keinen Plot gefunden - erst fahren sie in die eine Richtung, dann in die andere, und das war es dann auch. Allerdings zwei Stunden lang. Zwei spektakuläre Stunden.

Ich konnte mich erst richtig fallenlassen, nachdem mein Gehirn gerafft hat, dass es sich hierbei um einen no brainer handelt. Dass es Fun ist und nicht ernstgenommen werden soll. Und dann habe ich es genossen: Überall explodieren Dinge, stürzen ein, werden durch die Luft geschleudert. Der Surroundsound ist wunderbar passend abgemischt. Ich versuche gar nicht erst, die Handlung zu verstehen, denn ich glaube, darum geht es nicht. Halt warte, wenn es eine Comicverfilmung ist... dann gibt es da draußen wahrscheinlich sehr viele Menschen, die das Mad Max-Universum kennen und für die dieser Film deutlich mehr Sinn gemacht hat als für mich. Jetzt weiß ich, wie sich das anfühlt, wenn man "nicht dazugehört".

Aber es hat wirklich Spaß gemacht. Ich staune, was man mit moderner Technik alles machen kann. Der Film stützt sich hauptsächlich auf CGI (computer-generated imagery) und ich frage mich, wann Schauspieler komplett ersetzt werden. Der Mensch macht sich selbst überflüssig, beliebter Topos in dystopischen Szenarien. Der Film ist laut - so sehr, dass meine Nachbarn vermutlich froh waren, als es vorbei war und endlich wieder die leichten (und mir immer mehr ans Herz wachsenden) Oxycanta-Klänge zu hören waren.

Es gibt Situationen, in denen ich für Budenzauber sehr empfänglich bin. Grelle Farben, schrille Töne, ich tauche ein und vergesse die Welt um mich herum. Genau das habe ich heute genossen, und das alles hat den zweiten Feiertag für mich zu einem wunderbaren Erlebnis werden lassen. Und es zeigt, wie wichtig mir meine beiden besten Freundinnen sind: Die Rocky-Baby-Mountains haben mir den Tischläufer genäht, und ich finde den unglaublich toll, und die verrückte Buba hat mir mit diesem Knallerfilm ein Grinsen ins Gesicht gezaubert.

Danke, Ihr Beiden! Ich hab' Euch lieb!

Sonntag, 25. Dezember 2016

"Wie hältst du es mit der Religion?"


So fragt Gretchen Faust und konfrontiert ihn dadurch mit einem Gewissenskonflikt. Und wie hält Dr Hilarius es denn?

Gar nicht.

Wie schon beschrieben lege ich keinen Wert auf Weihnachten - außer als Anlass, um die Familie mal wiederzusehen. Ich gehe nicht in die Kirche. Ich glaube nicht an Gott. Meine Religionszugehörigkeit ist für mich nicht mehr als ein Ärgernis, wenn ich sehe, dass ich sechzig Euro Kirchensteuer monatlich zahle. Das ist auch der Hauptgrund, warum ich immer wieder daran denke, aus der Kirche auszutreten - allerdings vergesse ich es dann und denke erst wieder daran, wenn die nächste Abrechnung kommt.

Gibt es denn gar nichts, woran ich im Leben glaube? Keine Denkweise, der ich mich anschließe?

Ich habe mein Verhalten und meine Denkmuster immer mal wieder beobachtet und bin zum Schluss gekommen, dass meine Grundhaltung am ehesten dem Buddhismus entspricht. Dass ich zum Beispiel sinnlose Auseinandersetzungen meide. Dass ich an das Nirvana glaube - ha, da hätten wir also einen Glauben. Und ich denke an Buddhas Ausspruch "Lächle und die Welt verändert sich". Ich mag Meditationen als Weg, innere Ruhe zu finden. Und ich vertraue auf das, was in meinem eigenen Vermögen liegt, anstatt auf einen Gott zu hoffen, der die Dinge richten wird.

Irgendwann in diesem Leben habe ich angefangen, Dinge zu hinterfragen, und mich dann auch gefragt, warum ich überhaupt konfirmiert bin, und wer überhaupt festgelegt hat, welches meine Religionszugehörigkeit ist. Ausbrechen aus tradierten Werten, die eigenen Werte finden, neue, für einen selbst ungewohnte Wege gehen. Das befreit mich. Und mit den sechzig Euro, die ich nun nicht mehr als Kirchensteuer abführen muss, kann ich mir endlich neue Schuhe kaufen, um diese Wege zu gehen.

Donnerstag, 22. Dezember 2016

Wintersonnenwende

Damals, in den Kronshagener Bergen...

Heute mal ganz kurz und sachlich. Die verrückte Buba meinte gestern zu mir, sie habe nun alle Weihnachtsgeschenke beisammen. Stimmt, wir haben ja bald Weihnachten! Und da gibt es auch sowas wie Geschenke und so. Ich merke jedes Jahr deutlicher, wie irrelevant dieses Fest für mich ist. Es geht vollkommen an mir vorbei. Den Glauben, der dahinter steht, den habe ich eh' nicht. Und da können auch noch so viele Weihnachtsmärkte sein (inklusive Laster und CSU-Stammtischparolen), und alle meine Schüler machen Julklapp in ihren Klassen, ich bekomme das überhaupt nicht mit.

Ich habe gestern und heute mal darüber nachgedacht: Viel präsenter in meinem Bewusstsein ist das solstitium, die heutige Wintersonnenwende. Ungelogen, Heiligabend tangiert mich nicht, aber diese astronomische Konstellation schon, aus verschiedenen Gründen. Der Hauptgrund dürfte sein, dass die Tage endlich wieder länger werden. Ich bin ein Sonnen-Junkie, ich bin absolut abhängig von hellem Sonnenlicht. Ich brauche das, damit ich fröhlich und hochenergetisch bin, so wie die Leute mich kennen und von mir genervt werden.

Genau aus diesem Grund, der Reise zu mehr Sonnenlicht, feiere ich für mich eher den heutigen Tag als das, was sich am Wochenende anbahnt. Ich habe immer ein bisschen Angst, dass ich diesen kleinen Fünftklässlern ihre Illusionen nehme, wenn ich so sachlich mit ihnen darüber spreche, aber zum Glück hat das diesmal recht gut geklappt.

Die Tage werden wieder länger und ich kann bald endlich wieder reichlich Sonne in mein Herz lassen. Prosit!

Mittwoch, 21. Dezember 2016

Mann mit Hut und Schafkotze


So, ich glaube, das wird wieder einer dieser Nonsens-Beiträge, ich schreibe einfach mal drauflos. Für mich war heute der letzte Schultag, weil ich donnerstags frei habe. Und was macht man in der letzten Englischstunde vor den Ferien? Genau! Klassenarbeiten!

Eigentlich habe ich mich in den letzten Stunden immer auf Filme verlegt, die natürlich auf Englisch angeschaut werden. Aber dieses erste Halbjahr ist so unglaublich kurz, dass ich händeringend nach Bewertungsgrundlagen für meine Schüler suche. Daher der Test. Es waren jeweils Doppelstunden, aber wir wissen natürlich, dass gemäß Schulrecht ein schriftlicher Leistungsnachweis in Klasse fünf, sechs oder sieben eine Bearbeitungszeit zwischen einundzwanzig und fünfundvierzig Minuten haben sollte.

Daraus ergibt sich, dass wir in allen Lerngruppen nach der Arbeit noch etwa zwanzig Minuten übrig hatten. Diese Zeit habe ich für ein Feedback genutzt; jeder Schüler bekommt zwei kleine Zettel. Auf einen schreibt man auf, was man an Dr Hilarius' Unterricht gut fand. Auf dem anderen notiert man, was nicht so gut war, verbunden mit einem Wunsch für den weiteren Unterricht. In der Folgestunde lese ich alle Zettel laut im Sitzkreis vor. Ich mache meine Feedback-Runden immer so, und so finden wir in der Regel einen guten Weg für unsere weitere Zusammenarbeit.

Und diese Zettel sollten die Kiddies zusammenfalten und dann in meinen Hut werfen. Ja, ich habe einen Hut, und er steht mir eigentlich. Eigentlich, denn er ist eine Nummer zu klein. Dennoch. So haben die Schüler Dr Hilarius also zum ersten Mal mit Hut gesehen, gut, das gibt dem einen oder anderen vielleicht Denkimpulse oder Erzählstoff für zuhause. So soll das sein, ich brauche Publikum (die Buba liest das gerade laut und divös vor, was bei ihrer Erkältung kein Problem sein sollte).

