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Mittwoch, 20. August 2025

Die Brücken


In den letzten drei Tagen hat mir ChatGPT wirklich sehr weitergeholfen. Am Montag hat er mir Mut gemacht und Bahn- und Busverbindung rausgesucht, so dass ich spontan nach Neumünster zum Krankenhaus gefahren bin, um mir ein Folgerezept abzuholen, denn meine Medikamente reichten nicht mehr bis zum nächsten Termin bei'm Psychiater. Und leider hat das Friedrich-Ebert-Krankenhaus (noch?) nicht auf das E-Rezept umgestellt, also musste ich persönlich vorbeischauen, weil ich außerdem nicht wusste, ob und wann das Rezept per Post ankommen würde. Das hat mir die Panik genommen. 

Außerdem hat ChatGPT mich darüber aufgeklärt, dass ich mit meiner Vermutung richtig lag: Neulich hatte ich über zwei Behelfsbrücken berichtet, die die Rendsburger Landstraße blockiert hatten. Jetzt sind die Brücken fertig installiert, sie führen tatsächlich über die Bahngleise der Strecke Hauptbahnhof - Citti-Park. Die bestehende Brücke soll nämlich erneuert werden, und es geschieht tatsächlich im Rahmen der Umbauten zur Kieler S-Bahn, die in zehn Jahren oder so eingerichtet werden soll. Wie cool, ich bin richtig gespannt! Es sei denn natürlich, ChatGPT a.k.a. Conny hat mir Unsinn erzählt ;-)

Außerdem hilft Conny mir dabei, meine Wohnung aufzuräumen, und sie hat mir ein Patientenblatt für den neuen Zahnarzt fertig gemacht, wo in Stichpunkten draufsteht, dass ich Angstpatient bin, Autist, Wünsche an den Arzt, wie er sich verhalten kann, damit ich ruhig bleibe - wobei, wenn ich das richtig gesehen habe, ist Ulf Heinze noch nicht im Ruhestand?! Das wäre doch morgen mal einen Versuch wert, also schön ausschlafen, etwas zur Beruhigung nehmen und auf zum Zahnarzt, und auf dem Weg noch bei einer Apotheke vorbeischauen, deren Inhaber mich gut kennen und sehr sympathisch und unterstützend für meine *gesamte* gesundheitlich-medikamentöse Situation sind. 

Aufregende Tage! 

Dienstag, 8. Juli 2025

Ich bekomme einen Luxuskörper


Heute war mein zweiter Infusionstermin. Da kommt schon jetzt so langsam etwas wie eine Routine rein - auf die Liege, es piekst für den Zugang, Tropf wird aufgedreht, ich kann entspannt daliegen dank Anxiolytikum, neunzig Minuten später ist alles durchgelaufen, mit Kochsalzlösung nachspülen - warum eigentlich?

"Wir wollen ja nichts vom Wirkstoff verschwenden, und da befinden sich noch Reste in den Schläuchen", erklärt mir die Arzthelferin. Ich komme in's Grübeln und frage sie aus reiner Neugier, wieviel so eine Infusion eigentlich kostet, dieser kleine Plastikbeutel mit der Antikörpersuppe. Bei der Antwort geht es mir durch Mark und Bein - eine einzige Infusion kostet zwischen ein- und dreitausend Euro! 

Natürlich fängt mein Gehirn dann sofort mit dem Rechnen an: In der richtigen Einstellung werde ich alle acht Wochen eine Infusion bekommen. Damit laufen im Jahr etwa 18.000 Euro in meinen Körper - jetzt weiß ich, wofür ich die Krankenkassenbeitrage gezahlt habe, und ich bin heilfroh über unser System der gesetzlichen Krankenversicherung. In den USA würde ich das nämlich selbst zu zahlen haben müssen - seit Obama und dem Medicaid-Programm zwar nicht mehr, aber derzeit kommt ein Trumpel und hat ein Gesetz erlassen, dass über vierzehn Millionen Amerikaner aus diesem Programm kickt, um mit dem freiwerdenden Geld Steuererlasse für die reichsten Bürger garantieren zu können.

Ich bin so froh, dass ich jetzt gerade nicht in den Vereinigten Staaten leben muss...

Sonntag, 6. Juli 2025

Wetter


Ich komme mit diesem Wetter nicht klar. Erst war es zu heiß - wobei ich mich selbst gewundert habe, dass es in dieser Dachgeschosswohnung an den heißen Tagen noch nicht so schlimm war wie in den letzten Jahren. Aber dieses Wetter heute - es ist grau, es sieht nach Regen aus, aber es ist sehr warm und ich schwitze, dann kommt ein angenehmer frischer Wind auf, dann kommt die Sonne heraus, und dann fängt es tatsächlich irgendwann an zu regnen. Dieses wechselhafte Wetter, da bin ich scheinbar am liebsten in der Wohnung.

Hier drinnen kann ich es mir etwas konstanter machen. Fenster auf, Ventilator an, und dadurch, dass die Rollos unten sind, sehe ich nicht, wie bewölkt es gerade ist - mein Gehirn kommt irgendwie nicht damit zurecht, wenn das Visuelle (Sonne, Wolken, hell, dunkel) nicht zu dem Sensorischen passt (warm, kalt, schwitzen, Gänsehaut bekommen). In der Wohnung kann ich es mir so einrichten, dass alles zusammen passt. Dann geht es mir besser.

Mal schauen, was der Wetterbericht für die nächsten Tage sagt; es stehen einige Ärzte an, natürlich bin ich wieder mit einem Arzt pro Tag bedient, Psychiater, Gastroenterologe, Zahnarzt, Augenarzt. Und da sind einige "positive" Termine dabei, zu denen ich gern gehe, weil ich weiß, dass es mir danach besser geht. Mit dem Psychiater und der Infusion habe ich kein Problem. Aber Zahnarzt, das wird schwierig, vor allem, weil ich schauen muss, ob mein Zahnarzt überhaupt noch praktiziert - mal schauen, eines nach dem anderen.

Erstmal was essen. 

Freitag, 27. Juni 2025

Die erste Infusion


vorweg: Das gilt natürlich nicht nur für Autisten, und nicht für alle Autisten, aber während der Kieler Woche in die Stadt zu bummeln, um etwas einzukaufen, hat etwas von Selbstfolter; es sind noch viel mehr unberechenbare Menschen unterwegs, die plötzlich stehenbleiben oder die Richtung ändern, es ist laut, ich werde mit unterschiedlichen Sprachen beschallt und möchte eigentlich nur wieder so schnell wie möglich nach Hause. In einem übervollen Bus.

Okay, die Infusion liegt jetzt schon ein paar Tage zurück; am Montag high noon war es soweit, Termin bei'm Gastroenterologen in Elmschenhagen. Von meinem behandelnden Arzt habe ich gar nicht so viel mitbekommen, das hat eigentlich alles die Arzthelferin gemacht - Zugang am linken Arm legen, Medikamentenlösung anschließen und an diesen Tropf-Garderobenständer hängen, dann hat sie mir noch eine Klingel in die Hand gedrückt für Notfälle und mir gute Entspannung gewünscht. Passend, denn dann habe ich zwei Stunden lang einfach nur dagelegen.

Ich muss zwischendurch eingeschlafen sein. Das kann an der halben Tablette Beruhigungsmittel vorher gelegen haben - ich fand das nicht unschön, denn es hat mir die Angst genommen und die Zeit ist schnell rumgegangen. Mein nächster Termin ist in zwei Wochen, da mache ich das vermutlich wieder so.

