Mittwoch, 1. Februar 2017

Keep your fingers crossed!


Das ist eine englische Redewendung, die in etwa dem deutschen "Daumen drücken!" entspricht. In der Hinsicht hatte ich zuletzt keine Probleme: Nachdem ich in der Wohnung gestürzt war und mir einen Finger ausgerenkt? gebrochen? ausgekugelt? hatte, konnte ich die Finger meiner linken Hand kreuzen, ohne sie in eine besondere Stellung bringen zu müssen. Das wäre nicht unbedingt ein Problem gewesen, wenn ich damit direkt zum Arzt gegangen wäre.

Aber nein, ich bin ja hochbegabt. Ich denke mir "Ach, das bekommst du auch selbst wieder eingerenkt, damit musst du nicht zum Arzt." - gesagt, getan, direkt nach dem Sturz hin und her gebogen und erstmal ab ins Bett, passt schon. Am Tag darauf ist der Finger dann so stark angeschwollen, dass ich nicht erkennen kann, ob er noch krumm oder gerade ist. Naja, dann lasse ich das erstmal abschwellen. Dauert etwa eine Woche, nach der ich einsehen muss, dass der Finger alles Andere als gerade ist. Nützt nichts, ich muss zum Arzt, aber da ist mein Kopf im Weg.

Ich brauche mehrere Tage Meditation, um mich überhaupt davon zu überzeugen, endlich zum Arzt zu gehen, und dann muss ich gegen die Angst gegenan kämpfen. Erst drei Wochen nach dem Unfall klappt es dann endlich mal. Und dann muss ich auf einen Termin beim Facharzt warten, in der Zwischenzeit laufe ich als unterhaltsames Fingerding durch die Gegend.

Wenn ich jemandem erzähle, dass ich die Hochbegabung manchmal als geistige Behinderung erlebe und dann folgende Antwort bekomme: "Hör auf, das kannst du doch nicht einfach sagen, das stimmt doch überhaupt nicht!" - dann könnte ich KOTZEN!!! Und nun habe ich eine weitere Anekdote, um meine Wahrnehmung zu untermauern, aber es wird nichts nützen. Ich werde weiter Unverständnis kultivieren und Misstrauen bei Menschen erzeugen, die meinen, sie wüssten es besser als ich. Das macht mich traurig und wütend, aber ich kann einfach nur weiter gegenan aufklären.

Und wenn ich schon mal beim Thema Denkblockade bin: Diese kleinen Nervereien, Finger, Schule, whatever, sorgen dafür, dass ich die Umsicht einschränke, und merke: Ich habe meinen Stromzähler zu spät abgelesen (weil ich nicht daran gedacht habe), der Verbrauch wird also geschätzt werden, ich habe eine Rechnung zu spät bezahlt (weil ich nicht daran gedacht habe), all solche Dinge können ins Geld gehen. Und mir dann abzureden, dass solche durch die Hochbegabung ausgelösten Denkblockaden Behinderungen seien, empfinde ich als wenig rücksichtsvoll und minimal einfühlsam. Dann fühle ich mich nicht ernst genommen. Aber wahrscheinlich muss ich vor den misstrauischen Menschen erstmal zusammenbrechen, bevor sie mir das glauben - weil ich einen Kreislaufkollaps habe, weil ich vergessen habe, etwas zu trinken.

"Du kannst das doch nicht einfach als Behinderung bezeichnen, das geht doch nicht!"

Erzählt das meiner Bank und meinen Ärzten!

post scriptum: And keep your fingers crossed, dass dann irgendwann bei der Handchirurgin das Ganze wieder einigermaßen gerichtet werden kann ;-) Es bleibt einem nichts Anderes übrig, als das mit Humor zu nehmen; vielleicht geht das anderen Hochbegabten auch so.

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