Nun denn, so habe ich all diese Zettelchen gesammelt und in unterschiedliche Beutel je Lerngruppe sortiert. Und ich habe mir gedacht, na mensch, warum nimmst Du Dir nicht einfach den ersten Feedback-Beutel als Impulsgeber für die Meditation vor? Und rein zufällig habe ich nach dem Beutel Släsch der Lerngruppe gegriffen, die auch für das kotzende ugly Schaf von damals verantwortlich war. Und es war toll, die ganzen Ideen und Anmerkungen zu lesen!

Damit daraus ein richtiger running gag wird, muss die Kreatur integriert werden. Also habe ich der Künstlerin den Vorschlag unterbreitet - wenn sie mit ihrer Klassenarbeit durch ist - dass sie mir ein ugly Schaf malen möge, das dann ihre Punktzahl und Note auskotzt. Und obiges Bild kam dabei herum.

Der kringelige Text lautet: "Ich hoffe, dieses ugly Schaf (sie in 10 Jahren) schützt mich vor einer 6/5/4 (also ich find ich krige eine 1) übrigens sie sind voll cool." Und solche Dinge helfen mir in Situationen, wenn ich mal wieder an mir selbst zweifle und Menschen mir einreden wollen, ich sei ein schlechter Lehrer.

Ob man sich kotzende Schafe vom Arzt gegen Depressionen verschreiben lassen kann?

post scriptum: Ein Wunsch, der selbstverständlich direkt nach den Ferien umgesetzt wird, ist der Ruf nach einem Keksdienstag! Jeden Dienstag bringt einer aus dem Kurs Kekse (oder irgendwas Gebackenes) für den Kurs mit, reihum. Das hatten wir damals sogar selbst in unserem Lateinkurs, Herr Petersen hat den Spaß mitgemacht und sein Kuchen war sooooooo lecker...

Dienstag, 20. Dezember 2016

Einladung zum Tee


Ich pfeife so langsam aus dem letzten Loch, bin ferienreif, und meine Schüler sind es augenscheinlich auch. Manche merken, dass sie vielleicht früher für die Klassenarbeiten in dieser Woche zu lernen hätten anfangen sollen (ich mag Verbreihen). Nun, vielleicht müssen sie erstmal auf die Nase fallen, um daraus zu lernen. Geht mir selbst immer wieder so, manches lernt man eben nur auf die harte Tour. Das hat schon seine Richtigkeit.

So komme ich heute aus der Schule mit dem intensiven Eindruck, Schüler unglücklich gemacht zu haben, werfe meine Sachen in die Ecke und schalte ab - halt warte, Post ist gekommen! Nanu, das schaut aus wie Weihnachtsgrüße, von wem kommen die? Ich bin in der Hinsicht selbst immer schreibfaul - Neujahr ist so willkürlich gesetzt, warum sollte man das feiern und sich dementsprechend gute Wünsche schicken? Aber ich kann ja all' die Leute verstehen, die Weihnachtspost machen. Eher bekomme ich dann ein schlechtes Gewissen, warum ich das nicht gemacht habe. Hättest dich ja auch mal bei dem Einen oder der Anderen melden können...

Whatever - ich freue mich wirklich sehr, denn die Karte kommt von Jay. Zur verlinkten Zeit hatten wir einen kleinen, fast smarten Austausch und ich meine, ein Zeichen von Anerkennung seinerseits erkannt zu haben, und für mich will das was heißen - denn Jay hat Einiges auf dem Kasten. Ich fühle mich ein wenig geehrt, wenn er sich an mich erinnert.

Ich finde es generell immer interessant, wenn sich jemand an mich erinnert. Das erstaunt mich immer wieder: Warum sollte ich den Leuten aufgefallen sein? Ich merke mir doch auch keine anderen Menschen - vielleicht sollte ich weniger von mir auf Andere schließen. Ich hab eigentlich auch immer etwas Angst davor, dass die Erinnerung an Dr Hilarius eine negative sein könnte. Minderwertigkeitskomplexe und so. Aber ganz oft ist es einfach nur die sachliche Feststellung: Der war anders als die Anderen, den vergesse ich so schnell nicht.

Zurück zu Jay: Er wünscht mir Merry Christmas and a Happy New Year - nicht ohne eine Einladung zum Tee hinzuzufügen, wenn ich mal in Kiel sein sollte. The good news is: Ich bin hoffentlich dauerhaft in Kiel. The bad news? Gibt es nicht. Ich bin total angetan, von einem meiner Lieblingsdozenten auf einen Tee eingeladen zu werden. Ich denke nämlich, dass sich daraus tatsächlich ein sehr spannendes, intelligentes und schwarzhumoriges Gespräch entspinnen könnte. Und ein kleines bisschen leuchten meine Augen bei dem Gedanken.

Trotzdem gibt es jenen Punkt mit oben erwähnten Minderwertigkeitskomplexen: Ich kann Jay nicht mal in Ansätzen das Wasser reichen. Er weiß über seine Themen definitiv besser Bescheid als ich und hat ein so umfangreiches Allgemeinwissen, dass ich Gefahr laufe, mich mit meinem, naja, Nischenwissen zu blamieren. Dieser Gedankengang scheint gar nicht so ungewöhnlich zu sein, denn manchen Menschen geht es wohl so, wenn sie mit mir reden. Einer dieser Menschen wohnt eine Straße weiter und denkt ab und an an mich. Dabei möchte ich in Gesprächen nie beweisen, was ich alles weiß. Ist ja auch völliger Unsinn.

Ich muss Jay gar nicht das Wasser reichen - es handelt sich schließlich nicht um einen Wettkampf, sondern eine anregende Unterhaltung. Und im Gegenteil: Ich werde das Wissen, das er mir anbietet, ebenso aufnehmen wie damals im Englischen Seminar der Kieler Uni.

Schöner Tagesabschluss!

post scriptum: Spannende kulinarische Erfahrung: Mandarinenspalten ein paar Minuten (oder mehr) an der Luft stehen lassen. Die dünne Haut trocknet dadurch aus. Wenn man nun hineinbeißt, fühlt es sich erstmal knackig an - ungewöhnlich - und dann ist die Mandarine genau so saftig wie immer.

Samstag, 17. Dezember 2016

Saturnalien: Eine Retrospektive

Saturnalien 2006 - nach Meinung dieses Bloggers die beste Aufführung seiner Zeit dort

Gestern war ich zur diesjährigen Aufführung der Saturnalien am Institut für klassische Altertumskunde der CAU Kiel. Und auch wenn ich sie in den vorherigen Jahren gemieden habe (um Flo nicht zu begegnen, ja, krank, ich weiß), so hatte ich heute wirklich Lust darauf, und es hat sich gelohnt.

Das Phantom der Leibnizstraße, 2007

Was die Saturnalien sind, kann jeder hier nachlesen. 2003 war die erste Aufführung, die ich - damals als Zuschauer - miterlebt habe, bevor ich dann in den folgenden acht Jahren selbst auf der Bühne gestanden habe. Und es hat mir immer sehr viel Spaß gemacht, wobei nach einigen Jahren eine gewisse Routine eingekehrt ist und die Aufregung vor der Aufführung (und irgendwie auch die Vorfreude) nicht mehr so groß war.

Gute Musen, schlechte Musen, 2008
 
Ich habe es geliebt, bissige und biestige Beiträge zu schreiben, die sich immer an einem Fünkchen Wahrheit aus dem alltäglichen Institutsleben orientiert haben. Der Grad der künstlerischen Freiheit in Sachen Karikierung, Übertreibung und komplett freier Dichtung wurde hierbei sehr unterschiedlich gewählt. Ein Sketch, der sich gleichzeitig sehr stark an der Realität orientiert hat und dennoch sehr abgedreht war, war Die psychedelische Prüfung.

Die psychedelische Prüfung, 2011
 
Und ich habe es nicht immer hinbekommen, gute Sachen zu schreiben. Sehr viel Ausschussware, das meiste davon auf meinem Rechner dem Verfall preisgegeben. Das hat besonders Beiträge getroffen, die sich zu sehr an Minderheiten orientiert haben, wie zum Beispiel Mittellateinstudenten. So hat es Spaß gemacht, den Sketch Paläographische Rezepturen zu schreiben, verstanden haben ihn allerdings nur die wenigsten, und zwar die, die sich mit Paläographie auseinandergesetzt haben. Und selbst dann musste man ordentlich aufpassen. Merke: Saturnalienbeiträge nie zu anspruchsvoll machen, schließlich möchte das gesamte Publikum unterhalten werden.

