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Sonntag, 13. Februar 2022

Das Springseil (Kommentar)


Die Kurzgeschichte dreht sich um den Umgang mit Behinderten. Das wird am Ende der Geschichte vielleicht deutlich. Es geht nicht darum, dass die Schülerin Silja nur einen Arm hat; es geht darum, dass der Sportlehrer trotzdem von ihr erwartet, die Springseilprüfung abzulegen - eigentlich ein Irrsinn, natürlich würde niemand von einem einarmigen Menschen erwarten, mit dem Springseil zu springen - aber das ist oftmals genau das, was wir machen, wenn wir mit behinderten Mitmenschen umgehen. Wir erwarten, dass sie sich ein wenig Mühe geben und das Unmögliche möglich machen. Wir denken, sie könnten das schaffen.

Wir schreiben uns Inklusion auf die Fahne, aber Inklusion bedeutet mehr, als nur mit einem behinderten Menschen Umgang zu haben. Und es bedeutet explizit nicht, den Behinderten genau wie alle anderen zu behandeln (weil es ja fair sein soll). Es bedeutet, dass wir selbst uns anpassen müssen, damit der behinderte Mensch das Recht auf Teilhabe und gleichwertige Chancen erleben kann. Das ist bei auffälligen Behinderungen (wie der Einarmigkeit) definitiv leichter als bei Behinderungen, die man nicht sofort bemerkt.

Das ist eine sehr persönliche Geschichte, klar. Sie beruht auf einem Gespräch mit einer Schulleitung vor ein paar Jahren, eine Anekdote, die ich im Blog sicherlich schon irgendwo niedergeschrieben habe: Bei dem Auswahlgespräch hatte ich betont, dass meine autistischen Verhaltensweisen für Probleme sorgen könnten und habe dazu auch konkrete Beispiele genannt. Daraufhin bekam ich diesen Satz zu hören: "Wenn wir schon Inklusion leben wollen, dann gilt das selbstverständlich auch für das Kollegium."

Das ist genau wie in der Kurzgeschichte: Das klingt wunderbar, aber es ist eine Sache, das zu sagen, eine andere dagegen, es umzusetzen. Und so war ich damals bei der Schulleitung mehrfach zum Gespräch gebeten worden, als es dann Zwischenfälle gab - die absehbar waren, fast schon wie angekündigt. Ich habe das dann auch als Argument gebracht und gesagt, dass ich vorgewarnt hatte - autistische Verhaltensweisen können zu diesen Problemen führen. 

Die Antwort habe ich bis heute nicht vergessen: "Ja, aber das geht so nicht, da musst du dich schon ein bisschen anpassen und dir Mühe geben, dass sowas nicht wieder passiert." Das hat mich tief getroffen, mein erster Gedanke war "Aber genau das kann ich eben nicht!" - und ich hatte das Bild eines einarmigen Menschen im Kopf, der eine Aufgabe ausführen soll, für die man beide Arme braucht. So ist diese Geschichte entstanden.

Ich mag damit vielleicht allein dastehen, aber ich denke, wir sollten nicht von dem behinderten Menschen erwarten, dass er sich an uns anpasst - sondern genau umgekehrt. 

Das verstehe ich unter Inklusion.

Freitag, 11. Februar 2022

Das Springseil


Das Springseil

Unsere Schule ist inklusiv. Unsere Schule lässt niemanden zurück, schließt niemanden aus, niemand wird benachteiligt. Wir haben Schüler unterschiedlichster Herkunft, wir haben Jugendliche, die das gesamte Spektrum von Sex & Gender abdecken. Das ist alles ganz selbstverständlich; niemand soll sich bei uns fehl am Platz fühlen. Deswegen sind wir auch sehr stolz auf das Motto unserer Schule: Fair geht vor!

Das versuchst Du natürlich auch für Dein Fach Sport umzusetzen, und so habt Ihr schon vor Langem beschlossen, den Schülern Sportequipment zur Verfügung zu stellen. Die gleichen Sportschuhe, damit niemand aus sozial benachteiligten Familien bei den Laufwettbewerben geringere Chancen hat. Auf der letzten Fachkonferenz habt Ihr endlich beschlossen, auch die Springseile komplett auszutauschen, da waren noch unterschiedliche Sets aus den Neunzigern und Zweitausendern, endlich alle gespendet und es gibt nur noch eine Sorte Springseil für alle Schüler, natürlich anpassbar an die Körpergröße.

Das ist wichtig, denn die Note für bestimmte Sprungtechniken gilt als ein Leistungsnachweis. Und so gehst Du ein bisschen stolz zu Deinen Schülern, die brav in einer Linie stehen und aufgeregt ihrer Herausforderung entgegenfiebern. Da stehen sie, und Du verteilst die Springseile. Eines für Marie, eines für Kevin, eines für Yousef, eines für Johanna, eines für Lava, auch Hasan bekommt eins. Claudia hat zwar eine extreme Lese-Rechtschreib-Schwäche, aber sie ist eine echte Sportskanone. Martin hat den Förderbedarf Lernen, aber er hat auch die schnellsten Beine im ganzen Jahrgang, und auch Silja bekommt das gleiche Springseil. Sie stehen alle bereit, aufgeregt. Sehr aufgeregt: Du lächelst sie alle an, aber nicht alle lächeln zurück. 

Leistungsdruck im Hinterkopf. Du hast ihnen klargemacht, dass wir alle Leistungsnachweise als Team bestehen. Natürlich liefert jeder seine eigene Performance ab, aber alle Mitschüler feuern an und applaudieren für den Prüfling. So auch bei Marie, die gar nicht schlecht springt und eine Leistung im unteren Zweierbereich abliefert. Alle jubeln. Kevin ist sehr unsportlich, übergewichtig, aber er versucht es trotzdem. Mit viel Not schafft er eine Leistung im oberen Fünferbereich, aber niemand lässt ihn hängen, alle lächeln ihn an und jubeln, toll, dass du alles gegeben hast!

Einer nach dem anderen liefert ab, Du schreibst Dir alle Noten auf, die Stunde neigt sich dem Ende zu. Martin ist als Vorletzter dran, und auch wenn das Denken bei ihm nicht so schnell funktioniert wie bei seinen Mitschülern, hält ihn das nicht ab, wie ein Blitz das Springseil um sich zu schwingen und eine Leistung mit fünfzehn Punkten zu bringen. Alle klatschen, alle sind stolz auf ihren Martin. Und jetzt kommt noch Silja.

"Ich kann das nicht." 

Silja steht da, hält das Springseil in der Hand, schaut es an und schüttelt den Kopf. "Das kann ich nicht." Du bist ein wenig irritiert, denn bisher lief das alles wunderbar, Teamgeist, jeder wird mitgenommen, runde Stunde, läuft, wo ist das Problem? "Kann ich nicht", sagt Silja und bleibt still stehen. Die Mitschüler werden still. So war das nicht geplant.

Du blickst auf den Boden, atmest tief durch. Du versuchst, den Sportsgeist zu verinnerlichen, den Gemeinschaftssinn der Schule. Fair geht vor. Gemeinsam schaffen wir das. All' das rufst Du Dir hervor, und was Du in der Lehrerausbildung zum Thema Teambuilding gelernt hast. Ein freundliches Lächeln zeichnet sich auf Deinem Gesicht ab, als Du aufblickst und voller Motivation sagst:

"Silja, na klar kannst du das! Schau mal, wir alle haben das schon hinbekommen, das schaffst du auch! Es macht nichts, wenn es nicht perfekt wird, liefere einfach so gut ab, wie Du kannst. Streng' dich an, das zählt. Schau mal, Kevin mag Sport nicht, und das ist okay. Er hat es trotzdem versucht und wir haben ihn dabei unterstützt. Wir sind ein Team - du sollst keinen Nachteil haben, weil du mit nur einem Arm auf die Welt gekommen bist. Wir werden dich alle unterstützen! 

Du musst dir nur ein bisschen Mühe geben."


post scriptum: Kommentar folgt.

Freitag, 7. Januar 2022

Der Untergang der Schokoberliner

Alas, I knew him well...

Es war einst in einem anderen Land, weit vor unserer Zeit, als einfach jeder Mensch glücklich war. Männer und Frauen waren glücklich, Kinder und Alte waren glücklich, Schwule und Lesben waren glücklich, Behinderte waren glücklich, Gesunde und sogar Kranke waren glücklich. Sie alle hatten eines gemeinsam: Sie lebten unter der Herrschaft der Schokoberliner.

Seitdem zum ersten Mal ein Mensch in dieses frittierte Wunder gebissen hat und den unbeschreiblichen Segen der Nuss-Nougat-Füllung erlebt hat, ging es mit diesem Land nur noch bergauf. Innerhalb von Minuten konnte ein Schokoberliner jeden Menschen zum Lächeln bringen, zum verträumten Seufzen, zum Strahlen oder dazu, dass sich seine Zähne im Mund auflösen.

Die Schokoberliner hatten unter sich einen zu ihrem Herrscher auserkoren, der war noch praller und runder als sie, und war von allen Seiten glasiert und mit Zuckerstreuseln bedeckt. Er war bis zum Rand mit Nougatcreme gefüllt, so dass diese schon fast zum Füllloch herausplatzte. Ehrfurchtsvoll wurde er von den Menschen "Schoko-Zuckerschock-Bombe" genannt, kurz SZB. Es ging der Mythos, dass wer auch immer in SZB beißt, sofort durch den death by chocolate sein Leben verliert. Kein Sterblicher würde je die zweihundert Milliarden Kalorien überleben, die nur ein einziger Bissen von SZB enthielt.

Die Menschen verehrten und fürchteten also die Schokoberliner. Sie wurden allesamt glücklich, und sie wurden allesamt fett und träge. Denn sie hatten nicht bemerkt, dass die gerissenen Schokoberliner irgendwann ganz von allein in ihren Rachen rollten. Kein Mensch musste mehr zum Bäcker gehen, die kleinen Schokoklopse rollten durch jede noch so kleine Nische, jeden noch so schmalen Geldbeutel und jede noch so sorgfältig geplante Diät weiterhin direkt in den Magen und in das Herz der Bürger. 

