Mittwoch, 30. Juni 2021

Träume und Home Improvement

Die neuen Blenden haben leider nicht gepasst

Träume

Seit etwas über einem Jahr träume ich wieder, und seit einem halben Jahr wollte ich hier darüber schreiben - denn ich finde das absolut großartig. Ich finde es faszinierend, welche Inhalte mein Gehirn sich für die Träume zusammensammelt und was es damit anstellt, und nicht selten kommt es vor, gerade in den Ferien, dass ich morgens aufwache, einmal durch die Wohnung gehe und mich wieder hinlege, um noch einen kleinen anderen Traum abzugreifen, und das funktioniert in der Regel auch. Und wenn Träume nun mal nicht diese unpraktische Angewohnheit hätten, nach dem Aufwachen ziemlich schnell aus der Erinnerung zu verschwinden, dann könnte ich daraus kleine Bloggeschichten basteln. Als Kind hatte ich häufiger Alpträume. Das ist in dieser aktuellen Traumphase bisher nicht vorgekommen, oder vielleicht habe ich die Alpträume einfach nicht als solche wahrgenommen. 

Home Improvement

Sieben Jahre lang habe ich mich in dieser Wohnung davor gedrückt, irgendwas an den Wasserleitungen zu reparieren - dabei wollte ich von Anfang an die Armaturen in Bad und Küche austauschen, denn die sind mittlerweile total spackig - mehr als einfach nur verkalkt, das hätte man ja leicht lösen können. Aber ich hatte tatsächlich Angst davor, irgendwelche Arbeiten an Wasserleitungen vorzunehmen - mein Horrorszenario war, dass trotz abgestellten Wassers ich irgendwo was vergessen habe und plötzlich meine Wohnung geflutet wird - und in der Konsequenz auch die Wohnung unter mir. Also habe ich es lieber gelassen. 

Dann kam gestern ein Einkauf bei einem Discounter - "nur mal eben Handcreme", wir kennen das, und plötzlich war die Einkaufstasche voll, unter anderem mit einer neuen Badewannenarmatur. Klar, günstig, qualitativ vermutlich im Mittelfeld und von der Optik her nicht unbedingt mein Favorit. Aber ich wollte das als eine Art "Probelauf" haben, um zu schauen, ob ich das hinbekomme. Das war mir immer wichtig - meine Möbel selbst zusammenzubauen (beziehungsweise meine Bücherregale wieder auseinanderzubauen). Und irgendwann schaffe ich es auch, mit einer Bohrmaschine umzugehen.

Jedenfalls sitzt die Armatur nun, wie sie soll, und die alte wandert runter in den Kellah, wo kalt is'. Und wenn ich das richtig sehe, scheint bei der neuen endlich die Temperaturregelung richtig zu funktionieren, das war bei der alten immer ein Glücksspiel. 

One step further!

post scriptum: Neben erwähnter Montage kommt eine weitere Bücherkiste Richtung Keller dazu, diesmal geht es an Schulmaterialien, die ich momentan einfach nicht mehr brauche. Dazu weiter Wäsche; ich habe das Gefühl, dass ich an Schwitztagen mein komplettes Handtuchset alle zwei Tage durchwaschen muss.

paulo post scriptum: Buba La Tättah, ich bin generell ab morgen verfügbar, ich melde mich!

Montag, 28. Juni 2021

Eine Gammelwoche

Achterbahnwetter

vorweg: Danke für Eure Beiträge zum letzten Thema, ich finde die Diskussion tatsächlich sehr spannend! Es gab auf dem "deutsche welle"-Kanal einen Kommentar, der sich mit genau der Thematik auseinandersetzt: Die UEFA verbietet die bunte Beleuchtung, denn sie möchte Sport und Politik trennen - dabei tut sie ansonsten genau das Gegenteil. Sehr lesenswert:

"Die UEFA hat Europa bedenklich im Griff"

Die erste Ferienwoche komplett zu vergammeln - war eine wunderbare Entscheidung. Dabei kleine Pläne für die Wohnung geschmiedet und erste Entrümpelungsversuche unternommen, und jetzt kann es eigentlich richtig losgehen. Eigentlich, weil seit heute wieder zweiunddreißig Grad in der Wohnung sind. Wenn ich hier irgendwas arbeiten will, dann muss es definitiv vor zwölf Uhr mittags passiert sein. 

Geht es für Euch in den Urlaub? So wie ich das verstanden habe, sollte man es genießen, solange es noch geht. Unser Gesundheitsminister Spahn hat gerade wieder ein böses Wort in den Mund genommen bezüglich des Schulbetriebs nach den Sommerferien: "Masken, Abstand, Wechselunterricht". Denn die Schule sei ja die Virusdrehscheibe in die Familien. Wenn es um Fußball geht, ist man natürlich etwas weniger vorsichtig. Man darf den Leuten ja nicht jeden Spaß verderben. (Sarkasmus)

Also wenn das Delta sich weiter bei uns verbreitet, dann dürften unsere Kiddies im nächsten Schuljahr mal wieder die Hauptleidtragenden sein. 

post scriptum: Ich werde jetzt im PS jedesmal schreiben, was ich am jeweiligen Tag hier in der Wohnung aufgeräumt habe. Sind nur kleine Schritte, aber auch die zählen. Und dann merkt man erst, was für ein Chaos sich hier in den letzten fünf Jahren angesammelt hat...