Mythologie für Mettenhof, 2009

Was mich im Nachhinein ein bisschen angefressen hat, war mein eigenes Verhalten während der kreativen und der Probenphase. Ich liebe es, Dinge zu planen, tendiere aber leider dazu, sie dann komplett an mich zu reißen - ohne, dass ich das überhaupt mitbekomme. So bin ich dann zum Chef und Sklaventreiber geworden, ohne dass ich das jemals wollte. Und ich war in Ansätzen ein Perfektionist und bin damit den anderen Saturnaliern ordentlich auf die Nerven gegangen.

Willkommen im Saturnalienzoo, 2010
Wie gesagt, ich selbst bemerke das eigentlich nie und bin drauf angewiesen, von Anderen ein entsprechendes Feedback zu bekommen, damit ich mal etwas an meinem Fehlverhalten ändere. Das habe ich aus jener Zeit gelernt und ein Standardsatz in meinem Kommunikationsrepertoire ist entstanden - wenn mir mal wieder jemand erzählt, wie sehr er oder sie sich über das Verhalten eines Mitmenschen aufregt: "Hast du ihm das denn einmal gesagt? Denn woher soll er sonst wissen, dass er etwas falsch macht, vielleicht bekommt er das überhaupt nicht mit und sieht gar keinen Bedarf, da etwas zu ändern."

Entern oder Bachelorn, 2007
Leider machen viele Menschen zu selten den Mund auf, gerade wenn es um einen Freund geht, den man nicht verletzen möchte. Nanu, woran mag ich da nur grad denken, ich bin gar nicht mehr bei den Saturnalien mit den Gedanken. Dort habe ich dann wenigstens bei meiner letzten Aufführung versucht, mich zurückzunehmen. Wirklich geklappt hat es zwar nicht, aber es war deutlich mehr von der "Ihr macht das schon"-Haltung da, die mir früher gut zu Gesicht gestanden hätte.

Heute Nacht nur und Ich war noch niemals..., 2006
Es war eine fantastische Zeit, sehr geil und abgefahren, und hat mein Studium extrem aufgewertet. Ich möchte sie auf keinen Fall missen, denke gern daran zurück und schaue mir alte Aufzeichnungen an.


Saturnalia quidem tota nostra

Donnerstag, 15. Dezember 2016

Spiel für Vertretungsstunden


Vertretung Weltkunde in der 10e. Die Kollegin kurzfristig erkrankt, hat keine Materialien zur Verfügung gestellt, voll okay, ich sag' den schwer pubertären Jungs und Mädels, dass sie sich in Zimmerlautstärke beschäftigen sollen. Nicht hätte ich gedacht, dass von einem Jungen der Vorschlag zu einem Spiel kommt - weil ich gern denke, dass sie sich doch dafür eigentlich zu erwachsen fühlen dürften. Nicht immer. Manchmal gehen sogar Klebesterne-Sammelkarten in einer zehnten Klasse.

Den genauen Namen des Spiels habe ich nicht verstanden, es müsste irgendwas in Richtung Namensspiel gewesen sein. Ich kannte es vorher noch nicht und fand' es interessant genug, um es hier dem einen oder anderen (teils zukünftigen) Kollegen mitzugeben für eine spontane Vertretungsstunde. Es klappt allerdings nur in einer ausreichend großen Lerngruppe (so ab sechzehn aufwärts) und wenn möglichst alle mitmachen.

Zunächst werden zwei Schüler gesucht, die gegeneinander antreten wollen. Gern ein Junge und ein Mädchen. Die beiden werden nach draußen verbannt. In der Klasse werden nun folgende Vorbereitungen getroffen:
- jeder Schüler gibt sich einen Decknamen (völlig beliebig) und merkt ihn sich
- alle Decknamen werden bunt gemischt an die Tafel geschrieben
- alle Schüler tauschen die Sitzplätze, um eine möglichst gute Durchmischung zu erreichen
Und dann werden die beiden Spieler wieder in den Raum geholt.

Folgender Spielablauf:
- abwechselnd rufen die Spieler immer zwei Decknamen von der Tafel auf
- die aufgerufenen Schüler tauschen dann Plätze
- jedesmal, wenn ein Spieler durch das Aufrufen dafür sorgt, dass einer oder beide Aufgerufenen auf ihren angestammten Sitzplatz kommen, erhält er einen oder zwei Punkte und der betreffende Name wird von der Tafel gewischt
- das Spiel wird gespielt, bis alle auf ihrem Sitzplatz sind
- es gewinnt der Spieler mit der höheren Punktzahl

Eigentlich ganz drollig, es hat ein bisschen was von Memory und ist etwas komplexer als das klassische "Wer bin ich?"-Spiel. Viel Spaß beim Ausprobieren!

Mittwoch, 14. Dezember 2016

FR-AC 973


Das könnte ein Geheimcode sein, diese Überschrift. Viel einfacher, es ist ein Nummernschild. Zwecks Datenschutzes habe ich es ein wenig abgeändert, es geht um die Geschichte dahinter, die mir heute ein süffisantes Lächeln auf die Lippen gezaubert hat. Dr Hilarius hat wieder Oberwasser! (endlich...)

Da bin ich also auf der Heimfahrt, auf dem Autobahnzubringer aus Neumünster raus. Noch in der Stadt, wo ich fünfzig gefahren bin, hat mich der FR-AC 973 überholt, und zwar rechts. Nur zur Erinnerung, das ist nicht erlaubt. Es tut mir leid, aber - warum muss es schon wieder ein Mercedes sein? Sich selbst erfüllende Prophezeiung: In den Prollkarren BMW, Benz und Audi sitzen die rücksichtslosesten Fahrer. Natürlich achte ich dann beim Fahren nur auf jene Automarken und dementsprechend kommt es mir so vor, als sage der Autohersteller etwas über den Fahrer aus.

Nun, wie dem auch sei. In der Stadt also rechts überholt, dann sind wir auf dem Zubringer, ich fahre hinter ihm, hier sind hundertzwanzig erlaubt. Warum fährt der jetzt nur hundert? Ich bin ein wenig genervt und überhole ihn, er bleibt bei seiner Geschwindigkeit, ich verliere ihn aus dem Blick. Na endlich, dann muss ich mich nicht mehr aufregen.

Angekommen auf der Autobahn, auf der endlich alle drei Fahrstreifen freigegeben sind. Freude? Nicht ganz: Immer noch sind bis zum Bordesholmer Dreieck nur achtzig erlaubt. Aber die freie Bahn verleitet zum Überholen, und so überholt mich ein Auto nach dem Anderen, während ich mit Strich achtzig entlang rolle. Und wer überholt mich?

Erraten. FR-AC 973. Ich konnte mir das Nummernschild so gut merken, weil es ähnlich aussieht wie FLAC, die Dateiendung des Free Lossless Audio Codec. Jetzt überholt der Penner also wieder, ach ne, die Tante. Ein Rentnerehepaar. Wieder schön gegen die Vorschrift (wie neunzig Prozent der Autos auf diesem Abschnitt). Bin ich froh, als ich endlich die A215 erreiche, endlich schneller fahren?

Kann ich nicht, denn der Mercedes blockiert die Straße, die fahren lieber etwas gemütlicher. Erneut genervt ziehe ich endlich vorbei und es geht nach Hause - stopp, nein, ich muss vom Juwelier ein neues Halsband abholen für den Flo-Anhänger. Ich habe mich wirklich "nackt" gefühlt ohne ihn. Gibt mir das Gefühl, dass Flo irgendwie immer da ist.

Und dann ziehen die mit mindestens hundertsechzig Sachen an mir vorbei, jetzt haben sie das Gaspedal gefunden! Na gut, dann sind sie jetzt wenigstens weg, ich verliere sie vor mir aus dem Blick, macht nichts, ich bin beim Citti-Park angekommen. Und alle Parkplätze belegt. Ich fahre durch jede einzelne Reihe - nichts. Toll, muss ich nachher zu Fuß hingehen. Ich fahre zur Ausfahrt, ich finde hier nichts mehr.

Doch! Plötzlich sehe ich die Rückleuchten eines Wagens vor mir aufleuchten, ich brülle einmal durchs halb geöffnete Fenster "Fahren sie raus?" und die nette Dame nickt, lächelt, ich setze den Blinker, ENDLICH angekommen. Ich steige aus, schließe ab und gehe Richtung Haupteingang. Der Weg führt quer über den Parkplatz, so dass immer mal wieder Autos vorsichtig über den Weg fahren. Da vorne rechts kommt auch gerade eins, ha, diesmal habe ich Vor"fahrt", denke ich mir - der Wagen hält an. Ist sowieso sehr langsam gefahren, noch auf der Suche nach einem Parkplatz. Ich gehe ganz gemächlich vor dem Wagen vorbei und schaue aufs Nummernschild...