Und was war das jetzt genau für ein Medikament, mit dem man mich da hat volllaufen lassen? Ein Antikörper - aber mehr kann ich im Moment noch gar nicht dazu sagen, weil ich viel zu aufgeregt war. Infliximab. Vielleicht denke ich ja nächstes Mal daran, genauer nachzufragen. Jedenfalls hatte ich keinerlei spürbare (Neben-)Wirkungen, kein Schwindel, keine Übelkeit, gar nix. So darf es wirklich weitergehen, und wenn dann die gewünschte Wirkung erreicht wird, dann kann ich das Kortison erstmal ausschleichen.

Das war wirklich ein sehr positiver Arzttermin.

post scriptum: Na, wer erkennt die Frau auf dem Bild wieder? ;-)

Mittwoch, 4. Juni 2025

Infusionstherapie


Endlich habe ich einen neuen Termin bei'm Gastroenterologen bekommen. Vor einer Weile ist ein aktueller Befundbericht inklusive Vorschlag eines Therapieplans angekommen. In knapp drei Wochen soll es nun losgehen mit einer Infusionstherapie. 

Ich bin so gespannt! Weil es etwas Neues ist, aber es macht mir keine Angst. Weil die Hoffnung besteht, meinen Gesundheitszustand zu bessern. Ich werde alle paar Wochen für etwa zwei Stunden in der Praxis am Tropf liegen - die genauen medizinischen Hintergründe muss ich mir dann noch einmal erklären lassen. 

Es ist auch wirklich nötig, dass sich etwas tut. Noch immer sind meine Fingernägel aufgrund des Eisenmangels vollkommen zersplittert, noch immer können die Koliken auftreten, die anstrengend und schmerzhaft sind, noch immer fehlt mir die körperliche Energie, um endlich meine Wohnung grundlegend auf Vordermann zu bringen. 

Mein nächster Termin ist allerdings erstmal ein Beratungsgespräch im Jobcenter. Ich gehe da mal ganz ergebnisoffen heran, mich interessiert sehr, was meine Beraterin zu meiner Situation zu sagen hat. Was mich daran erinnert, dass ich meine Lebensweise auf das stark reduzierte Budget umstellen muss - ist für einen Autisten nicht immer ganz einfach, sich auf tiefgreifende Veränderungen im Leben einzustellen.

Ich halte Euch auf jeden Fall auf dem Laufenden - und wenn Euch das nicht interessiert, dann lest diesen Blog nicht ;-) 

Mittwoch, 28. Mai 2025

Bürgergeld: Bewilligt!


Damit habe ich nun wirklich nicht gerechnet. Ich weiß, dass ich mit Bürokratie und Anträgen, Formularen und allem, was dazugehört, massiv überfordert bin. Nicht ganz ohne Grund ist mein Bürgergeldantrag letztes Jahr abgelehnt worden. Aber - the times are a'changin'.

Gestern öffne ich meinen Account auf der Seite vom Arbeitsamt und Jobcenter und sehe ein grünes Licht - Bescheid bewilligt - what??!! In der Tat, nachdem ich noch einige Dokumente nachgereicht habe, ist der Antrag relativ schnell bearbeitet und bewilligt worden. Jetzt warte ich auf Post mit den Einzelheiten, wie zum Beispiel der Höhe der Sozialhilfe. Zu den gut fünfhundert Euro Basissatz kommt ja zum Beispiel noch das Wohngeld hinzu, die Befreiung von der GEZ, und ich könnte sogar medizinische Zuschüsse beantragen, wenn ich auf bestimmte Nahrung angewiesen wäre. Vielleicht stellt sich sowas ja im Rahmen meiner gastroenterologischen Therapie heraus - die kann jetzt angeleiert werden.

Warum erst jetzt? Weil der Autist mit mehreren Sachen überfordert ist und unter Stress nur eines zur Zeit schafft. Zumindest dieser Autist. Ich brauchte die Sicherheit, dass für eine Weile monatlich etwas Geld eintrudelt, und dass ich krankenversichert bin. Jetzt können die Ärzte kommen, und ich muss nur noch die richtige Reihenfolge herausfinden. Ich habe mich zuerst für den Gastroenterologen entschieden, da es sich hierbei um eine langfristige Therapie mit regelmäßigen Infusionen handelt. Wenn das fertig etabliert ist, dann darf sich mein Zahnarzt die Geröllhaufen in meinem Mund anschauen, die einst mal meine Zähne waren. Zwei Stellen, eine mittlere und eine große, gibt es da zu bearbeiten, und ich habe Panik, aber ich habe auch einen Tranquilizer, und im Moment ist das eh' nicht dran.

Interessant, dass ich vor dem Gastroenterologen weniger Angst habe, das werde ich alles ohne Tablette machen. Da sollte ich eher ein Buch oder Rätselheft mitnehmen, denn die Infusionen dauern ziemlich lange und es kommt noch eine Überwachungsphase danach dazu, um sicherzugehen, dass mein Körper das alles verträgt.

Aber das kann jetzt losgehen, der erste Anruf ist getätigt, jetzt warte ich auf dem Rückruf für einen Termin für die Initialinfusion. Ich fühle mich gerade so unglaublich erleichtert! Das Bürgergeld - auch wenn es das irgendwann so nicht mehr geben soll - ist jetzt für ein Jahr bewilligt. Trotzdem wäre ich natürlich sehr glücklich über eine Arbeit, denn ich brauche das Sinnstiftende in meinem Leben.

Happy! Heute gehen die Tassen hoch!

Freitag, 23. Mai 2025

Stigmatisiert: Die Psychiater


Der Titel sagt es ja schon - nur hätte ich ihn besser als Frage formulieren sollen. Etwas in der Richtung "Warum werden Psychiater eigentlich so oft stigmatisiert?"

Warum spricht man nur hinter vorgehaltener Hand darüber, dass man zum Psychiater geht? Warum schaut man auf andere Menschen herab, die regelmäßig ihre Termine in der Psychiatrie wahrnehmen müssen? Warum geht so oft eine Gedankenkette an: "Psychiater = Seelenklempner =  mit dem Patienten stimmt etwas nicht = ich sollte mich lieber fernhalten"?

Ich denke mir das nicht aus - ich zitiere gern wieder eine Situation aus meiner allerersten Schule, ich bin noch Nulltsemester, stehe zusammen mit Kollegin A-Ha im riesigen Lehrerzimmer und sie stellt mir das Kollegium der Schule ein wenig vor. Total nett von A-Ha, dann fühle ich mich dort nicht ganz so fremd. Was mir damals noch gar nicht auffällt: Sie unterteilt in ihrer Beschreibung die KollegInnen in "Super nett, die helfen dir immer weiter, mit denen kannst du jederzeit sprechen" und in "Von denen solltest du besser die Finger lassen, großen Abstand halten, die sind nicht gut für dich, die haben selbst genug Probleme."

Ich habe das damals, vor dreizehn Jahren, tatsächlich nicht gemerkt und hatte auch keinen Sinn dafür, was für eine unmögliche und gemeine Art das ist, dem neuen Kollegen die Anderen vorzustellen. Dabei erwähnte A-Ha dann auch "Ah, da vorne, von der würde ich die Finger lassen. Die muss jeden Tag Antidepressiva nehmen, das ist eine ganz arme Person."

Rückblickend war das ein absolutes No-Go, aber es ist genau das, was passiert: Es ist kein Problem, zuzugeben, dass man Ibuprofen gegen seine Migräne nimmt, oder Clonidin als Blutdrucksenker oder Warfarin als Blutverdünner. Das ist eben so. Aber fragt Euch mal selbst: Wie viele Menschen haben Euch schon erzählt, dass sie ein Antidepresssivum (AD) nehmen, jeden Tag, Woche, Monat, vielleicht seit Jahren, vielleicht für immer? Man wird da gleich in eine Ecke geschoben.