Ja, die Bürger waren allesamt glücklich. Und fett. Aber sie waren nicht frei - sie hatten sich von den Schokoberlinern vollkommen abhängig gemacht, und niemand bemerkte es, sie alle wurden weiter randvoll mit Nougatcreme gestopft. Kaum ein Mensch konnte sich noch bewegen, und noch immer rollten die kleinen Monster durch jede Bäckerei des Landes, und sie schienen sich wie die Heuschrecken über das Land zu ergießen, wenn die Weihnachtszeit kam.

Doch dieses Weihnachten sollte alles anders kommen. In einem nicht näher bekannten Ort stand ein großer kleiner Mann auf, mit einem krummen Finger und ganz in schwarz gekleidet, und rief seinen Mitmenschen zu: "Nennt ihr das etwa Glücklichsein? Vollstopfen und dann selig grinsend in ein Fresskoma fallen? Wie könnt ihr nur so leben!" Doch niemand nahm ihn ernst, denn während er diese Worte sprach, pulte er mit seinem Finger noch bunte Zuckerperlen zwischen seinen Zähnen hervor, und in seiner rechten Hand hielt er einen Sack, aus dem geschmolzene Nougatcreme tropfte.

"Ja", rief er, "auch ich hatte einst kapituliert vor der Übermacht der SZB, aber ich werde mein Leben wieder in meine eigene Hand nehmen!" Entschlossen holte er einen Schokoberliner aus dem Sack und biss hinein. Es dauert keine zehn Sekunden, bis sich sein Gesicht in ein seliges Lächeln wandelte. "Verräter, du bist doch auch nicht besser als wir!" schallte es ihm aus den Häusern entgegen... doch dann warf der schwarze Mann den Rest des Berliners auf den Boden und stampfte mit seinem überdimensionierten Kindersarg-Stiefel darauf. 

"Schaut! Es ist möglich, sich zu wehren - ich habe es gerade eben geschafft! Man kann NEIN sagen - und ich werde euch dabei helfen, indem ich eine Bäckerei öffne, die ab Februar keine Schokoberliner mehr führen wird. Nur so können wir uns vom Nutella-Joch befreien."

"Das sagst du so leicht, das ist ja ein schöner Plan für die Zukunft, aber es liegen noch tonnenweise Schokoberliner in unseren Häusern herum, viele davon schon auf dem Weg in unseren..." - mehr konnte er nicht sagen, da sich ein weiterer Schokoboller von selbst in seinen Mund gestopft hatte.

"Ich werde einen Weg finden, diese Abermillionen von tollwütigen Schokoberlinern zu vernichten! Habt ihr von dem Gerücht gehört, dass es irgendwo in einem verborgenen Tal eine große Buba geben soll, wie ein Trichter, in den die Berliner rollen, ohne dass jene Buba jemals platzte? Niemand hat je einen Beweis dieses Wesens gesehen, aber in den Geschichtsbüchern ist von einer Frau die Rede, die einsam den Kampf gegen eine Sturzflut aus Zimtsternen geschlagen haben soll. Wenn dies die Buba ist, dann werde ich sie finden und unsere Welt retten!"

Fortsetzung folgt ausnahmsweise mal nicht; ich habe diesen Beitrag vor knapp einem Jahr geschrieben und unveröffentlicht gelassen. Es kam einfach kein kreativer Funke auf, ihn fertigzuschreiben. Anlass war die Ankündigung der Bäckerei unten an der Kreuzung, dass Schokoberliner ab Februar nicht mehr im Sortiment sind - zum Glück! Die Teile sind absolut gnadenlos schlonzig, und das musste ich einfach literarisch verarbeiten.

Samstag, 18. Dezember 2021

Schlittenfahrt


Heute lief im Supermarktsender die Zeile "...it's just the weather for a sleigh-ride together with you!" Daraufhin musste ich mir vorstellen, wie die große Buba und ich auf einem Schlitten den Berg runterrodeln (wollen). There you go:

"Geh' weg, ich weiß nicht wo ich mich hinsetzen soll, dein Fett verdeckt alle Festhaltemöglichkeiten, Fhotz-HÄH!"

"Dei-DHÄH! Möchtest Du lieber, dass ich hinten sitze?"

"Ohklott, bloß das nicht, das überwehbe ich nicht, wenn du über mich drüber rollst."

"Na also. Hier, halt' mal die Einkäufe, ich wollte nur Weichspüler holen, und plötzlich waren fünf Kilo Kekse in der Tüte."

"Was, diese riesige Tüte soll ich dabei festhalten??"

"Nein, alter Mann. Diese PFÖMPF Tüten sollst du dabei festhalten, ich brauche ja schließlich auch einen Hauptgang heute Abend."

"Wenn wir das hier überleben. Hast du den Katastrophenschutz alarmiert?"

"Pomsa, wir sind hier auf einem kleinen Hügel irgendwo in Hassee. Was soll schon passieren?"

"Dein Wort in Khlottis Ohr. Hier, klemm' die Taschen irgendwo drunter fest."

"Oh ich glauwäsgeradethöäarcht, ich hab' Schnee in den Schuhen!"

"Ja. Nimm' mir bitte die Tüten ab, mein Arm bricht gleich durch."

"Die habe ich neulich online gekauft, waren eigentlich ganz schick, aber ich glaube, ich muss die zurückschicken, die sind eine oder vier Nummern zu groß."

"Buba. Mein Arm."

"Und schau mal, hier, das Logo ist fast abgebrochen. Eigentlich sollte ich die zurückschicken."

"Meine heißgeliebte WonneTonne, ich sterbe hier unter Kekstüten, kannst du jetzt BITTE d-"

"Ieh, wie eklig, jetzt sind auch die Socken völlig durchnässt, ich hab' keine Lust mehr, ich will nach Hause."

"...rrrgghhhhh... ...hhhhhhhhhhhhhhhhhhhhh..."

"Natürlich, du spülst dich wieder zu Tode, wenn ich was falsch mache, dabei ist das meine Aufgabe, zu kachen, wenn du in den Videospielen stirbst."

"Ich STHÄRBHEHÖÄABAH!!!"

"A a a a a a a, a a. a? A a a a a a a a. tot. Dann fahre ich eben ohne dich."

Und so kommt es, wie es kommen muss, die große Buba schiebt den Schlitten an, und grazil wie ein Elefant und ein klappriger Klingelopa setzt sich der Schlitten mit uns in Bewegung. Vielleicht hätten wir vorher die Piste checken sollen, aber nein, wer kümmert sich schon um solche Details.

"Ooohhh, rechts, ein Eichhörnchen!"

"Titte, ich habe eine Tasche verlo-"

"Ruhe, ich will das beobachten, wir sind noch so schön langsam, mein FitBit zeigt mir gerade 1,7 km/h an."

"Aber deine Kek-"

"Hó Käks. Du musst sowieso mal wieder deine Cookies backen. Und jetzt geht es los!" 

"Mach langsamer, da vorne fährt eine Kuh!"

"Blödsinn, das ist nur eine fliegende Regentonne. Isch-HOAH!"

"Kuh, Regentonne, ein Kind, ein Tuch, ICH FAHRE, und zwar VIEL zu schnell!"

"Huuuuuiiiiiiiii!"

"PlaplaplaPLAHTSCH!" Und da vorne taucht ein Stein auf.

"Oh, da liegt eine Fettpizza!" 

Sagt sie, klappt die rechte Titte über die Schulter und lehnt sich nach links raus, um sie einzuatmen. Die Pizza. Ein Fehler. Der Schlitten neigt sich zur Seite, meine beiden letzten Titten fliegen mir aus der Hand, ein Keksregen verteilt sich über die Schneelandschaft und erschlägt ein Reh, und eine Ente. Quak. Aber das höre ich schon nicht mehr, denn wir sind gestürzt und liegen im Schnee begraben.

...sollte man meinen, aber wir potern weiter, und der erste Schnee bleibt an uns haften, und so wird aus einer Kugel mit einem Skelett darum ein Schneeball und schließlich eine Schneelawine, dat kann niehch jedah! Mitte viele Kühe da! Oder eine Fettlawine, denn meine vier Tüten mit je zwanzig Kilogramm Streukäse aus dem Großhandel habe ich sicherheitshalber an meinen vierten Zähnen festgebunden, denn die hol' ich aber so vor, wie iech dat brauche!

Und Hassee erleidet diesmal ein anderes Schicksal. Ja, wieder geht die große Katastrophen-Alarmsirene los, die aus irgendeinem Grund nach meinem Einzug hier installiert wurde und bei unerklärlichen Phänomenen wie einem Sturm aus Zimtsternen, einem Höllenschlund unter dem Fließband an der Kasse oder einem Schwarzen Loch an der Schnellkasse zuverlässig ihren Dienst tut. Auch heute, und so schaffen es die leid-, spül-, klöter- und trasherprobten Bewohner des Viertels, rechtzeitig in sicherere Städte zu fliehen. Zum Glück!!!

...mehr Essen für uns.

post scriptum: Oh, sollte das da oben "Tüten" statt "Titten" heißen? Bilde Dir deine eigene Meinung. DGB, meine Wohnung und die Nachbarn warten auf Dich, ich höre schon das Beben!

Donnerstag, 11. November 2021

Eine etwas andere Black Story


vorweg: Ich habe im Internet neben den Klassikern ("Romeo und Julia tot auf dem Boden, Teppich nass" - "(Albatross- oder) Leguansteak" - "Schachspiel, der Gewinner erschießt sich" und so weiter...) eine Black Story gefunden, die ich noch nicht kannte und die richtig gut klingt. Ich muss sie mal mit einer Klasse ausprobieren. Wichtig ist, dass man das mit einer Lerngruppe macht, die schon einige Black Stories gelöst hat und das Prinzip kennt!


The Cave - an unusual situational puzzle

A woman enters a cave and sings a loud song. She then picks up an object and dies. Why? 

(scroll down for the solution)


















The solution: There is no solution to this story. You answer every question alternating between YES and NO. At some point one of the students may realize this pattern - but by then you will have heard some amazing theories and stories. That is the objective of this story: Let the students be as creative as possible; there is no end to this and you can have lots of fun. 