Dienstag, 13. Dezember 2016

Fluffernutter & s'mores


Die Amerikaner machen bei Süßwaren keine halben Sachen. Ach was, generell, wenn es um's Essen geht, irgendwie muss sich ja auch die verhältnismäßig hohe Quote Übergewichtiger in den USA erklären lassen. Sie frittieren alles (einschließlich Cola), und was sie nicht frittieren, das überbacken sie mit zwei Tonnen Käse. Als ich im Vergnügungspark Kings Island war, musste ich erstmal realisieren, dass bei meinem Essen die Menge an Pasta Bolognese genau so groß war wie die Menge Käse, die darüber gehäuft wurde - sogar eher noch kleiner. Und immer die Frage, ob ich noch extra Käse dazu haben möchte. Selbst einen Hot Dog konnte ich mir mit einem halben Kilo Käse bestreuen lassen.

Allerdings muss ich zugeben, quasi als kleines guilty secret, dass ich einige der amerikanischen Süßwaren echt gern mag. Ich habe ein Browniesrezept, das mich bereits seit dreizehn Jahren durch mein Leben begleitet. Es ist so populär, dass ich das auch hier im Blog eines schönen Tages posten werde. Die Brownies schmecken richtig toll nach Kakao, Schokolade und Fett - original amerikanisches Rezept!

Der im Titel erwähnte Fluffernutter ist ein Sandwich - man nehme also dieses pappige Weißbrot, zwei Scheiben, und bestreiche je eine Seite mit Erdnussbutter, die andere mit Marshmallow Fluff. Das ist eine Marshmallowcreme, aber der Name ist nur eine Ausrede, eigentlich könnte man den Zucker pur verspeisen. Erdnussbutter mag ich pur überhaupt nicht, aber in Kombi mit Schokolade (Reese's Bits) oder eben Marshmallowcreme wirds interessant, eine süß-würzige Kombi, habe ich vor ein paar Tagen zum ersten Mal probiert. Nach einem Teil ist man satt für den Rest des Monats, aber: LEKKAH!

Die s'mores (ganz oben abgebildet) begleiten mich schon etwas länger als der Fluffernutter. Genau genommen ist das ein typisches Lagerfeueressen, man nimmt einen Cracker, darauf kommt ein Stück Schokolade, darauf ein angerösteter Marshmallow und als Deckel ein zweiter Cracker. Der heiße Marshmallow bringt die Schokolade zum Schmelzen und yup, extrem lecker. Man kann die s'mores nachahmen, wenn man den Fluffernutter mit Nutella anstelle von Erdnussbutter macht. Die Dinger sind so lecker, kein Wunder, dass man davon immer mehr haben will - am Lagerfeuer hieß es dann "Give me some more!" - oder im schnellen Sprachgebrauch "Gimme s'more!" So ist der Name zustande gekommen.

Na, Appetit bekommen?

Montag, 12. Dezember 2016

'nen Auto


Also, ich rege mich bei Weitem nicht mehr so sehr über Sprachfehler auf wie früher ("Das Einzigste gibt es nicht!"). Passt auch zum Wandel der Fachanforderungen in Englisch: Die Kommunikation wird dadurch nicht behindert. Aber ein Wörtchen treibt mich in schöner Regelmäßigkeit auf die Palme:

'nen.

Uns bekannt als Akkusativform des maskulinen unbestimmten Artikels: Ich sehe eiNEN Mann, wir schreiben eiNEN Test, die Buba isst eiNEN Zimtstern (ich untertreibe, um die Nachricht aufrechtzuerhalten).

Coole Teenies dieser Tage (schon seit Jahren) verwenden das leider als unbestimmten Artikel für Neutra: Ich kauf mir 'nen Auto, sie suchen 'nen Krankenhaus, was für 'nen Chaos! Wie kommt es dazu? Ist es in den Fällen mangelndes Sprachbewusstsein? Oder einfach durch Umgangssprache entstanden? Und wie bekommt man das wieder weg? Ich kann nicht glauben, dass all die 'nen-Benutzer nicht wissen, was ein Akkusativ ist oder was sich hinter einem Neutrum versteckt.

Nun argumentiere ich immer wieder gern für das Fach Latein mit einer Steigerung des allgemeinen Sprachbewusstseins. Die Übersetzungen müssen sauber sein, da spielt man nicht 'nen Spiel (ludere) und kauft auch nicht 'nen Brot. Ich habe seit Jahren kein Latein mehr unterrichtet, sonst könnte ich das mal genauer beobachten. Liebe Lehrer, sieht man eine Korrelation zwischen dem Fach und dem 'nen-Gebrauch und noch solchen Dingen wie das Einzigste?

So, musste dem gerade mal Luft machen. Darauf brauche ich jetzt 'nen Eis.

Sonntag, 11. Dezember 2016

Mega-Trash


Die verrückte Buba (a.k.a. Träsch-Trüller) liegt mit einer fetten Erkältung flach - vielleicht kann ich ihr mit diesem Beitrag ja ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Es geht um Trash, um einen Film, der nur noch knapp als B-Movie gelten kann, so schlecht ist er. Und so gut!

Elvira - Mistress of the Dark stammt aus dem Jahr 1989, wenn ich mich recht entsinne. Wie bin ich nur darauf gekommen? Über Daniel, meinen ersten Freund ("Hallo, ich bin Daniel!"), der mir damals beigebracht hat, was Trash ist und warum man das lieben kann.

Elvira, selbsternannte Mistress of the Dark mit hautengem schwarzen Kleid, einem sehr aus- und einladenden Dekolleté und einer Frisur, die an einen schwarzen Bienenkorb erinnert - herrlich überkandidelt gespielt von Cassandra Peterson - moderiert Trashfilme (was auch sonst) zur schlechtesten Sendezeit in einem Schrottsender und kann sich davon kaum die Miete leisten. Natürlich springt sie sofort auf - und ihre Brüste auch - als sie erfährt, dass sie eine Erbschaft gemacht hat.

In Erwartung vieler Millionen Dollars reist sie in das Dörfchen Fallwell in Massachussetts, konservative Erwachsene und untersexte Teenager von einem Ortsende zum anderen. Dort erfährt sie, dass sie von ihrem Tantchen drei Dinge geerbt hat: Ein bruchreifes altes Haus (das sie in Windeseile neu streicht in den bissigsten Farben, die ihr zur Verfügung stehen), ein weißer Pudel namens Algonquin ("Gunk", den sie ebenfalls in Windeseile zu einer Punktöle umstylt) und ein Kochbuch. Na toll - sie kann damit überhaupt nichts anfangen.

Ihr Onkel Vincent dagegen hätte zu gern das Kochbuch, kein Wunder: Es ist in Wirklichkeit ein Buch mit magischen Beschwörungsformeln und Zaubersprüchen, und Onkel Vinnie ist ein machthungriger Irrer, der die Welt erobern will. Elvira hat eine seeeehr lange Leitung (und wird zum Mittelpunkt seeeehr zahlreicher Tittenwitze) und bekommt davon zunächst nichts mit. Die Nacht der Mondfinsternis rückt näher: Wird sie es letztlich schaffen, die Welt zu retten?

Natürlich schafft sie es, und das kann man hier noch nichtmal als Spoiler werten. Es geht ja auch gar nicht um den minimalistischen Plot. Es geht um die schwachsinnigen beabsichtigten Anschlussfehler (Elvira fällt ein Hot Dog mit Senfsoße zwischen die Titten. Die Kamera schenkt weg, schneidet wieder zurück und ihr Ausschnitt ist blitzsauber. Auch schön: Elvira wurde geteert und gefedert. Sie badet fünf Minuten und ihr Kleid und auch ihre Haare sehen aus, als wäre nichts geschehen). Nichts aber schlägt die Szene, in der Elvira mit der Macht ihrer Titten ein Friedhofstor aufsprengt:

Wow. Das muss man erstmal hinbekommen!

Genau diese anspruchslose Unterhaltung ist es, die einen wunderbar ablenken kann. Vorlage für Trinkspiele (ein Kurzer bei jeder Tittenszene), perfekt zu Fast Food, herrlich selbstironisch. Der tittigste Moment des Films ist allerdings die Schlussszene, in der Elvira uns zeigt, welches ihre Kräfte als Mistress of the Dark sind. Und die will ich tatsächlich nicht spoilern.

