Dienstag, 28. Februar 2017

Lebenslänglich

KEINE Ahnung, warum ich das Bild hier nutze. Leider sind viele Klischees über Fahrer dieser Hersteller nicht unbegründet. Thanks to all these Mr Personalities...

Dieser Tage wurde in Berlin ein Urteil gesprochen, das wohl in die Rechtsgeschichte eingehen wird. Der Fall an sich - leider - nichts Ungewöhnliches: Zwei junge Männer im damaligen Alter von 24 bzw. 27 Jahren mussten eines Nachts auf dem Berliner Ku'Damm raushängen lassen, wer der größere Macker ist - mit Audi und Mercedes, muss ich nicht weiter kommentieren, denn das hat der Richter ziemlich ausführlich erledigt. "Ampelstechen"... ich könnte kotzen, und das Schlimmste daran: Ich kann ja sogar verstehen, warum manche das machen.

Der Vorwurf: Beim nächtlichen illegalen Autorennen mit 170 bzw. 140 km/h über diese Berliner Hauptverkehrsader wurde ein Rentner in seinem Auto angefahren und getötet.

Das Urteil lautet in diesen Fällen für gewöhnlich auf fahrlässige Tötung, da kein Tötungsvorsatz vorliegt. Haftstrafe auf Bewährung, Geldstrafe, vorläufiger Führerscheinentzug, MPU. Doch diesmal war das anders. Und ich muss einfach den Tonfall, den die eine oder andere Zeitung dabei verwendet hat, in Teilen nachahmen, weil ich es mir bildlich vorstellen kann - den Gerichtssaal, die beiden Angeklagten erheben sich zum Richterspruch, ihre Verteidiger stehen bei ihnen, die Verlobten der jungen Männer im Zuschauerraum. Und dann donnert der Richterspruch durch Ralph Ehestädt durch den Saal:

Die Anklage: Vorsätzlicher Mord.
Das Urteil: Lebenslängliche Haft für beide und lebenslanger Führerscheinentzug.

Es ist das härteste Urteil, das bisher in Sachen Raserei in Deutschland gesprochen wurde, stößt aber vielerseits auf großen Zuspruch. Bei mir auch. Und es rührt mich ähnlich wenig wie den vorsitzenden Richter, wenn die Angeklagten dann mit zeitlichem Abstand zusammensacken und die Scherben ihres jungen Lebens vor sich sehen.

Es dauert anderthalb Stunden, bis die Urteilsbegründung abgeschlossen ist. Und es steht fest: Wer sich zu einem solchen  Autorennen überreden lässt, nimmt billigend den Schaden und Tod Unbeteiligter in Kauf. Das lässt die Autos zu Mordwerkzeugen, zu gemeingefährlichen Tatwaffen werden. Und daher ist das Strafmaß enorm - und absolut nötig als Ansage gegen eine Szene, die bisher viel zu glimpflich davonkommt angesichts der Menschenleben, die sie fordert.

Es wird Revision eingelegt, ein Bundesgericht muss den Fall prüfen - bis dahin bleiben die Angeklagten in Untersuchungshaft - sinnvoll, um sie jeglicher möglichen Gefährdung Anderer zu entziehen. Und ich hoffe, dass die nächste Instanz das Urteil bestätigt.

Männer von ihrer hässlichen Seite. Mir kommt das Essen hoch.

post scriptum: Ich finde, dass Geschwindigkeitsdelikte viel härter bestraft werden sollten. Auf der Neumünsteraner Max-Johannsen-Brücke fahren 80% der Autos zu schnell (ebenso wie an den Holstenhallen) - die Stadt könnte sich dumm und dämlich verdienen! Muss erst jemand zu Tode kommen, damit mal deutliches Recht gesprochen wird?

Nicht falsch verstehen: Ich liebe es, schnell zu fahren. Der Temporausch ist spannend, das Gefühl von Bewegung, ich kann es nicht besser beschreiben. Aber Tempolimits gelten und ich möchte niemandem durch meine Fahrweise Schaden zufügen. Wer den Blog verfolgt, weiß, dass ich auch mal anders gedacht habe.

Deswegen versuche ich mir den Adrenalinkick und Geschwindigkeitsrausch in Achterbahnen zu holen - dabei verletze ich (in der Regel) niemanden.

Montag, 27. Februar 2017

Drei Jahre Kieler Weltraumbasis


Facebook hat mich heute daran erinnert, dass ich vor drei Jahren in meine jetzige Wohnung umgezogen bin. Und ich habe es bisher keine Sekunde bereut - auch wenn ich in dieser Zeit viel Mist gebaut habe.

Ich kann mich besonders gut an die beiden ersten Nächte in der Wohnung erinnern. Die erste mit Matratze auf dem Fußboden und Kästen und Kisten überall; die zweite eigentlich genauso, nur dass da noch ein weiterer Gast die Nacht bei mir verbracht hat. Es war das erste Mal, dass Er nicht eine Stunde lang fahren musste, damit wir uns treffen konnten. Und beide Nächte haben mir verdammt gut getan.

Manchmal sind Gefühle und Wahrnehmungen ja etwas schwierig zu beschreiben. Als ich nach meiner ersten Nacht morgens aufgewacht bin, wusste ich, dass das die richtige Wohnung für mich ist. Ich habe mich direkt wohl gefühlt (was nach dem Husumer Loch aber auch nicht soooo schwer war). Ich habe gefühlt, dass ich in dieser Wohnung einen Neustart machen kann. Ich habe das alles hier schnell liebgewonnen - den Verkehrslärm (ich nenne ihn den "Puls der Stadt"), der Sky direkt vor meiner Haustür, Sparkasse, Bushaltestelle, direkte Anbindung an die Fernstraßen. Ich fühlte mich lebendig (in Husum war ich scheintot) und gut versorgt.

Die zweite Nacht hat mir bewusst gemacht, wie wichtig es sein kann, Freunde in der Nähe zu haben: Die große Buba und Er waren zu einem netten Abend vorbeigekommen, bisschen zusammensitzen, bisschen Wohnung einweihen. Allerdings waren wir tierisch müde. Oder wirkten zumindest so. Und so haben wir die große Buba irgendwann nach Hause gebracht und ich hab' ihn noch bis zu seinem Auto begleitet - allerdings nicht verabschiedet, sondern wir haben alles rausgekramt, was wir brauchten, um es uns für die Nacht gemütlich zu machen, denn Er wollte bleiben und ich wollte das auch..

So sind wir reichlich beladen mit schlechtem Gewissen (weil wir das alles heimlich gemacht haben), Bettzeug und Konsorten zurückgegangen und haben einen sehr schönen Abend verbracht, und eine Nacht, die für uns beide sehr wichtig war, weil wir über Vieles gesprochen haben, was in der Husumer Zeit unausgesprochen geblieben war. Und ich habe so langsam realisiert, wie wichtig Er für mich geworden ist. Und so haben wir uns um vier Uhr morgens im Dunkeln in den Armen gehalten und sind verdammt glücklich schlafen gegangen.

Mittlerweile hat sich Vieles in der Wohnung getan - neue Möbel, Deko und das Gefühl von "zuhause" hat sich verstärkt. Ich habe immer gesagt, dass mein Privatleben Priorität hat vor der Arbeit; einer der Gründe, warum ich in St.Peter-Ording aufgehört habe, war, dass ich unbedingt in dieser Wohnung leben wollte. Die anderen Gründe haben mit Menschen zu tun.

Inzwischen bin ich drei Jahre älter geworden und vielleicht ein ganz kleines bisschen reifer, oder weiser, oder whatever. Ich fühle mich jedenfalls anders. Ich verstehe manche Dinge, für die ich mit dreißig noch kein Verständnis hatte. Manches aber lässt mich noch immer verständnislos den Kopf schütteln.

Ich habe mich hier eingelebt, das ist mein Ort geworden. Ich möchte hier so schnell nicht weg. Das wird vielleicht irgendwann noch einmal spannend werden, wenn... naja, einen Grund hätte ich, umzuziehen. Aber das steht irgendwo in der Zukunft. Insofern halte ich mich wieder dran, das Hier und Jetzt zu genießen.

post scriptum: Wie jugendlich das war, der großen Buba an jenem Abend etwas vorzuspielen! Wir hätten es ihr auch direkt sagen können, ich glaube, sie wäre die Letzte, die uns diesen Spaß versaut hätte. Aber damals hatten wir das noch nicht so mit Offenheit und Ehrlichkeit. Ich bin da mittlerweile zwei Schritte weiter, und Er auch einen.

paulo post scriptum: "Weltraumbasis" - so haben Er und ich unsere Husumer Liegewiese immer genannt, wenn er bei mir war. Weil drumherum Wandbehänge mit außerirdischen Motiven waren. Und weil es sich im Schwarzlicht manchmal wirklich so anfühlte, als wären wir im All, ganz weit weg von Allem, was uns nicht wohlgesonnen war. Nur wir beide. Und auch hier in Kiel ist es immer noch die Weltraumbasis, oder unsere "Bubble", in der wir "wir" sein dürfen. Und niemandem etwas vorspielen müssen. Eigentlich.

Sonntag, 26. Februar 2017

Jahrestag


Ganz heimlich, still und leise ist vor drei Wochen der erste Jahrestag dieses Blogs vergangen. Am vierten Februar des letzten Jahres wurde hier der erste Beitrag zum Thema "Arbeitslose Lehrer" gepostet. Ich war jüngst arbeitslos geworden und hatte über den Arbeitsmarkt für Junglehrer berichtet.

Außerdem habe ich beschrieben, warum ich diesen Blog überhaupt führe: In der Zeit der Arbeitslosigkeit, wo einem die Tage endlos vorkommen können und die Langeweile um sich greift, wo man für nichts und niemanden früh aufstehen muss und kaum Verantwortung trägt, wo das Leben etwas aus den Fugen gerät, brauchte ich irgendeine Form der Regelmäßigkeit in meinem Tagesablauf und habe mich deshalb entschieden, möglichst täglich ein Stück meiner Gedankenwelt preiszugeben.

Manche Artikel schreiben sich fast von selbst, bei anderen muss ich mir jeden einzelnen Satz mühsam aus dem Gehirn saugen. Der eine Artikel erfordert nur zehn Minuten Schreibzeit, der andere zwei Stunden. Offen und verdeckt spreche ich in meinen Artikeln ganz bestimmte Leser an. Manchmal schreibe ich klar verständlich, manchmal scheinbar völlig konfus.

Ich habe vorher längere Zeit überlegt, ob ich den Blog einem bestimmten Thema unterstellen soll, aber damit hätte ich mir selbst unnötige Grenzen auferlegt; auch entspricht das nicht meiner Gedankenwelt, die sich um wesentlich mehr als ein einziges Thema dreht. Manche Themen tauchen immer wieder auf - meine Arbeit als Lehrer, Lehren, die ich aus dem Leben gezogen habe, die Hochbegabung und natürlich Er.

Es ist immer wieder spannend zu sehen, welche Artikel oft angeklickt werden - oft sind es solche, in denen ich etwas von mir preisgebe oder mich über bestimmte Menschen aufrege, oft auch solche, deren Überschrift und/oder Vorschaubild ködern. Weniger angeschaut werden Rezensionen, obwohl mir diese oft sehr am Herzen liegen - aber meine Musik, meine Filme, Spiele usw. treffen nun mal nicht jedermanns Geschmack.

Die Reaktionen auf den Blog sind unterschiedlich. Eine Leserin lacht sich scheckig bei vielen meiner Beiträge. Manche machen sich Sorgen, ob ich nicht zuviel von mir preisgebe. Andere werden wütend, weil sie das Gefühl haben, sie würden bloßgestellt.

Ich freue mich auf's Weiterschreiben - langweilig wird es mir jedenfalls noch lange nicht!

Samstag, 25. Februar 2017

Wenn die Leute reden...

Quelle: http://orig03.deviantart.net/e0b6/f/2011/142/a/2/poison_bottle_by_tulwarr1-d3gxfjj.jpg

Silke geht.