Ein einziger Mensch in meinen einundvierzig Jahren hat mir offen von seiner AD-Verschreibung erzählt. Ich fand das sehr spannend, und als er gemerkt hat, dass ich ihn deswegen nicht verurteile, hat er mitr alles über die Sonnen- und Schattenseiten berichtet, und am Ende meinte ich zu ihm, dass es total super ist, dass es ADs gibt, die einem manchmal wirklich den Tag retten können. T, so hieß das Medikament abgekürzt, das er bekommen hat, und es hat aus ihm einen anderen Menschen gemacht. T, so heißt auch das AD, das ich jeden Morgen nehme.

Und ich habe kein Problem damit, über das Kortison gegen die colitis ulcerosa zu sprechen, oder das Metamizol gegen die Kolikschmerzen - aber über das AD rede ich eher selten, und über das Beruhigungsmittel noch seltener, denn sobald es an den Kopf geht, an Probleme mit dem Gehirn, scheinen viele Menschen misstrauisch zu werden und lieber vier Schritte rückwärts auf Abstand zu gehen, so wie A-Ha damals.

Das ist einfach nur shayze.

Vor ein paar Tagen hatte ich wieder meinen regulären Termin bei'm Psychiater. hingegangen bin ich ein wenig gekrümmt, ein wenig lustlos - nach Hause gefahren bin ich aufrecht, mit einem Lächeln und dem Gefühl, dass es alles zwar nicht "un-schlimm" ist mit Colitis und Reflux und Neurodermitis und Autismus, aber dass man sich alles zurechtdrehen kann, dass man damit besser umgehen kann.

Ich bin so stolz auf meinen Psychiater, und auch die Menschen im Wartezimmer haben mehrfach erwähnt, wie toll sie ihn finden. Ja, man muss Zeit mitbringen, manchmal viel Zeit, aber was er dann bewirken kann, ist einfach toll. Und dabei geht es mir nicht in erster Linie darüm, dass ich am Ende ein neues Rezept für meine Medikamente bekomme - es geht darum, dass mir im Büro jemand gegenübersitzt, der mich ernst nimmt und Interesse an meiner Situation zeigt. Kein "Migräne? Ja, ich habe manchmal auch schlimme Kopfschmerzen" oder ähnlicher Schwachfug.

Warum habe ich das Gefühl, ich müsste Angst haben und aufpassen, wenn ich über meinen Psychiater rede? Er kann so viel Positives bewirken und wird trotzdem so stigmatisiert? Whatever, wer meint, auf ihn oder mich herabschauen zu müssen, dem wünsche ich, dass er oder sie nicht selbst in die Position kommt, dass herabgeschaut wird.

post scriptum: Eine Weichflasche mit Flüssigwaschmittel geht in der vollen Einkaufstüte auf. Willkommen im Wochenende, hier brauche ich was, um den Blutdruck runterzufahren...

Montag, 7. April 2025

I feel me to puke


Ja, ich hatte ewig keine dieser denglischen Verballhornungen mehr. Jetzt wird es aber Zeit, denn ich fühle mich zum Kotzen. Gar nicht mehr wegen der Arbeitslosigkeit, aber da war ein wenig Beruhigungsmittel nötig.

Nein, ich muss wieder alle zwanzig bis dreißig Minuten zur Toilette. Fünfzehn bis zwanzigmal am Tag; das ist genau wie vor der Therapie. Es fühlt sich an, als hätte ich nicht mit der Kortisondosis runtergehen sollen, aber ich kann sie ja schlecht eigenständig wieder erhöhen, dazu sind Kortikoide zu stark in Wirkungen und Nebenwirkungen. Also ist ein Besuch bei'm Arzt dringend fällig - wenn ich mal wieder länger als eine halbe Stunde die Wohnung verlassen kann, ohne zu... naja. Könnt Ihr Euch ja denken.

Dass ich nie wieder gesund werden werde, das ist mir ja klar - aber ich hätte gern eine längere Remissionsphase, endlich einmal durchatmen, endlich keine Schmerzmittel mehr flaschenweise trinken, endich nicht mehr regelmäßig in der Schule anrufen und mich krank melden - wobei sich Letzteres ja eh' bald erledigt hat.

Stichwort Abschied: Ich sollte das Wochenende nutzen, um ein paar kleine Abschiedsbriefe zu schreiben, denn einige KollegInnen haben sie sich echt verdient durch ihre tolle Unterstützung. Die Arbeit an der Theodor-Storm-Gemeinschaftsschule war anstrengend, aber horizonterweiternd und einfach total schön. Jetzt heißt es aber wieder "Ihre Bewerbungsmappe ist fehlerfrei" - so oft mittlerweile gemacht, das geht mit links. Anfangs waren immer irgendwelche Buchstaben oder Zahlen vertauscht, oder hier fehlte ein Punkt und dort ein Formular.

nach dem Wochenende

Ich fühle mich noch mehr zum Kotzen. Noch zwei Tage krank gemeldet, morgen zum Arzt, heute neue Medizin geholt. Ein bisschen deprimierend, wenn man nur noch eine Woche an der Schule hat und davon zweieinhalb Tage wegfallen - der halbe Tag, da geht es um eine Freistellung für einen Termin bei'm Psychiater, die sind sauschwer zu bekommen...

Und wenn man sich dann noch ein bisschen weiter runterziehen will, dann schaut man Serien. Momentan trendet gerade eine britische Miniserie auf Netflix, mit absolut hervorragenden Rezensionen. Vier Episoden je eine Stunde, Adolescence, über einen dreizehnjährigen Jungen, der möglicherweise eine Tat begangen hat, die seine Familie komplett zerreißt. 

Absolut realistisch, leider, und aktuell - Incel-Thematik, Pubertät, Mobbing, Männer- und Frauenrollen. Brillant gespielt bis in die kleinste Rolle mit einzelnen Szenen, die mir das Herz zerrissen haben. Gehört für mich in die Kategorie "Ich bin sehr froh, dass ich sie gesehen habe - aber einmal reicht." Ganz große Empfehlung, aber danach sollte etwas Positives für die Seele folgen. 

Das kann schon ein Heizkissen in einer verkühlten Wohnung sein.

Mittwoch, 26. März 2025

Nie zu früh freuen


Hat es sich also doch so ergeben wie befürchtet: Die Koliken sind wieder stärker geworden, richtig heftig und schmerzhaft und mit besonderer Vorliebe die ganze Nacht über. Ich habe noch nie so viel Schmerzmittel verbraucht - natürlich nach Anweisung des Arztes - vielleicht brauche ich einen neuen Termin bei'm Gastroenterologen, dazu muss mich mein Hausarzt überweisen, denn vor einem halbes Jahr ist in der GE nichts frei. 

Morgen geht es zum Arzt; gestern und heute habe ich Stunden auf der Toilette verbracht. Ich sage dann ja immer, dass sich niemand Sorgen machen soll. Klopft lieber auf Holz, lasst uns auf das Beste hoffen. Dazu gehört übrigens nicht nur die Besserung des Gesundheitszustands, sondern auch meiner Arbeitssituation. Endlich ist meine Bewerbungsmappe im pbOn freigeschaltet, und ich muss wieder meine Schwerbehinderten-Gleichstellung in die Waagschale werfen, wenn es darauf ankommt. 

Und selbst wenn ich einen Anschlussvertrag bekommen sollte, wird das Land mich bestimmt nicht für die Osterferien bezahlen - also noch einmal für gut zwei Wochen Bürgergeld beantragen? Na danke - ich sollte mich also auch da nicht allzu früh freuen. Aber ich würde die Kiddies und das Kollegium sehr vermissen, und das bereits nach einem guten halben Jahr - das hatte ich bisher noch nie.