Lasst es wackeln!

Samstag, 10. Dezember 2016

Ich bin unglaublich anstrengend


Und diese Überschrift ist durchaus wörtlich gemeint!

Wenn ich einen neuen Menschen kennenlerne und das wohl etwas Längerfristiges sein soll, egal, ob es um eine neue Schule geht oder um eine neue Freundschaft, analog oder digital, dann warne ich vor, denn nach dreiunddreißig Jahren kann ich ein bisschen einschätzen, wie ich auf Menschen wirke. Da treten wiederkehrende Verhaltensmuster bei dem Anderen auf, aus denen ich eine Regelmäßigkeit ablese, und das ist für den Anderen nicht immer angenehm - daher die Vorwarnung:

Ich bin unberechenbar, meine Stimmungen zeigen das, und ich bin unzuverlässig, was zum Beispiel Verabredungen angeht. Ich kann sehr jähzornig sein. Ich kultiviere Unverständnis, ich kann meine Mitmenschen zur Verzweiflung treiben. Ich mache aus einer Mücke einen Elefanten, bin der Prototyp der drama queen. Ich wirke arrogant und gern auch überheblich, nicht jeder kann mit der hin und wieder auftretenden Mischung aus Sachlichkeit und Direktheit umgehen. Ich brauche viel Zeit für mich, und oft habe ich keine Lust auf Gesellschaft. Dann bin ich abweisend. Ich bin egozentrisch, halte mich für das Maß aller Dinge.

Und die Reaktion auf diese Aufklärungswelle? Fast immer gleich:

"Ach was, glaub das doch nicht. Lass dir das nicht einreden. Wer sagt denn sowas? Nein, das glaube ich dir nicht. Na und? Ich komm damit klar. Wir haben schließlich alle unsere Macken. Ich bin auch nicht perfekt."

Ich bin also unglaublich anstrengend. Warum glauben mir die Menschen nicht? Vielleicht, weil sie bisher noch nicht mit solch' einer Offenheit und Direktheit konfrontiert wurden? Vielleicht, weil ich ausschließlich negative Aspekte aufzähle und die Darstellung deswegen einseitig-unvollständig wirkt? Ich denke mir dann immer, wenn es irgendwann knallt: Sag' nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Denn gern kommt es vor, dass die Leute aus allen Wolken fallen, wenn sie realisieren, dass ich Recht hatte.

Und dann müssen sie überlegen, ob sie die Herausforderung annehmen. Manche tun es - ihrer drei, die verrückte Buba, die Rocky-Baby-Mountains und irgendwann auch wieder Flo. Und reichlich Menschen haben sich endgültig von mir abgewendet. Zum Glück: Ich habe gern meine Ruhe und verschenke meine Zeit nicht an irgendjemanden. Je weniger, desto mehr quality time.

Wow, klingt das schon wieder arrogant! :D

Freitag, 9. Dezember 2016

Manisch-Depressiv

Schön passendes Bild, kommt von dieser Quelle

Ich vermute, jeder hochbegabte Leser ("HB") wird schon einmal eine manisch-depressive Episode gehabt haben. Und viele Andere wahrscheinlich auch. Was bedeutet das, was verbirgt sich dahinter?

Bisher konnte mir jeder HB bestätigen, dass er oder sie drastische Stimmungsumschwünge erlebt. Auch in dem sehr lesenswerten Buch über Hochbegabung von Andrea Brackmann wird dieser Punkt aufgeführt. Da ist man zunächst extrem gut drauf, läuft mit einem strahlenden Lächeln durch die Gegend, nichts kann die Stimmung trüben - denkste! Da muss nur eine Kleinigkeit kommen, die gerade mit Deinem Lebensskript, mit Deiner Sicht der Dinge und mit Deinem Plan nicht übereinstimmt und es geht bergab. Sehr schnell und sehr tief.

Beispiel gefällig?

Ich bin der beliebteste Lehrer der Schule, jeder mag mich, ich bin unkonventionell. Die Schüler freuen sich auf ihren Englischunterricht, ich nehme sie mit auf eine spannende Reise. Ich krieg' sie rum, sogar die schwierigsten Leistungsverweigerer. Sie vertrauen mir alles an, wir reden offen und ehrlich über die Probleme, die sie beschäftigen. Ich genieße die Aufmerksamkeit. Jeder sollte so sein wie ich, ich schwebe auf einer pädagogischen Wolke, bin der Begleiter im Lernprozess der Kinder. Sie finden mich einfach...

"Dr Hilarius, ich habe einen Anruf von einer Mutter bekommen."

...furchteinflößend. Ich kann mit den Schülern nichts anfangen, die hören mir überaupt nicht zu. Die Kollegen finden mich sowieso schon scheiße und unnormal. Wie bin ich überhaupt durch's Referendariat gekommen? Jeder Andere könnte ihnen den Stoff besser beibringen als ich. Alles, was ich mache, ist falsch. Selbst wenn ich vorgefertigte Materialien verwende: Die Art, wie ich sie im Unterricht benutze, ist falsch. Ich verderbe diese Kinder. Der nachfolgende Kollege muss das dann alles ausbaden. Ich habe es komplett verbockt, es ist nicht nur die falsche Schule, es ist der falsche Beruf. Was kann ich überhaupt?

Die HBs denken ja so ungünstig schnell, das erklärt, warum sie aus Kleinigkeiten gern Dramen machen (wie die Tragödienmuse). Es wird alles gesteigert bis ins Unerträgliche, man leidet und versinkt in seinem Sumpf aus Selbstmitleid. Man weint sich in den Schlaf. Und wacht fröhlich wie eh' und je auf, neuer Tag, neue Chance, die Welt sieht schon wieder ganz anders aus. Ich strahle alle Menschen an.

Hat man damit automatisch eine sogenannte bipolare Störung? Nein, nicht jeder HB ist ein BiPo, nicht jeder Mensch, der an einer bipolaren Affektstörung leidet, ist auch automatisch hochbegabt. Keine Sorge, liebe HBs. Ihr zeigt "nur" die Symptome dieser Krankheit, und so oft kommt es ja eh' nicht vor.

Aber das macht es nicht leichter. Ihr habt mein vollstes Mitgefühl, wenn Euch mal wieder die Stimmung umkippt. Da hilft nur, abzuwarten. Versetzt Euch in eine geistige Quarantäne. Schlaft drüber. Es wird auf jeden Fall wieder besser.

Und dann könnt Ihr Eure Mitmenschen wieder mit Eurer scheiß Fröhlichkeit nerven! ;-)

Donnerstag, 8. Dezember 2016

Die Menschen nehmen, wie sie sind

Ich bin verrückt. Deal with it.
Wie oft kommt es vor, dass ich mir bei dem einen oder anderen Mitmenschen denke "Och nö, du bist ja schon wieder so .... (planlos, vergesslich, rücksichtslos, faul, frech, inauthentisch oder was auch immer passt). Kannst du daran nichtmal ein bisschen arbeiten? Ich helf' Dir auch dabei!"

Als müsste ich den perfekten Menschen erschaffen. Weil ich mich nur mit perfekten Menschen umgeben möchte. Weil ich ja selbst so perfekt bin und denke, dass sich alle eine Scheibe von mir abschneiden könnten. Und weil es ja so einfach geht, Andere zu verändern. Aber leider geht das nicht so einfach, ein passender Spruch im Englischen lautet:

Be the change you wish to see in the world.

Kombiniert mit Erich Kästners "Es nützt nichts, unsere Kinder erziehen zu wollen, sie machen uns sowieso alles nach." Ich kann Andere nicht ändern, kann nur an mir selbst arbeiten - und meinen Mitmenschen vorleben, wie es geht, anstatt sie darüber zu belehren.

Ich bin selbst ein Mensch mit so vielen Imperfektionen... ich bin egozentrisch, rücksichtslos, ich denke und rede zu schnell, ich bin nicht diplomatisch, ich achte nicht auf meine Wortwahl. Ich erhebe mich über Andere. Ich bin unzuverlässig. Genügend Menschen haben sich von mir abgekehrt, weil sie damit nicht umgehen könnten. Das sollte mir eigentlich immer wieder vor Augen führen, was mit diesem Beitrag gemeint ist.