Sonntag, 17. Oktober 2021

The Käääähk (Entbuben, Teil Eins)


Du ahnst schon, was passieren wird, als Du an dem Kuchenstück schnupperst. Vanille, im Nachklang Kakao, und dann ein intensiver Haselnussduft, der alles Andere hinwegspült; eine Vorahnung auf den kommenden Geschmack. Der Blick auf das Marmormuster verrät aber noch nicht, was gleich passieren wird.

Den Löffel mit dem Stück Kuchen in den Mund - und es geht los. Zuerst schmeckst Du die Vanillecreme, die sich sofort im Mund verteilt; sehr aromatisch, denn es wurde noch etwas Vanillepaste extra hinzugefügt. Nebenher schmiegt sich die Kakaoglasur an und gibt der Vanille einen herben Abgang - das alles noch vor dem ersten Biss.

Dann der Kuchen, fluffig, weich, mit schokoladigen Partien, die Vanille verschwindet in den Hintergrund. Und nicht einfach "nur" weich, denn es sind Cashewkerne drin, die das Erlebnis knackig machen, ohne dass die Nüsse zu fest sind. Es ist ein Genuss, die buttrigen Nüsse zu zerbeißen, während die Schokolade durch den Mund wandert. Erst im vollständigen Zubeißen bemerkst Du knirschige Stücke Haselnusskrokant, die in den Kuchen eingebacken sind und dem Knacken ein Knistern hinzufügen.

Dann beginnt das Finale und Du schwebst im siebten Himmel, denn erst jetzt merkst Du, dass im Schokokuchen eine Schicht Haselnussnougat eingebacken ist, die sich als dritter Akt über Deine Geschmacksknospen leg. Das Aroma der Haselnüsse, süß und warm, rundet den Bissen ab und der erste Löffel wird zu einem Dreiakter.

Diesen Kuchen zu backen, das war mir sehr wichtig als erster Schritt, Dich loszuwerden, und ich habe ihn gewiehbt. Das war echt ein kulinarischer Orgasmus (zumindest für mich, typisch Mann eben). 

Donnerstag, 13. Mai 2021

13-05-2021 - Die Entdeckung

Wer erinnert sich noch an dieses Bild?

"Wäsche-LEINEN LOS!!!"

Als wir damals zu den donnernden Worten des Käpt'ns in See stachen, hatten wir bestes Wetter, doch heute ist der Himmel handtuchverhangen. Überall sieht man Socken und Unterwäsche, so dass man kaum noch einen Blick auf die See erhaschen kann. Aber wir bleiben tapfer!

"Blick nach links!" - "Volle Biotüten!"

"Blick nach rechts!" - "Gefüllte Schreddereimer!"

Seit Monaten - oder sind es mittlerweile Jahre? - sind wir unterwegs auf unserer Entdeckungsreise. Der Käpt'n hat uns bis heute nicht gesagt, wo es hingehen soll, aber schließlich sind wir nur Arbeiter auf dieser Expedition, wir sollen Aufgaben ausführen, nicht Pläne hinterfragen. Ich bin seit Stunden damit beschäftigt, die Schweißausbrüche des Käpt'n aufzufangen; was soll ich auch sonst machen? Ich bin nur ein unbedeutendes Kopftuch. Schwerer hat es da der Rest der Crew - der erste Maat Pappkarton ist unter der Belastung des Papiermülls zusammengebrochen, und ich frage mich, ob den Planern der Exkursion nicht vorher klar war, dass wir undurchquerbare Papierberge durchdringen müssten? Und das war noch, bevor die Isla Kochtopfa ohne eine Vorwarnung auf der See erschienen ist und seither wie ein Bollwerk auf unserer Reiseroute wirkt. 

Auch der Unteroffizier Gelber Sack ist mittlerweile total grün angelaufen; er steht kurz vor dem Brechen. Wir wissen gar nicht, wohin mit den ganzen Kollateralschäden, die wir auf der Suche nach was auch immer verursachen. Und das Einzige, was der Käpt'n uns immer wieder sagt: "Wir haben diese Reise monatelang vor uns hergeschoben. Jetzt hilft kein Jammern mehr, da müssen wir durch. Seid tapfer, Leute, wir befinden uns auf der Suche nach dem Paradies! Ich kann es euch nicht beweisen, dass es dieses Paradies wirklich gibt. Alle Zeitzeugen, die gesamte Generation, die einen Blick dieses Landes erhaschen durfte, weilt mittlerweile nicht mehr unter uns. Wir können uns nur auf ihre Berichte verlassen und hoffen, dass unsere Suche nicht umsonst sein wird."

Das war vor einer Ewigkeit, in der wir bisher nichts entdeckt haben. Unter all' dem Papier, das wir durchquert haben, fanden wir nur noch mehr Papier. Backbord Arbeitsverträge aus einem anderen Zeitalter, Steuerbord Steuerunterlagen, und unter dem Ganzen eine dicke Schicht Klassenarbeiten. Dabei haben wir mittlerweile schon mehrere Meter Bonbontüten, Shampooflaschen und und Räucherstäbchenasche vernichtet. Unsere letzte Hoffnung ist der neue Seemann an Bord, Lieutenant Staubsauger, der sich mit seinem tiefen Atem einen gewissen Ruf erarbeitet hat. Wird er uns helfen können, das Paradies zu finden? 

Die ganze Crew steht auf dem Deck, an die Reling gelehnt, und schaut dem Neuen bei der Arbeit zu. Wie ein Wirbelwind arbeitet er sich durch Pizzareste, Käsekrümel und ganze Heere von Staubmäusen - wir haben so etwas zuvor noch nie gesehen, und tatsächlich dauert es nur noch wenige Stunden und Beuteltransplantationen, bis der Mann im Ausguck aus vollem Halse brüllt: "Hoooooooooolz in Sicht! HOOOOOOOOOOOLZ!!!!" Und so können wir endlich einen bedeutenden Moment in unserem Logbuch festhalten:

13-05-2021 - Die Entdeckung des Fußbodens

Doch für mich ist es eine bittersüße Entdeckung, denn mir ist bewusst, dass der Käpt'n mich nun nicht mehr brauchen wird. Er wird mich in's Badreich verbannen, wo ich vom Mahlstrom der gnadenlosen Herrscherin durchgespült werde. Das hat noch niemand überlebt. Aber mein Glaube ist stark: Ich weiß, ich werde wiedergeboren werden - anders, reifer, sauberer - als Geschirrtuch. Möge das Waschmittel sich meiner erbarmen!

post scriptum: Irgendwie scheint sich das zu einem running gag zu entwickeln, dass Aufräumanfälle mit einem Blogbeitrag bedacht werden. Hauptsache, Ihr seid gut unterhalten ;-)

Mittwoch, 16. Dezember 2020

Bester letzter Schultag EVAR!


Herzlich willkommen im Lockdown v2.0 - ich hoffe, Ihr bleibt alle gesund und munter. Gestern hatte ich meinen letzten Schultag, sehr spärlich, weil nur noch zwei Jahrgänge in der Schule waren und der Unterricht freiwillig. Also habe ich mir ein paar Sachen eingepackt, bin in die Schule gefahren und hatte tatsächlich nur vier Jungs aus einer meiner Klassen dort. Insgeheim hatte ich gehofft, dass genau diese vier Jungs dort sind, denn mein Unterrichtsprogramm für eine Doppelstunde Englisch war - Heteronormativität pur - genau auf Jungen in diesem Alter zugeschnitten.

Ich habe darüber schon einmal geschrieben - The Warlock of Firetop Mountain - also lasse ich die Spieledetails außen vor und erzähle von dem Erlebnis.

Vier Schüler, das ist die perfekte Teilnehmerzahl dafür: Einer bekommt zwei Würfel, um die Monsterkämpfe auszuwürfeln. Einer bekommt die Abenteuerwürfel, um z.B. bei Fallen und Herausforderungen Skill und Luck auszuwürfeln. Einer geht an die Tafel und verwaltet das Inventar und den "Kampfbildschirm", einer geht an die Tafel und verwaltet die Karte. Im Hintergrund nette Musik - diesmal gab es Saurian Exorcisms (2009) von Karl Sanders, zwar ägyptisch gefärbt, aber trotzdem ein tolles Ambiente für das Abenteuer im flammenden Berg.


Am Anfang etwas ungewöhnlich für die Kiddies, die das Spieleformat nur so ansatzweise kannten - aber immerhin, zwei von ihnen kannten schon Rollenspiele, kannten schon Begriffe wie "skill", "sword", "inventory" und weiteres. Ich habe den Spielleiter übernommen und ihnen die Geschichte aus dem Buch vorgelesen; auf Englisch, aber dabei stark vereinfacht für eine Orientierungsstufe und mit viel Pantomime. Das war im Nachhinein eine großartige Idee, denn nach einer Weile sind die Jungs in das Theater mit eingestiegen: Einer hat die Handlungen unseres Helden nachgespielt, einer hat die Monsterkämpfe richtig toll in Szene gesetzt. Da zahlt sich aus, dass die jüngeren Schüler noch eine sehr blühende Fantasie haben und sich gut in das Abenteuer hineinversetzen können. Und dadurch, dass es kein Videospiel ist, das ihnen die genaue Ausgestaltung der Höhlen und Räume vorgibt, können sie sich da frei entfalten, ganz ohne Handy und Technik.

Dann haben die Jungs vorgeschlagen, dass wir den Raum abdunkeln sollten, immerhin befinden wir uns in einer düsteren Höhle - gesagt, getan, und plötzlich ist die Zeit aus dem Bewusstsein komplett verschwunden, war schon schwierig genug, noch an das regelmäßige Lüften zu denken. Aber es war ein tolles Erlebnis, das wir hoffentlich irgendwann zu Ende führen können!

Freitag, 11. Dezember 2020

Play it again, SAM!


Corona verschafft mir mehr Zeit zuhause, und so verschaffe ich mir mehr Zeit zum Schreiben - heute über eine aufregende Story. 