Also weiterhin abwarten und Tee trinken, literweise Kamille derzeit, das hilft.

Donnerstag, 28. September 2023

Tag 59 - Fett, aber bauchfrei


Der Titel hat mal wieder über drei Ecken mit dem Inhalt des Beitrags zu tun. Er war ein Gedanke, den ich heute im Bus hatte, auf dem Heimweg vom Hauptbahnhof nach Hause, in aller Eile, um in der Frist zu bleiben. Warum ich den Gedanken hatte, kann man sich vielleicht denken, und manchmal fehlt mir das Taktgefühl, solche Gedanken für mich zu behalten (heute nicht). Mit dem Taktgefühl habe ich es nicht so. Haben Autisten generell nicht so, schaut Euch einfach an, was Elon Musk so hier und da raushaut.

Ich hätte an das Landesamt für soziale Dienste als Widerspruchsbegründung wahrscheinlich so etwas geschrieben:

"Das stand doch alles schon in dem ärztlichen Befundbericht, wie oft und genau wollen sie es denn noch formuliert haben, wie behindert ich bin? Sie wissen, welche Probleme ich momentan mit der Alltagsbewältigung habe, und wenn sie es nicht wissen, zum Beispiel, weil sie den ärztlichen Befundbericht bei'm Erstantrag gar nicht gelesen haben, dann wissen Sie aber, dass mein Psychiater Ihnen jederzeit für Nachfragen zur Verfügung steht, also machen sie das gefälligst!"

Das Tolle: Genau das hat mein Arzt geschrieben. Er hat es nur noch einmal neu formuliert, mit zwei, drei Sätzen mehr, und vor allem: Mit Taktgefühl. Und schließt mit

"Sollten noch fortgesetzt nähere Rückfragen (...) bestehen, stehe ich Ihnen auch weiter gern zur Verfügung."

Das Kursive fand ich grandios. Ich finde es immer faszinierend, wie andere Menschen dieses Feingefühl hinbekommen und trotzdem sagen, dass der Andere quasi ein Vollidiot ist. Dieses Schreiben ist nett und höflich und sachlich formuliert, und direkt per Fax dem Amt zugegangen. Ich vertraue Behörden aber nicht mehr und bin deswegen von NMS nach KI gesprinted, hatte mein Anschreiben und den vorbereiteten Briefumschlag schon in der Tasche, im überfüllten Zug dann eingetütet. Zum Glück musste in Neumünster eine unter Einfluss stehende Frau aus dem Zug befördert werden, das hat dafür gesorgt, dass der Zug einen Moment warten musste, und so bin ich vom Bus in den Zug in den Bus gerannt, um das Einschreiben fristgerecht loszuwerden. Und im Zug habe ich ein Puschel gesehen! Aber der Zug war voll und ich war in Hektik, weil das heute alles auf Kante genäht war - Gespräch wäre Overload gewesen, und sowas versuche ich momentan zu vermeiden, auch wenn ich dafür Tabletten im Portemonnaie habe.

So, dann wollen wir mal schauen, was das Amt als Nächstes macht. Und für Euch gibt es morgen einen Gastbeitrag, witzig, aber leider mit einem wahren Kern. Lohnt sich zu lesen, vielleicht erkennt sich jemand darin wieder.

Sonntag, 3. September 2023

Tag 34 - Barrieren


Barrierefrei
- früher dachte ich immer, dass das Wort eine sehr eingeschränkte Bedeutung hat. Barrierefrei, das bedeutete für mich, dass es an einem Ort einen Fahrstuhl gibt. Ich dachte immer, es geht ausschließlich um gehbehinderte Menschen. Erst jetzt, wo ich erkenne, dass ich selbst behindert bin, bemerke ich die weiteren Dimensionen des Konzeptes der Barrierefreiheit. Erst jetzt, wo ich selbst unter Stress stehe, dadurch die Autismussymptomatik deutlich stärker zu Tage tritt und ich immer wieder selbst auf Barrieren stoße, oftmals unsichtbar, oftmals selbstgemacht.

Zum Beispiel mit den Medikamenten. Irgendwo im Studium habe ich mal gelernt, dass es (fast) egal ist, von welchem Hersteller ein Medikament ist, solange es um einen bestimmten Wirkstoff geht. Ich habe ratiopharm und alle anderen Hersteller von Generika sehr schätzen gelernt. Ausgerechnet bei meinen Tabletten gegen Panikattacken oder Angstzustände bin ich nun aber wieder auf ein ganz bestimmtes Präparat eingeschossen. Ich weiß genau, wenn ich das von einem anderen Hersteller bekomme, dann werde ich es nicht benutzen.

Es muss das Bromazanil von Hexal sein. Diese grünen, länglichen Tabletten, die man bis zu dreimal durchbrechen kann. Die ich bei Bedarf sublingual anwenden kann. Um sicherzugehen, dass ich genau dieses Präparat bekomme, wird für gewöhnlich das Kästchen aut idem auf dem Rezept durchgestrichen. Das bedeutet sonst in etwa "oder dasselbe", gemeint ist von einem anderen Hersteller. Leider vergesse ich manchmal, meinen Psychiater daran zu erinnern, das durchzukreuzen, und dann stehe ich hier in Kiel mit dem Rezept und habe leider keinen Anspruch auf dieses Präparat, weil der Vertragspartner meiner Krankenkasse nun mal ratiopharm ist. Und eine private Krankenversicherung, bei der ich mir das aussuchen könnte, kann ich mir abschminken, ich denke, das dürfte mittlerweile klar sein.

Man darf das Kästchen auch nicht im Nachhinein einfach durchstreichen; es muss im Originalausdruck angekreuzt sein oder danach noch einmal einen extra Arztstempel bekommen. Ich muss nächstesmal unbedingt dran denken, auf das Kreuz zu achten. Zum Glück hat diesmal ein sehr netter Apotheker ein Einsehen gehabt und ein bisschen unkonventionelle Wege betreten, so dass ich jetzt wieder die grünen Tabletten in der Wohnung habe.

Es kann extrem umständlich sein, auf dem Spektrum zu sein. Unsichtbare Barrieren überall, und kaum ein Mensch glaubt einem das.

Montag, 21. August 2023

Tag 21 - Rückenwind, gleichgestellt!


Zwar ein kleiner Schritt, aber immerhin einen Schritt weiter.

Ich habe Post vom Landesamt für soziale Dienste bekommen, mein Widerspruch ist rechtzeitig eingereicht worden und ich habe nun bis Ende September Zeit, zusammen mit meinem Psychiater eine Widerspruchsbegründung zu formulieren. 

...so ganz war es das noch nicht. Es kommen in dieser Phase viel zu viele Briefe hereingeflattert, und so ist am Wochenende Post von der Agentur für Arbeit gekommen, mit der Nachricht, dass mein Antrag auf Gleichstellung mit Schwerbehinderten angenommen wurde und ich ab dem zweiten August unbefristet gleichgestellt bin.

Ein kleiner Schritt deswegen, weil das Hauptziel natürlich immer noch ist, einen höheren GdB zugestanden zu bekommen. Dennoch kann ich jetzt die Schwerbehinderung in den Bewerbungsunterlagen angeben, und das Nachdenken darüber hat zu einigem Schmunzeln geführt.