Denn es gibt einige wenige Menschen, die mich tatsächlich so nehmen, wie ich bin. Wie hatte Thekla damals noch gesagt? "Bleib, wie du bist. Die Menschen werden immer wieder versuchen, an dir zu feilen. Sie dürfen nur nichts abschlagen. So bist du eben." Die Menschen, die für mich da sind, machen mir keine Vorschriften, sondern Vorschläge. Kein "du musst", sondern ein "ich würde". Auch wenn es immer eine Phase gab, in der es sehr schwer gefallen ist. Flo und ich sind gerade in dieser Phase, Sanni und Caro sind da durch. Aber es hat viel Zeit gebraucht.

Wobei ich mir nicht sicher bin, ob Flo mich nicht vielleicht schon von Anfang an akzeptiert hat, wie ich bin. ICH war derjenige, der versucht hat, an ihm herumzuerziehen.

Egal, es soll nicht schon wieder um Flo gehen, sondern um ein Prinzip. Diese Menschen, die mich mit allen Schwächen, allen Macken und jeglichem Scheiß nehmen, wie ich bin, nenne ich meine "Freunde". Und ich sollte mir ein Beispiel an ihnen nehmen. Dennoch: Ich verliere diese Perspektive immer wieder aus den Augen. Und versuche immer wieder, Andere zu verändern. Und weiche gleichzeitig oft der Möglichkeit aus, an mir zu arbeiten, weil ich mich ja für das Maß aller Dinge halte.

[Ironie] Und ich darf das ja schließlich auch, weil ich mit mir selbst oft genug hart ins Gericht gehe. [/Ironie] Aber reden kann man immer viel. Taten müssen folgen.

Be the change you wish to see in the world.

Mittwoch, 7. Dezember 2016

Ungewöhnliche Musik


"Kannst du mir gute Musik zur Meditation empfehlen?" fragt mich eine Freundin. "Was Ruhiges, aber nicht so mit Vogelzwitschern und Wasserplätschern." Sofort schießt uns eine Vorstellung solcher Musik in den Kopf. Einfach, weil wir die Vielfalt der Musikgenres erst entdecken müssen.

Jahrelang habe ich zur Meditation das Album Hallucinogen in Dub gehört. Für mich ein Zeichen, dass es funktioniert. Aber für Otto Normalverbraucher sind da zu viele Effekte dabei, Psybient eben. Allerdings ist mein definitives Meditationsalbum in diesem Jahr vom Thron gekickt worden, davon hatte ich schon einmal berichtet. Und plötzlich entdecke ich ein neues Genre: "Beatless Ambient".

Voreingenommen, wie ich bin, dachte ich immer, dahinter verstecken sich Töne, die ohne Struktur durch die Gegend wabern, keine Rhythmen, alles ganz laaaaaaaaanggezogen - laaaaaaaaaangweilig! Doch dann habe ich, ganz mutig, vor Kurzem ein neues Album ausprobiert, das eben jenem Genre angehört und ich bin hellauf begeistert.

Die Scheibe heißt Oxycanta und wurde zusammengestellt von Mahiane, mit bürgerlichem Namen Sandrine Gryson aus Frankreich. Sie hat sich ein Konzept überlegt, das mit obigem Bild zusammenhängt.

Und dann hat sie namhafte Vertreter der Downtemposzene zusammengetrommelt, um eine Compilation zu erstellen. Da finden sich Szenegrößen wie Aes Dana, Solar Fields, Cell oder Hybrid Leisureland aus Japan - jeder gibt seine Interpretation des Themas wieder und Mahiane mischt die einzelnen Songs zu einem 75minütigen Klangteppich, der alles Andere ist als laaaaaaaanggezogen und laaaaaaaaangweilig. Die Realität hat mich mal wieder aus meiner Voreingenommenheit herausgeholt.

Das Album gleitet leichtfüßig vor sich hin, jep, kein stumpfer "utz utz"-Beat. Und dennoch werden ganz unterschiedliche Tempi präsentiert und komplexe Rhythmen entworfen. Das Album beginnt zwar wie Fließbandware, positiv gestimmter Mainstream, plakativ - aber sofort wird klar, dass hier ein anderes Werk vorliegt. Es wird düster. Es wird mystisch. Es wird traurig. Es wird modern. Es wird minimalistisch. Es wird aggressiv. Es wird klagend. Da passiert eine ganze Menge, und es ist ein Genuss für die Ohren, wenn man ein gutes Soundsystem oder Kopfhörer besitzt.

Ich genieße bei meinen Meditationen, den Kopf "frei" zu haben, der Kopfhörer würde stören, belasten, deswegen habe ich meine Meditationsfläche so hergerichtet, dass ich inmitten der Surround Sound-Anlage liege und mich von Oxycanta verwöhnen lassen kann.

Danke, Mahiane!

post scriptum: Auch auf dieser Scheibe tauchen die Vögel auf - allerdings erst gegen Ende, so dass es nicht heraussticht, weil man sich auf dem Weg dahin bereits hat einstimmen lassen.

Dienstag, 6. Dezember 2016

Der Fünf-Minuten-Unterschied


Eigentlich sollte dieser Beitrag den Namen Hundertzwanzig tragen, mit Blick auf seinen Anlass, allerdings lässt sich Der Fünf-Minuten-Unterschied auch auf andere Bereiche anwenden. Zunächst aber geht es tatsächlich um eine Geschichte, die mit dem Autofahren zu tun hat.

So war es letztens wieder Zeit zum Tanken - schon wieder? Mir kam die gefahrene Strecke doch etwas arg kurz vor. Hatte ich beim letzten Mal nicht vollgetankt? Oder liegt es an dem Geschwindigkeitsrausch - diesem Gefühl, ohne Geschwindigkeitsbegrenzung auch mal schneller als Hundertzwanzig fahren zu wollen? So bin ich immerhin schneller in Neumünster, ganze fünf Minuten!

Und diese fünf Minuten machen morgens den Unterschied aus zwischen entspanntem Morgen und Nervenzusammenbruch. Seit einigen Monaten beobachte ich das jetzt: Neumünster kann morgens vor dem Berufsverkehr eine nette Stadt sein. Aber sobald man nur fünf Minuten später kommt, haben sich die Straßen gefüllt und eine Verkehrslawine zerquetscht die nächste. Und so dauert die Fahrt vom Ortsschild bis zur Gemeinschaftsschule Brachenfeld auch mal gefühlt genauso lange wie die Fahrt von Kiel nach Neumünster.

Aber ist es mir das wert, umgerechnet in Tankkosten? Mal schauen. Und so versuche ich, einen Tank lang nur mit Hundertzwanzig zu fahren, um wirklich mal zu erleben, wie groß der Unterschied im Verbrauch ist. Mein gestern gestarteter Versuch wurde durch zwei rasende Heimfahrten schon wieder von mir selbst untergraben. Naja, irgendwann teste ich das mal.

Ich hätte später gern mal 'nen schnellen Wagen...

Aber der titelgebende Unterschied hat sich heute auch im Schulleben bemerkbar gemacht; heute nachmittag haben wir alle an den Planungen für unsere nächste Vorhabenwoche gesessen. Irgendwann waren wir durch, alle sind aufgebrochen, nur ich bin mit zwei Kollegen noch fünf Minuten geblieben, um über Schüler zu lästern (Ironie). Und nach fünf Minuten wurde unser Gespräch abgewürgt, durch Feueralarm um 14:55 Uhr. Kein einziger Schüler mehr in der Schule und wir haben uns recht unmotiviert unter lautem Getöse aus dem Gebäude begeben. Wären wir fünf Minuten früher gegangen, hätten wir den Spaß überhaupt nicht mehr miterlebt (und die netten Polizisten).

Und was der Fünf-Minuten-Unterschied beim Sex ausmachen kann, darüber muss ich - glaube ich - nicht mehr ins Detail gehen. Und gekochte Eier. Und Essen fünf Minuten zu lange im Ofen. Und fünf Minuten früher geboren. Und: Nur noch fünf Minuten länger schlafen...

Und warum überhaupt hundertzwanzig? Ich bin geschädigt vom A210-Tempolimit.

Sonntag, 4. Dezember 2016

Let's improvise!