Gute Science Fiction-Geschichten bringen mich zum Staunen. Sie erfüllen mich mit Ehrfurcht, sie machen mir Angst. Mir bleibt der Mund offen stehen, ich fühle mich bereichert. Im Englischen gibt es das großartige Wort exhilarating dafür. Am Ende einer solchen Geschichte bin ich aufgeregt, würde am liebsten wissen, wie es weitergeht, habe genügend Denkimpulse, mir die weitere Handlung im Kopf auszumalen. Ich bin inspiriert.

2001: A Space Odyssee (1968) ist ein klassisches Beispiel dafür, oder auch Arrival (2016) oder der Roman The Invasion of the Body Snatchers von Jack Finney, der nicht ohne Grund bisher viermal verfilmt worden ist. Solche aufregenden, spannenden Geschichten finden wir in diversen Medien wieder: Auf der Playstation bietet The T.A.L.O.S. Principle eine tolle Story getragen von vielen herausfordernden Rätseln - und im vergangenen Jahr ist ein neues Spiel hinzugekommen, das die Grenzen zwischen Videospiel und Film mal wieder verschwimmen lässt.

Observation (2019) handelt von einer Astronautin Emma Fisher, die nach einem Blackout auf der namengebenden Weltraumstation im Orbit über der Erde erwacht - der Spieler schlüpft allerdings nicht in die Rolle eben jener Astronautin, sondern in die des Betriebssystems der Station Systems, Administrations & Maintenance, oder einfach SAM. SAM und Emma versuchen nach diesem Blackout herauszufinden, warum genau sie auf dieser Station sind, was die Mission ist, wo die anderen Besatzungsmitglieder sind.

Für einen Aspi-Nerd ist es total toll, eine künstliche Intelligenz spielen zu können, die logisch denkt und handelt - aber auch für andere Spieler dürfte dieses Spiel ein kleines Meisterwerk darstellen - sei es nun die Regie der spannenden Szenen, sei es die klassische SciFi-Musik oder das Unbekannte, was einem in Form eines Sechsecks begegnet. Das macht neugierig.

Das Spiel ist in vier bis sechs Stunden durchgespielt, und das ist auch gut so: Die Story ist straff, die Rätsel behindern die Progression nicht, man hat nie das Gefühl, festzuhängen. An mehreren Stellen wird es wirklich unheimlich, aber in einem positiven, aufregenden Sinn, man möchte wissen, wie es weitergeht - und am Ende der Geschichte möchte man applaudieren, weil die Schlussszene besser nicht hätte gemacht werden können.

Hey die große Buba, falls Du das liest: Ich habe das Spiel jetzt zum zweiten Mal gespielt. Das zeigt mir, dass es nicht langweilig wird, sondern dass es immer wieder ein Erlebnis ist. Wenn wir in den Ferien zwei Abende dafür finden könnten, verspreche ich Dir ein kleines Kunstwerk, das nachwirkt. Schon die Titelsequenz mit Musik eines Nine Inch Nails-Mitglieds zeigt, dass da etwas Aufregendes wartet.

"BRING HER!"



Freitag, 2. Oktober 2020

Das neue Spiel


Ich spiele seit einiger Zeit ein neues Spiel, faszinierend, ungewöhnlich, intellektuell fordernd und mit einem abgedrehten Humor - also genau das Richtige für mich; es erinnert mich ein wenig an den Rubik's Cube. Das Spiel wird von Amazon produziert? gesponsert? ...whatever, jedenfalls steckt Amazon mit drin und das wird später noch relevant sein. 

Es ist kein kostenloses Videospiel; man muss sich einen Account anlegen und kann dann für einen Euro das Spiel für vierundzwanzig Stunden auf dem eigenen Gerät freischalten. Das könnte als pure Abzocke betrachtet werden, vor allem, weil das Spiel ein hohes Suchtpotential hat, aber es gibt da eine kleine, aber geniale Regel, die das alles aufwiegen könnte.

Zuerst aber zu den Regeln: Das Spiel ist minimalistisch aufgebaut; auf dem Bildschirm sieht man einen großen dreidimensionalen Würfel, wie aus Plexiglas, und in diesem großen Würfel befinden sich maximal drei mal drei mal drei kleinere Würfel (auf höheren Leveln können es auch vier oder fünf hoch drei Würfel sein). Der Würfel ist nicht bis obenhin mit diesen kleinen Würfeln gefüllt, gerade am Anfang ist noch sehr viel leerer Raum vorhanden, sonst könnte man das Spiel auch gar nicht spielen, denn es geht darum, den großen Würfel zu drehen.

Es gibt Drehungen um neunzig Grad, so dass man den Würfel auf jede angrenzende Seite drehen kann. Da die Schwerkraft hier vorhanden ist, bedeutet das, dass bei einer Drehung die Würfel im Inneren umherfallen und neu ausgerichtet werden. Die kleinen Würfel sind farbig, immer in maximal sechs verschiedenen Farben, die in den höheren Levels auch mal wechseln können. Die Grundfarben sind rot, gelb, grün, blau, orange und violett. Selten ist ein kleiner Würfel auch mehrfarbig.

Der große Würfel, in dem sich die kleineren befinden, hat verschiedenfarbige Seiten; sechs unterschiedliche Farben, und deswegen haben die kleinen Würfel auch maximal sechs verschiedene Farben. Es ist nämlich so: Wenn ein kleinerer roter Würfel auf die rote Seite des großen Würfels fällt, fällt er aus dem Würfel heraus und ist damit verschwunden. Das Ziel ist es, mit möglichst wenigen Drehungen alle kleinen Würfel "abzuräumen", damit der große Würfel leer ist.

Das ist am Anfang noch sehr einfach, aber es kommen unterschiedliche Hürden dazu: Die Zahl der Innenwürfel steigt, die Schwerkraft wirkt zeitweilig in eine andere Richtung - das kann sehr verwirrend sein, wenn auf einmal alle Würfel nach links fallen - oder die Schwerkraft ist für einen Moment komplett aufgehoben, so dass man den Außenwürfel beliebig drehen kann, ohne die Position der Innenwürfel zu verändern. 

Man kann auch Spezialgegenstände bekommen, mit denen man zum Beispiel eine Seite des Außenwürfels neu einfärben kann, oder einen beliebigen Innenwürfel auflösen. Einer der besonderen Gegenstände ist die White Hole Sphere, und jetzt wird es richtig interessant: Wenn man diesen Gegenstand benutzt, wirkt die Schwerkraft in alle Richtungen gleichzeitig, die Würfel werden quasi vom Mittelpunkt des Außenwürfels abgestoßen und können zu mehreren Außenseiten herausfallen. 

Wenn man es schafft, die kleinen Würfel richtig zu positionieren und dann die White Hole Sphere benutzt, kann man alle Würfel gleichzeitig zu allen Seiten herausfallen lassen und den gesamten Außenwürfel aufräumen. Das kommt nur äußerst selten vor, aber wenn man es schafft, bekommt man einen Preis - im realen Leben! 

Der Wert des Preises errechnet sich nach den Beiträgen, die ich seit dem letzten Gewinn eingezahlt habe (ein Euro für vierundzwanzig Stunden). So hatte ich zum Beispiel gleich am dritten Spieltag es geschafft, alles abzuräumen. Mein Gewinn hatte daher einen Ausgangswert von drei Euro. Das wird mit einem zufälligen Multiplikator von null bis maximal hundertfünfzig Prozent verrechnet, so dass mein Gewinn einen zufälligen Wert zwischen null Euro und vier Euro fünfzig hatte. Auch die Art des Gewinnes wird dann per Zufallsgenerator aus dem gesamten Sortiment von Amazon bestimmt. Ich habe von Nutzern gelesen, die eine von diesen japanischen Winkekatzen bekommen hatten, oder ein HDMI-Kabel, oder einen Roman, mal war es eine Videospielkonsole (will nicht wissen, wie lange dieser Nutzer dafür hat spielen müssen), mal ein Klorollenhalter. 

Was genau der Preis ist, erfährt man erst, wenn der Postbote kommt und das Päckchen auspackt. Man erkennt diese Päckchen daran, dass das ganz normale A-Logo von Amazon darauf ist, aber in einem Würfelnetz gedruckt. So habe also auch ich Post bekommen - es war ein recht kleiner Brief, war ja logisch, bei dem Wert - und darin fand ich einen Tubenschlüssel. Das ist so ein Teil, mit dem man Cremetuben (Zahnpasta, Hautcreme usw.) aufrollen kann, um sie ganz einfach möglichst vollständig zu leeren. Eigentlich Tinnef, aber momentan habe ich das Ding bei mir im Bad und rolle damit Neurodermitiscremes auf, muss wohl eine Art Stolz sein, dass ich die Herausforderung geschafft habe. Immerhin, ein paar Wochen später habe ich ein neues Duschhandtuch bekommen. In rot, wie toll. Ist im Kleidersack gelandet.

Das Spiel macht wirklich süchtig, weil immer die Aufregung dabei ist, ob man diesmal eine White Hole Sphere bekommt und alles mit einem Schlag abräumen kann. Die Musik im Spiel ist großartig, Ambient, entspannend, und es gibt eine Stimme, die manche Spielzüge kommentiert, und sie ist so herrlich sarkastisch, fast schon zynisch, und sie wird nicht müde, mich daran zu erinnern, dass ich in der ganzen Zeit eigentlich auch in der realen Welt etwas erledigen bzw. erleben könnte. Aber das muss warten; ich bin jetzt schon eine Menge Levels aufgestiegen, ich habe jetzt den vier mal vier mal vier Würfel, mehrfarbige Miniwürfel, manchmal wechselnde Farben des Außenwürfels, so langsam wird es ziemlich komplex und ich liebe es, wie mein Kopf raucht.

Ich habe auch heute wieder zwei Stunden davor verbracht und würde wahrscheinlich immer noch davor sitzen, wenn es nicht an der Tür geklingelt hätte und ich wieder ein Paket mit dem A-Logo in einem Würfelnetz bekommen hätte. Das hat mich ein bisschen verwirrt, denn ich habe bisher keinen neuen Jackpot geschafft, das rote Handtuch war das letzte, was ich gewonnen hatte. Ich habe das Paket noch nicht geöffnet, denn irgendwie finde ich das schon komisch. Ob das eine Werbeaktion ist? Irgendeine personalisierte Werbeaktion anhand meiner Nutzerdaten, oder ob es irgendwas mit Phishing zu tun hat?