Wasch- und Spülmaschine und Badewanne geputzt, Couchtisch entrümpelt und gewischt, Bücher in den Keller gebracht (Teil 1)

Mittwoch, 23. Juni 2021

Bloß nicht Farbe bekennen!

Scheiße. Warum ist es so schwer, Zeichen für Toleranz zu setzen?

Das wäre doch mal eine Chance gewesen. Ehrlich gesagt wäre es absolut notwendig gewesen, die Allianz Arena pünktlich zum Fußballspiel gegen Ungarn in Regenbogenfarben zu beleuchten. Technisch ist das möglich, denn das hat man schon Zweitausendsechzehn gemacht. Warum nicht heute?

Warum ist es überhaupt notwendig? Ungarn hat ein Gesetz verabschiedet, das es verbietet, in der Schule über LGBTQ-Themen zu reden. Den Kindern und Jugendlichen darf nicht mehr beigebracht werden, dass Männer auch Männer lieben können, oder dass eine Frau in einem Männerkörper gefangen sein kann. All' das hat unter Viktor Orban nichts mehr im schulischen Diskurs zu suchen.

Was für ein schädliches Signal für die Europäische Union! Ich dachte immer, wir vertreten progressive Werte, Toleranz, Offenheit und Diversität (ist ja auch der Grund, warum die Türkei außen vor bleibt). Das Gesetz überrascht nicht wirklich; Orban hat schon immer Stimmung gegen die LGBTQ-Szene gemacht. Trotzdem ist es erschreckend zu erleben, wie Homophobie sich jetzt in einem Gesetz niederschlägt.

Was wäre also passender, als das Fußballstadion für das Spiel gegen Ungarn in den Regenbogenfarben leuchten zu lassen? Aber nicht mit der UEFA. Das Argument kann ich sachlich nachvollziehen: Das wäre eine politische Aktion, und die UEFA will sich aus der Politik heraushalten. Aber was für ein Unsinn: Fußball ist, ob man das nun mag oder nicht, ein völkerverbindender Sport und hat drastische Auswirkungen auf politischen Alltag. Das merkt man an Aktionen wie dem Hinknien oder der Regenbogen-Armbinde des Teamführers. Fußball ist politisch, da kommt man nicht drumherum.

Und deswegen sehe ich die Entscheidung der UEFA als ein (leider zu erwartendes) Armutszeugnis, das die Homophobie im Fußball weiter fördern wird. Es gibt immer noch keinen aktiven Profifußballer, der sich geoutet hat - sorry, aber das muss besser werden. Und: Unsere Nationalmannschaft ist dafür, ein Zeichen für Vielfalt zu setzen - Stichwort Armbinde; die Funktionäre müssten nun mal in die Pötte kommen. Hitzlspergers Outing damals war ein extrem wichtiger Schritt. Aber eben nur ein Anfang.

Ganz ehrlich? 

FUCK YOU UEFA!

post scriptum: Oh, sieh' an, die UEFA hat ihr Logo in Regenbogenfarben gehüllt. Aber das ist nicht mehr als ein Tropfen auf das heiße Bein.

Montag, 21. Juni 2021

"Moin Meister!"

Kann nicht schaden, mit anderen Augen einen zweiten Blick zu riskieren

Hi Lenn!

Ich antworte Dir mal auf diese Weise, denn ich finde, die Leute dürfen ruhig mitbekommen, wie cool es ist, mit einem ehemaligen Schüler herumzunerden. Zwei Filmfreaks - passt. Ich bin sowieso der Meinung, dass man mit Schülern auch über soziale Netzwerke Kontakt halten dürfen sollte. An vielen Schulen ist das allerdings komplett tabu - die Schule, an der wir uns kennengelernt haben, ist so ein Beispiel, und das Schulrecht ist da recht streng. 

Dabei ist das für mich sehr bereichernd. Wir haben öfters ganz unterschiedliche Meinungen zu ein und demselben Film, und das macht es erst recht spannend: Mich interessiert, was Du an einem Film magst - so kann ich Dinge entdecken, die ich bis dahin übersehen habe. Manchmal kann das sogar dazu führen, dass ich meine Meinung über einen Film vollkommen revidiere.

Ich glaube allerdings nicht, dass ich meine Meinung über Tenet (2020) überdenken werde. Ich finde ihn ästhetisch nach wie vor ansprechend, und ich habe ihn mittlerweile mehrfach geschaut, allein für das Visuelle und die Musik. Was mich stört, nämlich dass der Film nicht besonders intelligent ist, liegt an meinem Kopf. Ich habe lieber Filme, die meine Vorstellungskraft anfachen und meine Intelligenz herausfordern. Der critics' consensus auf rottentomatoes.com zum Film Interstellar (2014) enthält den Ausdruck

"...even if its intellectual reach somewhat exceeds its grasp."