Als ich das in einer spontan einberufenen Dienstversammlung mitbekam, musste ich viel nachdenken - unsere Schulleiterin hat uns darüber aufgeklärt, dass sich für sie eine neue Tür im Leben geöffnet habe und sie eine andere Stelle angenommen habe. Das ist im Kollegium unterschiedlichst aufgenommen und kommentiert worden. Während sich die meisten für Silke freuten, mischten sich hier und da auch andere Töne unter die Kommentare.

Ich gehe gar nicht ins Detail. Sowohl der Inhalt als auch die emotionale Art und Weise von Silkes Botschaft wurden kontrovers diskutiert (unglaublich, wie beliebt dieser Euphemismus geworden ist). Mir ist es schwer gefallen, den Mund zu halten und mich an mein Credo zu halten, wenn es darum geht, über Kollegen herzuziehen:

Ich find' es scheiße.

Ich finde es *richtig* scheiße.

Gerade, weil ich es vor ein paar Jahren noch so toll fand...

Das war an meiner ersten Schule. Ich kam direkt von der Uni und wusste noch gar nichts. Wie ich mich als Junglehrer verhalten sollte, ob ich überhaupt "richtigen" oder "guten" Unterricht machen kann, wie ich mich im Lehrerzimmer verhalten sollte, all diese Dinge. Und somit habe ich erstmal vorsichtig beobachtet und mich in Lehrerzimmerdingen einfach anstecken lassen von dem, was mir dort begegnet ist:

"Boah, ist dir mal aufgefallen, wie tief XY unserer Schulleiterin in den Arsch kriecht?"

Natürlich nur hinter dem Rücken, ich habe mir das angehört und hab' gedacht, ja, das stimmt echt, widerlich! Sowas kann ich ja gar nicht haben, ich bin ein Feind von Schleimerei, besonders, wenn keine großartigen Fähigkeiten dahinter stecken.

"Du hast recht, ist richtig widerlich, ich könnte sowas nicht."

Mit solchen Antworten war ich dann schnell zur Hand, denn das war es ja auch, was ich mir gedacht habe. Mein Verhalten immer verglichen mit dem der anderen Kollegen, um herauszufinden, was einen "guten" Lehrer ausmacht.

"Hast du mitbekommen, XY ist zum beliebtesten Lehrer Deutschlands gewählt worden. Kein Wunder, der schaut mit seinen Schülern nur Filme und spielt Spiele mit denen!"

Okay, an der Stelle habe ich nicht sofort zugestimmt, sondern ein bisschen abgewartet. Ich spiele auch Spiele mit meinen Schülern, ich schaue auch Filme mit ihnen, gibt auch viele Schüler, die mich mögen, wo ist jetzt gerade das Problem?

"Die lernen ja überhaupt nichts, die machen gar keinen richtigen Unterricht."

Hm, okay, den Argumenten konnte ich mich nicht komplett verweigern. Aber die Lehrerzimmergespräche wurden expliziter.

"Hast du gehört, XY soll auf der Klassenfahrt betrunken gewesen sein."

"XY nimmt Beruhigungsmittel und Antidepressiva, das geht echt gar nicht."

"Der lässt den Schülern alles durchgehen, so ein Schwachsinn, ich bin für ein strenges Regiment, so muss das sein."

"Die kann sich gegenüber den Schülern überhaupt nicht durchsetzen, das ist eine ganz arme Person."

Und dann hat sich dieses Denken und Handeln in meinen Unterricht eingeschlichen. Ich habe mit meinen Schülern über die Unterrichtsmethoden anderer Kollegen zunächst gesprochen "Dr Hilarius, bei ihnen lernen wir viel mehr, XY konnte das irgendwie überhaupt nicht" und irgendwann dann angefangen zu lästern "Naja, so macht man das ja auch nicht. Ich bin sicher, XY meinte das nur gut, aber das war echt nicht gut durchdacht."

Und das Schlimmste: Ich habe das nichtmal mitbekommen. Ich habe mich darin wohlgefühlt. Ich bin ein Teil geworden dieser Lästermaschinerie, die nach oben kriecht und nach unten tritt. Ich bin auch nur Mensch, ich habe es genossen, ein wenig über Andere herzuziehen, um mein eigenes Referendariat etwas erträglicher zu machen.

Ich habe die ganze Scheiße, die ich da gemacht habe, nicht einmal richtig mitbekommen. 

Bis die Schulleitung entschieden hat, mir mein Handeln einmal vor Augen zu führen. Ohne in die Details zu gehen, habe ich die Dinge, die ich gemacht habe, dann einmal schwarz auf weiß vor mir gesehen. Und das war nicht angenehm. Klar, da war immer noch das Bewusstsein, dass andere Kollegen sich ganz genauso verhalten, aber ich habe mich für einen Moment vor mir selbst geekelt.

Dass ich jene Schule verlassen wollte, stand vorher schon fest, das war sozusagen nur noch der Nagel zum Sarg. Und all' die falschen positiven Kommentare zum Abschied (abgesehen von den paar authentischen), darauf hätte ich verzichten können, aber das war mir egal, nur weg hier.

Und dann kam Schule Nr.2, die Nordseeschule in St.Peter-Ording, über die ich hier schon mehrfach das eine oder andere positive Wort verloren habe. Nun also ein weiteres Mal:

Als ich in meiner neuen Schule angekommen war, hat mich die Freundlichkeit, der Humor, die Aufgeschlossenheit und Offenheit des Kollegiums (an beiden Schulteilen) überrascht. Man ist auf mich zugekommen, hat mich direkt integriert, ist ins Gespräch mit mir gekommen - trotz meiner "Andersartigkeit". Ich habe in diesen zwei Jahren kaum ein negatives Wort über Kollegen mitbekommen. Man hat das dort einfach nicht gemacht. Und wann immer ich Lady Mutterschiff von dort berichtet habe, hat sie mir klargemacht, dass das tatsächlich recht unüblich ist.

Ich habe mich akzeptiert gefühlt, und zunächst konnte ich gar nicht festmachen, woran es lag. Mit der Zeit ist mir aber ein Licht aufgegangen, wie sehr es ein Kollegium vergiften kann, wenn man negativ über andere Lehrer spricht - das Licht ist deswegen aufgegangen, weil es in SPO eben nicht gemacht wurde. Und wenngleich ich in der Anfangsphase immer mal wieder in meinen alten Habitus verfallen bin, mit Schülern über andere Kollegen zu reden, so habe ich versucht, mich zu disziplinieren und das einfach komplett zu unterlassen. De absentibus nihil nisi bene, sozusagen. Über die Abwesenden (soll man) nichts außer Gutes (reden).

Es hat mir unglaublich gut getan, diese Arbeitsatmosphäre in der Schule zu genießen. Mit meinen Fragen konnte ich zu jedem Kollegen gehen, egal, wie "dämlich" diese Fragen vielleicht waren. Man hat das Alternative an meinem Unterricht zunächst vorsichtig, aber dann akzeptierend betrachtet. Niemand hat von mir gefordert, mich oder meinen Unterricht zu ändern; im Gegenteil: Ich habe oft den Hinweis bekommen, ich solle so bleiben, wie ich bin. Ich fand das richtig toll.

Über Eckernförde verliere ich hier kein Wort, und nach einem Dreivierteljahr in Neumünster sind mir halt bestimmte Verhaltensweisen aufgefallen. Die Distanz, der Argwohn, das Misstrauen, das Lästern. Nicht überall, definitiv nicht. Aber ich habe gemerkt, dass ich selbst wieder höllisch aufpassen muss, nicht mitzumachen. Ich merke, dass ich es ganz gern mal wieder machen würde, aber ich habe keine Lust, das "Kollegiumsgift" weiter zu verteilen. Ich möchte den Kollegen vorleben, wie wir es in SPO gemacht haben - und wieder einmal: Be the change you wish to see in the world.

Und daher versuche ich nicht nur, nicht negativ über andere Lehrer zu sprechen - ganz egal, wie deren Macken sein mögen -  sondern ich möchte Andere auch darauf hinweisen, dass ich es nicht in Ordnung finde, dass hinter ihrem Rücken negativ über sie gesprochen wird. Ich bin in diesem Vorhaben nicht perfekt, aber wenigstens versuche ich es.

Denn das habe ich an Einsicht aus der Humanistischen Pädagogik mitgenommen: "Jeder Mensch ist an sich gut." - Nur das Verhalten missfällt uns manchmal. Aber jeder hat seine Gründe. Und tief im Inneren sind eben alle gut, und ich möchte sie auch so behandeln. Und wenn mich jemandes Verhaltensweise stört, dann sollte ich hingehen und denjenigen direkt ansprechen, anstatt mit Anderen über ihn herzuziehen. Und ich sollte mir Eines immer vor Augen halten: So sind sie eben. Und so habe ich sie zu akzeptieren, denn auch ich bin nicht frei von Fehlern und werde trotzdem von Vielen akzeptiert.

Und deswegen finde ich Kollegenlästern scheiße.

Richtig scheiße.

Freitag, 24. Februar 2017

Dunkelheit

Das Bild ist dreizehn Jahre alt, aber auch heute noch ein bisschen unheimlich - und es beweist, dass ich lange Haare hatte ;-)

Es war mein zweiunddreißigster Geburtstag. Die große Buba, Er und ich haben zusammen in meiner Wohnung gesessen, wir waren zu einem Gespräch verabredet, das mir sehr viel bedeutet hat. Nachts. Wir wollten anfangen, einzige Beleuchtung waren meine Ethnolampe und die Herdlampe, es war schummerig-gemütlich in der Wohnung. Dann allerdings hat Er gefragt, ob wir es nicht ein bisschen heller machen könnten, man sieht sich ja sonst kaum. Und weil es mir an jenem Tag nur um Ihn ging, haben wir das Deckenlicht eingeschaltet und die Dunkelheit damit endgültig vertrieben.

Dabei habe ich vor längerer Zeit gelernt, die Dunkelheit zu schätzen. Sicher, sie kann Gefahren bergen, und das bringt unseren Instinkt auf Hochtouren: Instinktiv haben wir Angst vor der Dunkelheit, das hat nicht einmal etwas mit dem Alter zu tun. Er kann das bestätigen. Aber die Gefahr im Dunkeln habe ich aus meiner Wohnung verbannt. Dies ist mein Lebensraum, in dem ich mir Sicherheit und Geborgenheit schaffe. Dunkelheit stört mich nicht. Ganz im Gegenteil...

Schummerlicht und Schattenspiele sind nicht möglich, wenn es taghell ist. Farbiges Licht hat deutlich weniger Wirkung. Schwarzlicht entfaltet seine volle Wirkung in meiner UV-aktiven Wohnung nur im Dunklen. Wenn es dunkel ist und die Augen sich daran gewöhnt haben, kann ein blaues Leuchten aus dem Regal mystisch wirken oder ein rotes Leuchten ein Gefühl von Wärme spenden. Eine Glühbirne mit gerade mal vier Watt reicht vollkommen aus, um meine Ethnolampe leuchten zu lassen, viel gemütlicher als klinisch helles, weißes Licht.


Seit meiner ersten eigenen Wohnung habe ich mich in Beleuchtungskonzepten ausprobiert und sehr schnell gemerkt, dass ich von der Dunkelheit ausgehen sollte und dann einzelne Lampen hinzufügen - nicht im Hellen irgendwie konzipieren, anordnen, dann das Licht ausschalten. Und so habe ich mich mit der Dunkelheit vertraut gemacht, vor der ich als Kind so viel Angst hatte.

Und ist es nicht drollig, Dunkelheit taucht auch ganz woanders auf; wie ich immer wieder feststelle, sind Japaner von der deutschen Sprache fasziniert. In Videospielen finden sich ab und an deutsche Wörter, die so gar nicht in den Zusammenhang passen. So ist Dunkelheit in der Atelier-Reihe der Name einer Blume, und natürlich ist es eine besonders wertvolle und nützliche Blume.