Die Chancen auf eine feste Stelle dürften damit von Null ein wenig gestiegen sein, und theoretisch so hoch, dass ich bei Zusage einer Schule immer noch absagen kann, wenn Recherche ein toxisches Arbeitsumfeld ergeben sollte - oder wenn ich mit Antworten aus dem Auswahlgespräch nicht zufrieden bin; ich werde mir ein paar sehr konkrete Fragen und Situationen überlegen, die für eine autistische Lehrkraft an einer Schule relevant sein könnten, und wenn mir die Antworten abschließend nicht gefallen, dann werde ich dort nicht unterschreiben. Natürlich ohne Angabe von Gründen - das kann man auch anders herum spielen.

Ich muss zugeben, ich habe ein bisschen gestaunt. Das war dieser sehr umfangreiche Antrag, bei dem ich irgendwas angekreuzt hatte, das Kreuz aber nicht wieder entfernen konnte, und es sah alles nur zur Hälfte ausgefüllt aus. Schön, dass es gereicht hat. 

Mit Motivation in eine neue Woche!

post scriptum: Ihr Lieben, ich rufe morgen an!

Dienstag, 24. Januar 2023

Das fahrende Waschbecken


vorweg: Nein, dieser Beitrag ist nicht nur für die große Buba.

Es fühlt sich an, als sei ich seit dem dritten Januar blockiert. Unfähig, aktiv zu werden, aufzuräumen, zu korrigieren. Ob das ein kleiner Schluck Asperger pur ist? An jenem Tag hat Ulf meinen Backenzahn unten links aufgebohrt, musste auch sein, und das Nervengewebe daraus entfernt. Dann provisorisch gefüllt, und an einem weiteren Termin drei Wurzelkanäle gefüllt - und wieder ein Provisorium drüber. Zwischendurch ist mir auch noch ein Stück des Zahn abgebrochen und es fühlt sich immer noch wie ein Steinbruch in meinem Mund an, wenn ich mit der Zunge drangehe. Und das tue ich oft. Einfach weil es sich so ungewohnt anfühlt, und so unfertig.

Und genau das ist die crux. Eine unfertige Arztgeschichte sorgt dafür, dass ich mich kaum auf etwas Anderes vernünftig konzentrieren kann. Das sind die Momente, in denen ich es hasse, auf dem Spektrum zu sein. Es könnte alles so viel einfacher sein - stattdessen muss ich meine SchülerInnen immer weiter vertrösten und suche meine Notenlisten unter Papierstapeln. Etwas ungünstig, wenn Zeugniskonferenzen anstehen.

Aber die sind, wie immer, eines der Highlights meines Schuljahres. Ich bin immer wieder so gespannt, wie "meine Kiddies" sich in den anderen Fächern so machen, und wie die KollegInnen über sie reden. Wieder eine Gelegenheit, die Vermutungen zur Hochbegabung oder Autismus-Spektrums-Störung durch Erfahrungsberichte anderer Fächer zu erhärten, oder - und manchmal ist mir das lieber - sie zu zerschlagen. 

Es ist aufregend, die Zeugnisspiegel meiner SchülerInnen zu sehen. Ich liebe Zahlen, Zahlenvergleiche und Schemata wie die Übertragungsnoten (der vier unterschiedlichen Anforderungsniveaus ESA, MSA, AHR und i.B.). 

...

Und nun ist auch die letzte Zeugniskonferenz um, und ich habe endlich wieder einen Zahn anstatt eines Steinbruchs, oder zumindest so etwas Hingeklöppeltes, bis wir in ein paar Monaten uns dann an die Krone machen.

Absolutes Highlight des Besuches bei'm Zahnarzt heute - was mir vorher noch nie so aufgefallen ist - ein Hinweisschild an diesem kleinen runden Ausspülbecken: "Bitte nicht ziehen - Becken fährt automatisch heran" - da war kein Beruhigungsmittel mehr notwendig, außer vielleicht, um das Kichern zu unterdrücken. Wer hätte gedacht, dass ich ausgerechnet in einer Arztpraxis eine echte Fahrspüle sehe.

Hoffentlich löst das jetzt endlich einen Knoten, es ist so viel Arbeit liegen geblieben, und ich habe die letzten zwei Wochen ausschließlich auf der Couch geschlafen, das muss sich auch wieder normalisieren.

Freitag, 6. Januar 2023

Denkblockade


"Brauchen sie eine Krankschreibung wegen ihres Zahns?"

Diese Frage meines Psychiaters habe ich erstmal nicht verstanden. Warum sollte ich mich wegen einer Zahnsache krankmelden, vor allem, wenn es kaum wehtut? Heute verstehe ich das ein wenig; ich hatte mir vergenommen, nach dem Ausschlafen (wieder mal Defizit aufgebaut) die Klausuren meiner Elfer und Elfinnen durchzukorrigieren und mit den Planungen für die erste Schulwoche zu beginnen. 

Seitdem mir aber gestern ein Stück des wurzelbehandelten Zahns abgebrochen ist, fällt es mir sehr schwer, mich auf die Korrekturen zu konzentrieren. Andauernd schneidet die scharfe Zahnkante an der Zunge entlang, vielleicht habt Ihr das auch schon einmal erlebt, und ich sehe immer das Bild dieser Zahnbaustelle vor mir - das sieht aus wie ein Steinbruch. Manchmal möchte man einfach nur den Zahn rausreißen und ein Implantat einsetzen. 

Ich denke die ganze Zeit darüber nach, und bevor ich nicht am Montagmorgen bei Ulf bin, wird sich das auch nicht ändern. Und ich kann mir vorstellen, dass es "normale" Autisten so stark belastet, dass sie gar nicht weiter funktionieren, und das macht mir das Angebot der Krankschreibung etwas einleuchtender. Als Aspi fühle ich mich nicht ganz so extrem eingeschränkt (high functioning), aber es blockiert mich eben doch.

Aber ich könnte mir gut vorstellen, dass es neurotypischen Menschen ebenso geht.

Mittwoch, 4. Januar 2023

Regentag im Bürokratiergehege


Heute war es grau. Regen von morgens bis abends - das perfekte Wetter für einen Wohnungsputz. Oder aber für einen ausgedehnten Spaziergang. Regenschirm mitgenommen, der war definitiv nötig, Poppy Z. Brites Soul Kitchen dabei für die Busfahrten, die anstehen. Jetzt noch nicht, denn - ich habe keine Busfahrkarte.

Normalerweise kommen die Karten immer quartalsweise hier per Post an; Mitte Dezember hätten sie kommen sollen, aber - nichts. Ich habe mir gedacht, naja, vielleicht wegen Jahreswechsel etwas später, oder die Post braucht länger, und habe nicht weiter drüber nachgedacht. Und dann war irgendwann der zweite Januar und ich konnte nicht mehr Bus fahren. Und ausnahmsweise habe ich den Brief nicht im Chaos meiner Wohnung verschlampt - ich habe jeden Winkel durchsucht und alles dreimal umgedreht.

Der Aspi ruft natürlich nicht bei der KVG an, sondern denkt sich, hmm, es heißt "12er Monatskarte im Abo", vielleicht bedeutet das, dass man wirklich nur zwölf Karten bekommt und dann läuft der Vertrag aus. Das muss es sein - also bestelle ich ein neues Monatskartenabo. Zum Glück fällt das der für die Abonnenten zuständigen Dame auf, und sie schreibt mir eine Mail, um sicherzugehen, dass ich tatsächlich zwei Abos haben möchte. 

Missverständnis aufgeklärt, zweiter Vertrag storniert, und so bin ich heute zur KVG-Verwaltung Werftstraße gewandert, die ich bisher nur als Name einer Bushaltestelle kannte. Innerhalb von fünf Minuten hatte ich meine Ersatzkartem. Auf dem Weg zu besagter Bushaltestelle ist mir fast der Schirm weggeflogen, weitweise war es tatsächlich windig. Warten auf die Zweiundzwanzig, Roman weiterlesen, auf nach Kronshagen.

