Talk to me, baby! |
Ich habe neulich festgestellt, dass meine Waschmaschine Haustiere entsorgen kann. Wäsche waschen sowieso. Aber sie kann noch mehr: Sie kann diesem Hochbegabten ein wunderbares Unterhaltungsprogramm bieten. Ihr seid herzlich eingeladen, euch lustig zu machen - wobei, wir sind ja mittlerweile alle erwachsen.
Meine Eltern lesen das und wissen natürlich schon längst, worum es geht. Das ist nämlich nicht neu, sondern bereits in meiner Kindheit entstanden: Der Spaß, der Waschmaschine beim Wäschewaschen zuzuschauen. Ja, in der Tat, wenn ein interessanter Ablauf ansteht, setze ich mich vor die Waschmaschine, starte die Wäsche und bleibe bis zum Ende dort sitzen (wobei, nicht bei Programmen, die länger als eine Stunde dauern, interessant...).
Das mag irre erscheinen, aber ich glaube, bei einem bestimmten psychologischen Profil ist das gar nicht so ungewöhnlich. Ich stelle mir beim Zuschauen unzählige Fragen - wie viel Wasser ist dafür überhaupt nötig? Welche Temperatur ist die richtige, und warum? Wie schnell schleudern und warum, mit dem Ziel, die größtmögliche Effizienz zu erreichen.
Und das Ganze hat tatsächlich eine beruhigende Wirkung auf mich. Beim Waschgang ist nichts Ungeplantes dabei, der folgt einem bestimmten Muster, keine spontanen Überraschungen (egal ob gut oder schlecht). Und ich kann dabei über so viele Fragen nachdenken, weil ich nicht aufpassen muss, dass ich nichts falsch mache. Über Lebensfragen, ob die Dinge ihre Richtigkeit haben - hat quasi eine meditative Wirkung. Danach habe ich das Gefühl, dass viele Dinge in meinem Kopf richtig angeordnet sind, und fühle mich etwas leichter.
Was ich nicht mache: Mit der Waschmaschine reden. Und bevor die großen Lacher kommen: Wie oft habe ich es schon erlebt, dass ich z.B. mit dem Fuß gegen die Couch stoße und mich direkt dafür entschuldige ("Oh, sorry!"), oder dass ich mit dem Fernseher rede, als würde ich mich mit in die dargestellte Handlung einbringen ("Ja natürlich muss das so sein, und wetten, gleich gehst du da... na siehste!"). Solche Sachen fallen in die Kategorie interessante Gespräche, über die ich schon einmal geschrieben hatte.
Manchmal erkläre ich Leuten, dass ich ein bisschen anders bin. Die Reaktion ist meistens dieselbe: "Ach Quatsch, das erscheint dir nur so, jeder von uns hat so seine Macken." Dann anzufangen und die Aussage zu rechtfertigen, indem man Argumente bringt wie z.B. das Essenvergessen, die Selbstgespräche (Link oben), das Unverständnis, die Sozialphobie, das alles hat keinen Sinn, weil mein Gegenüber in der Regel davon überzeugt ist, dass er die Lage besser einschätzen kann. Kann ich ihm auch nicht übelnehmen, im Gegenteil, er meint es ja nett. Deswegen versuche ich in Zukunft etwas vorsichtiger zu sein und einfach den Mund zu halten. Den Leuten nicht sagen, dass ich anders bin. Irgendwann merken sie es dann eh' von selbst, und wenn sie mich dann ansprechen, kann ich es ihnen erklären. Alles Andere ist Zeitverschwendung.
Es gibt aber auch Ausnahmen, und das freut mich sehr, wie z.B. meine ehemalige Nachbarin (ich wusste gar nicht, dass sie Dschennewjehf heißt, also, mit zweitem Vornamen) - ich habe ihr ganz am Anfang von meiner Sozialphobie erzählt und so, weil ich nicht wollte, dass wir uns irgendwie "zu oft" treffen könnten, und nicht zu lange, und erst recht nicht spontan, und sie hat das alles akzeptiert, das fand ich toll. Und auch Er hat das alles hingenommen, als ich ihn damals im Park, ganz am Anfang, gewarnt habe, dass das ein unbequemer Ritt werden könnte, mit mir befreundet zu sein. Das hat Er auch sehr deutlich zu spüren bekommen, aber Er ist immer noch "bei mir".
Naja, soviel jedenfalls zu der Waschmaschine. Und ich finde es ganz toll, dass meine Eltern das damals immer alles mitgemacht haben und nicht versucht haben, mir das auszutreiben (a la "Das ist ja unnormal, das müssen wir ihm abgewöhnen!"). Ja, solch' Verhalten gibt es, und dass kann Dein eigenes Kind ganz schön verletzen. Irgendwo hatte also diese behütete Kindheit auch ihr Gutes...
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