Samstag, 22. Juli 2023

Nicht schwerbehindert.


So, da hätten wir den Feststellungsbescheid. Es gab da mal eine Richtlinie, nach der man als Mensch mit einer Autismus-Spektrums-Störung Anspruch auf einen Grad der Behinderung (GdB) von mindestens fünfzig hatte, aber diese Richtlinie galt nur bis Zweitausendzehn. Mittlerweile ist alles von zehn bis hundert möglich, abhängig vom Grad der sozialen Anpassungsschwierigkeiten. Dazu gehört zum Beispiel, ob die Diagnose bereits im Kindesalter gestellt wurde (wurde sie bei mir nicht) oder ob ein Integrationshelfer nötig ist (ist scheinbar nicht nötig).

Daraus ergibt sich für mich ein GdB von dreißig und somit kein Schwerbehindertenstatus. Ergo auch kein Schwerbehindertenausweis. Wie es unter anderem heißt: "Ihre speziellen beruflichen Nachteile können nicht berücksichtigt werden."

Das tut durchaus ein bisschen weh. Sehr.

Gleichzeitig regt es aber, genau wie dieses dämliche erste psychiatrische Gutachten von vor vier Jahren, eine Internetrecherche an, die mir zeigt, dass ich mit dem Arbeitsamt eine Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten beantragen kann. Das steht auch ganz unten im heutigen Schreiben:

"Behinderte, deren Grad 30 oder 40 beträgt, können den schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne diese Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz nicht erlangen oder nicht behalten können. Die Gleichstellung wäre bei der zuständigen Agentur für Arbeit zu beantragen (siehe § 2 Abs. 3 in Verbindung mit § 151 Abs. 2 SGB IX)."

Ich muss das jetzt erstmal einwirken lassen. Ich weiß, meine Mutter würde an dieser Stelle sofort Einspruch eingelegt haben. Ich muss erstmal mit den Menschen sprechen, die sich auskennen - mit meinem Psychiater (das ist noch ein Weilchen hin - muss per Mail passieren, denn ich kann nur innerhalb eines Monats Widerspruch gegen diesen Bescheid einlegen) und mit irgendjemandem im Arbeitsamt. Und ich muss erstmal akzeptieren, nachdem mir über ein Jahr lang diverse Menschen etwas Anderes vorausgesagt haben, um mich zu beruhigen und damit ich über meinen siebten Jobverlust hinwegkomme:

Schwerbehindert bin ich nicht.

post scriptum: Ist das nicht drollig? Für einen GdB 50+ - um also als schwerbehindert zu gelten - bräuchte ich (in den meisten Fällen) einen Integrationshelfer. Mit einem Integrationshelfer hätte ich aber keinen Anspruch mehr auf eine Verbeamtung, im Gegenteil, es gibt einen Präzedenzfall, in dem eine Verbeamtung wegen des Asperger-Syndroms abgelehnt wurde. Ist das ernsthaft unser sogenanntes soziales "Netz"?

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