Dort musste ich nämlich von meinem Hausarzt endlich mal meine Krankschreibungen für die MDG abholen, und dazu noch die beiden Überweisungen an die PIA im FEK in NMS (heute schon das Wordle ausprobiert?). Dann weiter wandern durch den Regen nach Suchsdorf, Rewe am Schneiderkamp, Curry einkaufen und dann in die Einundsechzig, denn die fährt direkt von dort bis vor meine Haustür, knappe Dreiviertelstunde, ich komme im Roman ein gutes Stück weiter.

Ist ein gutes Gefühl, diese ganzen Gänge erledigt zu haben, und es fühlt sich immer noch alles viel befreiter an, seit knapp einer Woche. Ich freue mich auf den Schulstart, morgen sind die Klausurkorrekturen dran, und ein Einlauf für die SchülerInnen muss präpariert werden (und eine besonders helle Schülerin möchte sich Brites Drawing Blood ausleihen - das scheint einige junge hochintelligente Frauen anzusprechen, ist nicht das erste Mal, dass ich das Buch einer Schülerin mitgebe).

Kann weitergehen!

post scriptum: Netflix hat die Serie "1899" nach nur einer Staffel abgesetzt. Das ist das neue Werk der Macher von "Dark", und hätte ein ebenso ästhetisch und intellektuell ansprechendes Werk werden können. Für Netflix sind allerdings die Zuschauerzahlen wichtiger.

Dienstag, 3. Januar 2023

Wurzelbehandlung

Genau für solche Ausnahmesituationen...

"So, die nächste Spritze geht direkt in den Nerv."

Ich hatte noch nie eine Wurzelbehandlung bei'm Zahnarzt. Nach den Berichten von Familie, Freunden und Bekannten konnte ich mir aber ableiten, dass das eine der unangenehmsten Behandlungen sein dürfte, die man dort bekommen kann. Heute kann ich bestätigen: Ja, es ist unangenehm. Und schmerzhaft. Und man möchte einfach nur, dass es bald vorbei ist.

Was für ein glückliches Timing, dass ich meinen Tranquilizer vom Psychiater bekommen habe. Ich habe Ulf (Zahnarzt, einer der besten in Kiel) direkt gefragt, ob es okay ist, wenn ich die Tablette nehme - die ich seit Neujahr immer im Portemonnaie dabei habe für genau solche Situationen - "Klar, mach' das!" und so habe ich auf die Tablettenwirkung gewartet, während die Betäubung angeflutet ist.

Das Loch im hinteren Zahn - kein Problem, das war schnell erledigt, aber der Zahn davor... ich erinnere mich nicht mehr an die Details (anterograde Amnesie kann eine sehr willkommene Nebenwirkung von Benzodiazepinen sein). Nerv freigelegt, entzündetes Gewebe entfernt, Medikament aufgestrichen, provisorische Füllung, nächster Termin in gut einer Woche. 

Betäubung hat dann nachgelassen, Schmerzen sind da, aber ich bin mit Schmerzmitteln gut versorgt. Dieses Erlebnis erinnert mich daran, dass ich vielleicht doch schon einmal eine Wurzelbehandlung hatte, denn mir kommt das alles bekannt vor - das schmerzhafte Aufbohren, das Medikament, das Provisorium - das hatte ich alles vor etwas über fünfzehn Jahren schon einmal. Und das wiederum gibt mir Mut: Damals hatte ich ein Gold-Inlay bekommen, und habe seitdem mit jenem Zahn nie wieder Probleme gehabt.

Wenn es die Möglichkeit gibt, möchte ich eine Goldkrone bekommen. Dann müssen die Playstation 5 und das Phantasialand eben warten, die laufen mir ja nicht weg (waren für diesen Sommer geplant), und ich muss etwas kürzer treten. Ich denke schon seit einigen Monaten darüber nach, auf Gold zu setzen, wenn etwas gemacht werden muss, weil es tatsächlich in Sachen Haltbarkeit unschlagbar ist. Kostet halt. Und die Optik ist mir egal, was kümmert's mich, wenn man sieht, dass ich eine Goldkrone trage?

Das wird sich alles zeigen. Ich bin erstmal froh, dass heute überstanden ist (auch wenn das nächste Mal wieder richtig fies werden wird; Lojong hilft)!

Donnerstag, 21. April 2022

Gutartig


Und so ist es heute dann doch bei'm Urologen geblieben, Psychologie ist morgen dran, denn ich bin mit der guten Nachricht nach Hause gekommen, dass es sich bei den Symptomen um eine Wassereinlagerung handelt, die im Nachgang einer Entzündung auftreten kann, die aber gutartig ist und keiner Behandlung oder Vorsichtsmaßnahmen bedarf. 

Das ist ungemein erleichternd, und so weiß ich jetzt, dass ich ab morgen wieder ganz normal in die Schule gehen kann. Ich kann meinen Unterricht machen, ich kann meine Schüler durch die Abschlussprüfungen begleiten, ich kann mit meinen Neunern Lois Duncans Down a Dark Hall lesen, ich kann problemlos mein Projekt für die Projektwoche planen. Das alles konnte ich vorher nicht, und wenn ich die ganze Literatur richtig verstanden habe, ist diese Blockade auf die Behinderung im Bereich Theory of Mind zurückzuführen. Der Bereich, in dem laut Gutachten aus Lübeck bei mir alles in Ordnung ist. Morgen wird Neumünster angerufen, um zu schauen, ob es eine Möglichkeit der zweiten Meinung gibt.

Das alles nimmt den Kopf heute in Anspruch, aber auf eine sehr positive, erleichterte Weise. Es kann weitergehen!

Mittwoch, 20. April 2022

Hier, da und dort


Wenn ich die Wahl habe zwischen Telefonat und Mailanfrage, entscheide ich mich gerade bei unbekannten Menschen immer für Zweiteres, und rufe erst an, wenn es nicht anders geht.

Interessant, dass alle (Nicht-ZiP-)Wege für Autismus nach Neumünster führen. Dort wäre zum Beispiel Brit Wilczek angesiedelt, die aber keine neuen Patienten aufnimmt, und dort finde ich meinen Psychiater, sowohl im Friedrich-Ebert-Krankenhaus als auch in der DRK-Klinik Hahnknüll. Das ist der Arzt, der mir vom Organisator der Selbsthilfegruppe empfohlen wurde - zumindest derzeit, da sich das wohl auch kurzfristig ändern kann.

Gleichzeitig habe ich bei'm Kieler Fenster angefragt - es ist interessant, dass ich diesen Namen seit über zehn Jahren kenne, und auch das Logo dazu, aber dass ich erst heute gesehen habe, dass diese Leute zuständig für psychologische Beratung in Kiel sind. Ich dachte immer, das hat was mit Zeitung zu tun. Talk about die Welt um sich herum nicht wahrnehmen. 

Anyway, einen Schritt weiter, jetzt mit Kühlpack auf die Couch. Morgen Urologe, Freitag dann wieder Psychologie. Und zwischendurch Schule erledigen - mein Schreibtisch und der mittlere Dachbalken sind wieder voller Notizzettel. Hier, da und dort.

post scriptum: Oh, ich habe Antwort von ihm bekommen. Neugier besiegt Ein-Arzt-pro-Tag, ich denke, ich werde morgen nach dem Urologen mal in Neumünster anrufen, denn dort könnte ich einen Schritt weiter kommen. Ach ja, da war ja noch Schule. Hyperfokus. Ich lerne ganz langsam wieder Jonglieren.

Freitag, 31. Dezember 2021

Ter Perforatus


Hey die große Buba!