Jedenfalls wollte ich diese Gelegenheit nutzen und Euch erstmal von diesem Spiel schreiben. Ich hätte das schon viel früher tun können, aber wie immer, wenn etwas meine volle Aufmerksamkeit bekommt, vergesse ich alles um mich herum. Dieses Paket hat mich quasi aus meiner Spielewelt herausgerissen, und jetzt, wo ich das alles für den Blog geschrieben habe, habe ich keine Lust mehr zu warten. Ich mache mich mal an's Öffnen; das Teil ist etwas größer als ein Schuhkarton und verhältnismäßig schwer, schauen wir mal...

...okay, und so schnell kann es zwei Stunden später sein. Ich bin etwas überrascht, und irgendwie ist die ganze Sache auch ein bisschen creepy, ich hab erstmal gegoogelt, ob ich Infos zu dem Paket bekommen kann - nada. Nichts. In dem Paket war ein Würfel aus - ist das Plexiglas? Oder Acrylglas? Kantenlänge zehn Zentimeter, habe gerade nachgemessen, also recht handlich, und darin sind kleinere Würfel. Also quasi wie das Videospiel, nur in echt. Und mein erster Gedanke war, okay, das soll vielleicht ein Souvenir sein, um ein bisschen Werbung für das Programm zu machen, und ich hab den Würfel einfach dekorativ auf den Couchtisch gestellt.

Ich habe erstmal nicht weiter darauf geachtet, aber nach einer halben Stunde oder so kam ein Geräusch von dem Würfel, so eine Art Plastikgeklöter, und dann habe ich tatsächlich einen Schreck bekommen, denn ohne Vorwarnung war da ein weiterer Würfel in dem großen Würfel - erst waren es sechs, jetzt sind es sieben. Waren es sieben; ich fand das ziemlich gruselig, wie ein Würfel aus dem Nichts erscheinen kann, und dann bin ich auf die Idee gekommen, dass das ja mit visuellen Effekten gemacht sein könnte, dass da also keine echten Würfel drin sind, sondern Hologramme oder so etwas - ich bin mit optischer Technik nicht so vertraut. 

Also habe ich mir den Würfel genommen und geschaut, ob ich ihn auseinandernehmen kann, habe nach Schrauben gesucht, aber da war nichts zu sehen. Nur glatte Seiten und Kanten aus "Glas". Als ich den Würfel dann herumgedreht habe, um die Unterseite abzusuchen, ist genau das passiert, worum es im Spiel ging: Ein grüner Würfel ist auf die grüne Außenseite gefallen und hat sich aufgelöst. Ich habe KEINE Ahnung, wie man so etwas entwerfen kann, welche Technik dahintersteckt, aber ich finde das ziemlich cool, dass es das Spiel jetzt auch in echt gibt. Ich habe direkt am Würfel herumgedreht, und jetzt ist es etwas später und ich habe fast alle Würfel in dem großen Würfel abgeräumt. Nice! Ich frage mich, ob man hier auch "Bonusgegenstände" bekommen kann, wie die White Hole Sphere - ich halte Euch auf dem Laufenden, jetzt muss ich erstmal in's Bett, denn es ist kurz vor Mitternacht und die letzte Schulwoche steht an.

(...)

Jetzt nimmt das Ganze etwas sonderbare Forman an. Long story short: Ich bin aufgewacht und der Würfel war fast komplett wieder mit kleinen Würfeln angefüllt, muss über Nacht passiert sein - und ich hab überlegt, ob ich schnell vor der Schule noch eine Runde damit spielen sollte, aber das ging nicht, ich musste pünktlich zu einer Mikrofortbildung da sein, also habe ich den Würfel liegen gelassen. Es ist jetzt gerade... fünfzehn Uhr zwanzig, und ich habe ja damit gerechnet, dass der Würfel mittlerweile voll sein würde, aber das hier macht mir echt ein bisschen Angst: Der Würfel ist etwas größer als am Anfang. Wie in dem Videospiel passen jetzt vier Würfel je Kante hinein, ich habe nachgemessen, die Kantenlänge beträgt jetzt exakt dreizehn Zentimeter. So etwas kann es gar nicht geben, und ich fühle mich wie in einer Science Fiction-Geschichte. Und es kommt noch besser: Ich habe ein bisschen mit dem Würfel gespielt und versucht, viele kleine Würfel loszuwerden, und als ein großer Teil abgeräumt war, ist mir der Würfel aus der Hand gefallen - weil er kleiner geworden ist?!

Das sollte jetzt eigentlich der Moment sein, an dem ich bei Amazon anrufe, denn so nett dieses Spiel auch ist, das geht mir einen Schritt zu weit. Ich habe jetzt gerade aber keinen Nerv dafür, morgen lasse ich zwei Klassenarbeiten schreiben und wir haben Fachkonferenz. Kommt auf die To Do-Liste. 

(...)

Schlecht geschlafen. Mir lässt das keine Ruhe, und dann bin ich viel zu spät eingedöst und habe verschlafen, so eine Scheiße. Direkt zur Schule, gar nicht an den Würfel gedacht, Unterrichtsprogramm abgespult und dann wieder ab nach Hause - und jetzt fangen die Probleme richtig an. Ich hatte den Würfel auf dem Couchtisch gelassen - als ich reingekommen bin, lag er auf dem Fußboden. Sehr viel größer, und offenbar sehr viel schwerer, denn die Ecke der Tischplatte (aus Glas) ist abgebrochen. Scherben auf dem Fußboden und dazwischen ein Würfel mit weit über zweihundert Würfeln darin. Nein, das müssen rein rechnerisch weit über fünfhundert Würfel sein; die Kantenlänge des Würfels ist über dreißig Zentimeter, und es passen jetzt nach Augenmaß bis zu tausend Würfel hinein.

Ich muss das irgendwie loswerden. Ich habe versucht, den Würfel herumzukippen, aber er ist mittlerweile echt schwer geworden. Zum Glück geht es noch, und ich habe laut Uhr fünf Stunden gebraucht, um den Würfel wieder deutlich zu verkleinern - da geht die nächste Nacht dahin, es ist vier Uhr morgens, und warum schreibe ich das überhaupt noch.

(...)

FUCK!!! 

(...)

Okay, es ist Donnerstag, mein letzter Schultag ist vorbei, meine Nerven auch. Wo fange ich an. Ich war zwei Tage nicht in der Schule. Dienstag habe ich FUCK!!! geschrieben, weil ich nach drei Stunden Schlaf gesehen habe, dass der Würfel sich wieder auf acht mal acht mal acht kleine Würfel vergrößert hatte. Die neuen Würfel sind immer schneller aufgetaucht! Am Anfang ist ein Würfel alle halbe Stunde herausgeploppt, jetzt hat es nicht mal mehr drei Minuten gedauert! Und im Panikmodus kann ich nicht mehr sehr gut denken - einzige Überlegung: Wenn ich jetzt in die Schule fahre, dürfte mich am Nachmittag in meiner Wohnung das absolute Chaos erwarten, wenn der Würfel wieder größer geworden ist und irgendwann womöglich meine Einrichtung zerlegt, also habe ich mich krankgemeldet. Sowas hatte ich echt noch nie, blaumachen und so. Was für ein Scheißgefühl, aber immerhin konnte ich mich dem Würfel zuwenden.

Ich habe den ganzen Tag gebraucht, nichts gegessen, und ich bin auch nicht an's Telefon gegangen, als es zweimal geklingelt hat, oder vielleicht auch öfters, ich habe das nicht mehr so ganz mitbekommen. Wenn ich das Spiel auch nur zehn Minuten allein gelassen habe, waren wieder eine ganze Reihe neuer Würfel aufgetaucht, immer schneller und ich musste gegenan arbeiten. 

Irgendwann am späten Abend war es geschafft - die Zeit habe ich auch nicht mehr mitbekommen, weil ich immer schneller gegen die neuen Würfel ankämpfen musste, aber nach und nach ist der Würfel kleiner geworden. Klar, ich liebe das Kopfrauchen bei Logikspielen, aber das war echt zu hart. irgendwann hatte ich nur noch vier kleine Würfel, und nach ein paar weiteren Drehungen, waren sie verschwunden - und mit dem letzten Würfel hat sich dann der große Würfel einfach aufgelöst.

Ich war so kaputt und habe einfach erstmal geglaubt, dass das alles war, und bin in's Bett gefallen - und habe dann erst gemerkt, welcher Schlafentzug sich bei mir angestaut hatte, denn ich habe den ganzen Mittwoch durch geschlafen - ohne mich bei der Schule abzumelden, ohne alles, und erst nach dem Aufwachen, als ich gesehen habe, dass der Würfel tatsächlich komplett verschwunden war, habe ich meinen Rechner gestartet und gesehen, dass sich achtunddreißig Mails angesammelt hatten, die ich nicht gelesen hatte, und vier Nachrichten auf dem Anrufbeantworter.

Ich habe mich SO MIES gefühlt... weil sich Leute wirklich Sorgen um mich gemacht haben. Und weil ich die Schule vollkommen im Unklaren gelassen habe. Heute bin ich dann endlich wieder zum Unterricht gegangen, ich war bei Silke, meiner Schulleiterin, und habe mich entschuldigt. Und als erstes habe ich das Spiel von meinem Rechner gelöscht. Spannend schön und gut, aber es hat mir gereicht; mein Tisch kaputt, völlig übernächtigt, meine Mitmenschen besorgt oder enttäuscht, weil ich nicht mehr erreichbar bin, und ich werde ihnen das nicht einmal sinnvoll erklären können, denn das glaubt mir garantiert keiner. Alles, was sie mitbekommen haben, war, dass ich mich zurückgezogen habe, ohne Kommentar, dass meine Arbeit darunter gelitten hat und dass ich keine Mails mehr beantwortet habe.

Es hat so gut getan, den Uninstall-Button zu klicken. Als ob eine Last von mir abfällt. Aber auf der Seite mit der "Danke, dass Sie gespielt haben!"-Seite wurde ein interessantes neues Spiel gezeigt, das klingt echt faszinierend, und jetzt sind ja Ferien...