Vereinfacht bedeutet das, dass der Film gern intelligent sein möchte, es aber nicht schafft. Wie ein Arm, der nach etwas greifen möchte, aber er ist zu kurz. Nolans Filme wirken oft auf den ersten Blick wirklich intelligent, wissenschaftlich fundiert und so weiter, aber wenn es an's Eingemachte geht, dann sucht er sich Hintertürchen ("Liebe kann Zeitgrenzen überschreiten" und so). Das soll nicht heißen, dass seine Filme dumm sind - überhaupt nicht. Aber sie sind eben nicht wirklich gründlich durchdacht.

Danke für Deine Meinung zu Tenet! Ich finde das wirklich spannend, und ich würde mich freuen, wenn Du auch bei anderen Filmen, die anstehen, nach meiner Meinung fragst. Ich kann sicherlich noch Einiges von Dir lernen ;-) By the way, in diesem Jahr steht A Quiet Place Part II an!

Dr Hilarius

Sonntag, 20. Juni 2021

Pieks Nummer Zwei

Diesmal ging das Pflaster daneben.

So da hätten wir: 

- nach Gettorf gefahren (und nachdem ich "Bettendorf" statt Mettenhof sage, klingt Get-Dorf viel logischer)

- Auto im Schatten geparkt (was eigentlich nicht nötig gewesen wäre, denn es windet draußen angenehm)

- mit Formularen rein in's Impfzentrum (das ging alles wirklich schnell, wie am Fließband, wunderbar, aber der Satz "Möchten sie noch ein bisschen länger sitzenbleiben oder kommen sie mit mir?" der Ärztin hat eine "Möchten sie damit sagen, dass ich kommen soll?"-Antwort nach sich gezogen, gegen Sommerhitze hilft ein Glas Asperger Pur)

- mit EU COVID 19 IMPFZERTIFIKAT und einem Pflaster wieder zurück zum Auto (wobei das Pflaster etwas daneben gegangen ist, die Klebefläche ist auf der Einstichstelle gelandet)

- Parkplatz in der Helgoländer Straße gefunden (zum Glück ohne Unfall; heute hat es anderswo auf der B Sechsundsiebzig gekracht)

Klasse. Komplett geimpft. Das fühlt sich irgendwie gut an. Ich bin seelisch eingestellt auf Fieber morgen (kennen wir ja irgendwoher), aber habe nichts dagegen, wenn nichts kommt. Damit ist das Thema durch, das Zertifikat wird abgeheftet, das Online-Zertifikat per QR-Code hole ich mir nicht, weil ich kein Smartphone besitze. Aber, Assoziation: Ich besitze jetzt ein Smart-TV, und das ist gar nicht so schlecht: Neulich dauerte die Meditation bis in die tagesschau hinein, ich habe den Anfang verpasst. Einfach nur eine Taste auf der Fernbedienung drücken und ich konnte die Sendung von Anfang an sehen, während live zeitversetzt die reale Show ausgestrahlt wird. Irgendwie gruselig, aber cool.

Und nun wird es Zeit für den offiziellen Ferienbeginn morgen (und endlich kann eine Tour in den Hansa-Park geplant werden, wenn ich denn über meine innere Aspi-Barriere hinwegkomme: Man muss sich vorher online anmelden, und das alles ist nicht "normal", das hat bereits letztes Jahr dazu geführt, dass ich gar nicht in den Park gefahren bin)!

Samstag, 19. Juni 2021

Eine Perspektive


"Wer war eigentlich dieser Toni Jensen?"

Dass diese Frage in meinem Kopf aufploppt, ist ein sehr gutes Zeichen (auch wenn ich die Antwort schon seit sechs Jahren kenne). Das zeigt mir nämlich, dass ich endlich wieder anfange, mich für meine Schule zu interessieren. Das ist ein kleiner, aber sehr wichtiger Schritt in Richtung Bewusstsein, dass ich jetzt eine Perspektive für die Zukunft habe. Vielleicht ist das Glück der Sannitanic, die zum Februar endlich eine Planstelle bekommen hat, zu mir 'rübergeschwappt.

Seit dem Gespräch mit meinem Schulleiter drehen sich meine Meditationen um meine Schule. Wie kann ich mich einbringen? Welche Projekte kann ich starten? Wo kann ich helfen? Und der erste Ansatz ist auch da schon gemacht; wenn alles richtig läuft, darf ich unser Archiv aufräumen. Ja, darf, denn was für einen neurotypischen Menschen wie eine nervige Arbeit klingt, ist für einen Aspi ein Spaß: Ordnung in die Dinge bringen, mit dem Gefühl, dass am Ende alles perfekt sortiert ist und ich den vollkommenen Überblick darüber habe. Besser geht's nicht.

Und wer war nun dieser Toni Jensen? Schon der Name der Toni-Jensen-Gemeinschaftsschule ist ein Hinweis darauf, dass hier einige Uhren anders ticken, denn Toni Jensen war eine Frau. Thomasine "Toni" Jensen hat damals die erste Ganztagsschule in Kiel gegründet, und das ist ein Konzept, das wir auch bis heute durchziehen. Man nennt das gebundener Ganztag (im Gegensatz zur offenen Ganztagsschule, an der ich mein Referendariat absolviert habe), weil wir an vier Tagen bis in den Nachmittag hinein die Schüler bei uns behalten, inklusive Mensa, Mittagsfreizeit und was der Dinge mehr sind. Die Toni wird dadurch zu einem richtigen Lebensraum, und deswegen kann ich mich da auch wohlfühlen. Ein weiterer Hinweis darauf, dass mir meine Perspektive endlich ganz langsam bewusst wird, ist der neue tag "Toni", den ich diesem Blog hinzufüge. 