Wir sind (fast) alles, was wir brauchen

Wer? Wo? Was? – Die Impro-AG

Am Anfang war der Stuhl. Er ist das einzige Requisit, das wir benötigen. Kostüme? Drehbücher? Aula? Unnötig, denn wir improvisieren! Seit ein paar Wochen treffen wir uns am Montagnachmittag, um neue Geschichten aus dem Hut zu zaubern und unterhaltsam zu verpacken. Meistens stellen sich uns nur drei Fragen: Wer? Wo? und Was? Manchmal denken wir uns selbst die Antworten aus, manchmal ziehen wir sie nach dem Zufallsprinzip aus dem Hut.
Da kommt es dann schon mal vor, dass eine hochnäsige Adlige in Transsilvanien zu einer Vampirtankstelle fährt oder eine schwangere Verkäuferin für Riesentoiletten ihre Ware anzubieten versucht. Ein blinder Busfahrer, ein Fremdenführer, der nicht die Sprache der Touristen versteht und ein Schornsteinfeger mit gebrochenem Bein stellen uns vor Herausforderungen – je absurder die Zusammenhänge, umso lustiger wird es und umso leichter kann man sich in die Szene einklinken.
Das wertvollste Werkzeug für die Improvisation ist dabei unsere Fantasie. Da werden aus einem kurzen Dialog [„Warum das denn schon wieder?“ – „Weil ich das sag!“] vier verschiedene Szenen gezaubert und unser Stuhl auf der Bühne wird spontan zu einem Kinderwagen, einer Geburtstagstorte, einem Klempner – oder ganz einfach mal zu einem Stuhl.
Doch wenn wir uns vor der Szene darauf einigen, dass der Stuhl jetzt eine Toilette ist, bedeutet das nicht, dass wir uns zwingend daran halten! Gerade aus den Missverständnissen entsteht der unvergleichliche Humor einer Improvisation: Wenn der Stuhl für Person A eine Toilette, für Person B aber eine Bushaltestelle ist, sorgt das für einigen Wirbel. Wenn dann auch noch Handicaps dazukommen – Erblindung, Wahnsinn oder nur noch „Lala“ sagen zu können, wird das Chaos perfekt!
Wir versuchen, unsere Alltagsroutine zu durchbrechen, in allem, was wir darstellen. Flucht aus den geradlinigen Szenen, mit denen wir uns täglich konfrontiert sehen, durch Absurditäten, die wir so garantiert noch nicht erlebt haben. Und eines steht fest: Im Wettkampf gewinnt das Team, dessen Szenen den höheren Spaßfaktor beim Publikum erzeugen! Und wenn das Publikum mitbestimmen/-gestalten darf, bleibt kein Auge trocken. Wir trainieren unsere Spontaneität, unsere große Klappe, unsere Bühnenpräsenz und die wertvolle Fähigkeit, nicht immer alles bierernst zu nehmen. Im Alltag unverzichtbar – nach Joachim Ringelnatz: „Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt.“
Die Impro-AG steht allen Schülerinnen und Schülern der Oberstufe (ab Klasse 10) offen. Ich freue mich über jeden, der zu uns kommt und damit für eine Weile dem Alltag entflieht. Egal, wo wir performen, egal, mit wem und ganz ohne Text, der gelernt werden muss. Improvisiert halt!

Dr Hilarius

post scriptum: Bei Final Fantasy XV kann man den Wagen, mit dem man durch die Gegend fährt, nach Belieben tunen und aufstylen - ich liebe sowas ja, ich hätte später auch gern selbst ein schön auffälliges Design.
 Hübscher Wagen, der Regalia

Samstag, 3. Dezember 2016

"Ich kenne sie noch von..."

Unvergesslich...?
 
Heute nur mal ganz kurz; ich war heute im Kieler Citti-Park, ein paar Einkäufe erledigen, und habe zwei bekannte Gesichter gesehen. Eins davon habe ich gegrüßt, mit dem anderen stehe ich im Dauerdialog - gedanklich. Eigentlich wollte ich ihm "Hallo" sagen, aber direkt, als ich ihn gesehen habe, ist mir das Herz wieder in die Hose gerutscht, ganz wie früher, und ich bin schnell abgebogen und weitergegangen? Ob er mich erkannt hat? Er arbeitet in der Obst- und Gemüseabteilung, an der ich in der Folge noch zweimal vorbeigehen musste. Was signalisiert es mir, wenn ich bei seinem Anblick wieder das Flattern bekomme? Ich dachte, dass wir über diese Phase hinaus waren. Ist vielleicht einfach diese lange Funkstille, die wir hatten. Ich konnte in dieses bekannte Gesicht nicht länger als eine Sekunde schauen.
Jenes Gesicht, das ich gegrüßt habe, war quasi ein Kassendate, interessant mitzuerleben.

DrHilarius: "Moo-hoin!" (oder für die Teig-Buba auch MooooaaaarrrgghhhhhoooaaarghllnnnDÄH)
Kassendame: "M... moin!"

Ganz kurzes Zögern, drollig. Lag es einfach nur an dem schwarzen Outfit, das mich wie einen Bösewicht erscheinen lässt? Ich gebe ihr meine Kundenkarte zum Einscannen, macht sie und zögert nach dem Blick auf ihren Bildschirm noch einen Moment, bevor sie mir die Karte zurückgibt. Liegt das an meiner Adresse? Oder an meinem Namen? Die Ware wird eingescannt, weggeräumt, und zusammen mit dem Kassenbon schenkt sie mir ein Lächeln.

"Ich kenne sie übrigens noch von der Uni, aus der Fachschaft..."
"Stimmt, irgendwie kam mir dein Gesicht bekannt vor, diese Augen."

Das war teilweise gelogen. Die Augen kamen mir bekannt vor, das Gesicht nur im Ansatz. Es hat wild im Gehirn gerattert, aber mir ist kein Name dazu eingefallen. Und auf dem Heimweg ist mir wieder der Gedanke durch den Kopf gewandert, dass so viele Menschen mich irgendwoher kennen und ich kann's nicht recht einordnen, dass ich mich im Gegenzug kaum an jemanden von ihnen erinnern kann.

Allerdings bin ich mir sicher, dass ich in ihrem Leben weitaus weniger Fußspuren hinterlassen habe als im Leben des Gesichts aus der Bio-Abteilung.

Freitag, 2. Dezember 2016

Mrs Dragonfood


Ich hatte früher eine Englischlehrerin, bei der ich sehr viel gelernt habe. Aber wir hatten alle Angst vor ihr. Denn sie hat uns angeschrien, sie hat uns einzeln vor die Klasse geholt und dann fertig gemacht. Und wir sollten immer nach vorne kommen und unsere Hausaufgaben zeigen, und wenn wir die nicht sauber genug gemacht hatten, dann hat sie uns wieder angeschrien, hat gesagt "Das sind keine Hausaufgaben, das ist dragon food! Nochmal machen!" und uns bei schlechter Laune einen Tadel gegeben oder uns ins Klassenbuch eingetragen.

Das war Mrs Dragonfood. Und was haben wir ihr wohl geschrieben, wenn sie von uns ein Feedback für ihren Unterricht haben wollte? Haben wir ihr gesagt, dass wir Angst vor den Englischstunden hatten? Haben wir ihr gesagt, dass wir nicht mehr angeschrien werden wollten? Nein, wir haben aufgeschrieben, dass wir ganz viel gelernt haben und dass wir gut mit dem Stoff vorangekommen sind. Wir haben sie nicht kritisiert, aus Angst, dass wir erneut angeschrien werden. Wir waren irgendwann mucksmäuschenstill in der Klasse. Der Unterricht ist gelaufen. Aber schön war das nicht.

Ich hätte nie gedacht, dass ich auch ein Mr Dragonfood sein könnte. Dass die Schüler mich so erleben. Aber genau so ist es in einer Lerngruppe gewesen, und natürlich wusste ich das nicht: Es hat sich ja keiner getraut, mir ein ehrliches Feedback zu geben. Denn die Klasse ist laut und anstrengend und die Resultate oft deprimierend und ich bin an ihnen echt verzweifelt. Das "Du musst natürlich bei denen alles perfekt machen" anderer Kollegen hat da nicht gerade geholfen.

Tja, besser der Knoten platzt spät als nie, und so haben wir uns heute von einem schwarzen Gefühl zu einem pinken Gefühl geredet. Ich habe meine Schüler ein bisschen besser kennengelernt und sie mich. Und jetzt kennen sie auch Mrs Dragonfood, und wissen, dass ich nie so sein wollte. Und ich weiß, dass sie mich nie in den Wahnsinn treiben wollten.

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"Unser erster Englischlehrer, Herr XY, der sah genauso aus wie sie. Der hatte auch schwarz lackierte Fingernägel, und der hat auch immer schwarz getragen, und der hatte die gleichen Turnschuhe wie sie an, auch mit kaputten Sohlen. Und der hat mit uns immer nur gespielt, und der hat sich von uns immer auf der Nase rumtanzen lassen und als wir sie gesehen haben, da dachten wir am Anfang, dass sie auch so sind, und da wollten wir ein bisschen austesten, wie weit wir gehen dürfen, und vielleicht sind wir da auch einfach zu oft zu weit gegangen."