Disclaimer: Diese Geschichte ist Fiktion. Dieses Spiel gibt es nicht - aber das beschriebene Problem gibt es sehr wohl, in allen Altersgruppen, und in meinem nächsten Beitrag werde ich einen kleinen Kommentar zu dieser Geschichte schreiben - warum mir als Lehrer diese Thematik besonders wichtig ist. Spielsucht kann in allen Altersgruppen auftauchen, sie ist ein alter Hut, aber keine Kleinigkeit. Seid wachsam und achtet auf auffälliges Verhalten bei Euren Schülern, unentschuldigtes Fehlen, Müdigkeit, rapider Abfall der schulischen Leistungen, Zurückgezogenheit, Nicht-Darüber-Reden-Wollen und mehr.

Samstag, 29. Februar 2020

Schnellkasse: Kontaktlos (Die Schwarzschild-Variante)



Ich glaube es nicht. Jetzt gibt es im Regal der Backmischungen im Supermarkt auch eine "Back"mischung für cookie dough, Keksteig mit Schokostückchen. Echt jetzt? Was da wohl alles drin ist? Die Zutatenliste zeigt mir "Weizenmehl, Zucker, Aromen". Die wollen mir drei Euro abknöpfen für etwas, das ich mit meinen Zutaten zuhause für zwanzig Cent herstellen kann? Was für eine Abzocke! Ich kann das gar nicht glauben - also nehme ich eine Packung mit, um mich zu vergewissern, dass ich nicht träume. Auf zu den Kassen!

Ach, sieh' an, die Schnellkassen sind gerade frei, die meisten Kunden möchten doch lieber klassisch bezahlen. Passt mir wunderbar! Ich habe zwar nach der Katastrophe von damals immer noch großen Respekt vor den Kontrollwaagen, aber das ist besser, als an einer herkömmlichen Kasse vom Laufband in's Verderben geschlotzt zu werden. Und so gehe ich an die Kasse, scanne meine Produkte fix ein, bezahle und verlasse vollkommen ohne Wartezeit den Supermarkt. Großartig. Lang lebe die moderne Technik.

Ich bin so zufrieden, dass ich das Erlebnis noch einmal Revue passieren lassen muss. Ich kann noch nicht so wirklich realisieren, wie einfach das doch alles geworden ist. Ich musste meine Einkäufe auf Plattform A abstellen, dann in aller Ruhe ein Produkt nach dem anderen über das Scannerfeld ziehen (leider keine Scan-Laser-Vernichtungspistole mehr) und auf Plattform B legen - die Kontrollwaage. So langsam habe ich kapiert, wie es geht, und diesmal kommt auch kein ERROR! dabei heraus. Fehlt nur noch das Bezahlen, und seitdem meine Bankkarte abgelaufen ist, kann ich mit dem neuen Exemplar kontaktlos bezahlen.

Das kann ich natürlich erstmal nicht glauben. Das ist gruselig. Ich meine... früher hat man Geldmünzen, real existierende Tauschware, einem anderen Menschen in die Hand gedrückt. Und nun muss man nur noch die Karte hinhalten, keine PIN, keine Unterschrift, gar nichts mehr??? Ich versuche es, halte die Karte gegen das Lesegerät und nacheinander leuchten ein paar grüne Lämpchen auf, wie der Ladebalken eines Akkus. Es ist wie eine Art Countdown, und ich bin gespannt - und auch ein bisschen ängstlich - was passieren wird, wenn alle Lämpchen leuchten. Noch drei, noch zwei, noch eins - BEEEEEEEEEP. Zahlung erfolgt - das war es schon? Das ist ja quasi, als hätte das Lesegerät durch ein Dimensionsportal mit einem Staubsauger das Geld von meinem Konto eingezogen.

Und der Staubsaugervergleich ist gar nicht so unpassend, denn ich halte die Karte etwas zu lang an das Gerät. Das Piepen verstummt - aber es leuchten plötzlich immer mehr grüne Lämpchen! Ich frage mich, was da wohl gerade passiert - die Bezahlung ist erfolgt, räumt das Gerät jetzt mein ganzes Konto leer?! Ich ziehe die Karte erschrocken weg, aber es ist zu spät. Immer mehr und mehr grüne Lichter leuchten auf, und ich registriere einen Luftzug. Nur ein kleines Lüftchen, aber stark genug, um die Fliege in Bewegung zu bringen, die gerade noch auf der Kontrollwaage saß. Genauer gesagt: Um sie einzusaugen. Die Fliege wird in das Lesegerät hineingezogen und ist sofort verschwunden.

Faszinierend! Da muss ich noch ein bisschen dran herumspielen, und ich ziehe ein Taschentuch aus der Tasche, um es in den Luftsog zu halten - und tatsächlich, es flattert herum, wie aufregend! Doch es dauert nur eine Sekunde, bis auch mein Taschentuch komplett eingesaugt ist. Jetzt wird es ein wenig gruselig... wohin ist das denn verschwunden? Und warum liegt hier überhaupt Stroh herum, das sich jetzt ebenfalls auf das Lesegerät zu bewegt? Ich schaue um mich herum, dort, eine Frau hat ihr Seidentuch verloren und es fliegt in das Lesegerät hinein, wird dabei immer kleiner und ist dann verschwunden. Ich bin so fasziniert von den Ereignissen, dass ich nicht bemerke, wie der Luftzug langsam zu einem regelrechten Sturm wird, immer stärker, immer mehr wird alles im Umkreis von diesem komischen Lesegerät eingesaugt.

Okay, jetzt kommt etwas Panik auf. Ich drehe mich um, suche nach der Angestellten, die jederzeit die Schnellkassen im Blick hat, um bei Problemen zu helfen. Ich möchte sie auf diesen Defekt hinweisen, verwerfe die Idee aber umgehend, als ich sehe, wie die nette junge Dame mit den Haaren zuerst im Lesegerät verschwindet. Lesegerät? Mittlerweile kann ich kein Lesegerät mehr sehen, das sieht seltsam verzerrt aus, und im Zentrum des Ganzen... ein schwarzer Punkt? Faszinierend! Und erst jetzt realisiere ich, dass dieser schwarze Punkt alles anzieht, alles in sich hinein zieht, nur ich scheine nicht betroffen zu sein. Ich erinnere mich dumpf an die Theorien über mikroskopische Schwarze Löcher... aber im Supermarkt in Hassee?

Das Chaos bricht aus, der Lärm um mich herum wird immer unerträglicher, während Einkaufswagen, Kinderwagen und Körperfettwaagen vom Lesegerät verschlungen werden. Menschen aller diverser Art haben keine Chance, alt und jung, Mann und Frau, nicht einmal Schakkeline-komm-wech-von-die-Regale-du-Arsch kann sich wehren. Und nun kommt ein Geräusch auf, das ich leider zur Genüge kenne - die Hasseer Katastrophen-Alarmsirene. Lange heult sie allerdings nicht, denn das Rauschen des Windes wird immer stärker, ein regelrechter Orkan des Aufsaugens vernichtet alle anderen Geräusche - und ich bemerke, dass das Schwarze Loch größer wird. Mittlerweile ist seine Anziehungskraft so stark, dass um mich herum Autoteile umherfliegen, ganze LKWs fliegen in das Schwarze-Loch-formerly-known-as-Lesegerät hinein. Kein Mensch mehr zu sehen, nicht einmal dickschwartige Sachbearbeiter werden verschont, und mir graust es bei dem Gedanken, dass das hier nicht das einzige Lesegerät-Loch sein wird... langsam gehe ich rückwärts, langsam trete ich die Flucht an. Ich kann meinen Blick nicht von dem Chaos wenden und sehe zu, wie endlich das deutsche Bildungssystem annihiliert wird, auch Iustitia fliegt auf das Loch zu, wird dabei aber von umherfliegenden Bestechungsgeldern zerstört. Langsam merke ich, wie es an meinem Kopf zerrt, und ehe ich mich versehe, ist auch mein letzter Rest Hoffnung auf eine Planstelle aufgeschlotzt worden. Warum nur ist mein Körper von dieser Anziehungskraft unbeeindruckt? Warum???



Ich bin zu fett, ich habe meine eigene Gravitation. Keksteig in die Tonne!

Montag, 23. Dezember 2019

GASTBEITRAG: Eine Kurzgeschichte


Ich freue mich riesig, Euch heute einen Gastbeitrag präsentieren zu dürfen. Es handelt sich um eine Kurzgeschichte einer Elftklässlerin, die als Schulaufgabe eingereicht werden sollte. "Klaus" hat mir erlaubt, die Story mit Euch zu teilen; das wollte ich unbedingt, weil ich die Geschichte für jugendlich-erfrischend, modern, erwachsen-ernsthaft und in erstaunlich gutem Englisch halte - so etwas trifft man nicht oft in einer elften Klasse, das ist eine anerkennenswerte Rarität.
Ihr seid herzlich eingeladen, Eure Kommentare zu dieser Geschichte zu geben, damit die Autorin etwas Feedback erhalten kann.