Das könnte alles echt toll werden (wenn ich es nicht wieder versaue)!

Thomasine "Toni" Jensen


Donnerstag, 17. Juni 2021

Thalia schweigt Stulle

Heute sollten die Kiddies Requisiten für die geupdatete Version des Opernboogie basteln ;-)

Wenn achtzehn Menschen von der Schule verabschiedet werden, schweigt die drama queen. Es dauert sonst einfach zu lange, und so bin ich gebeten worden, den Dankeschön-Opernboogie auf die Dienstversammlung zu Beginn des neuen Schuljahres zu verschieben. Kann ich vollkommen nachvollziehen, es ist außerdem heiß (neunzehn Uhr zweiundzwanzig und es sind dreißig Komma sechs Grad in der Wohnung) - passt mir prima, und wie ich gestern geschrieben hatte: Sowas vergisst man ja nicht, das bleibt im Kopf.

Trotzdem habe ich etwas extrem Positives aus der ganzen Veranstaltung mitgenommen, einen ganz bestimmten Satz von einer ganz bestimmten Person. Ihr kennt das Gefühl vielleicht - manchmal bleibt so ein Moment im Kopf hängen, lässt nicht los und muss - in meinem Fall - ausmeditiert werden. Das werde ich gleich machen, vorher wollte ich Euch daran teilhaben lassen:

"Geh' los und stell' deinen Antrag auf Anerkennung deiner Behinderung. Wir wollen dich behalten, die Schule steht auf dich." Das ist ein Gefühl, das ich lange nicht mehr hatte. Nach St.Peter-Ording ("Warum gehen sie? Wir wissen ihre Arbeit hier sehr zu schätzen!") bin ich eigentlich nur als Belastung empfunden worden, was man mir auch mehrfach recht deutlich gesagt hat. Dieser heutige Satz trägt mich in einen Abend, den ich vollkommen genießen werde. Toll, und gerade kommen die Tränen.

Das gibt Mut.

post scriptum: "Schweig' stille!" habe ich von meiner Tante gelernt, und irgendwie muss ich über den sonus medius auf "Schweig' Stulle!" gekommen sein - ist jedenfalls haften geblieben.

Mittwoch, 16. Juni 2021

Im Kopf


So langsam sollte ich lernen, diesem Kopf zu vertrauen. Darin geht eine Menge ab, von dem die Außenwelt (zum Glück) nichts mitbekommt. Nur ein Beispiel:

Nehmen wir einmal an, ich würde einen Schüler in Q1 in Latein unterrichten - wir erinnern uns, dass es mit fünf Punkten im Jahresendzeugnis das KMK-Latinum gibt, das erste richtige Fremdsprachenzertifikat für die jungen Menschen. Nehmen wir nun einmal an, dass jener Schüler wirklich nichts in dem Jahr gemacht hat. Hat im Unterricht Langeweile zur Schau gestellt, hat das alles nicht für nötig gehalten, hat dann schriftlich null und mündlich mit viel Wohlwollen drei Punkte bekommen. Mit noch mehr Wohlwollen dann drei Punkte im Zeugnis. Nehmen wir weiterhin an, dass auf der Zeugniskonferenz dann der Oberstufenleiter zu mir käme und mich darum bäte, dem Schüler doch bitte fünf Punkte zu geben, damit die neue Schulleitung nicht gleich Stress mit den Eltern bekommt. Nehmen wir an, ich täte das, mit einem gebrochenen Herzen. Ich würde dem Schüler am liebsten eines sagen wollen:

"Sie leben in einer Welt, in der sie sich mit Geld und Einfluss alles kaufen können. Ich frage mich, ob sie jemals das Gefühl verspürt haben, etwas selbst erreicht zu haben."

Natürlich würde ich das dem Schüler nicht direkt sagen dürfen, aber für mich stünde dieser ungesagte Satz ziemlich dringlich in meinem Kopf da. Also würde ich in einer Meditation die gesamte Szene in aller Ruhe und mehrfacher Wiederholung durchspielen, mit jeweils anderem Tonfall, aber die Botschaft bleibt unverändert. Am Ende der Meditation wäre dieses dringliche Gefühl weg. Ich wäre entspannt, obwohl ich etwas gemacht habe, was ich mit meinem Latinistengewissen nicht vereinbaren kann. All' das kann in diesem Kopf stattfinden.

Warum schreibe ich das? Weil ich vorhin überlegt habe, ob ich den Opernboogie zur Sicherheit und zum Lernen einmal ausdrucken soll, in der für die Toni angepassten Version. Und ich habe mich dagegen entschieden. Ich bringe endlich einmal den Mut auf, auf meinen Kopf zu vertrauen, der dieses Stück vor dreizehn Jahren gelernt hat. Und so gehe ich heute gemütlich in die Innenstadt und passe dabei in meinem Kopf den Text an, so wie es nötig ist. Ich spiele den Opernboogie mehrmals durch, ohne ein einziges Wort zu sagen. Ich habe mir den Text nicht ausgedruckt. Ich habe nicht einmal die Datei am Bildschirm geöffnet.