Aber, machen wir das nicht auch ab und an, Wörter anderer Sprachen zu entlehnen, einfach weil's gut klingt? Auch wenn es gar nicht passt? Ich check' das mal eben auf meinem Handy.

post scriptum: Ich wollte heute über etwas ganz Anderes schreiben, aber ich muss erst noch klären, ob das öffentliche Infos sind oder nicht. Jedenfalls haben sie mich heute sehr bewegt und werden spätestens im April auf jeden Fall hier zum Thema werden. An die große Buba und das havarierte Mutterschiff: Es geht nicht um mich, keine Sorge.

Donnerstag, 23. Februar 2017

Ich habe einen Baum gepflanzt

Na, wo mag das wohl sein...

Ich habe einen Baum gepflanzt.

In meinem Garten ist genügend Platz und ich habe mich dafür entschieden, dass ich diesen Platz nutzen möchte, um einen großen, starken Baum aufzuziehen. Ein Baum, der mir im Sommer Schatten spendet, ein Baum, der im Winter dem schlechten Wetter trotzt. Ein Baum, dem keine äußeren Bedrohungen etwas anhaben können - und ich weiß, dass es lange dauern wird, so einen Baum großzuziehen.

An diesem Platz war vorher auch ein Baum. Allerdings ging es ihm nicht gut, immer wieder kam Ungeziefer, immer wieder kamen Biber, um den Stamm anzunagen, immer wieder versuchten Diebe, den Baum mit ihren Kettensägen zu fällen. Am schlimmsten war allerdings eine Krankheit, eine Art Rotfäule, die er mit den Wurzeln aufgenommen hatte, und die durch seinen Stamm, durch seine Äste und Blätter kreiste und drohte, ihn von innen heraus krank zu machen.

Der Baum hat diese Belastung kaum ausgehalten und hatte gar keine Chance, richtig groß zu werden. Im Gegenteil, er stand kurz vor dem Absterben. Und ich habe das gar nicht richtig mitbekommen, klar, ich hatte das Getier gesehen, das sich an seinem Stamm zu schaffen versucht hat, und ich habe die Kettensägen gehört. Aber die ganze Krankheit von innen heraus, davon habe ich überhaupt nichts gemerkt.

Zum Glück habe ich Freunde, die sich ein bisschen mit Botanik auskennen. Deren Blick für eines der Hauptprobleme des Baums um Einiges geschärfter war als meiner, der irgendwie nur drauf ausgerichtet war, irgendwann die Früchte des Baums zu genießen. Und so habe ich mir eine Lehrstunde in Baumpflege abgeholt und konnte kaum glauben, wie ignorant ich dieser Pflanze, diesem Lebewesen gegenüber gewesen bin. Vergessen all das Ungeziefer, vergessen die Kettensägen, ich kam mir vor wie der personifizierte Baummörder!

Und so fasste ich einen Plan. Als der Baum zum letzten Mal seine Früchte abgeworfen hatte, nahm ich mir eine von ihnen und legte sie in ein Kästchen, das ich dann wegschloss. Ich nahm selbst die Kettensäge in die Hand und fällte den Baum, wütend, rasend vor Wut auf mich selbst, und sah all die verfaulten Stellen im zersägten Baumstamm. Mich schauderte vor diesem Anblick und ich verbrannte alles, was von dem Baum übrig war. Ich grub den Stamm mitsamt den Wurzeln aus, ich vernichtete alles, was mir mein eigenes Versagen vor Augen führen konnte.

Ich schüttete das Loch mit frischer Erde auf und gab dem Boden über ein Jahr Zeit, sich zu regenerieren.  Ich wusste, dass ich diese Stelle in meinem Garten nicht aufgeben wollte, aber ich wollte dieselben Fehler nicht noch einmal machen, und so wartete ich. Und wartete. Und wartete. Die Frucht, die ich in all' dieser Zeit im Kästchen aufbewahrt hatte, vertrocknete natürlich und zerfiel nach und nach. Aber ich wusste, dass all' diese Wartezeit zwar die Frucht mochte vertrocknen lassen, nicht aber den Samen, den ich irgendwann würde einpflanzen wollen.

Und nun ist es soweit. Ich habe den Boden gepflegt und den Samen eingepflanzt. Ich werde mich um den Setzling kümmern. Ich weiß, dass es sehr viel Zeit braucht, bis daraus ein Baum wird. Ich weiß aber auch, wenn ich gut aufpasse, dass er größer und stärker werden kann als der letzte, und dass er alle Bedrohungen - von außen und von innen - wird abschütteln können.

Ich habe einen Baum gepflanzt, und es ist eines der wenigen Male in meinem Leben, in dem mir eine Sache wirklich etwas bedeutet.

post scriptum: Ich überlege, ob ich wieder eine Schachtel Pralinen verlosen soll. An denjenigen, der errät, wo das Foto oben aufgenommen wurde. Die große Buba hat letztes Mal gewonnen und ihre Pralinen immer noch nicht bekommen ;-P

Mittwoch, 22. Februar 2017

BOOM!!! There she goes again...


Bei allem, was das Lehrerdasein spannend und abwechslungsreich macht - Diebstähle, Drogenkonsum, Kindesmissbrauch, Anschläge auf Lehrerautos, Prügeleien auf dem Schulhof - bei diesem RTL-Panoptikum hat mir in St.Peter-Ording immer quasi die Pflichtlektüre des Junglehrers gefehlt: Der gepflegte Feueralarm. Da mag die Polizei noch so oft auf dem Schulgelände gewesen sein (keine Ahnung, vielleicht war das so), es war eigentlich nie wegen seltsamen Brandgeruchs und des zum Drücken einladenden roten Knöpfchen hinter der Glasscheibe.

Wie aufregend muss das Lehrerdasein dann erst an einer Schule sein, die in gut einem halben Jahr gleich fünf Feueralarme vorzuweisen hat? Da schliche sich ja schon langsam Routine ein - mal vorgestellt, man stünde da in seiner Klasse und diktiert die letzten Vokabeln des Vokabeltests. Und auf einmal zwitschern die dysharmonischen Sirenentöne durch das Gebäude, gefolgt von der sonoren, sachlichen, sehr männlichen Feststellung "Es wurde ein Feueralarm ausgelöst."

Da es ja schon Routine wäre, wenn im Schnitt tatsächlich einmal im Monat dieser Alarm betätigt würde, störte es die Lehrkraft nicht im Geringsten, wenn Schantalle anfinge zu weinen und Tscheeßn sich unter dem Tisch versteckt. Und Gertrullas Hyperventilieren würde süffisant gekontert: "Erst die letzten drei Vokabeln aufschreiben, TrullBabe, dann kannst du sterben. Wirst du eh', wenn du die Note siehst."

Während es womöglich anfangs noch gesittet ablief, dass die Kinder sich in Zweierreihen aufstellten zum gemeinsamen Gang Richtung Sportplatz, so hat diese Tradition sich längst der Realität gebeugt: Dähmjen zückt das Telefon, um die sterbende Gertrulla zu filmen und Schohna-Mäi legt neues Make Up auf, so sollen sie die Feuerwehrmänner schließlich nicht sehen. In der siebten Klasse.

"Sie haben noch gar nicht den Kuchen probiert, den ich für unseren Kurs gebacken habe", würde die kleine Dschennewjehf dann jammern. "Was soll's, wenn ich heute eh draufgehe...", als Lehrer denkt man da ganz pragmatisch und steckt den Kuchenklumpen mit den Vokabeltests in die Tasche, die sowieso im Klassenraum verbrennen soll. Hauptsache, das Klassenbuch ist dabei. Alles Andere kann man ersetzen, und somit würde ich auch nicht erst noch abwarten, bis Käwiehn sich die Schuhe zugeknotet hat, das dauert zu lang und ich schließe hinter mir ab.

Sammeln auf dem Sportplatz, und zwar klassen-, nicht kursweise. "Hey, ihr Armleuchter, ihr bleibt jetzt hier stehen, was ist daran so schwer zu verstehen? Kässriehn, du kontrollierst mal die Anwesenheit, ich kenne die Hälfte von euch gar nicht." - "Oh Dr Hilarius, können wir nicht wieder reingehen, hier im Wind ist es so kalt!" - "Ja klar, Schanahja, geh' schön rein, wo es warm ist - am besten dahin, wo es ganz, ganz warm ist, dann muss ich weniger Tests korrigieren."

Wie man so eine konfuse Situation erzeugen könnte? Es würde ja schon reichen, wenn man einen Böller in den Fahrradkeller würfe. Wenn ich irgendwann mal ein Rotzgör erwische, das an unserer Schule so etwas macht, dann schreibe ich da einen Blogeintrag drüber!

post scriptum: Auch einmal im Ernst - Feueralarm an einer differenzierenden Schulform kann deutlich anspruchsvoller sein als an Schulen, an denen nur Unterricht im Klassenverband stattfindet. Und es ist interessant zu beobachten, dass auch beim fünften Feueralarm in diesem Schuljahr nur wenige Lehrkräfte die richtigen Verhaltensweisen beachten. ABER! Das hat nichts mit unserer Schule zu tun. Ich gehe davon aus, dass es an vielen Schulen so ist. Also lasst uns weiterhin unsere Kompetenz in Extremsituationen trainieren!

Dienstag, 21. Februar 2017

Meditativer Horror


Meditationen sind was Feines, so viel ist in diesem Blog schon herumgekommen. Sie helfen, Fragen zu klären, sie entspannen, sie sortieren Gedanken. Und sie fühlen sich einfach fantastisch an!

Ich bin frisch geduscht, aufgewärmt und fühle mich pudelwohl. Ich lege mich auf die Liegewiese, schalte das Licht aus und die Musik ein. Langsam komme ich zur Ruhe. Langsam schwirren die ersten Töne der Musik um meinen Kopf. Langsam fangen auch die Gedanken an zu schwirren. Ich rieche den Duft von Adlerholz, ich takte meinen Körper runter und atme flacher. Die Musik nimmt mich vollkommen ein, der Duft verspricht Geborgenheit und Schutz und ich kann in aller Ruhe den Tag durchdenken und alles abarbeiten, was sich in meinem Kopf aufgestaut hat. Und langsam merke ich, wie der Tee mich von innen heraus wärmt, ein Lächeln wandert auf mein Gesicht, ich fühle mich so wohl, ich liege auf watteweichen...

TÜRKLINGEL

...Glasscherben. Der Sound der Türklingel überschallt alles. Mein Körper vibriert, ich bin nicht mehr eins mit meiner Umgebung, ich scheine über den Glasscherben zu schweben. Von allen Seiten pieksen Nadeln in meinen Körper. Die Unsicherheit kriecht in mein Gehirn - wer ist da, wer will was, habe ich wieder den Schlüssel im Schloss vergessen, habe ich wieder irgendwas falsch gemacht? Ich beruhige mich, atme konzentriert weiter. Ich habe mir irgendwann vorgenommen, mich durch nichts aus einer Meditation reißen zu lassen und daran halte ich mich. Der Sound der Türklingel verhallt, langsam verschwinden die Glasscherben und verwandeln sich wieder in Watte. Es dauert nicht einmal zehn Minuten, bis ich wieder vollkommen bei mir selbst bin - aber das Erlebnis wirkt nach.

Also, eigentlich ein völlig nichtiger Beitrag heute, aber ich wollte mal schildern, wie es sich anfühlt, wenn man vollkommen in seiner Welt versunken ist und plötzlich die Klingel geht. Das ist auch der Grund, warum ich meistens beim Meditieren das Telefon rausziehe.

Ich glaube, ich sollte doch endlich mal ein Schild basteln - "Meditation - bitte nicht stören". Hatte ich früher auch in der Kronshagener WG, es tut einfach gut, weil man dann kaum noch damit rechnen muss, dass so etwas vorkommt.