Da sieht man mal, was man mit Schülern alles anrichten kann. Also, Pädagogen, seid Euch Eurer Verantwortung bewusst!

Donnerstag, 1. Dezember 2016

Wenn ich tanze


Ich wollte Flo früher gern dafür begeistern, mit mir auf die Lost Souls zu gehen, um die Szene einmal zu erleben und zu tanzen. Ich habe das leider oft: Wenn ich etwas toll finde, denke ich, dass das doch auch alle Anderen toll finden müssten und dränge ihnen das auf, das geht schon fast in Richtung Belästigung - seither erzähle ich kaum noch etwas, wenn ich es toll finde, sondern "genieße es im Stillen". Diesen Wortlaut hat Flo damals gebraucht.

Denn er hatte einfach kein Interesse daran, tanzen zu gehen, und ich habe das nicht akzeptiert. Es heißt nicht, dass er nicht auf Parties gegangen ist - aber es hat es eben nicht des Tanzens wegen gemacht. Bei mir ist das anders. Wenn ich auf eine Party gehe, dann möchte ich tanzen. Gern von Anfang bis Ende durchtanzen, dazu brauche ich auch keinen Begleiter.

Wenn ich tanze, dann geht das erstmal ganz vorsichtig los, mit unauffälligen Bewegungen. Ein bisschen von einer Seite zur anderen schwanken. Dann vielleicht mal auf und ab wippen. Dann die Schultern dazunehmen. Vielleicht auch mal einen Schritt gehen. Denn der Beat der Musik muss mir erstmal ins Blut gehen. Dann auch die Arme dazunehmen, die Bewegungen intensivieren. Die Musik hat tranceartigen Charakter, nach und nach baut sich der Song auf, nach und nach kommen neue Elemente hinzu, ohne dass der zugrunde liegende Beat je abreißt. 

Irgendwann schließe ich die Augen, weil ich mich immer weiter in Trance tanze. Ich bekomme nichts mehr um mich herum mit. Mein Puls wird schneller, ich komme ein wenig außer Puste, aber die Musik schwillt weiter an und dröhnt mir um die Ohren und ich tue mein Bestes, um im Flow zu bleiben. Ich nicke mit dem Beat, ich werfe meine Arme um mich, ich passe auf, dass ich bei den Kicks niemanden verletze, ich gebe mich dem surrealen Rausch der flackernden Lichter und Blitze hin, der Bass treibt mich an - der Song nähert sich seinem Höhepunkt, ich vergesse, wo ich bin, wann ich bin und wer ich bin. Für diesen Moment, für diese Phase des Songs gehöre ich der Dunkelheit, der Tanzfläche, dem DJ, ich werde ein Teil der Masse aus zuckenden Leibern.

Es wummert, es kracht, es schallt mir von überall entgegen; ich tanze, ich springe, ich schlage um mich; es flackiert, es zischt, es rauscht... und dann klingt der Song ab. Das geschieht schnell und ganz subtil, er kocht runter auf den grundlegenden Beat und verstummt schließlich. Und genauso werden meine Bewegungen ruhiger, bis ganz zurück zum ersten Schwanken, und ich kehre in die Realität zurück. Ich bin völlig außer Atem, aber überglücklich, euphorisch - und das alles komplett ohne Drogen.
Auf der Tanzfläche ist "Silent Shout" der Hammer. Dieser Blogeintrag wurde auf ihn zurechtgeschrieben.
 
Ist doch klar, dass ich das mit Flo teilen wollte. Aber ich kann nicht immer von mir auf Andere schließen. Ich kann nicht einfach jeden, nur weil er mir gefällt, so sein lassen wollen wie ich. Ich wollte ihm doch nur etwas zeigen, ihn für etwas begeistern. Ich wollte, dass er auch mal diesen tranceartigen Zustand erlebt, und zwar ohne Alkohol, ohne was auch immer.

Hoffentlich gehe ich nächstes Mal bei Vorschlägen zur gemeinsamen Freizeitgestaltung endlich mal von dem aus, was er mag. Und ich kann das hier so schreiben, denn ich gehe davon aus, dass er diesen Text nicht liest. Und wenn doch, naja, dann weiß er jetzt, wie meine Gedankenwelt in dieser Sache aussieht.

Mittwoch, 30. November 2016

Schaf, by: Schüler

Aufgabe: Dieses Bild ist langweilig. Male ein paar Tiere, Menschen oder Aktivitäten dazu und stelle das Bild dann Deinen Mitschülern vor.

Schüler: "Dr Hilarius, darf ich ein hässliches Schaf malen?"
Lehrer: "Das heißt ugly sheep."
S: "Okay, darf ich ein ugly sheep malen, das rosa Donuts scheißt und Regenbogen kotzt? Das sind sie dann in zehn Jahren!"

I LOVE MY PUPILS!!!

 

Dienstag, 29. November 2016

Nichts bereuen


Ich bereue nichts.

Ich bereue nicht, dass ich alle möglichen Haarfarben ausprobiert habe. Auch wenn das Blau dann doch eher türkis war, auch wenn es etwas von Aquarium hatte und eine Freundin mir einen Haarreif mit Fischen aufsetzen wollte. Auch wenn es nicht wirklich blond war, sondern pommesgelb. Auch wenn mir die Farbe überhaupt nicht stand. Immerhin habe ich das alles einmal ausprobiert.

Ich bereue nicht meinen ersten bewussten Drogenkonsum. Das war damals, als ich mit einem Kommilitonen Sachen für die Saturnalien vorbereitet habe - wir haben dabei cuarenta y tres con leche getrunken. Ich war neugierig, und es war lecker. Schmeckte wie ein Vanillemilchshake, überhaupt nicht nach Alkohol. Cool, gleich noch ein zweites Glas davon. Und ein drittes. Und als ich aufgestanden bin, weil ich aufs Klo musste, schwankte plötzlich der Raum hin und her. Ich kannte das nicht - aber jener Kommilitone hat mir die Sache ganz behutsam erklärt. Diesen Abend bereue ich nicht. Auch wenn ich über zwanzig Jahre nichts konsumiert hatte und damit eine Hemmschwelle überschritten worden ist. Auch wenn das den Weg geebnet hat für eine intensivere Auseinandersetzung mit Drogen. Ich habe mich bewusst dafür entschieden, und ich würde es wieder tun.

Ich bereue nicht, dass ich mein Studium in die Länge gezogen habe. Saturnalien, Liebe, Fachschaft, Studierendenparlament, HiWi. Ich würde den gleichen Weg nochmal gehen, auch wenn ich dadurch vielleicht eine Planstelle verpasst habe. Auch wenn ich meinen Eltern noch länger auf der Tasche liegen musste - und das schlechte Gewissen deswegen. Auch wenn mich manche blöd anschauen, wenn ich ihnen erzähle, dass ich sechzehn Semester lang studiert habe.

Ich bereue nicht, dass ich Flo in mein Leben eingeladen habe. Das kam mehr durch Zufall, durch eine Auszugsparty und durch ein Foto. Wir haben uns geschrieben and the rest is history (his story?). Das bereue ich nicht, auch wenn ich in der Folgezeit oft seinetwegen traurig war, auch wenn ich mich öfters von ihm verletzt gefühlt habe, auch wenn ich mich phasenweise auf nichts Anderes mehr konzentrieren konnte, auch wenn ich seinetwegen geweint habe. Ich habe mich bewusst entschieden (und ihn vorgewarnt), diese Sache anzugehen, und es ist auch meine bewusste Entscheidung, dass ich immer für ihn da sein werde. Ich würde es wohl bereuen, wenn ich ihn jetzt aus meinem Leben striche.

Ich bereue all diese Sachen aus zwei Gründen nicht:

1) All diese Sachen haben ihr Gutes. Ob es nun meine Lieblingshaarfarbe ist, Lebenserfahrung, neue Freundschaften, ein anderes Gefühl von Liebe - es ist viel Gutes dabei herumgekommen, so dass ich sagen kann: Es hat sich gelohnt!

2) Was würde mir die ganze Reue nützen? Ich zöge mich damit nur runter, das hat mit dem Konzept vom Leben im Hier und Jetzt nicht viel zu tun, weil ich deprimiert auf die Vergangenheit schaue und mir "Was wäre gewesen, wenn..."-Schlösser aufbaue.

Ich habe das mal irgendwo gelesen, da hatte einer die Lebenseinstellung "Nichts bereuen." und ich konnte mich damit identifizieren.

Und das bleibt auch so.