Dieses Vertrauen in das eigene Vermögen ist etwas, was Hochbegabte oftmals nicht haben. Lasst uns also versuchen, unsere HB-Schüler zu stärken - gerade die Underachiever. Macht ihnen klar, dass sie etwas Besonderes sind, und dass ihr Kopf etwas kann, was nicht viele andere Menschen können. Macht ihnen klar, dass das ein Potential ist, dass diese Hochbegabung tatsächlich auch ihre positiven Seiten hat und nicht nur die Probleme, mit denen sie sich immer wieder konfrontiert sehen.

Hochbegabung ist keine Gnade, aber sie bietet Möglichkeiten.

Im Kopf.

Dienstag, 15. Juni 2021

Ready or not - here I come!


Die letzte Schulwoche. Die Temperaturen sind oben, die Nerven sind unten. Corona hat unsere Motivation zerfressen, der Verwaltungstrakt hat bereits morgens gefühlte dreißig Grad. Also was machen wir mit den Lütten? Neue Grammatik einführen! Den Gegensatz von Adjektiven und Adverbien - und ein bisschen über food reden, das Thema, das wir im Buch übersprungen haben. Aber nur in der ersten Stunde.

In der zweiten Stunde knicke ich ein und wir gehen raus auf den Schulhof, die Luft genießen, das Licht genießen (beziehungsweise den Schatten), und dann fragen mich die Kiddies, ob wir Verstecken spielen können. Sie kennten nämlich ganz tolle Verstecke auf ihrem Schulhofabschnitt und ich würde sie niemals finden. Na gut, ich ignoriere meine Gedanken im Kopf: Sie können sich nur in den Büschen verstecken, es gibt gar keine anderen Verstecke in diesem Bereich. 

Und so gehe ich los und suche, und natürlich zieh es mich direkt zu den verschiedensten Büschen, und auch wenn ich auf den ersten Blick denke, dass meine kleinen Monster da nicht reinpassen, sehe ich plötzlich zwischen den grünen Blättern und Ästen einen Flecken orangenes T-Shirt. Gefunden! Und so finde ich sie dann nach und nach, und sie zeigen mir ganz stolz, dass in diesen Büschen richtige Versteckräume sind. Ich nehme das in dem Moment erstmal nur zur Kenntnis.

Erst zuhause wird mir bewusst, dass ich als Schüler diese Orte sofort zu meinem Lieblingsplatz auf dem Schulhof erklärt würde haben hätte (Roth anyone?). Ungestört, ungesehen, geschützt, und trotzdem an aller Aktivität auf dem Schulhof teilhaben können. Keine Angst haben zu müssen, von jemandem angesprochen zu werden, eine Weile ganz bei mir sein. 

Großartiger nostalgischer Moment, unerwartet in diesen letzten Schultagen.

Montag, 14. Juni 2021

Mütze ab! ...nicht oder?


"Im Klassenraum kommen die Mützen, Käppies und Hoods runter. Das müssen wir als Klassenkollegium dann auch konsequent durchsetzen."

Ein Glas Asperger Pur. Wer jetzt bereits weiß, warum, der kennt sich aus.

Das ist eine Regelung, mit den Mützen und Konsorten, die an sehr vielen Schulen auftaucht. Und ich verstehe sie nicht. Bis heute nicht. Und egal, wie doof das jetzt klingt: Mein Gehirn weigert sich, diese Regelung umzusetzen, weil es sie einfach nicht versteht. Ich brauche hier Eure Hilfe: Warum müssen die Schüler unbedingt Kapuzen et cetera absetzen? Gibt es dafür einen sachlichen, nachvollziehbaren Grund? Was hat das mit Schule zu tun? 

Mir ist das extrem unangenehm, in einer Konferenz zu sitzen, das Eingangszitat zu hören und zu realisieren, nein, das kann ich nicht konsequent durchsetzen, weil ich es einfach nicht verstehe. Schönes Beispiel dafür, wie ein Aspi-Lehrer für eine Schule anstrengend sein kann (und dass ein Aspi bei der Bundeswehr definitiv nichts zu suchen hat).

Ich freue mich auf Eure Erklärungen!

post scriptum: Wer ist ein Kind der Neunziger und weiß, woher der Ausdruck "...nicht oder?" kommt? ;-)

Freitag, 11. Juni 2021

Thalia in den Startlöchern

Bühne, Baby!

So langsam finde ich zu mir zurück. In der kommenden Woche steht die Verabschiedung einiger Lehrkräfte an, und wie es aussieht, machen wir dafür endlich mal wieder eine Dienstversammlung vor Ort in der Schule. Angesichts meiner möglichen Weiterbeschäftigung wäre das ein wunderbarer Anlass für den Opernboogie, den mein Schulleiter und ich seit einem Jahr vor uns herschieben. Ich habe heute mal den Text in meinem Kopf reaktiviert und habe gemerkt, ich weiß gar nicht mehr, wie das geht - Mimik, Gestik, mit reichlich Pathos, Drama und glänzendem Teng. Aber kein Problem, das lässt sich trainieren.