Sonntag, 19. Februar 2017

Der Kopf in der Post


Das hat ein bisschen was von Mafia - nur dass es sich nicht um einen Pferdekopf oder sonstiges Getier handelt, aber gestern hat mich in einem Postpaket ein Kopf erreicht. Aus Glas. Ein weiterer Kopf dieser Art steht seit Längerem in meiner Wohnung - nun wurde es Zeit für Gesellschaft: Der erste Kopf beherbergt meine Kopfhörer; da ich nun ein zusätzliches Headset besitze und es einigermaßen sinnvoll aufbewahren möchte, habe ich mir einen zweiten Kopf zugelegt. Ich bin gespannt, wann sich weitere Körperteile in meiner Wohnung einfinden.


Und was sonst noch? Die große Buba und ich scheinen eine ungewöhnliche Ausstrahlung auf Jugendliche zu haben. Wie sonst ist es zu erklären, dass zwei Teenagergören im Bus gestern permanent auf uns gestarrt haben? Dazu sei gesagt: Sie saßen direkt vor uns und haben unverhohlen auf uns geglotzt. Ich hätte ihnen am liebsten in die Augen gepiekst, stattdessen haben wir nur weiterhin seltsame Laute von uns gegeben.

Insofern ist es nicht ungewöhnlich, ich kenne das mittlerweile, von Leuten angestarrt zu werden. Das kann ich alles wunderbar ausblenden. Ich kann es aber durchaus verstehen, dass es Menschen gibt, denen ihre Außenwirkung nicht egal ist und die sich deswegen ein wenig vernünftiger verhalten als ich.

post scriptum: Staub auf der lila Glatze - ich sollte mir irgendwann eine Haushaltshilfe zulegen.

Samstag, 18. Februar 2017

Geistige Quarantäne


In meiner Wohnung habe ich ein Schild "Geistige Quarantäne". Es handelt sich dabei um ein ganz einfaches, aber effektives Werkzeug für bestimmte Situationen.

Gestern habe ich über Momente berichtet, in denen es zu viele Denkimpulse gibt, zu viele Gedanken, die sortiert werden müssen und dann nacheinander Stück für Stück durchdacht werden wollen. Die Meditation ist die ideale Methode, um das zu bewerkstelligen. Manchmal aber kommt es vor, dass ich in einer Situation nichts tun kann, weil der Zeitpunkt, an dem die Situation vorangebracht werden kann, sich entfalten und vielleicht sogar aufgelöst werden kann, in der Zukunft liegt, und bis dahin bin ich machtlos.

Kleines Beispiel: An einem Donnerstag in meinem Referendariat habe ich meine dienstliche Beurteilung a.k.a. Schulleitergutachten bekommen, dessen Besprechung dann am darauf folgenden Montag stattfinden sollte. Zuhause angekommen öffne ich den Briefumschlag, lese mir das Gutachten durch und falle aus allen Wolken - und werde sehr, sehr wütend. Das kann bei Hochbegabten rapide gehen, weil das Gehirn schließlich in einem Mordstempo Gedanken produziert, die die Wut anfeuern. Impulsivität. Und dann neige ich zu Kurzschlussreaktionen, schreibe gleich vier Emails an Hinz und Kunz, wie es sein kann, dass ich zu solch' einem Gutachten komme (in dem Unwahrheiten standen).

Ich rase, drehe vollkommen durch, rabies, rabiei femininum - Tollwut. Scheiße, eine Stunde später noch keine Antwort, ich werde gleich verrückt, das muss doch schneller gehen, es kann doch nicht sein, dass solche Dinge in einer dienstlichen Beurteilung geschrieben werden. Meine Englisch-Studienleiterin, die ich in der Retrospektive bewundere, hat mich dann direkt angerufen, um das Feuer zu löschen (weil sie wusste, wie HBs ticken). "Dafür gibt es ja den Besprechungstermin, halten sie noch so lange durch!"

Leichter gesagt als getan. Das waren drei volle Tage, die ich mich zügeln sollte. Pardon, die ich mein Gehirn zügeln sollte, muss es heißen. Wie soll das gehen? Das hochbegabte Gehirn geht bereits 'zig verschiedene Szenarien an Schulleitergesprächen durch, natürlich nur die dramatischsten Varianten, in denen ich entweder alle Schüler hinter mir habe und die Schulleitung vernichtend stillargumentiert habe oder aber nicht nur ein Disziplinarverfahren angehängt bekomme, sondern in Zukunft nur noch davor gewarnt wird, Dr Hilarius an einer Schule einzustellen.

Und dann hatte ich eine Idee. Ich habe ein Videospiel angefangen, zur Ablenkung, ein sehr umfangreiches Spiel, das mich richtig mitgenommen hat. Doch immer wieder haben sich diese Gutachten-Szenarien eingeschlichen und so ist es nicht selten passiert, dass ich zwar scheinbar das Videospiel spielte und meine Figuren über irgendwelche Felder laufen ließ, mein Gehirn aber vollkommen in den großen Referendariatsdramen versunken war (ähnliche Situation hatte ich heute wieder). Und das ist nicht sinnvoll: Ich kann dadurch weder das Spiel genießen noch meinen Gedanken die nötige Aufmerksamkeit schenken.

Also habe ich mir ein Schild "Geistige Quarantäne" unten an den Fernseher geklebt. Dieses Schild war von da an immer für mich sichtbar, da ich zum Spielen ja auf den Bildschirm schauen musste. Und jedes Mal, wenn ich spürte, wie die Drama-Gedanken sich wieder breitmachen wollten, habe ich auf das Schild geschaut und mich dran erinnert: "Jetzt kannst du gerade eh' nichts tun, du musst bis Montag warten, also lenk' dich ab!"

Das klingt albern. Aber solche Schilder in der Wohnung helfen mir wirklich weiter. Sie sind in meinem Blickfeld, so dass ich ihre Botschaften jederzeit wahrnehmen kann. Dazu gehört übrigens auch ein noch zu erstellendes Schild "Essen & Trinken!".

Ich kenne die geistige Quarantäne jetzt seit knapp vier Jahren und sie hilft mir immer wieder. Visuelle Impulse sind absolut nötig, denn sonst vergesse ich die darin enthaltenen Botschaften, weil mein Gehirn sich nur auf das aktuellste Thema stürzt.

Ich fühle mich wie ein Kleinkind... :-P

Freitag, 17. Februar 2017

Wie bin ich hierher gekommen?


Wenn ich mit einem erwachsenen Hochbegabten rede, fühlt es sich an, als würde die ganze Unterhaltung per Gedankenübertragung ablaufen. Ich glaube, es liegt einfach daran, dass wir auf einer Wellenlänge liegen und unsere Gedankengänge kennen. So habe ich mich heute nach der sechsten Stunde mit einem kaum lebensfähigen Haufen an Intelligenz unterhalten. Ich darf das sagen, sie liest das wahrscheinlich jetzt gerade und schmeißt sich vor Lachen weg. Und ich bin auch nicht viel lebensfähiger, Essenvergessen, FingerbrechenundnichtzumArztgehen, das gehört nun mal dazu. Und ich sage es hier, wie ich es auch vorgestern zu Dr Schroer gesagt habe: Man muss es mit Humor nehmen, alles Andere bringt nix. So bin ich nun mal. So sind wir HBs eben (natürlich jeder anders).

Ich möchte als kleine Marginalie einfügen, dass Frau Schroer unglaublich freundlich und aufgeschlossen ist. Ich hatte mir vorher schonmal Arztrezensionen angeschaut (das nimmt mir die Angst) und die sind ausgenommen positiv, völlig zu Recht. Ich kann die Praxisklinik Kronshagen immer wieder nur empfehlen; vor etwa zehn Jahren wurden mir dort unter Narkose alle Weisheitszähne herausoperiert. Ich hatte solche Angst davor, dass ich das fünf Jahre lang seit Feststellung des OP-Bedarfs vor mir hergeschoben habe.

Dabei war die Angst völlig überflüssig! Die Menschen in der Klinik strahlen einen an, man wird schnell und sehr freundlich betreut, es wird alles in Ruhe erklärt, kein "Sie hätten aber..." oder "Wie kann man nur..." (Alex: Denn genau diese Sätze hören wir ja immer wieder!). Und die OP damals, Vollnarkose bei Dr Gnutzmann, Tranquillizer für den Vorabend, damit ich einschlafen konnte und nicht ängstlich im Bett gelegen hab, OP bei Dr Körner schien geklappt zu haben. Und wenn man nicht in Vollnarkose gehen soll, sondern nur ein Zahn rausoperiert werden muss, bekommt man die Möglichkeit, sich währenddessen eigens mitgebrachte Musik auf dem MP3-Player anzuhören. Ist das nicht toll? Ich könnte da in aller Ruhe zu meiner vertrauten Musik meditieren, während die mir im Mund rumsägen. Klasse! Keine Angst haben!

Wie bin ich jetzt eigentlich hierher gekommen, auf das Thema Zahn-OP??? Ach ja, ich wollte vom HB-zu-HB-Gespräch heute nach der Schule erzählen. Da erzählt sie mir von diesem Gefühl: "Okay, ich steig' in das Auto, fahre eine halbe Stunde zum Ziel, kann das Denken natürlich nicht ausschalten und denke an etwas, das mich gerade tierisch beschäftigt, komme dann an und parke den Wagen, dann steige ich aus, schaue mich um, realisiere gerade erst richtig, wo ich bin und habe auf einmal keine Ahnung mehr, wie ich eigenlich hierher gekommen bin."

Lest den letzten Absatz nochmal. Ich finde das total drollig, dass ich beim Abschweifen vom Blogthema auf das Blogthema gekommen bin.

Kurz gesagt: Ich als HB bin manchmal gedanklich so sehr in einer Sache drin, dass ich nichts um mich herum wahrnehme. Dass ich das Essen vergesse, das hatten wir schon. Und mich nicht erinnern kann, was ich gerade eben gemacht habe. Gestern Abend konnte ich der großen Buba nicht einmal die ganz einfache Frage beantworten: "Wann hast du zum letzten Mal etwas getrunken?" In diesen Momenten stehe ich da, schaue geradeaus, sage "Ich weiß es nicht." und ZACK es geht nichts mehr.

Alle Gedankenzüge entgleisen, ich bin mit der Situation völlig überfordert. Ich kann keinen klaren Gedanken fassen, ich kann fast keinen klaren Satz rausbringen. Ich bin einfach nur da und alles ist blockiert. Dann bin ich wirklich auf Hilfe angewiesen. Ja, solche Momente kommen vor, selten so extrem, aber ich glaube, alle hochbegabten Menschen haben sowas schonmal erlebt.

Was mir dann hilft, ist direkte Meditation. Schnell einen Gedankenraum erschaffen, in den ich gehen kann. Körper stabil bringen (liegen oder Lotussitz), Augen schließen, im Idealfall habe ich Musik da und klinke mich aus.

Wieder einmal ist die Meditation eine gute Methode, sich selbst zu helfen, auch wenn das lange trainiert werden muss. Ich mache das seit acht Jahren, von Mal zu Mal wird es vollkommener. Bisher noch ohne Guru, ohne Lehrer und ohne Anleitung, erstmal selfmade relaxation. Aber ein Buch zu einer bestimmten Meditationstechnik liegt bereit, das Tonglen, und das werde ich irgendwann mal üben. Die Voraussetzungen dafür sind zur Zeit sehr günstig.

Donnerstag, 16. Februar 2017

Deus ex machina - eine Abrechnung

Selbstgemacht - deus ex machina für Anfänger; das soll "inconceivable chasm" heißen ;-) ach ja, man kann das Bild per Klick auch vergrößern, glaube ich - diese Technik ist mir zu modern...

Deus ex machina - der "Gott aus der Bühnenmaschinerie", könnte man sagen, ist ein Hilfsmittel von Regisseuren, Schriftstellern und dergleichen mehr, Menschen, die einen Plot weben (die große Buba bezahwt gerade). Heutzutage sprechen wir in deutscher Sprache auch gern von "Kommissar Zufall". Es geht um Handlungselemente, die scheinbar unerwartet, unvorhersehbar und oft auch unlogisch, beliebig, ganz nach Willkür des genialen Kopfes hinter der Handlung, eben als deus ex machina eingesetzt werden.

