Mittwoch, 9. Juni 2021

Der Weg in's Arbeitsamt


Zu meinen letzten Saturnalien - Zweitausendelf - hatte ich einen Sketch geschrieben, der zum einen schmunzelnd auf meine mündliche Examensprüfung in Latein zurückschauen sollte, zum anderen ein Auge in Richtung Zukunft werfen sollte mit einem Song zum Abschluss, dessen Songtext eerily prescient gewesen ist, gruselig vorahnend. Oder einfach nur realistisch, mit Erfahrungen von Kommilitoninnen, die sich bereits auf dem Arbeitsmarkt versucht hatten:

Alles ist Latein, hör' auf zu träumen,

du wirst nie Lehrer sein, in Klassenräumen

ist für neue Lehrkräfte kein Platz, 

gib' es auf, lass' es sein!

Alles ist Latein, spar' dein Gezeter,

werd' doch lieber Staub - Saugervertreter...

Und am Ende des Songs stand da jemand mit einem großen Schild in der Hand, das in UV-aktiver Leuchtschrift den Weg zum Arbeitsamt wies (hier kann man sich das Stück anschauen).

Ich bin inzwischen viermal arbeitslos gewesen, inklusive Antrag auf Arbeitslosengeld, dreimal davon inklusive Sperrfrist, weil ich es nicht geschafft habe, mich fristgerecht arbeitssuchend zu melden (weil ich nie fristgerecht den Kopf dafür hatte, sondern versunken bin in der Panik, schon wieder die Schule wechseln zu müssen - was ja auch begründet war). 

Der Weg in's Arbeitsamt ist jedesmal wieder demütigend. Nicht ganz so schlimm wie das Antworten auf die ganzen "Und, wie geht's bei dir weiter?"-Fragen von Kollegen, aber trotzdem. Der Spaziergang durch die brütende Hitze über die Gablenzbrücke, der Blick woandershin, während ich der netten Dame am AA-Empfang erkläre, warum ich mich wieder mal nicht rechtzeitig gekümmert habe. Der Papierkram. 

Viermal die absolute Hölle. Wie wird es bei'm fünften Mal werden? Wie es ausschaut, werde ich das in diesem Jahr noch nicht beantworten können, denn die Chancen stehen gut, dass ich ein weiteres Jahr an der Toni bleiben kann. Nichts spruchreif, nichts offiziell, nichts schwarz auf weiß, aber in Sicht.

Den Weg in's Arbeitsamt spare ich mir diesesmal.

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