Im Gegenteil, ich freue mich sogar, dass ich endlich wieder loslegen kann. Das hat jetzt tatsächlich ein paar Tage gedauert, bis ich realisiert habe, dass ich - voraussichtlich - bleiben kann, und dass ich vielleicht mit Blick auf die Zukunft meine Schule gefunden habe. 

Ein tolles Gefühl!

Donnerstag, 10. Juni 2021

Aspi vs. Gruppenarbeit


vorweg: Danke an Frau Gelbdreher und Herrn Gaius Iulius für den Denkimpuls!

Sollte man einen (nicht nur Asperger-)Autisten bei einer Gruppenarbeitsphase in eine Gruppe zwingen, oder für ihn einen Weg finden, wie er allein an der Aufgabe arbeiten kann? Sollte man von ihm erwarten, mit einem Partner ein benotetes Referat zu erarbeiten? Ich meine diese Frage ganz ernst und würde mich über Eure Blickwinkel freuen, denn ich glaube, ich stehe mit meiner Ansicht eher allein da.

Autisten haben ihren Namen ja nicht von ungefähr - Herr Leinhos hat die griechischen Buchstaben für "autos" - "selbst". Es hakt in sozialen Situationen, am besten kommen sie in vielen Kontexten allein zurecht. Gerade Aspis mit ihrem Starrsinn können für eine Gruppe eine Belastung sein: Entweder, es wird genau so gemacht, wie der Aspi sich das vorstellt, oder es gibt richtigen Stress, denn Aspis sind nicht gerade kompromissfähig. 

Beispiel aus dem Berufsleben: Ich habe in meinem Referendariat nicht viel mit meinen Mentoren zusammengearbeitet. Hospis ja, reden ja, aber ich habe meinen Unterricht ziemlich selbständig geplant und durchgeführt. Dafür gab es dann eine Note schlechter in der dienstlichen Beurteilung - finde ich im Nachhinein ziemlich scheiße, aber: Teamfähigkeit muss ja sein! Das ist auch ein vorgebrachtes Argument der Aspi-Gruppenarbeit-Befürworter: Im Leben wird überall Teamfähigkeit erwartet, also muss der Autist das dann eben während seiner Schulzeit lernen.

Und genau da muss ich immer widersprechen: Teamfähigkeit lernen? Klingt schön, aber wir dürfen nicht aus dem Blick verlieren, dass eine Autismus-Spektrums-Störung (egal, ob Aspi oder normal ausgeprägt) als geistige Behinderung klassifiziert wird, inklusive Schwerbehindertenausweis. Ich denke, wir erwarten von diesem behinderten Schüler etwas, was er einfach nicht kann (beziehungsweise was für ihn eine Qual ist - ich habe immer unter Gruppenarbeiten gelitten, während der Schulzeit und auch im Studium; da hatte ich zum Glück nur zwei oder drei). Ich weiß, die folgende Analogie ist etwas bemüht, aber das wäre, als würde man einen Schüler, der ohne Arme geboren wurde, in eine Volleyballmannschaft stecken, er kann das ja nach und nach trainieren. Geht nicht. 

Das Problem bei geistigen Behinderungen ist nun mal, dass man sie einem nicht immer ansehen kann. Ich wirke ziemlich "normal", nicht, als wäre ich behindert (hat mir ja netterweise auch die Psychiaterin aus dem ZiP erklärt). Dasselbe gilt für den Aspi-Schüler. Es ist für einen neurotypischen Menschen schlichtweg nicht möglich, nachzuvollziehen, wie diese Behinderung sich anfühlt - wo und wann sich die Probleme zeigen. Ich denke, wir müssen darauf vertrauen, dass eben manche Dinge für einen Aspi mit großen Qualen verbunden sind.

Was sagt die Fachliteratur dazu? Dass viele Aspis in Berufen landen, in denen sie selbständig arbeiten können, Wissenschaft, Informatik und so weiter, wobei viele eben auch in sozialen Berufen unterkommen (Lehrer werden explizit genannt). Das tun sie nicht, weil sie gelernt haben, teamfähig zu sein, sondern weil sie zum Glück ein Team aus Mitarbeitern gefunden, die wissen, wie sie mit ihnen umgehen müssen.

Ich dachte immer, wenn wir Umgang mit einem behinderten Menschen haben, seien wir diejenigen, die sich anpassen müssen, nicht der Behinderte. Gerade weil ich da offensichtlich etwas starr denke, würde mich Eure Meinung interessieren:

Soll man einen Aspi zur Gruppenarbeit verpflichten? Wenn er das von sich aus möchte, ist das okay, darum geht es mir nicht. Kann man sagen: "Autismus ist kein Freifahrtschein, um nicht an Gruppenarbeiten teilnehmen zu müssen?"

Mittwoch, 9. Juni 2021

Der Weg in's Arbeitsamt


Zu meinen letzten Saturnalien - Zweitausendelf - hatte ich einen Sketch geschrieben, der zum einen schmunzelnd auf meine mündliche Examensprüfung in Latein zurückschauen sollte, zum anderen ein Auge in Richtung Zukunft werfen sollte mit einem Song zum Abschluss, dessen Songtext eerily prescient gewesen ist, gruselig vorahnend. Oder einfach nur realistisch, mit Erfahrungen von Kommilitoninnen, die sich bereits auf dem Arbeitsmarkt versucht hatten:

Alles ist Latein, hör' auf zu träumen,

du wirst nie Lehrer sein, in Klassenräumen

ist für neue Lehrkräfte kein Platz, 

gib' es auf, lass' es sein!