Wie scheint der Macher zu denken? "Ich bekomme die Handlung in diesem Moment nicht vorwärts. Sie wird spannungsarm, sie wird vorhersehbar. Ich brauche etwas, um das Publikum wieder stärker an die Materie zu binden, ich möchte eine festgefahrene Situation mit neuem Esprit beleben, ihr wieder frischen Antrieb geben. Und wenn sich momentan nichts organisch aus der bisherigen Handlung heraus ergibt, dann werfe ich einfach etwas Unerwartetes hinein."

Nicht wahr? Entweder ergibt sich etwas aus dem bereits Geschriebenen heraus, organisch, kündigt sich vielleicht schon länger an, oder es liegt bereits seit längerer Zeit für alle sichtbar auf der Hand, nur konnte es bisher niemand in die Szenerie einbauen. Oder aber man wirft etwas völlig neu hinein. Das überrascht in jedem Fall, der Zuschauer muss bei geschicktem Einsatz des Elements umdenken. Das hat Vor- und Nachteile.

Ich - als intelligenter Zuschauer - fühle mich manchmal einfach verarscht, hintergangen, wenn ein x-beliebiges Element ganz unharmonisch in die Geschichte hineingeworfen wird, nur um das Ganze irgendwie am Laufen zu halten. Ich komme mir betrogen vor, ich denke mir, na toll, das hätte ich auch hinbekommen, da macht es sich der kreative Kopf dahinter aber sehr einfach.

Wenn hingegen das vorantreibende Element schon lange Zeit zuvor eingeführt wird, nur noch nicht als solches deklariert, sondern eher nebenbei vorgestellt wird. Wenn diesem Element erst spät Bedeutung gegeben wird, nachdem man damit schon lang vertraut geworden ist und es als Nebensächlichkeit abgetan hat. Wenn in einer Art anagnorisis, einer Wiedererkennungsszene spät in der Handlung diesem Element ein Aha-Effekt beigemessen wird, dann finde ich das viel befriedigender, es gibt mir viel mehr Genugtuung.

Natürlich bedeutet das für den Macher einen wesentlich höheren Aufwand. Man muss beim Erstellen seiner Geschichte häufig wieder in der Handlung zurückgehen, bereits niedergeschriebene Szenerie verändern, und zwar so, dass es für das Publikum zu diesem Zeitpunkt nicht unnatürlich wirkt. Man muss unter Umständen bereits bestehende Dialoge variieren, man muss jederzeit Kontrolle über das gesamte Storyboard haben.

Das ist es aber nun einmal, was einen guten Künstler ausmacht. Man merkt, ich bin kein allzu großer Fan des deus ex machina. Ich verzeihe ihn aber grundsätzlich, wenn es dazu dient, mich zu unterhalten, vor allem, wenn es funktioniert. Aber mehr Lust und Motivation, das Werk ein zweites Mal zu besichtigen, bekomme ich, wenn zum Schluss alle losen Enden, alle scheinbar unpassenden Teile eines Puzzles so zusammenfallen, dass ich mich nicht vollkommen hintergangen fühle.

Fallen mir Beispiele dafür ein?

Bei Anruf Mord (Dial M For Murder)
Familiengrab (Family Plot)
Are You Afraid of the Dark: The Tale of the Dream Girl
The Sixth Sense
Unbreakable 

Ich mag es eben, wenn irgendwann alle Puzzleteile an ihren Platz fallen. Ich sollte hier im Blog auch mal so etwas machen!

Mittwoch, 15. Februar 2017

Den eigenen Kopf essen


Wie wir alle wissen, werde ich in zehn Jahren ein kotzendes ugly Schaf sein, das rosa Donuts scheißt. Das habe ich in demselben Englischkurs gelernt, der auch einen Keksmittwoch eingeführt hat. Reihum wird gebacken und gefuttert, immer mittwochs zur Mittagspause. Irgendwann muss dann ja der Tag kommen, an dem die Schülerin, die mich als ugly Schaf gemalt hat, einen Kuchen oder Kekse backen muss. Jeder kommt mal dran. Und so hat sie uns heute großartige Schokoladenkekse gebacken, nach schwedischem Rezept (ähnlich wie dubbla chokladflarn oder so ähnlich von IKEA).

Es war allerdings auch ein spezieller Keks dabei, eine American variety für den Lehrer. Ein Erdnussbutterkeks, ich mag das, der Keks mit einem schönen Erdnussaroma, und sie hat es sich nicht nehmen lassen, auf den Lehrerkeks mit Lebensmittelfarbe das Donuts scheißende ugly Schaf zu malen. "HH in zehn Jahren", denn dann werd' ich so aussehen. Ich habe also, genau genommen, mit dem ersten Bissen meinen eigenen Kopf aufgefuttert, und man sieht noch so ein bisschen blutig-splatterige Reste am Hals.

Ist das nicht geil? Ich hatte noch nie ein Erdnussbutterkeksschaf (das wäre ein schönes Wort für eine Runde Glücksrad). Und warte mal, das löst in meinem Kopf einen Gedankenzug aus, den ich nach der Meditation weiterfahre, nämlich...

...dass es doch auch Vorteile hat, die Kleineren zu unterrichten. Ich hatte hier einmal geschrieben, dass ich Probleme mit den unteren Klassenstufen habe. Diese damalige Vorahnung hat sich dann auch als zutreffend herausgestellt, aber manchmal freue ich mich über die lieb-naiv-authentische Art mancher Schüler, so fröhlich und so unbedarft, und manchmal tut mir das ganz gut. Ich glaube nicht, dass ein hochpubertärer Neuntklässler mir einen Schafkeks gebacken hätte. Das ist niedlich.

Guter Tag heute? Check!

post scriptum: Sieht der Keks nicht ein bisschen aus wie Donald Trumps Haare?

Montag, 13. Februar 2017

Mr Personality


Er ist so oberflächlich. Schönes fettes Auto muss es sein, Proll hoch fünfzehn, und so sehr auf sein Äußeres bedacht. Überlegt gar nicht erst, was andere Menschen von ihm denken - zu naiv dafür, und viel zu egozentrisch. Er findet sich selbst so geil, und das ist die Hauptsache. Ohne Rücksicht auf Verluste, Hauptsache, Mr Personality geht es gut. Er versucht gar nicht erst, auch mal andere Blickwinkel einzunehmen. Zu anstrengend. Es reicht, wenn an der Oberfläche alles glänzt, und die Naivität sorgt dafür, dass kein Gedanke an tiefer Liegendes verschwendet wird - es sei denn, es handelt sich um eine fette Zuhälterkarre.

Er findet nur einen Menschen in seinem Leben wichtiger als sich selbst, und die anderen Menschen sind egal, solange sie nur genügend Respekt und Loyalität zeigen, und bloß nichts in Frage stellen, was Mr Personality tut. Er macht nämlich immer alles richtig, so das vorherrschende Weltbild. Er ist so full of himself, dass mir bei längerem Drübernachdenken sogar das nicht gegessene Frühstück wieder hochkommt.

Und was ist der Dank dafür? Den gibt es nicht, denn man gerät bei Mr Personality schneller in Vergessenheit, als es noch erträglich ist - "Ups, ja, sorry dass ich mich so lange nicht gemeldet habe..." für'n Arsch!

Es gibt Phasen, in denen Mr Personality mich richtig ankotzt... aber ich lerne, diesen Charakter zu akzeptieren. Denn ohne ihn... geht es eben nicht, er ist ein Teil von mir.

post scriptum: In den Neunzigern gab es sogar einen Song über Mr Personality, vielleicht erinnert man sich ja daran ;-) "Is that your face? Or did your neck throw up something?"



Sonntag, 12. Februar 2017

Meisterjahre


Während ich die Erkältung nutze, um mich mal wieder Alfred Hitchcocks Oeuvre zu widmen, komme ich auf die Idee, eine Kleinigkeit zu Meistern zu schreiben.

Jede Kunst bringt ihre Meister hervor: Menschen, die ihr Fach beherrschen - manche, indem sie geradezu Lehrstücke ihrer Kunst hervorbringen, manche durch ungewöhnliche Arbeitsweisen. Viele Meister werden erst lange nach ihrer Schaffensperiode als solche erkannt und erhalten teilweise erst posthume Lorbeeren.

Ein Meister zu sein, bedeutet allerdings nicht, dass der Künstler ausschließlich Meisterwerke kreiert. Jeder fängt mit Fingerübungen an, jeder arbeitet sich den harten Weg zur Perfektion hinauf. Er verbringt eine Weile in jenen Jahren, die den Höhepunkt seines Wirkens markieren, und scheint dann irgendwann das je ne sais quoi zu verlieren, seiner eigenen Meisterlichkeit überdrüssig oder müde zu werden. Anhand zweier Beispiele möchte ich das illustrieren und hier, wie auch im vorhergehenden Beitrag, auf einen weltbekannten und einen genrebekannten Regisseur zurückgreifen.

Es ist spannend, zu beobachten, wie Alfred Hitchcock in seinen früheren Jahren verschiedenste Filmtechniken vorsichtig ausprobiert, die er dann später perfektionieren sollte. Meiner Meinung nach hat Hitchcock seine besten Filme in den Fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts gedreht, beginnend mit Das Fenster zum Hof (Rear Window) über Der unsichtbare Dritte (North by Northwest), Vertigo, Psycho bis Die Vögel (The Birds). Diese Filme werden oft zu den besten Filmen aller Zeiten gerechnet; das mag eine subjektive Wahrnehmung sein, aber der Großteil der Filmkritiker würde dem zustimmen.

Besonders North by Northwest stellt ein beeindruckendes Werk dar, in dem Hitchcock alle Bremsen löst und Action, Verwirrung, Romanze und natürlich die von ihm perfektionierte Suspense großzügig zum Einsatz bringt. Selten hat ein Kleidungsstück so viel Aufsehen erregt wie Cary Grants Anzug, niemals davor und niemals danach ist Hitchcock so frivol geworden wie mit der Schlussszene des Films, in der Grant zu Eva Marie Saint ins Bett des Schlafwagenabteils steigt und man den Zug daraufhin genüsslich in einen Tunnel einfahren lässt. Das ist Hitchcock, wie man ihn kennt, mit dem Schalk im Nacken und jederzeit Herr der Kamera, ein Virtuose.

Dabei habe ich eine spannende Beobachtung gemacht, die wohl häufiger auftritt, wenn man sich im Internet umschaut: Eigentlich geht es in den Filmen um nichts Bedeutendes. Hitchcock hat sich gern des Macguffins bedient, ein Plotelement, das nicht genauer definiert wird, das aber den Film vorantreibt - in diesem Film die Rolle des George Kaplan, ein Mensch, der gar nicht existiert (ein weiteres schönes Beispiel, das vielleicht heute bekannter ist, ist der Koffer mit was-eigentlich-genau?, um den sich alles in Tarantinos Pulp Fiction dreht). Das führt dazu, dass man während der Spieldauer des Films hochgespannt und bestens unterhalten auf der Kante des Stuhls sitzt, sich aber zwei, drei Monate später sich überhaupt nicht mehr an den genauen Inhalt des Films erinnern kann. Ich wusste nur noch, dass es ein grandioser Film gewesen ist. Ähnlich ging es mir beim Rear Window oder bei Psycho, bei dem ich mich natürlich an den Mord unter der Dusche und an den Twist erinnern konnte, aber der Rest war mir nicht mehr im Gedächtnis geblieben. Faszinierend!

Und nun zu einem Regisseur, der sehr stark von Hitchcock inspiriert wurde: Dario Argento.