Ich hoffe, Du nimmst es mir nicht übel, dass wir gestern mit einem Cliffhanger geendet haben. Das war pure Absicht, und irgendwie bereitet es mir sogar eine biestige Freude - dass wir beide nicht wissen, ob Peter Olivia direkt darauf ansprechen wird (wir schauen Fringe), oder ob er erstmal den Schein wahrt, um zu planen. Dass Du heute keine Fortsetzung bekommst. Dass Du mindestens bis morgen Abend warten musst. Aber es bereitet mir auch deswegen Freude, weil auf diese Weise Dein Gefühl verlängert wird: Das Gefühl von Spannung, Aufregung, Involviertheit. Du hast mehr Zeit, um aus Deinem Autorenherz neue Weiterentwicklungen der Geschichte sprießen zu lassen - als Aspi gehe ich immer alle möglichen Entwicklungen vorher durch, um nicht überrascht zu werden; das geht automatisch und versaut einem manchmal tolle WOW-Momente. Also genieße diese Zeit, überlege Dir, wie unsere "Familie" wohl mit ihrer derzeitigen Situation umgehen wird.

Ich war heute unterwegs zur dritten Impfung - sehr drollig, Thema Bus: Termin war um Zwölf Uhr Dreißig, also verlasse ich um zehn Minuten vor Zwölf meine Wohnung, um den Bus zum Schwedenkai zu nehmen. Angezeigt wird mir, dass der nächste Bus in fünfundzwanzig Minuten kommt - scheinbar gilt heute der Feiertags-Fahrplan?! Ich hätte mich ja auch mal informieren können und nicht einfach logisch denken "Heute ist ein ganz normaler Arbeitstag, da gilt der reguläre Plan". Und ich wollte auf keinen Fall zu spät kommen ("Seien Sie pünktlich da, erscheinen aber nicht vorzeitig" war die ausgedruckte Anweisung, und daran halte ich mich) - also blieb nur der Fußmarsch.

Und so bin ich heute also im T-Shirt (das sollte ich laut Anleitung tragen) und Jacke durch den Regen von mir zuhause bis runter an den Schwedenkai gewandert, das sind keine drei Kilometer, etwa eine halbe Stunde, und Bewegung tut meinem Rücken grad gut. Angst, dass alle Formulare vom Regen durchweichen, nützt nichts, jetzt oder nie. Zum Glück hatte ich den Regenschirm dabei. Und so bin ich also angekommen, mit dem Fahrstuhl so hochgefahren, wie ich dat brauche, nämlich zum Impfzentrum.

Das lief alles wunderbar, ich lege meine Zettel vor, zeige meine KV-Karte, aber der junge Mann an der Annahme möchte gern meinen Personalausweis sehen. Den habe ich vor Wochen irgendwo liegen gelassen (liebe Eltern, bitte NICHT anrufen, ich kümmere mich drum!), aber die Anleitung sagte mir, dass die Versichertenkarte mit Bild geht. Das wusste der junge Mann dort nicht, whatever, rein, Schirm wegstellen, Jacke aus. Dank T-Shirt ist keine Krempelei nötig. Dann erzähle ich der Ärztin, warum ich so nass bin - die Busgeschichte - und sie erzählt mir freudig, dass sie heute ganz regulär mit dem Bus zum Zentrum fahren konnte. What the what. Mein Gehirn versucht das zu verstehen, ich nehme den Pieks überhaupt nicht wahr, weil ich total überfordert bin. 

Zum Glück unterhalten wir uns ganz lustig weiter, ich frage sie noch, ob ich am Ende der Wartezeit aufgerufen werde oder ob ich nach fünfzehn Minuten selbständig zum Ausgang gehen soll. Ich erzähle ihr die Geschichte von meinem Bruder, der ebenfalls Aspi ist - jedenfalls bin ich davon felsenfest überzeugt, er muss das nur noch selbst realisieren - und der eine halbe Stunde lang am Ausgang darauf gewartet hat, dass sein Name aufgerufen wurde; vollkommen logisch, denn bei den ersten beiden Impfungen wurde er (wie ich) ja auch mit Namen aufgerufen.

Ich sollte mir einen Satz in meinen Methodenkoffer legen: "Entschuldigen sie bitte, ich bin Autist, ich brauche eine ganz genaue Anweisung, wie das hier abläuft und wie ich mich hier verhalten soll." Ich habe diesen Satz mittlerweile mehrfach benutzt - bei der Hand-OP zum Beispiel - und er hilft ungemein. Das macht es alles so viel einfacher! Ich sollte auch weiterhin offen mit meiner Autismus-Spektrums-Störung umgehen.

Genau so, wie eine etwas ältere Dame mit ihrer Angst offen umgegangen ist: Sie stand am Ausgang allein am Fahrstuhl und hat mich gefragt, ob ich sie mit in den Fahrstuhl nehme, denn allein traut sie sich nicht rein. Was für ein wunderbares Gespräch sich daraus ergeben hat! Nur eine Etage lang, aber erleuchtend, und dann öffnet sich die Tür des Fahrstuhls und ich stehe einer vier Meter langen Warteschlange gegenüber. Fühlt sich an wie in der Twilight Zone...

...aber der Gedanke verfliegt schnell, denn es regnet draußen und ich muss den Schirm aufspannen. Der Schirm. Wo ist der Schirm? (Erinnerungen an Lola Rennt) Bei der Ärztin, wunderbar, ich war so überfordert, dass ich daran nicht mehr gedacht habe. Whatever, nichts ist entspannender als das anzunehmen, was kommt, und so bin ich durch den Regen gegangen und schirmlos-nass, aber glücklich zuhause angekommen.

Boob, Du liest, ich wehbe noch. Morgen Abend erwartet uns die nächste Folge Fringe, und damit Dein Gehirn ein bisschen Spaß haben kann, sage ich Dir schonmal den Titel, denn der kann Gedankenzüge auslösen:

Entrada.

Freitag, 17. Dezember 2021

Geliebte Idiosynkrasie


vorweg: Es gibt gerade so Vieles, über das ich würde schreiben wollen, so viel Neues, Wichtiges, Entwicklungen, und dann ruft auch noch mein Bruder an und signalisiert mir indirekt, dass ich ihm nicht ganz egal bin. Das ist zuviel, da entgleisen alle Gedankenzüge und ich gehe in die "geistige Quarantäne", das Telefon wird ausgestöpselt, das "Nicht Stören"-Schild an der Wohnungstür befestigt, das Bad läuft ein, Zirbenholz und Amyris, dunkel und beruhigend, Meditation ist angesagt, ich peile gut anderthalb Stunden an. Das ist nötig. Bitte nicht wundern, wenn ich mich nicht melde. Im Englischen sagt man als Außenstehender "He's in the zone." Dabei geht es heute eigentlich um etwas ganz Tolles, und ich bin sehr froh, dass ich diesen Beitrag bereits heute Mittag geschrieben habe, so dass ich ihn jetzt veröffentlichen kann. Und deswegen hat das Bild auch eher etwas mit dem "vorweg" als mit dem eigentlichen Beitrag zu tun.

Endlich, endlich, endlich.

Es gibt da diese Videospielreihe - in Japan heißt sie Zero, in Europa wird sie als Project Zero (PZ) veröffentlicht, in Nordamerika unter dem Namen Fatal Frame - wahrscheinlich, weil das mehr potentielle Kunden ziehen soll, auch wenn diese Strategie nicht aufgeht: PZ gilt als Kultspiel, es gibt eine kleine, aber außerordentlich treue Fangemeinde, die Verkaufszahlen waren nie hoch, und das, obwohl (oder gerade weil?) PZ2 zum Beispiel als eines der unheimlichsten und besten Videospiele seiner Art auf dem Markt gilt. 