Alles ist Latein, spar' dein Gezeter,

werd' doch lieber Staub - Saugervertreter...

Und am Ende des Songs stand da jemand mit einem großen Schild in der Hand, das in UV-aktiver Leuchtschrift den Weg zum Arbeitsamt wies (hier kann man sich das Stück anschauen).

Ich bin inzwischen viermal arbeitslos gewesen, inklusive Antrag auf Arbeitslosengeld, dreimal davon inklusive Sperrfrist, weil ich es nicht geschafft habe, mich fristgerecht arbeitssuchend zu melden (weil ich nie fristgerecht den Kopf dafür hatte, sondern versunken bin in der Panik, schon wieder die Schule wechseln zu müssen - was ja auch begründet war). 

Der Weg in's Arbeitsamt ist jedesmal wieder demütigend. Nicht ganz so schlimm wie das Antworten auf die ganzen "Und, wie geht's bei dir weiter?"-Fragen von Kollegen, aber trotzdem. Der Spaziergang durch die brütende Hitze über die Gablenzbrücke, der Blick woandershin, während ich der netten Dame am AA-Empfang erkläre, warum ich mich wieder mal nicht rechtzeitig gekümmert habe. Der Papierkram. 

Viermal die absolute Hölle. Wie wird es bei'm fünften Mal werden? Wie es ausschaut, werde ich das in diesem Jahr noch nicht beantworten können, denn die Chancen stehen gut, dass ich ein weiteres Jahr an der Toni bleiben kann. Nichts spruchreif, nichts offiziell, nichts schwarz auf weiß, aber in Sicht.

Den Weg in's Arbeitsamt spare ich mir diesesmal.

Dienstag, 8. Juni 2021

Vokabeltest 6d


von deutsch nach englisch

1. Englisch

2. Bücher

3. heute

4. oder

5. morgen

6. mitbringen (alle drei Formen)

7. Punkt

8. wenn

9. dein

10. Buch

11. kaputt

12. ist

13. du wirst bezahlen

14. dafür

15. und

16. eine PS5

17. für Dr Hilarius

18. kaufen (Zukunft!)

19. nur PS2

20. dann

21. ich werde dich schlagen

22. und auf deinem Grab tanzen

23. LOL

24. (aber ich meine es ernst)

BONUS: Einen zusammenhängenden Text daraus schreiben ;-)

BONUS2: Wer möchte Maoam haben?

Schüler: Irgendwie haben sie einen schwarzen Humor.

Samstag, 5. Juni 2021

Verantwortung? Spielkram!


Heute geht es um Schularbeiten mit einem Glas Asperger Pur

Eine der grundlegenden Techniken im Buddhismus ist es, den eigenen Blickwinkel so zu verändern, dass man in jeder Situation etwas Positives sehen kann - in der Konsequenz ist man eher entspannt, zufrieden, weniger ängstlich oder wütend. Eine Aktion kann also einen grundsätzlich anderen Charakter haben, je nachdem, wie man darauf schaut.

Wir erkennen das am Beispiel der Drogenspürhunde. Sie tragen eine große Verantwortung, ihre Aufgabe ist wichtig und nicht einfach - am Geruch zu erkennen, ob eine Person eine illegale Substanz mit sich trägt, und diese Person dann möglicherweise einer langen Haftstrafe zuzuführen. Das kann das Leben dieser Person komplett zerstören. Der Hund spürt aber nicht die große Verantwortung, die er trägt, denn für ihn ist das alles nur ein Spiel: Wenn er den duftenden Gegenstand findet, gibt es ein Leckerli. Fertig. Konditionierung. Der Hund macht das sehr gern.

Wo führt dieser Beitrag hin? Zu einer Aufgabe, die scheinbar nervig oder anstrengend sein muss, für manche Lehrkräfte: Während bisher alles im Klassenverband stattgefunden hat, werden am Ende der sechsten Klasse die Schüler an unserer Schule in den Hauptfächern Deutsch, Englisch und Mathe in Kurse eingeteilt, die ihren kognitiven Fähigkeiten eher entsprechen. Bei uns heißen diese Kurse Grundkurs, Aufbaukurs und Erweiterungskurs. G, A, E, kurz gesagt. Zur Zeit müssen sich die Lehrkräfte an den Schreibtisch setzen und eine Empfehlung (basierend auf den bisherigen Unterrichtserfahrungen) aussprechen. Wir Englischlehrer haben das gemacht, und nun kommt der nächste Schritt: Die Kurse für Klasse Sieben zusammenzustellen. 

Das ist ein bisschen Friemelarbeit. Ziel soll es sein, einigermaßen gleich große Kurse zu bilden und die Schüler einer Klasse nicht auf verschiedene A-Kurse aufzuteilen (gilt ebenso für E und G). Ich finde das großartig: Ich weiß, dass es eine Art "Idealkonfiguration" am Ende geben könnte, und ich muss den Weg dahin finden. Für mich ist das ein Rätsel, und ich liebe es, Rätsel zu lösen. Das ist eine spaßige Arbeit, und das ist typisch Aspi: Ordnung in's Chaos zu bringen ist extrem befriedigend.