Dario Argento hat einen großen Kopf, und diesem Kopf entspringen die verrücktesten Ideen. Er ist tätig im sogenannten Giallo, ein kleines Subgenre, im Wesentlichen handelt es sich um Krimis mit erhöhter Gewalt- und Erotikrate. Also, eigentlich Horrorfilme. Das würde einen eigenen Eintrag benötigen. Jedenfalls hatte auch Argento seine Meisterjahre, beginnend mit dem 1975 erschienenen Film Profondo Rosso (außerhalb Italiens bekannt als Deep Red); in diesem Film finden sich alle Merkmale, die von nun an Argentos Markenzeichen sein sollten: Intensives Spiel der Farben, die schwarzen Handschuhe des Mörders, unkonventionelle Kameraeinstellungen, unkonventionelle Filmmusik (kein Wunder, dass Argento von da an häufig mit der Band Goblin zusammengearbeitet hat).

Suspiria (1977) ist sein anderes Meisterwerk, weltweit bekannt geworden durch den ungewöhnlichen Einsatz von Licht, Schatten und Farben. Bei beiden Filmen merkt man, dass Argento versucht hat, seine Visionen möglichst genau umzusetzen - jeder Schnitt, jede Kameraeinstellung ist das Werk eines Perfektionisten. Es folgten weitere Filme, allesamt einzigartig - Tenebre (insbesondere die Szene, drei Minuten mit einem einzigen langen Schnitt, in der Argento aus einem Fenster eines Hauses herauszoomt, weg von einem Streitgespräch, und sich dann an der Fassade entlangarbeitet - der Filmsoundtrack im Hintergrund - bis in ein Zimmer auf der anderen Hausseite, wo ein Einbrecher gerade dabei ist, die Fensterläden zu knacken), Inferno, Phenomena und schließlich dann Opera (1987). Man ist sich einig, dass dies der letzte Film mit dem typischen Argento-Stil war. Alles, was folgte, wirkt wie lieblos zusammengeschusterte Kost, immer noch mit ungewöhnlicher Kameraarbeit, aber der richtige Esprit schien ihn verlassen zu haben.

Meister kommen und gehen.

Was unbedingt noch erwähnt werden sollte: Während die späteren Filme beider Regisseure nach gängiger Meinung  nicht mehr dem selbst gesetzten Standard entsprochen haben, so sind sie, verglichen mit dem, was es noch so an Filmen gibt, immer noch überdurchschnittlich gut. Man sollte das nicht aus dem Blick verlieren, wenn man über einen Frenzy oder ein Sleepless herziehen möchte.

post scriptum für die große Buba: Das Hitchcock-Zitat oben erinnert mich an Resident Evil - eine der spannendsten Stellen war es, die Kapsel mit dem Sprengstoff vom Lager zum Generator zu bringen - ein Schritt zu schnell und das Teil fliegt in die Luft. I was on the edge of my seat - that's what they call "suspense".

Samstag, 11. Februar 2017

Eindrucksvoll gemeuchelt (FSK 18)


Eine Warnung: In diesem Beitrag werden zwei berüchtigte Filmszenen rezensiert, in denen Menschen ermordet werden. Während die erste Szene nach heutigen Maßstäben einigermaßen gut zu verdauen ist, dürfte die zweite Szene auch für manch' einen modernen Zuschauer etwas zu intensiv sein. Anschauen auf eigene Gefahr! Das Lesen des Textes wird aber in jedem Fall empfohlen, denn hier geht es um beeindruckende Filmtechniken ;-)

Vorweg entschuldige ich mich für den Titel, der arg nach clickbait klingt, aber es soll hier genau darum gehen: Wie kann man in seinem Thriller die Darsteller möglichst beeindruckend aus dem Leben scheiden lassen? Spannend und so, dass die Szene im Kopf des Zuschauers möglichst lange nachwirkt? Ich habe zwei Filmszenen ausgesucht, die man wahrscheinlich nicht so schnell vergisst, wenn man sie erst einmal gesehen hat.

Und... sie sind unerwartet blutleer. Hier fliegen keine Gedärme durch die Gegend (und trotzdem sind sie finger-snippin' good!), hier braucht man nicht literweise Blut; kein Wunder, denn als Filmzuschauer wird man ziemlich schnell dagegen abgehärtet. Bei der ersten Enthauptung und ein paar abgerissenen Armen und aufgefressenen Eingeweiden (lang leben die Zombie-Kühe! Muuuuuuuuhhhhhh!) kotzen wir uns noch die Seele aus dem Leib, aber dann haben wir uns auf das Spektakel eingestellt und der Rest ist einfach Fließbandabschlachtung, die wir schneller vergessen als den Titel des Films. Was also hat Alfred Hitchcock in seinem Psycho (1960) erfrischend abgeduscht anders gemacht, wie hat uns Tony Maylam in The Burning (1981) auf einem Floß planschend das Fürchten gelehrt?

Zunächst Hitchcock:


Diese Szene ist legendär, und das aus so vielen verschiedenen Gründen. Sie spielt etwa vierzig Minuten nach Filmbeginn, der Zuschauer hatte mittlerweile viel Zeit, sich mit der Heldin zu identifizieren. Er kennt ihre Gewissensbisse, aufgrund ihres Diebstahls, ihres Fremdgehens, er kennt ihre Menschlichkeit, er möchte, dass sie irgendwie eine Wandlung erfährt - aber nicht so. Das war damals völlig unerwartet: Hitchcock lässt seine Protagonistin sterben und lenkt damit den Fokus der Aufmerksamkeit um auf Norman Bates und, wohl noch wichtiger, auf dessen Mutter, unter deren Fittiche er seit Jahrzehnten steht und für die er alles tut - sogar die Spuren dieses Mordes beseitigen. Also allein vom Spannungsbogen des Films ist diese Szene beeindruckend und schockierend.

Die Musik trifft einen Nerv, gerade dadurch, dass sie zu Beginn der Dusche völlig verstummt. Das Publikum hört das rauschende Wasser, dann plötzlich die extrem dissonanten, hohen Streichertöne und der rapide geschnittene Mord, schließlich mit Blick auf die Leiche die tiefen Töne, es ist vollbracht.

Jene schnellen Kameraschnitte haben einen enormen Einfluss geübt auf das sich von da an ausbreitende Slasher-Genre. Das Drehen dieser Szene allein hat Wochen gedauert. Und es hat sich gelohnt: Gerade durch das perfektionistische Bild- und Sounddesign wirkt der Mord deutlich brutaler, als er eigentlich gezeigt wird. An keiner Stelle sieht man, wie die Klinge in den Körper sticht oder die Haut auch nur ritzt, auch dem Blut wird durch das Schwarzweißbild der Schrecken genommen. Dennoch ist diese Szene ein Lehrstück in Sachen Suspense und sie untermauert Hitchcocks Zitat:

"I like to play the audience like a piano."

Und nun zum zweiten Film, The Burning, und der berüchtigten Floß-Szene (Warnung: Hier wird es ein wenig grafischer):

Eine der auffälligsten Ähnlichkeiten zur Hitchcock-Szene ist der langsame, ruhige Aufbau und die rapide Abfolge der Mordschnitte. Von knapp vier Minuten, die diese Szene andauert, nimmt der Mord nur etwa zwanzig Sekunden ein. Die ersten drei Minuten kann jeder noch so zart besaitete Zuschauer in aller Ruhe genießen. Erst bei 2:50 beginnt die unheimliche Musik, wird dann bei 3:00 intensiver und dann geht alles ratzfatz: Cropsy erhebt sich, die Schere in den Händen und es gibt Teenager-Geschnetzeltes. Wobei, das klingt schlimmer als es ist: Wir sehen, wie die Schere einen Hals trifft, eine Stirn aufschlitzt und ein paar Finger, die durch die Luft fliegen, alles inklusive etwas von dem roten Saft, nach dem es die Gorehounds so dürstet. Aber insgesamt gilt, wie auch bei Psycho, dass die Szene wesentlich brutaler wirkt als das, was man genau genommen sieht. Es sind die schnellen Schnitte, die Schreie, die Musik und der Überraschungseffekt, die hier ihre Wirkung entfalten.

Make no mistake: Die Szene ist vollkommen unrealistisch. Dass Cropsy innerhalb von Sekunden aus der liegenden in die aufrechte Position wechselt, die Gartenschere hoch erhoben, ohne auch nur ansatzweise das Gleichgewicht zu verlieren, ist komplett hanebüchen. Aber darum geht es hier nicht, Realismus hätte den impact dieser Szene zerstört. Wir, die wir diesen Film sehen, kennen Horrorfilme und rechnen fest damit, dass im Kanu eine übel zugerichtete Leiche liegt. Solche Szenen haben wir schon zuhauf erlebt. Dass allerdings das Massaker erst noch kommt, zieht uns den Boden unter den Füßen weg, und dass in rapider Abfolge mehrere Jugendliche in weniger als zwanzig Sekunden abgeschlachtet werden, das wirkt.

Ein wesentlicher Unterschied zwischen den Filmen liegt darin, dass Psycho insgesamt ein Meisterwerk ist, The Burning ganz betrachtet allerdings ein ziemlich durchschnittlicher Slasher. Allerdings ist es häufig so, gerade bei den Horrorfilmen der Siebziger und Achtziger, dass in den durchschnittlichen oder schwächeren Filmen sich das eine oder andere brillant abgedrehte set piece findet und ich denke, dass ich hier im Blog hin und wieder ein paar davon besprechen werde.

Freitag, 10. Februar 2017

These are hilarious times!


Nun bequeme ich mich, den Titel dieses Blogs orthographisch korrekt als Titel eines Beitrags zu wählen. Was ist denn so besonders an diesen Zeiten, dass man sie lachhaft nennen könnte? Es sind Zeiten...

...in denen George Orwells 1984 bei Amazon rund um die Welt zum Nummer Eins-Bestseller geworden ist und seine Verkäufe um neuntausendfünfhundert Prozent gestiegen sind...

...in denen eine schlanke, eiskalte Dame mit der coinage des Begriffs alternative facts weltweit bekannt wird und *immer noch* Millionen von Menschen das alles fressen, was ihnen aufgetischt wird...

...in denen ein Pressesprecher des Weißen Hauses Reporter beschimpft, bedroht, ihnen Lügen vorwirft und dabei selbst, ohne mit der Wimper zu zucken, Lügen verbreitet - und dann von der Bühne geht ohne den Arsch in der Hose, eine einzige Reporterfrage zu beantworten - und Millionen von Menschen finden das toll...

...in denen ein orangener Pommeshaar-Mann, der als mächtigster Mann der Welt gilt, Lügen verbreitet, sein Amt missbraucht, um Familiengeschäfte zu pushen, seinen offiziellen Twitter-Account missbraucht, um Geschäfte zu beleidigen, Einfluss auf seine Sprecher ausübt, dass diese jeglichen Schwachsinn verbreiten, der seinem egozentrischen, narzissistischen Gehirn entspringt...

...und dass er sich dabei lenken lässt vom de facto-Präsidenten der USA, einem rassistischen, ultranationalen, alt-right Ex-Vorsitzenden einer ultrarechten News-Website, die eine Nähe zum Klan besitzt...

...in denen die Zustimmung des Volks für die Arbeit ihres Präsidenten bereits nach acht Amtstagen in den Keller gesunken ist - ein Negativrekord in der Geschichte amerikanischer Präsidentschaften...

...in denen zig Länder, verteilt um die ganze Welt, sich einen Spaß daraus machen, diesen einen Präsidenten zu verarschen mit dem Every Second Counts-Videowettbewerb, indem sie seine Familienwirtschaft, seine Misogynie, seinen Narzissmus, seine "Einwanderungspolitik" aufs Korn nehmen und kein einziges gutes Pommeshaar an ihm lassen...

...UND DIE MEHRHEIT IM SENAT UND KONGRESS FRISST DIE GANZE SCHEISSE.

Sorry, folks, but indeed these are hilarious times, nothing else than laughing hysterically will save you from descending straightforward into madness.

Let us put all our trust into humanity and ratio and maybe we'll live to see the day...





post scriptum: Inspiriert von Dan Rather's Facebook-Post, der hier einzusehen ist.

Donnerstag, 9. Februar 2017

Hätte Würde Spülte


Da sind sie wieder, die schönen Konjunktive. Irrealis, mitunter sogar der Vergangenheit, ich scheine in einer wunderbar destruktiven Stimmung an diesem Donnerstagmorgen zu sein. Doch vor der Grammatik widmen wir uns einmal der Wortwahl.

Die große Buba ist einst vor Lachen auf meiner Couch gestorben. Fast. Da kamen kaum noch Geräusche raus, die war vollkommen erledigt, aber alle paar Sekunden waberte aus der zuckenden Dame noch ein a... hervor.

a....a....a....

Und das klang in meiner geisteskranken Wahrnehmung nun mal wie eine Klospülung, die eigentlich fertig gespült haben sollte, und das Wasser sammelt sich gerade wieder im Spülkasten, aber leider ist das Teil kaputt und es läuft immer noch so ein bisschen Wasser heraus und man bekommt es einfach nicht zum Stillstand.

a........a...........a.................

Und so kam es dazu, dass wir das Verb klospülen für eine bestimmte Abart des Sich-Kaputtlachens in unseren Sprachgebrauch jenseits des guten Geschmacks aufgenommen haben (ist ja drollig, wie ich das in variierenden Abständen immer wieder in diesem Blog erzähle). Nun gibt es aber auch Tage, an denen man nichts zu lachen hat. Abgesehen davon, dass vorgestern vielleicht so ein Tag war, Er wird das mittlerweile bestätigen können, bedeutet das auf die Spülmetaphorik übertragen, dass eben nicht mehr gespült wird.

Und das wiederum ganz ohne metaphorische Brille betrachtet ist der Zustand meiner Wohnung seit etwas über einer Woche. Hätte Würde Spülte, denn die Toilette ist verstopft. Kleiner Exkurs, der sich mir erst jetzt beim Ansehen eröffnet: Kapital geschriebene Würde im Titel verleitet zu einer Satzkonstruktion - "Hätte ich Würde, spülte ich...", aber ich würdeloses Wesen kann das im Moment nicht.

"Im Moment" kann hierbei auch ganz wörtlich betrachtet werden, denn eigentlich sind im Moment die Fachleute hier, um sich um mein Rohr zu kümmern.

So einen Satz lässt man wirken.

Uneigentlich bin ich hier gerade ganz allein bei der Arbeit (*aufräumen*, Ihr Strolche!), denn bei der Firma wurde ein Notfall hereingespült und so werde ich erstmal in suspense gehalten. So bin ich am freien Tag ganz früh morgens aufgestanden, könnte eigentlich noch etwas Schlaf vertragen, aber ich entscheide mich, mein Schlafdefizit ins Wochenende zu tragen. Und jetzt? Während ich auf den Entstopfung verheißenden Anruf warte (Dirk Bach wäre stolz auf mich!), rolle ich mich vor die Playstation zu Tales of Berseria. Ja, ich könnte wesentlich Sinnvolleres machen.

Aber, als Randnotiz: Jetzt hat mich die Erkältung tatsächlich auch erwischt, und das kann ich gar nicht gebrauchen, denn ich muss morgen unbedingt in die Schule, wir Lateinlehrer (vier für zwölfhundert Schüler, oder zweitausend, eat this!) halten schließlich zusammen. Daher habe ich heute ganz leckere Pharmazeutika gefrühstückt, zum Hustenlösen, gegen Kopfschmerzen, zum Wachwerden, und werde mich mit Müsliriegeln und besagten Pharmazeutika am Leben halten, bis die rettende Spülung kommt (was mich dran erinnert, dass meine Haare wieder eine nötig hätten, Stroh ist nichts dagegen. Mein Kopf erinnert gerade eher an ein Reetdachhaus... aber nicht eins von denen in St.Peter-Ording, die brennen in letzter Zeit andauernd ab und eine zündende Idee wäre in dem Zustand nichts für meine Denkfabrik). Und schreibe dann nachher weiter, denn vielleicht fällt mir ja auch noch etwas Niveauvolles ein.

post scriptum: Wie man sieht: nicht.

Mittwoch, 8. Februar 2017

#sorrynotsorry


Gestern hat eine Kollegin bei Facebook ein Video über das Schubladendenken geteilt, das ich sehr schön fand. In diesem Video treten Menschengruppen in die für sie vorgesehenen boxes: brave Männer, böse Männer, Bänker, Hausfrauen, Gangster, Aggroteens und so weiter. Dann taucht ein Moderator auf und stellt Fragen - wer zum Beispiel in seinem Leben schon einmal gelogen hat. Ganz alltägliche Fragen, so alltäglich, dass bei jeder Frage aus jeder Box mindestens ein Mensch hervortritt. Und damit wird uns gezeigt, dass wir so viele Gemeinsamkeiten haben, dass diese Boxen, diese Schubladen eigentlich keine Daseinsberechtigung mehr haben sollten.

Leider sind wir nun mal Menschen. Und leider haben wir Angst vor dem, was uns fremd ist, wir fühlen uns unsicher, wir drängen es von uns, damit wir nicht unser sicheres, kleines Weltbild überarbeiten müssen (nicht wahr, eine gewisse Dame...?), wir BILDen uns unsere Meinung durch das, was wir aus zweiter, dritter und noch GrafZahliger Hand hören. Wie sagte Herr Kries immer? "Selber denken macht fett!"

Und so sind die Reaktionen, die ich im Kollegium bekomme, für mich längst nicht neu. Hinter meinem Rücken lästern sie über mich, sie sprechen abfällig über mein Auftreten, leiten daraus Schlussfolgerungen über meinen Unterricht ab, fühlen sich durch meine Anwesenheit bedroht, mich darf man ja nicht auf die Kinder loslassen, der trägt schwarz, der quält bestimmt kleine Katzen, nein, ich will gar nicht erst mit dem reden, reicht schon, wenn ich ihn sehen muss, solche Typen habe ich schon hundertmal kennengelernt, der hält sich echt für so geil, der sollte sich mal lieber einen Beruf suchen, der zu ihm passt. Das war in Husum so, an der Theodor-Storm-Schule, und das ist auch in Neumünster so und betrifft jeweils etwa ein Drittel des Kollegiums.

Mir liegt hier SEHR am Herzen, das Kollegium der Nordseeschule in St.Peter-Ording zu nennen, beide Schulteile: freundlich, aufgeschlossen, nett, offen, humorvoll, und ich meine das wirklich ernst. Das ist ein ganz besonderes Kollegium und ich habe sehr gern dort gearbeitet. Ob die ahnen, wie gut sie es da haben? Kehren wir zurück in die "normalen" Stadtkollegien.

"Na und", sagt mir dann ein Kollege, "was erwartest du denn? Du provozierst das doch! Da brauchst du dich nicht zu wundern, wenn die Anderen misstrauisch werden, die sind halt nicht so aufgeschlossen." So könnte das auch meine Mutter gesagt haben. Sie sagt auch, ich sollte mich ein wenig anpassen, wenn es um etwas Wichtiges geht. Zu einem Vorstellungsgespräch zum Beispiel sollte ich vielleicht nicht mit lackierten Fingernägeln gehen, und keine gruseligen T-Shirts tragen, ich verbaue mir damit ganz realistisch Jobchancen.

Es klingt wie ein Vorwurf. Zumindest, weil ich hochbegabt und egozentrisch bin, verstehe ich es als einen Vorwurf, und ich antworte.

"Sorry, not sorry."

Es tut mir leid, aber ich werde mich hier nicht entschuldigen. Nicht für deren Engstirnigkeit, nicht für deren Borniertheit, nicht für deren Schubladendenken, nicht für deren Verschlossenheit. Klar, ich muss das alles ertragen, und das tue ich auch - es ist mir meistens vollkommen schnurz. Aber ich entschuldige mich nicht dafür, wie ich bin: Nett, einfühlsam (ja, gibt Menschen, die das denken), ich höre gut zu, verständnisvoll - aber all das erkennt man nur, wenn man mal hinter die Kulissen schaut. Und das ist zu anstrengend, das macht fett.

Ich entschuldige mich für niemandes geistige Armut.

post scriptum: Das mit den Jobchancen ist ernst gemeint. Es ist schon öfters vorgekommen, dass ich wegen meines Erscheinungsbildes eine Absage bekommen habe. Aber ich bleibe mir treu, denn: Ich möchte an einer Schule arbeiten, wo man mich genau so akzeptiert, wie ich bin. Was habe ich davon, wenn ich nur der Stelle wegen ganz normal auftrete und danach nicht mehr ganz ich selbst sein darf. Dann lieber direkt. Keine Kompromisse.

Dienstag, 7. Februar 2017

Die rote Tinte


Sie läuft und läuft...
...tropf...
...tropf...
Es werden Tränen fließen...
...tropf...
...tropf...
...und es werden Köpfe rollen...
...tropf...
...tropf...

Die rote Tinte ist unerbittlich. Wie eine Seuche schleicht sie sich in Dein Leben ein und zieht Dich in den Abgrund. Wo die rote Tinte fließt, gibt es nur selten glückliche Menschen. Die rote Tinte wabert quer durch jeden Stundenplan, aber Beobachtungen haben ergeben, dass sie sich besonders von Mathe- und Lateinunterricht angezogen fühlt. Dort breitet sie sich epidemieartig aus und verschont nur die Besten. Und selbst bei jenen hinterlässt sie ihre Unterschrift.

Du hättest Dich besser impfen sollen. Einen Schutz aufbauen gegen die rote Tinte, damit sie Dir nichts mehr anhaben kann. Damit sie Dir nicht mehr Albträume beschert. Damit keiner mehr weinen muss. Damit Du endlich wieder hoch erhobenen Hauptes aus der Schule kommen kannst. Aber wie schützt man sich gegen so etwas Vernichtendes? Da hilft nur das Gehirn einzuschalten und den Schutz zu erlernen.

Die Taktik der roten Tinte ist hinterhältig. Nicht nur, dass sie kleine Teenager zerstört, den Traum vom neuen Videospiel vernichtet, den Familiensegen ruiniert. Wenn sie einen Schüler nur lang genug geplagt hat, ergreift sie schließlich von seiner Seele Besitz... und macht ihn zu einem Lehrer, der nun seinerseits die rote Tintenpest über seine Schüler ergießt.

Wird es denn nie ein Ende haben???

...tropf...
...tropf...
...tropf...



post scriptum: Ich hätte auch schreiben können "Immer dieses nervige Korrigieren" - aber das wäre so fantasielos gewesen ;-)

Samstag, 4. Februar 2017

Das Yang


Dieser Eintrag liefert eigentlich nichts Neues, beschäftigt sich mit Liebe und Modeschmuck und dem Konzept ideeller Wert, insofern darf der häufigere Leser dieses Blogs das alles getrost ignorieren. Das Thema erinnert mich an eine Anekdote aus St.Peter-Ording und ich möchte sie hier noch einmal ausrollen.

Im Rahmen meiner Identitätssuche und Imagefrage habe ich im Studium diverse Outfits durchprobiert, diverses Make-Up und diversen Schmuck. Ich habe dann festgestellt, dass Schmuck eigentlich so gar nicht Meins ist, er ist mir zu lästig, ich vergesse eh' immer wieder, ihn anzulegen. Ein Schmuckstück (die Buba klospült gerade, weil sie Spuckstück gesagt hat) trage ich allerdings seit zwei Jahren immer, wenn ich aus dem Haus gehe. Ist es so wertvoll? Habe ich mein verdientes Geld etwa in Juwelen angelegt?

Nun, da der Anhänger in seiner ursprünglichen Form gerade mal fünfundzwanzig Euro gekostet hat, kann es das wohl kaum sein. Man rechne nochmals zehn Euro für das Halsband dazu und landet bei recht günstigem Modeschmuck. Der materielle Wert ist es also nicht, der mich motiviert, den Anhänger zu tragen. Aber was genau ist es dann? Was ist es, das ich - übertragen gesprochen - da immer mit mir herumtrage?