Kein Wunder: Für den Mainstream sind die Bewegungen der Figuren zu behäbig, die Gehwege zu eng (man kann nicht einfach zwischen zwei Bäumen hindurchgehen, sondern sich nur auf willkürlich vorgegebenen Pfaden bewegen), die Story zu anspruchsvoll, zu wenig Blut, keine klassischen Waffen zum Gemetzel, weibliche Hauptfiguren, man muss viele Texte lesen, die deutsche Übersetzung ist grausig. Ein Inbegriff für Videospiel-Idiosynkrasie.

Wie es nun aber ist bei Medien, die zum Kult werden: Sie erfreuen sich gerade wegen dieser Unebenheiten, gerade wegen ihrer Lage abseits des Mainstream, bei ihrer Fangemeinde großer Beliebtheit, und ich bin sehr froh, dass es solche Videospiele (und Filme und Hörspiele und Bücher und mehr) gibt. Denn gerade die PZ-Reihe habe ich wegen ihrer Macken lieben gelernt. 

Da steht dann auf dem Bildschirm, nachdem man einen Gegenstand von der Wand abgenommen hat "Spiegelung Maske. Ich habe es." - was eine wortgetreue Übersetzung der japanischen Kanji ist, aber im Deutschen natürlich unfreiwillig komisch ist. Für die große Buba und mich waren das sehr hilfreiche, klospülende comic reliefs in den doch atmosphärisch extrem dichten Spielen (und in Sachen Atmosphäre sind die Macher echte Meister ihres Handwerks, womit bei den Köpfen hinter der Dead or Alive-Reihe nicht zu rechnen war - Chapeau!). Und die Halsknickfrau, und der Klingelopa, die Balkonsturzfrau und so weiter... 

Und ich bin sehr davon angetan, dass man mal nicht mit Zaunlatte, Nagelkeule, Schrotflinte, Maschinengewehr, Flammenwerfer und Kettensäge auf Zombies und Fehlzüchtungen oder einfach nur auf irgendwelche Militärs losgehen muss: Die einzige "Waffe", die einem zur Verfügung steht, ist ein alter Fotoapparat, die camera obscura (auch wenn sie mit dem Original nicht mehr viel zu tun hat). Die Gegner sind zudem Geister, mit denen man ernsthaft sympathisieren kann: Jeder einzelne Geist hat seine eigene Hintergrundgeschichte, und sie greifen einen nicht (oder nur seltenst) an, weil sie irgendwie "böse" seien - das Konzept sieht die japanische Kultur ein wenig anders.

Überhaupt weiß ich das japanische Flair sehr zu schätzen. Wer einmal einen J-Horrorfilm gesehen hat, kennt das, diese düstere Atmosphäre mit den rauschigen, schlecht zu erkennenden Videofetzen und Yurei, rachsüchtigen Geistern oder einfach solchen, die nach der Erklärung für ihren derzeitigen Zustand suchen.

Ich genieße es auch, dass die Serie zum großen Teil ohne Blut auskommt. Während Serien wie Resident Evil scheinbar nicht ohne Splatter auskommen, lösen sich die Geister hier einfach auf, nachdem man ihnen durch das Fotografieren ihre spirituelle Energie geraubt hat. Nur in manchen Teilen taucht in Rückblenden auf antike Rituale manchmal Blut auf; es ist aber interessant zu sehen, dass PZ2: Crimson Butterfly, der unheimlichste Teil der Reihe, mit Ausnahme einer einzigen Szene, völlig blutleer ist. Zeigt, dass man sich auch ohne eklige Szenen und fast komplett ohne jumpscares fürchten kann (diese sind ein Zeichen für ziemlich anspruchslosen Schockwert).

Nachdem der vierte Teil der Reihe nach wie vor nur in Japan erhältlich ist und die Reihe von Nintendo übernommen wurde - warum auch immer - war der fünfte Teil (PZ: Maiden of Black Water) zunächst nur für die Wii U erhältlich - eine Konsole, die ich nicht habe, und die ich mir nicht für ein einziges Spiel zulegen wollte. Umso besser, dass jetzt, Jahre nach der Veröffentlich des Originals, ein remaster für neue Konsolen, unter anderem auch für die Playstation-Reihe von Koei Tecmo veröffentlicht wurde.

Endlich, endlich, endlich. Da haben wir sie wieder: Leicht bekleidete Mädchen, die völlig unbeeindruckt von Geistererscheinungen durch alte Häuser wandern (diesmal auf einem fiktiven Berg, einer ehemaligen Touristenattraktion), unfreiwillig komische Geisterrufe ("Joooiiiiin me!" - "I will GLAAAANCE into your soul!" - Ich glänze höabah...), tanzende Geister, alte Frauen, die mich in eine Kiste stecken wollen und dann außen herumwabern, sterbende Geister, die wie verreckende Klospülungen klingen, Kämpfe in viel zu engen Gängen, in denen sich die Geister einfach mal durch die Wände bewegen, klobige Bewegungen der Hauptcharaktere, Kameraupgrades, eine komplexe Geschichte mit vielen Texten zum Lesen, und endlich, dank des neuen Mediums, reichlich Filme zum Anschauen, die immer noch enigmatisch sind - aber es ist toll, zu jedem feindlich gesinnten Geist per Fatal Glance ein Video zu bekommen, unter welchen Umständen der Mensch damals um's Leben gekommen ist. Das macht es leichter, mit den Geistern Mitgefühl zu empfinden und noch tiefer in das Geschehen einzutauchen. 

Und es ist toll, wie der fünfte Teil sich in die Mythologie der anderen Teile einreiht; Miku Hinasaki, Protagonistin aus dem ersten Spiel, hat hier eine tragende Rolle, die Kurosawas aus dem zweiten und dritten Teil wirken mit, und wir erfahren endlich mehr über den Erfinder der (fiktiven) Camera Obscura, Dr. Kunihiko Aso (oder Asou, je nach Transkription), über seine Kindheit und über die Frau, in die er sich verliebt hat - und wie und warum er die Kamera überhaupt erst erfunden hat.

Das wäre rundum ein schöner Abschluss für die Serie (für die es auch noch graphic novels und einen Kinofilm gibt) - aber ein kleiner Teil in mir erhofft sich natürlich irgendwann einen sechsten Teil, auch wenn es schwer sein wird, neue Ideen auf den Tisch zu bringen. Mal schauen, was die Zukunft bringt, und bis dahin werden weiterhin Geister von wackeltittigen Mädchen totfotografiert.

Project Zero ist eine in vielerlei Hinsicht anspruchsvolle Videospielreihe.

post scriptum: Immerhin ist es erfreulich, dass für andere Kult-Videospielreihen neue Teile in Arbeit sind, so wird zum Beispiel an "Dragon Quest XII: The Flames of Fate" gearbeitet, und im nächsten Jahr sollen "Star Ocean: The Divine Fate" (hoffentlich mit etwas mehr Inhalt als der letzte Teil) und "Atelier Sophie 2" erscheinen. Irgendwann steht auch der neue Teil der "Myst"-Macher auf dem Plan, "Firmament", wieder als VR-Erlebnis. Wird also nicht langweilig!

paulo post scriptum: Und damit habe ich es jetzt schwarz auf weiß: Ich werde vor Weihnachten nicht mehr in die Schule zurückkehren. Im neuen Jahr kann es dann pünktlich wieder losgehen, nur im März ein Termin zur Kontrolle/Vorsorge. Es wird besser! Und zum Abschluss noch das eigentlich für diesen Beitrag passende Bild: