Dienstag, 8. Juli 2025

Ich bekomme einen Luxuskörper


Heute war mein zweiter Infusionstermin. Da kommt schon jetzt so langsam etwas wie eine Routine rein - auf die Liege, es piekst für den Zugang, Tropf wird aufgedreht, ich kann entspannt daliegen dank Anxiolytikum, neunzig Minuten später ist alles durchgelaufen, mit Kochsalzlösung nachspülen - warum eigentlich?

"Wir wollen ja nichts vom Wirkstoff verschwenden, und da befinden sich noch Reste in den Schläuchen", erklärt mir die Arzthelferin. Ich komme in's Grübeln und frage sie aus reiner Neugier, wieviel so eine Infusion eigentlich kostet, dieser kleine Plastikbeutel mit der Antikörpersuppe. Bei der Antwort geht es mir durch Mark und Bein - eine einzige Infusion kostet zwischen ein- und dreitausend Euro! 

Natürlich fängt mein Gehirn dann sofort mit dem Rechnen an: In der richtigen Einstellung werde ich alle acht Wochen eine Infusion bekommen. Damit laufen im Jahr etwa 18.000 Euro in meinen Körper - jetzt weiß ich, wofür ich die Krankenkassenbeitrage gezahlt habe, und ich bin heilfroh über unser System der gesetzlichen Krankenversicherung. In den USA würde ich das nämlich selbst zu zahlen haben müssen - seit Obama und dem Medicaid-Programm zwar nicht mehr, aber derzeit kommt ein Trumpel und hat ein Gesetz erlassen, dass über vierzehn Millionen Amerikaner aus diesem Programm kickt, um mit dem freiwerdenden Geld Steuererlasse für die reichsten Bürger garantieren zu können.

Ich bin so froh, dass ich jetzt gerade nicht in den Vereinigten Staaten leben muss...

Montag, 7. Juli 2025

War da nicht mal eine Tür?


Mike Flanagans brilliante 2017er-Verfilmung von Shirley Jacksons The Haunting of Hill House hat einen kreatven Vorspann mit einem Bild, das sich bei mir eingebrannt hat: Der Grundriss des Hauses wird gezeigt, wobei die Wände und Türen sich immer wieder verschieben, neue Gänge formen und neue Blockaden bilden. Wer das konkret sehen möchte, kann sich unten den Vorspann anschauen.

Dieses Bild bin ich heute morgen nicht mehr aus dem Kopf losgeworden, als ich auf dem Weg zu meinem Psychiater war. Ich habe ihm das auch gesagt: Es hat sich für mich angefühlt, als ob ich die letzten vier Male immer einen anderen Weg vom Hauseingang zur PIA gehen musste - das ist ein ordentliches Stück zu laufen - und es ist auch tatächlich so. Und dann sehen die Wände plötzlich anders aus, und wo ich sonst nach rechts musste, sollte ich links abbiegen und und und... und tatsächlich jedesmal ein neuer Weg, und mein Arzt hat mir bestätigt, dass das nicht nur mein Eindruck ist, sondern dass es tatsächlich momentan so abläuft. 

Dazu kamen dann auf dem Weg vom Bahnhof zum Krankenhaus noch einige Baustellen auf dem Großflecken und dem Haart und ich hatte phasenweise ein bisschen Angst, einen neuen Weg gehen zu müssen und mich dann zu verlaufen wie bei'm ersten Mal. Aber das hat zum Glück alles geklappt, und es hat sich gelohnt, denn ich konnte einiges von meiner Seele loswerden. 

War also ein erfolgreicher Tag! 


 

Sonntag, 6. Juli 2025

Wetter


Ich komme mit diesem Wetter nicht klar. Erst war es zu heiß - wobei ich mich selbst gewundert habe, dass es in dieser Dachgeschosswohnung an den heißen Tagen noch nicht so schlimm war wie in den letzten Jahren. Aber dieses Wetter heute - es ist grau, es sieht nach Regen aus, aber es ist sehr warm und ich schwitze, dann kommt ein angenehmer frischer Wind auf, dann kommt die Sonne heraus, und dann fängt es tatsächlich irgendwann an zu regnen. Dieses wechselhafte Wetter, da bin ich scheinbar am liebsten in der Wohnung.

Hier drinnen kann ich es mir etwas konstanter machen. Fenster auf, Ventilator an, und dadurch, dass die Rollos unten sind, sehe ich nicht, wie bewölkt es gerade ist - mein Gehirn kommt irgendwie nicht damit zurecht, wenn das Visuelle (Sonne, Wolken, hell, dunkel) nicht zu dem Sensorischen passt (warm, kalt, schwitzen, Gänsehaut bekommen). In der Wohnung kann ich es mir so einrichten, dass alles zusammen passt. Dann geht es mir besser.

Mal schauen, was der Wetterbericht für die nächsten Tage sagt; es stehen einige Ärzte an, natürlich bin ich wieder mit einem Arzt pro Tag bedient, Psychiater, Gastroenterologe, Zahnarzt, Augenarzt. Und da sind einige "positive" Termine dabei, zu denen ich gern gehe, weil ich weiß, dass es mir danach besser geht. Mit dem Psychiater und der Infusion habe ich kein Problem. Aber Zahnarzt, das wird schwierig, vor allem, weil ich schauen muss, ob mein Zahnarzt überhaupt noch praktiziert - mal schauen, eines nach dem anderen.

Erstmal was essen. 

Mittwoch, 2. Juli 2025

Bananige Hilfe gesucht!


Vielleicht könnt Ihr mir weiterhelfen. Bananen gehören zu den "erlaubten" Lebensmitteln bei chronisch-endzündlichen Darmerkrankungen. Dazu kommt, dass ich Bananen liebe, wenn sie richtig durchgereift sind. Ein Problem für mich ist der sehr hohe Zuckerghalt, denn Zucker gilt als entzündungssfördernd, und als Neurodermitiker kann ich das bestätigen.

Früher habe ich mir gern einen Milchshake geacht - eine Banane kleingeschnitten, in den Mixer und durchpürieren, dann etwas Milch dazu und das Ganze nochmal durchmixen. Superlecker! Milch ist für mich nich mehr, aber Haferdrink. Kann ich diesen Bananenshake auch mit Haferdrink zubereiten?

Habt Ihr sonst Tipps, was man mit der Banane machen kann, außer sie einfah nur aufzufuttern? Ich weiß, ich darf nicht mehr als eine Banane am Tag essen, sonst meldet sich die Neurodermitis und von der Colitis fangen wi erst gar nicht an.

Kennt Ihr ein paar einfache, magenschonende Bananengerichte? 

Freitag, 27. Juni 2025

Die erste Infusion


vorweg: Das gilt natürlich nicht nur für Autisten, und nicht für alle Autisten, aber während der Kieler Woche in die Stadt zu bummeln, um etwas einzukaufen, hat etwas von Selbstfolter; es sind noch viel mehr unberechenbare Menschen unterwegs, die plötzlich stehenbleiben oder die Richtung ändern, es ist laut, ich werde mit unterschiedlichen Sprachen beschallt und möchte eigentlich nur wieder so schnell wie möglich nach Hause. In einem übervollen Bus.

Okay, die Infusion liegt jetzt schon ein paar Tage zurück; am Montag high noon war es soweit, Termin bei'm Gastroenterologen in Elmschenhagen. Von meinem behandelnden Arzt habe ich gar nicht so viel mitbekommen, das hat eigentlich alles die Arzthelferin gemacht - Zugang am linken Arm legen, Medikamentenlösung anschließen und an diesen Tropf-Garderobenständer hängen, dann hat sie mir noch eine Klingel in die Hand gedrückt für Notfälle und mir gute Entspannung gewünscht. Passend, denn dann habe ich zwei Stunden lang einfach nur dagelegen.

Ich muss zwischendurch eingeschlafen sein. Das kann an der halben Tablette Beruhigungsmittel vorher gelegen haben - ich fand das nicht unschön, denn es hat mir die Angst genommen und die Zeit ist schnell rumgegangen. Mein nächster Termin ist in zwei Wochen, da mache ich das vermutlich wieder so.

Und was war das jetzt genau für ein Medikament, mit dem man mich da hat volllaufen lassen? Ein Antikörper - aber mehr kann ich im Moment noch gar nicht dazu sagen, weil ich viel zu aufgeregt war. Infliximab. Vielleicht denke ich ja nächstes Mal daran, genauer nachzufragen. Jedenfalls hatte ich keinerlei spürbare (Neben-)Wirkungen, kein Schwindel, keine Übelkeit, gar nix. So darf es wirklich weitergehen, und wenn dann die gewünschte Wirkung erreicht wird, dann kann ich das Kortison erstmal ausschleichen.

Das war wirklich ein sehr positiver Arzttermin.

post scriptum: Na, wer erkennt die Frau auf dem Bild wieder? ;-)

Mittwoch, 4. Juni 2025

Infusionstherapie


Endlich habe ich einen neuen Termin bei'm Gastroenterologen bekommen. Vor einer Weile ist ein aktueller Befundbericht inklusive Vorschlag eines Therapieplans angekommen. In knapp drei Wochen soll es nun losgehen mit einer Infusionstherapie. 

Ich bin so gespannt! Weil es etwas Neues ist, aber es macht mir keine Angst. Weil die Hoffnung besteht, meinen Gesundheitszustand zu bessern. Ich werde alle paar Wochen für etwa zwei Stunden in der Praxis am Tropf liegen - die genauen medizinischen Hintergründe muss ich mir dann noch einmal erklären lassen. 

Es ist auch wirklich nötig, dass sich etwas tut. Noch immer sind meine Fingernägel aufgrund des Eisenmangels vollkommen zersplittert, noch immer können die Koliken auftreten, die anstrengend und schmerzhaft sind, noch immer fehlt mir die körperliche Energie, um endlich meine Wohnung grundlegend auf Vordermann zu bringen. 

Mein nächster Termin ist allerdings erstmal ein Beratungsgespräch im Jobcenter. Ich gehe da mal ganz ergebnisoffen heran, mich interessiert sehr, was meine Beraterin zu meiner Situation zu sagen hat. Was mich daran erinnert, dass ich meine Lebensweise auf das stark reduzierte Budget umstellen muss - ist für einen Autisten nicht immer ganz einfach, sich auf tiefgreifende Veränderungen im Leben einzustellen.

Ich halte Euch auf jeden Fall auf dem Laufenden - und wenn Euch das nicht interessiert, dann lest diesen Blog nicht ;-) 

Mittwoch, 28. Mai 2025

Bürgergeld: Bewilligt!


Damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet. Ich weiß, dass ich mit Bürokratie und Anträgen, Formularen und allem, was dazugehört, massiv überfordert bin. Nicht ganz ohne Grund ist mein Bürgergeldantrag letztes Jahr abgelehnt worden. Aber - the times are a'changin'.

Gestern öffne ich meinen Account auf der Seite vom Arbeitsamt und Jobcenter und sehe ein grünes Licht - Bescheid bewilligt - what??!! In der Tat, nachdem ich noch einige Dokumente nachgereicht habe, ist der Antrag relativ schnell bearbeitet und bewilligt worden. Jetzt warte ich auf Post mit den Einzelheiten, wie zum Beispiel der Höhe der Sozialhilfe. Zu den gut fünfhundert Euro Basissatz kommt ja zum Beispiel noch das Wohngeld hinzu, die Befreiung von der GEZ, und ich könnte sogar medizinische Zuschüsse beantragen, wenn ich auf bestimmte Nahrung angewiesen wäre. Vielleicht stellt sich sowas ja im Rahmen meiner gastroenterologischen Therapie heraus - die kann jetzt angeleiert werden.

Warum erst jetzt? Weil der Autist mit mehreren Sachen überfordert ist und unter Stress nur eines zur Zeit schafft. Zumindest dieser Autist. Ich brauchte die Sicherheit, dass für eine Weile monatlich etwas Geld eintrudelt, und dass ich krankenversichert bin. Jetzt können die Ärzte kommen, und ich muss nur noch die richtige Reihenfolge herausfinden. Ich habe mich zuerst für den Gastroenterologen entschieden, da es sich hierbei um eine langfristige Therapie mit regelmäßigen Infusionen handelt. Wenn das fertig etabliert ist, dann darf sich mein Zahnarzt die Geröllhaufen in meinem Mund anschauen, die einst mal meine Zähne waren. Zwei Stellen, eine mittlere und eine große, gibt es da zu bearbeiten, und ich habe Panik, aber ich habe auch einen Tranquilizer, und im Moment ist das eh' nicht dran.

Interessant, dass ich vor dem Gastroenterologen weniger Angst habe, das werde ich alles ohne Tablette machen. Da sollte ich eher ein Buch oder Rätselheft mitnehmen, denn die Infusionen dauern ziemlich lange und es kommt noch eine Überwachungsphase danach dazu, um sicherzugehen, dass mein Körper das alles verträgt.

Aber das kann jetzt losgehen, der erste Anruf ist getätigt, jetzt warte ich auf dem Rückruf für einen Termin für die Initialinfusion. Ich fühle mich gerade so unglaublich erleichtert! Das Bürgergeld - auch wenn es das irgendwann so nicht mehr geben soll - ist jetzt für ein Jahr bewilligt. Trotzdem wäre ich natürlich sehr glücklich über eine Arbeit, denn ich brauche das Sinnstiftende in meinem Leben.

Happy! Heute gehen die Tassen hoch!