Nicht übertragen gesprochen ist es die eine Hälfte des Yin & Yang-Symbols. Bisher hat mich ein einziger Mensch darauf angesprochen. Einer hat es durchschaut und mich nach der Bedeutung gefragt. Meine engen Freunde natürlich nicht, die kennen mich und wissen die Antwort eh'. Es war ausgerechnet eine Schülerin: "Dr Hilarius, wer hat denn eigentlich die andere Hälfte ihres Yin & Yang-Anhängers?" fragt sie mich - eine Fünftklässlerin des Gemeinschaftsschulteils der Nordseeschule in St.Peter-Ording. Ausgerechnet!

Es hat mich zutiefst beeindruckt, denn es war gerade mal die zweite Woche, die ich in einer neuen Klasse unterrichtet hatte. Ich selbst habe den Anhänger überhaupt nicht thematisiert; am Ende der dritten gemeinsamen Stunde kam genannte Schülerin zu mir und stellte mir die besagte Frage. Natürlich kann es einfach eine Schleimerei einer fleißigen Schülerin gewesen sein, die nach der ersten Stunde bei dem neuen Lehrer gleich im Internet diesen Anhänger gesucht hat. Aber da ich immer erstmal von der positiveren Variante ausgehe, nämlich, dass sie das Symbol schon vorher kannte, habe ich mich über die Frage sehr gefreut.

Vorhin erwähnte ich den Anhänger in seiner ursprünglichen Form, denn heute trage ich nur noch das Yang. Nicht etwa, weil ich das Yin verloren hätte; dann würde ich den Schmuck überhaupt nicht mehr anlegen. Denn die beiden Teile gehören eigentlich untrennbar zusammen, wie man auch in der Wikipedia nachlesen kann. Die Schülerin hat ganz folgerichtig darauf geschlossen, dass ich die andere Hälfte einem anderen Menschen gegeben hatte, denn meiner Meinung nach gehören wir auch eigentlich untrennbar zusammen (übrigens sagte Er das einst auch).

Ich habe mir das sehr lange überlegt, warum ich ihm diesen Anhänger mitgeben wollte. Ein ganz oberflächlicher Gedanke war "Hoffentlich trägt er den einmal, wenn er irgendwo ist, damit alle sehen, dass er zu mir steht". Also der Wunsch nach Selbstbestätigung, wohl wissend, dass er das nicht tun würde - und damit habe ich mir wieder eine schöne Bühne aufgebaut, um den sterbenden Schwan zu spielen.

Egal, denn das war nur ein kurzlebiger Gedanke. Aber immerhin Auslöser. Das ist bei mir oft so, dass die Auslöser für tiefgründige Entwicklungen eigentlich Banalitäten sind. Der geneigte Leser will gar nicht wissen, was die ganze Flo und Tobi-Geschichte ausgelöst hat (oh hoppala...). Ich schweife ab, ich merke, ich bin in einem sehr breiten Bewusstseinsstrom. Cut. Ich muss mich sortieren.

Der Anhänger wirkt, und er wirkt von Tag zu Tag mehr. Ich trage da keinen Zwanzig-Euro-Modeschmuck (Bodeschpuck, die Buba platzt). Ich trage zwei Dinge. Zum einen das Konzept Yin & Yang, zum anderen eine tiefe Zufriedenheit. Zufrieden, dass ich etwas bewirkt habe. Ich erwähne in diesem Blog immer wieder, wie glücklich mich das macht. Dazu brauche ich kein Geld.

Ich habe bewirkt, dass Er sein heteronormatives Weltbild aufbricht, indem Er mehr für mich empfindet als "bloß Kumpels". Ich habe bewirkt, dass Er auch einen Mann lieben (scheiß Wort, es passt einfach nicht!) kann. Ich habe bewirkt, dass Er sein elterlich erschaffenes Weltbild in Frage stellt. Seine Mutter hatte immer Recht, sie hatte gute Ratschläge, sie ist eine weise Frau - aber dieses eine Mal. Ihre Einschätzung bezüglich Dr Hilarius. Dass er Ihm nicht gut tue, kein Umgang sei, *weg* gehöre. "Ich wünsche mir so sehr, dass sie dieses eine Mal falsch liegt", sagte Er. Das habe ich bewirkt.

Und dieses Gefühl trage ich mit mir, symbolisiert durch einen billigen Modeschmuck-Anhänger. Ich glaube, es ist das erste Mal in meinem Leben, dass etwas für mich ideellen Wert hat. Alles Andere kann weggeworfen werden, verloren gehen; ich trage unsere Lebensgemeinschaft mit mir herum.

Und Er?

post scriptum: Steckt Euch die Groß- und Kleinschreibung sonstwohin ;-) Und: Ich lasse das jetzt mal ein paar Tage im Rahmen einer kreativen Schreibpause so stehen. Keine Sorge: Der nächste Artikel ist schon so gut wie fertig!

Freitag, 3. Februar 2017

Love Letters to the Soul


Es geht um Musik - um einen einzigen Song, dem ich diesen Beitrag widme. Weil er für mich viele Erinnerungen trägt. Und weil er einfach zeigt, dass da Profis am Werk waren. Das ist kein Song, aus dem man mal Stichproben hören kann: Ganz oder gar nicht, was bei einer knappen halben Stunde Spieldauer ein ordentliches Statement ist. Wie soll ich diesen Beitrag gliedern? Wie immer habe ich alle Gedanken, die ich bringen möchte, als großes Feuerwerk in meinem Kopf, aber es soll ja einen Sinn ergeben. Ich werde zuerst beschreiben, was der Song für mich bedeutet, werde auf die Ereignisse in der Vergangenheit hinweisen, die das Stück in Erinnerung ruft und nebenbei erwähnen, dass diese Musik ansteckend ist. Dann gehe ich in eine klassische Rezension über. Das Video auf Youtube setze ich ganz an den Schluss.

Ich werde nie den Moment vergessen, als ich dieses Lied zum ersten Mal gehört habe. Damals war für mich Psybient noch ein ganz neues Genre. Ich hatte die Kopfhörer auf, denn ich saß im Bus. Das muss gegen vier Uhr morgens gewesen sein und ich erinnere mich noch genau, wie wir am Bahnhof in Neumünster gehalten haben. Ich war müde und gleichzeitig aufgeregt, denn ich war auf dem Weg zum Hamburg Airport, um zum ersten Mal in meinem Leben in die USA zu fliegen. Der Song hat mich beruhigt, ich weiß noch, wie ich in die dargestellte musikalische Landschaft abgetaucht bin. Ich habe gestaunt, dass der Song so lang ist und ich habe mich sehr über die Reprise im letzten Viertel gefreut, denn in dem Moment ist mir aufgegangen, dass es immer noch dasselbe Stück war, das vor mehr als zwanzig Minuten begonnen hatte und verschiedene Sätze durchwandert hat. Ganz tolle Musik, dachte ich mir damals. Es war Zweitausendelf und wann immer ich an meine Reise nach Kings Island denke, fällt mir jedes Mal Love Letters to the Soul ein, der damals brandneue Song des Musikprojekts Entheogenic.

Und auch für Flo hat dieses Stück eine bestimmte Bedeutung, es triggert bei ihm Gedanken an unsere gemeinsam verbrachte Zeit. Wenn wir auf Reisen waren, zum Beispiel. Ich habe ihn hin und wieder gefragt, was er hören möchte (zu selten... Dr Hilarius, der Egozentriker...), und das war das erste Mal, dass er sich Musik aus "meinem" Genre gewünscht hat. Das war der erste Song, dessen Namen er mir nennen konnte (Shulmans Mia Nihta Mono Den Ftani kam erst später). Ich werde Flo schreiben, dass ihn dieser Beitrag interessieren könnte - und damit begebe ich mich jetzt aufs Glatteis, wenn ich Dinge über seine Rezeption der Musik schreibe (das waren zumindest meine Eindrücke von Dir damals, und ich hoffe mal, dass Du die Sachen nicht nur gesagt hast, um mich zu beschwichtigen). Für ihn hat das Stück bei unseren Reisen so etwas wie "Heimkehr" oder generell "Ankunft" symbolisiert. Wenn er die Flötentöne oder die Stimme zu Beginn hörte, war für ihn klar, jep, jetzt kann ich mich in aller Ruhe entspannen, jetzt sind wir angekommen, das klingt vertraut.

Flo, ich weiß noch so ungefähr, was dieses Stück in Dir an Gedanken bewegt, und welche Orte Dir dabei einfallen, und welche Gerüche und auch... naja, was halt noch so dazugehörte. Irgendwann würde ich den Song gern mal wieder mit Dir hören.

Nun denn, was gibt es also über die Love Letters an sich zu sagen? Da sie einen wichtigen Punkt in der Discographie der Künstler bilden, kurz etwas zu Entheogenic selbst. Helmut Glavar und Piers Oak-Rhind haben der Chilloutmusik in Deutschland einen ganz eigenen Touch gegeben: Sie mögen nicht die Pioniere der Psybient-Bewegung sein (die Ehre geht an Shpongle), aber sie haben das Genre variiert und einen unverkennbaren Sound kreiert, eine Mischung aus elektronischen und organisch-natürlichen Klängen. Daraus erwächst Entspannungsmusik mit Ethno-Einschlag; ihr zweites Album Spontaneous Illumination (2003) hat die deutschen Chillout-Charts erobert und den psychedelischen Einschlag salonfähig gemacht.

Seither haben die beiden ihren Sound weiterentwickelt - leider nicht in eine Richtung, die den Fans zusagte - zu elektronisch, jazzig, modern wurde es, die Natursounds rückten in den Hintergrund. Dann aber kam das Album Gaia Sophia (2011) und es markierte einen Wendepunkt in diesem Musikprojekt: back to the roots, zurück zu den Wurzeln, darf man auch wörtlich nehmen - da waren sie wieder, die exotischen Vögel, die Wasserfälle, die Moosgrotten, das ganze Ambiente. Und der erste Song eben dieses Albums ist Love Letters to the Soul.

Und so schwingen sich in diesem Musikstück ganz gemächlich wabernde Sounds in die Höhe, die Flöten sind dabei, die Insekten, das indische Gebet. Man wird mehrere Minuten lang eingepackt in die Atmosphäre des Entheogenic-Dschungels, ohne Hetze entfaltet sich der erste Teil des Stücks und erinnert mich daran, warum ich dieses Musikprojekt überhaupt erst liebgewonnen habe. Über zehn Minuten plätschert die Musik vor sich hin, dann allerdings - ganz unauffällig - schleicht sich ein Beat ein, der den Mittelteil des Stücks an Psytrance erinnern lässt. Das klingt, als sei dieser Part sehr wild, hektisch, aber nichts dergleichen, die Melodien entwachsen ganz organisch dem Vorhergegangenen, quasi ein Level Up bis kurz über die Zwanzigminutenmarke.

Und dann, nachdem man sich mit dem Kopf ein bisschen eingenickt hat, den Puls der Musik gespürt hat, verschwindet der Beat auf einmal. Alle Sounds schweben für eine Weile scheinbar ohne Führung durch die Luft, bis man merkt, dass der Song wieder "landet". Es folgt eine Quasi-Reprise, die sicherstellt, dass der Hörer am Ende auch wirklich entspannt ist. Wie oben schon erwähnt: Ich fand es klasse, die Gebete und Sounds aus dem ersten Teil des Stücks wiederzuerkennen. Da kann man sich nochmal so richtig fallen lassen.

Flo mochte Love Letters to the Soul damals, und ich denke, er mag es auch heute noch. Und ich habe mich riesig gefreut, dass ich ihm mal etwas zeigen konnte, was ihm tatsächlich zusagt. Das hat mir wirklich etwas bedeutet.

Die Musik läuft auch jetzt gerade im Hintergrund.