"The Greatest Gift Anyone Can Be Given..."  
Furiously, Samantha was speeding down the street, always making the traffic lights just before they turned red. She didn’t know what to do. Her whole body ached, especially her chest, it was like she herself was burning. The next traffic light came up and turned red before her eyes. With extreme force she slammed her foot down on the brake and stopped just in time. She had been holding her breath, but as she tried to breathe again, she saw an ad on the side of the road. She just read the first line, then the breathing acted as a trigger for the crying. Her whole body cramped and her head fell onto the steering wheel. “Your future is important to us.”, the ad said. She didn’t want to see it anymore. The cars behind her started honking and she looked up, the light was green again. Still sobbing, she slammed her foot back on the gas. “I’m leaving.”, she thought. “I’ll get my stuff, and then I’m gone. I’ll just go.”
She arrived in the small street where she lived with her roommates and didn’t even park her car correctly. Somehow she managed to get it off the street, jumped out and ran up the stairs to the fifth floor. Probably having heard how she tried to unlock the apartment door with haste, her roommate Derek opened the door from the inside.  “Sam, hey, what’s up?”, he said as she rushed by him into her room, leaving the door open and Derek standing in the hallway by himself. “Are you okay? What happened?”, he stupidly asked and followed her. “What, does it LOOK like I’m okay?!”, she screamed at him, pulled a travelling bag from under her bed and threw the most important things in. A blanket, a hoodie, some undies, that’s it. 
“Sam, please. Calm down and tell me what…” 
“I got FIRED! That’s it. Laura got my job. They liked her articles better or whatever, I don’t know, she… it’s over. IT’S OVER!” She almost ripped out the zipper of the bag closing it and turned to look at Derek for the first time today. She almost couldn’t, because of all the tears, but she still managed to get some words out that had been bugging her. Just as her other roommate, Jessy, was peeking through the crack of the door behind Derek, obviously only wearing underwear, she screamed: “I know you two were getting it on while I’m gone, I’m not that dumb! LOOK AT WHAT THE FUCK YOU’RE WEARING!” Derek looked down at himself. He wore boxer briefs and his sleeping shirt. Sam continued. “But don’t worry. You can do whatever the FUCK you want when I’m gone for good.” Shortly after, she burst out the door and down the stairs. Derek’s “But where do you want to go?!” was echoing through the staircase and made her burst into tears once again. The truth was that she didn’t know where to go, she had nowhere to go.
Once again, Samantha was speeding through the city’s streets, it had started raining heavily and all Sam wanted was to get out. She looked around for an exit to the highway and couldn’t find one. Someone on the radio was babbling something that couldn’t be understood because of the rain, and she turned it off in anger. Distracted, furious and still speeding, she didn’t see the pedestrian crossing the street right in front of her.
She had never experienced a greater shock than in that very second. The bump of the car’s hood hitting the person made her heart stop and left her breathless. She didn’t remember hitting the brake, but she definitely did, because the car had stopped and she found her foot on the brake pedal. For a short time her body was frozen and she couldn’t move, but then it got out of the car almost by itself. A person in a black trench coat and Doc Martens got up from the ground and cleaned themselves off. They turned and looked at Sam, who was still in shock. She had stopped crying, but she looked at the person with big eyes, smeared make–up and a red face. The person had short, black hair, but longer bangs that reached up to their eyes, and seemed to be a girl. At least the black eyeshadow suggested so, and she was too short and slim to be a boy. “Well, for that you’re gonna have to give me a ride.”, she said and smiled at Sam. 
“You, but, are you… shouldn’t we go to the hospital?”, Sam stuttered. She felt on the verge of fainting. This was too much.
“I don’t know, maybe? You don’t look too good.”, the girl said.
“No, you…”
“Me?”, the girl interrupted. “I’m fine. I fell on top of your car, not under… So this was basically a stunt.” 
Sam still couldn’t breathe and held onto the open car door. She saw a quite big dent in the metal of the car hood and immediately felt dizzy.
“You should sit down.”, the girl said and softly pushed Sam back onto the driver’s seat. Her touching Sam’s shoulders calmed Sam in a strange way. The other cars drove by, since supposedly nothing serious had happened. For a while the girl was just standing above Sam and they waited, while the inner part of the car door, the girl’s hair and her trench coat were slowly turning soaking wet. When Sam had calmed down, the girl looked at her and said: “I’m Vicky, by the way.” They shook hands, though Sam was still confused. “I’m Sam.”, she answered and added “Shouldn’t we get off the road…?”
“Will you give me the ride you owe me?”, Vicky asked.
“Where to?”
“I was thinking I’d take the same destination you’re headed to.”
“I don’t really have a destination…”
“Even better.” Vicky went around the car and sat on the passenger’s seat. “Let’s go.”
Sam slowly turned to face the streets again, her legs still shivering a little. Vicky turned on the radio and “Walk like an Egyptian” by The Bangles was on. She whistled the melody and moved her arms to the beat. “Have you seen an exit to the highway somewh…” 
“Down the road there’s one on the right.”, Vicky interrupted. 
Sam swallowed and nodded. “Thanks.”
And then she just took off. Slowly first, but she regained her confidence again, as she changed into the lanes of the highway. 
Vicky had taken off her coat and thrown it onto the back seats, leaned back her seat and put her feet up on the dashboard. She seemed to thoroughly enjoy the music and the wind through the window that she had opened up as soon as the rain had stopped.
Sam felt like her head had turned off. She didn’t even care about the visible dent in the hood, which is a thing she would usually have gone crazy about. She just concentrated on driving. Driving was a thing one could concentrate on and still think about nothing. In a way, she was enjoying that.
Near midnight, Vicky suggested to get off the highway to have a break. Sam and her hadn’t been talking much, it was like Vicky knew that Sam’s head was either too full or too empty to have small talk with strangers. 
They arrived at a modern-styled gas station near a small forest in the middle of the countryside. All Sam knew was that she had driven through the state of Alabama going north for a couple of hours without paying attention to any signposts. She slowly began to feel like she was getting away from her problems far enough. Just some more, and maybe she would be able to think straight again. She felt calmer. But in that, also very tired.
She went inside the station and ordered herself a tuna sandwich. Vicky returned from the bathroom she had gone to when Sam had gotten gas outside and grinned at her. “Do you want a sandwich, too?”, Sam asked unsurely. Vicky’s eyes lit up for a second.  “Do you guys have double cheese?”, she asked the cashier. He shrugged his shoulders and got her a double cheese sandwich. Vicky dug her teeth into it and blinked into the neon lights on the ceiling, still smiling. Sam was watching her and found herself fascinated by how careless this girl was, but not in a bad way at all, it was just that she had never met someone so indescribably different before. She had to get herself out of a state of trance, before she paid and left. Before she got back into the car, Vicky stopped her. “You’re extremely tired.”, she said. “Let me drive.” Sam had to assure herself that she hadn’t misheard her. She looked down at her and made the first real eye contact. One green and one blue eye stared back at her, glittering in the light of the lampposts. Even this was unique. “Who has two different colored eyes?”, Sam thought to herself. 
“Why would I…”, Sam begun and got interrupted. “…trust me? Easy, because I can’t take you somewhere you don’t wanna go. I mean, since you don’t have a destination and all that. Plus, I wouldn’t drive your car to shit either, because I also still have to get home with that at some point in the future. Alright? Now please lie down on the backseats, before you fall over.” Sam couldn’t help but smile as Vicky said that. She did was she was told, had an eye on whether Vicky had trouble with the car or not, and as she realized Vicky was fine driving, she felt more and more content with her situation and finally fell asleep.
She woke up on the second day of the journey, when the first few sunbeams touched the car seats. She had fallen asleep on Vicky’s trench coat and Vicky must just simply have tucked her in it, because she was basically rolled into it, together with the blanket from her bag. The car was standing and Vicky was nowhere to be seen. She got up and looked out the window. The car was standing on an open field, at the edge of a forest, and fog stood over the grass. Sam was more than surprised. But looking at the big trees of the forest, the beautiful fog that was colored in red and pink from the rising sun, she found herself stunned. She got out of the car and there was almost no sound. Just her own breath and her steps on the grass. Except from the tracks of the car’s tires, there seemed to be no connection to the world she was used to. She sat down on the driver’s seat again. What if Vicky had left her here? How would she ever get back and why was she here in the first place? She turned on the radio. Vicky had adjusted the station and now some “Chill Beats” channel was on she didn’t know. The small screen showed that the title of the song playing was “Equinox” by one “Chris Mazuera”. She wanted to switch stations back, but the song had spoken samples, and one of the voices said “Wait a minute”, so she stopped and looked straight ahead at the rising sun. The trees casted long shadows towards her. “You know that they’re out there, don’t you?”, the voice said. She stared into the forest, then looked down at herself. A white blouse, dark blue, ironed trousers and high heels, just like they wanted her back at the editorial department. Just her make-up and her perfectly braided hair had suffered. She untied her hair, washed off the make-up with water out of a water bottle she had also bought yesterday at the gas station, and changed into a hoodie and blue jeans. She had not brought any other shoes and the high heels had caused some big blisters on her feet. She kicked them off, picked up one of them, ran a few feet and threw it into the forest with a mix of anger and entertainment. When she turned around, Vicky stood next to the car wielding a paper bag. “I brought some breakfast.”, she yelled. “And also you seem like you wanna talk now???”
They spent the whole day near the forest, watching nature silently or talking about the clouds or how the trees looked like bronchial tubes and basically did the same thing as lungs, but reversed. But they also talked about Sam’s past, the magazines she used to write articles for, even about Derek and Jessy. Vicky always listened carefully and didn’t interrupt Sam anymore, which also was a thing Sam thought about this day. Vicky only interrupted her, when she was being severely insecure or unconfident, as if she tried to discipline her into being more confident. Vicky was mysterious to her, wise, unique.
As the sun set and stars began to show, they continued their journey. Vicky sat on the passenger’s seat again, her seat leaned back, and it was her turn to sleep. Sam had given her the blanket and now she was properly tucked in. Sam just drove, she still had no destination and just gazed into the stars, but this time she was happy. She didn’t know why. On the side of the road was a signpost, that to less important matters told her that she was somewhere in the state of Kentucky, but as she followed it with her eyes, they got stuck on the cutely tucked in Vicky. She watched her breathe softly and her eyes move under her eyelids. “Cherry blossom” by Lana Del Rey was on the radio. As the lyrics “What you don’t tell no one, you can tell me” came on, Sam caught herself smiling and her body felt intoxicated, it was almost like… A fright went through her body, that made her stop smiling. She held onto the steering wheel, her heart pounding and feeling hot. “But it isn’t possible to fall in love with someone that quickly”, she thought, “and I’m not a lesbian.” 
She drove two more hours and then parked on the side of another field. The landscape was getting hillier, but there was still a forest nearby. She also leaned her seat back and tried to sleep facing Vicky’s direction. And then it hit her. What if Vicky was an angel? She sat up and looked at the dented metal of her car hood again. Would a normal human have survived being run over by her without any injury? Would a normal human know how to take her to places that make her feel better? She actually didn’t know. All of this was so disconcerting and new to her, that Vicky being an angel would be close to the only reasonable explanation for this.
While these thoughts were clouding her brain, she slowly became very tired and eventually fell asleep.
The smell of coffee woke her up again. God knows where Vicky had got that from. She sat up and Vicky handed her a to-go cup. “Thanks”, she mumbled. 
“How are you feeling?”, Vicky asked.
“Better. I mean, like… I don’t feel like I’m at rock bottom anymore. Which is strange, because as far as I know, I am.”
“No, believe me, you’re not. You just lost your job, are about to be out of money and don’t know whether you have living relatives. That’s far from rock bottom.”
“Oh yeah?”
“Mhm. Anyway, what do you wanna do today? I mean, apart from writing applications.”
“Alright, what did you do?”
“I rented a laptop and looked for jobs that include article-writing stuff.”
“You rented a laptop?”
“Yeah, apparently you can do that.” She handed Sam a croissant in a paper bag and then grabbed the laptop that had been on the backseat. “I just need your email.”
And then, with Vicky’s help, Sam just wrote three letters of application and a CV, which she sent to three different, new editorial departments, just like that. The photo they just took from her phone’s gallery. She didn’t think that she was qualified enough to apply to any of these three yet, but Vicky’s unshakable confidence at least made it sound like she was. 
After they brought back the laptop, they took a midday walk through the little village Sam had parked nearby, because there was a small funfair. The carousels spinning fast, the bell of the strength-meter you could slam a hammer onto, the people talking and the children screaming and laughing gave Sam a weird feeling of friendliness. It was not like those big fairs in the city, with all the neon lights and the people binge drinking and throwing up at night, where you could expect a couple making out behind almost every hot dog stand. It was not like Sam wanted to stay here forever. But it showed her that the world could indeed be different. She went back to the car with Vicky in the evening feeling nostalgic and hopeful.
Vicky had bought a big cloud of cotton candy on a stick and was eating it now, sitting on the dented car hood with Sam and looking at the sunset. Sam thought it looked kind of cute, but she wasn’t planning on telling Vicky. She just enjoyed the calm moment, the nature and the pretty lighting because of the sunset. 
“How do I deserve this?”, she said. 
“Good question, huh”, Vicky answered. “Let’s just say you were given the weird honor of being a living thing on this earth.”
“I don’t get it.”
“Look at it this way. How big is the universe? It’s infinite. Probably. Humans can’t know, because they’re too dumb, but they assume that it is always expanding. The probability of there being life on any star or planet is so low, that you can probably say that over 100% of the universe is lifeless. Because it is expanding, you can’t define the universe as a whole, so that’s how it is possible that it’s over 100% lifeless. Okay?” She bit into her cotton candy. Sam nodded unsurely. Vicky continued. “But yet you’re sitting here, right in front of me, pretty damn alive, without even knowing how big of a deal it is, that you’re alive! You have been given a gift. It is called life. And you have been given this gift only once. So do something with it. It’s an honor. And know that, even if you lose all your money, your limbs or your home, you still have more that 100% of what the universe has. You get to experience nature, other living things, love, beauty, senses… You would dishonor the universe and nature, the two greatest and biggest things there are, by not making the best of your life. Existence is the greatest gift anyone can be given.”
Sam was rocked to the core by this. She just sat there for a long time, thinking about Vicky’s words.
“Could this be how people came up with religions? They looked for something or someone that gave them this gift of existence, and felt like they owed them infinite thankfulness for that gift?”, she finally said.
“Who knows, perhaps.”
Sam looked at the last few dark red sunbeams over the horizon and felt a tear run down her cheek, because the world had never seemed as beautiful to her as it did right now. The wind blowing in her face suddenly felt different than it did before.
“Shall we go? I’ll drive again.” Vicky smiled at her. She had finished her cotton candy.
Sam nodded and sat on the passenger’s seat and later, after a short stop, she laid on the back seats again, looking at the stars through the window and eventually falling asleep happily.
She dreamt of Vicky this time. In her dream, Vicky was a DJ at a small fair in a village, but she came down from her podium after a while, dancing with Sam, and after the last song sounded out at 3am, they went out to the big field with the forest, where they found her high heel lying in the ditch, and they laughed. Then Vicky said “You’re ready now. I’ll see you when you need me again.” and vanished into the woods, smiling back at her. 
This was when Sam was woken up by a car honking and speeding by hers. She looked up, her car was standing and Vicky was nowhere to be seen. She looked out of the window and it took her a moment to realize that she was back home. The small street was still the same and it was like she had never left. 
She never got to find out how Vicky had managed to drive her from Kentucky back to Alabama in a short night. But there was a croissant in a paper bag lying on the passenger’s seat and on her phone she saw that an email had arrived: An editorial department in Montgomery invited her to a job interview.

Montag, 11. November 2019

Furz während der Examensprüfung (II)


Ist ja interessant - bei der Englischprüfung weiß ich noch ganz genau, dass die große Buba da war. In Latein bin ich mir nicht mehr ganz sicher, aber ich glaube, die Sannitanic hat mich zum Schafott begleitet.

Zweiter Akt: Der Furz

Mein Prüfer, R, wollte mich zu der Examensprüfung unbedingt mal in einem "vernünftigen Outfit" sehen, nicht alles mit Totenköpfen und Skeletten und so, und den Wunsch wollte ich ihm erfüllen. Die Nägel waren zwar immer noch schwarz lackiert, aber ich hatte ein schwarzes Hemd an, schwarze Krawatte, schwarze Hose mit schwarzem Gürtel und eleganter Gürtelschnalle, und die schwarzen Schuhe hatte ich am Vortag extra noch einmal geputzt. Irgendwie sollte das alles meine Panik kaschieren; wenn ich schon untergehe, dann wenigstens mit Stil. In Latein ein Insiderwitz.

Und so saßen wir beiden vor der Tür, glaube ich, nachdem ich meine Ankunft per Klopfen bekannt gegeben hatte, und irgendwann ging die Tür auf, Licht flutete den Korridor des Institut für Klassische Altertumskunde, und ich setzte mein gründlich geübtes Lächeln auf. Hinein in den Prüfungsraum, Rs Büro, da war ich schon öfters, und dort standen dann auch B, der Zweitprüfer, und eine Beisitzerin aus dem Ministerium, deren Namen ich schon wieder vergessen hatte. Sie waren alle sehr freundlich, und so setzten wir uns an den runden Tisch, und irgendwie schwang eine DrH-kann-das-Fröhlichkeit im Raum, seitens der Prüfungskommission, und ich bekam noch mehr Panik - im Studium meine Dauerangst, und auch danach noch: Ich kann den Erwartungen, die an mich gestellt werden, nicht gerecht werden. Und warum erwarten die von mir überhaupt eine gute Leistung? Ich wusste damals nichts von "Hochbegabung", war in Latein immer wieder schwankend zwischen Zwei und Vier. Und das war seitens des nett meinenden R, aber heute musste ich auch B antworten, und der würde klar aufdecken, wie schlecht ich in Latein bin.

"Womit möchten sie denn anfangen?" und ich entschied mich für Prosa - Petron - in der Hoffnung, dass damit das Eis gebrochen werden konnte, denn Petrons Werk hatte ein paar witzige Passagen. "Dann schlagen sie mal Kapitel 47 auf, sie nehmen bitte Oxford, die Tusculum-Ausgabe ist für unsere Beisitzerin, und lesen sie mal vor, bis wir sie stoppen."

Ich schaue auf den Text und merke schnell, dass wir uns mitten in der Cena Trimalchionis befinden, eine der albernsten Episoden - und atme auf. Ich hatte befürchtet, dass es eine der späteren, unbekannteren Passagen wird, aber R hat sich für den Standard entschieden. Warum auch immer. Während ich den lateinischen Text vorlese, komme ich immer wieder in's Kichern, denke mir, das kann doch nicht sein Ernst sein?! DIESE Stelle? Und dann übersetze ich, wie Trimalchio sich bei seinen Gästen entschuldigt, weil er furzen musste. Und erzählt dann ausführlich, wie ihm die Gase im Darm herumfahren, und dass er ja kein Freund davon sei, es zurückzuhalten. Dabei schaut er seine Frau Fortunata an, und die kann das bestätigen. R fragt, wie das gemeint sein könnte, ich bin mir nicht sicher, lese noch ein bisschen weiter, und R und ich ziehen daraus den Schluss, dass Trimalchio und Fortunata nachts keinen Sex mehr haben, sondern - Zitat R - "...die furzen sich wahrscheinlich eh nur noch die ganze Zeit an."

Die Frau vom Ministerium fällt vor Lachen fast vom Stuhl, selbst B kann sich das Grinsen nicht verkneifen, wenn ich Stellen wie venter sonat, putes taurum analysiere. Und so geht der erste Teil der Prüfung dahin, die Sonne scheint, und wir reden darüber, wie rücksichtslos Trimalchio seinen Gästen von seiner Verdauung erzählt, B-Teil ging recht schnell, da über Petron bis auf einen terminus post quem nur wenig gesichert ist, und dann klingt Rs Telefon, mitten in der Examensprüfung. "Wissen sie was, atmen wir einfach einmal kurz durch, ich bin gleich wieder da, dann machen wir weiter." Und wir drei Übriggebliebenen unterhielten uns spaßig über die Satyrica. Entspannt, aufgelockert, halb totgelacht, alle aufgelaufene Angst verloren.

Und auch im Thema Lyrik hat R sich ein Standardthema für mich ausgesucht, keine fiesen, pieksigen Fragen, und plötzlich reden wir über seine Familie, die zufälligerweise in der Region lebt, von der Ovids Gedicht handelt. Es bleibt aufgelockert-persönlich, freundlich, ich komme nach einer Stunde aus dem Raum und kann noch nicht verarbeiten, was da alles gerade im Raum passiert ist. WARUM hat R die Prüfung für mich so einfach gemacht? WARUM diese Textstellen? Ein paar Minuten später erhalte ich meine Note, ein strahlender R, ein strahlender DrH, dennoch verwirrt, dass so etwas eine Examensprüfung sein kann. So abgefahren, so albern... daraus muss sich doch etwas für die Saturnalien schneidern lassen, denke ich mir. Und nehme mir vor, meine mündliche Prüfung zu fiktionalisieren, so viel würde ich gar nicht ändern müssen, damit es witzig und unterhaltsam wird. Jetzt brauche ich nur noch ein Thema...

Fortsetzung folgt...