Dass ich dabei für die Schüler festlege, mit wem sie in den nächsten Jahren zusammen in einem Kurs sitzen, dass das zu neuen Mobbingsituationen führen kann oder auch zu tollen neuen Freundschaften, dass meine Entscheidungen Auswirkungen auf das Er-Leben der Schüler haben, das ist mir in dem Moment nicht bewusst. Wie die Spürhunde: Für mich ist das ein Spiel und am Ende winkt ein Leckerli (nämlich geistige Klarheit und Ruhe).

Mache ich gern wieder!

Freitag, 4. Juni 2021

Backofen vorheizen

Erbsechore genießt das tolle Wetter (und säuft mittlerweile wie ein Loch!)

Dieser Tage geht es wieder los - der Sommer kommt. Die Sonne heizt meine Wohnung auf. Zuerst merke ich es nur daran, dass ich die Heizung nicht mehr einschalten muss, aber bald ist es soweit, dass ich für ein kühleres Gefühl in's Bad gehen muss. Zeit, die Handtücher auszulegen, Zeit, die Kleidung komplett auszuziehen, Zeit, den Ventilator bereitzustellen. Noch ist es nicht ganz so schlimm, es ist fast, als würde man einen Backofen vorheizen. Die richtige Hitze kommt erst noch.

Ich finde das faszinierend, weil eine meiner Lerngruppen in einem Backofen-Klassenzimmer untergebracht ist: Wenn die Kiddies und Frau Schwarzbohrer über die Hitze stöhnen, lächle ich unbeirrt weiter - diese Wohnung hier ist noch etwas knalliger (und Aspis haben tendenziell weniger Probleme mit zu hoher oder niedriger Temperatur). Aber das Problem bleibt: Bei der Hitze kann man nicht lernen.

Muss man nun aber auch nicht mehr. Die letzten zwei Schulwochen bestehen aus dem Einsammeln der Schulbücher und es wird auch wieder Zeit für den Hut. Und ich möchte eigentlich die Gedankenreise mit den Schülern machen, aber im Moment fehlt mir, ehrlich gesagt, die Motivation, ich frage mich, wozu ich das überhaupt noch machen soll?

Wochenende. Morgen wird spannend, es gibt ein kleines Aspi-Bonbon ;-)

Donnerstag, 3. Juni 2021

Ignorance Is Bliss (Talfahrt)


Ich habe dieses Schuljahr richtig Spaß gehabt, mit einem Feeling wie damals in St.Peter-Ording. Ich habe nicht mehr ganz so viele Fehler gemacht, ich habe Kollegen kennengelernt und mich mit ihnen unterhalten, ich hatte nicht mehr dieses "In der Schule bleibe ich nicht länger als nötig"-Gefühl. Das Unterrichten hat Spaß gemacht, und das bei zwei sechsten Klassen - Orientierungsstufe ist meine Achillessehne.

Das hat funktioniert, weil ich seit Herbst so getan habe, als könnte ich an der Toni bleiben. Als wäre das "meine Schule" (Stichwort bucket list). Ich habe überhaupt nicht daran gedacht, dass mein Vertrag irgendwann ausläuft, und es war toll. 

Leider hält dieser Effekt nicht mehr an, und das hat für die Funkstille im Blog gesorgt, denn jetzt ist sie wirklich dauerpräsent, diese Wahrscheinlichkeit, dass ich nicht bleiben kann. Mal abgesehen von dem demütigenden Gefühl (während Kollegen um mich herum sich über ihre Planstelle freuen dürfen (die ich ihnen gönne)). Es ist wieder soweit: Kollegen fragen, wie es denn bei mir weitergeht, und ich muss antworten. Und wieder wabert mir Jörgs Frage aus dem Vorstellungsgespräch durch den Kopf: "Wie kann das denn sein, dass jemand mit ihren Referenzen so lange keine Stelle gefunden hat?" Das ist der Moment, in dem ich emotional kollabiere.

Rückfall in den typischen Schuljahresend-Blues. Zuhause sitzen, nichts machen. Mich nicht mehr bei meinen Freunden släsch Familie melden, den Blog verkümmern lassen, überhaupt nicht mehr darauf achten, was ich esse inklusive Neurodermitisschub, und dann kommt noch eine Sachbearbeiterin im pbOn, die mir schreibt, ich solle keine "1" bei der dienstlichen Beurteilung eintragen, denn man soll nicht sein Gutachten aus dem Referendariat hochladen. Und ich kann mich nicht wehren, denn im pbOn gibt es kein Dialogfeld.

Zeit für Buddhismus. Zeit für Gedanken an berufliche Alternativen, denn ich werde nicht noch einmal an eine neue Schule wechseln, mein Leben ist durch die letzten sechs Schulwechsel bereits genug in die Brüche gegangen. Zeit, sich zu klammern an das "Wir kämpfen für dich!" der Personalratsvorsitzenden, Zeit, sich darüber zu freuen, dass heute dann plötzlich die Bewerbungsmappe im pBon doch freigeschaltet wurde.

Wörtlich: Abwarten und Tee trinken.