Wer erinnert sich noch an dieses Bild? |
"Wäsche-LEINEN LOS!!!"
Als wir damals zu den donnernden Worten des Käpt'ns in See stachen, hatten wir bestes Wetter, doch heute ist der Himmel handtuchverhangen. Überall sieht man Socken und Unterwäsche, so dass man kaum noch einen Blick auf die See erhaschen kann. Aber wir bleiben tapfer!
"Blick nach links!" - "Volle Biotüten!"
"Blick nach rechts!" - "Gefüllte Schreddereimer!"
Seit Monaten - oder sind es mittlerweile Jahre? - sind wir unterwegs auf unserer Entdeckungsreise. Der Käpt'n hat uns bis heute nicht gesagt, wo es hingehen soll, aber schließlich sind wir nur Arbeiter auf dieser Expedition, wir sollen Aufgaben ausführen, nicht Pläne hinterfragen. Ich bin seit Stunden damit beschäftigt, die Schweißausbrüche des Käpt'n aufzufangen; was soll ich auch sonst machen? Ich bin nur ein unbedeutendes Kopftuch. Schwerer hat es da der Rest der Crew - der erste Maat Pappkarton ist unter der Belastung des Papiermülls zusammengebrochen, und ich frage mich, ob den Planern der Exkursion nicht vorher klar war, dass wir undurchquerbare Papierberge durchdringen müssten? Und das war noch, bevor die Isla Kochtopfa ohne eine Vorwarnung auf der See erschienen ist und seither wie ein Bollwerk auf unserer Reiseroute wirkt.
Auch der Unteroffizier Gelber Sack ist mittlerweile total grün angelaufen; er steht kurz vor dem Brechen. Wir wissen gar nicht, wohin mit den ganzen Kollateralschäden, die wir auf der Suche nach was auch immer verursachen. Und das Einzige, was der Käpt'n uns immer wieder sagt: "Wir haben diese Reise monatelang vor uns hergeschoben. Jetzt hilft kein Jammern mehr, da müssen wir durch. Seid tapfer, Leute, wir befinden uns auf der Suche nach dem Paradies! Ich kann es euch nicht beweisen, dass es dieses Paradies wirklich gibt. Alle Zeitzeugen, die gesamte Generation, die einen Blick dieses Landes erhaschen durfte, weilt mittlerweile nicht mehr unter uns. Wir können uns nur auf ihre Berichte verlassen und hoffen, dass unsere Suche nicht umsonst sein wird."
Das war vor einer Ewigkeit, in der wir bisher nichts entdeckt haben. Unter all' dem Papier, das wir durchquert haben, fanden wir nur noch mehr Papier. Backbord Arbeitsverträge aus einem anderen Zeitalter, Steuerbord Steuerunterlagen, und unter dem Ganzen eine dicke Schicht Klassenarbeiten. Dabei haben wir mittlerweile schon mehrere Meter Bonbontüten, Shampooflaschen und und Räucherstäbchenasche vernichtet. Unsere letzte Hoffnung ist der neue Seemann an Bord, Lieutenant Staubsauger, der sich mit seinem tiefen Atem einen gewissen Ruf erarbeitet hat. Wird er uns helfen können, das Paradies zu finden?
Die ganze Crew steht auf dem Deck, an die Reling gelehnt, und schaut dem Neuen bei der Arbeit zu. Wie ein Wirbelwind arbeitet er sich durch Pizzareste, Käsekrümel und ganze Heere von Staubmäusen - wir haben so etwas zuvor noch nie gesehen, und tatsächlich dauert es nur noch wenige Stunden und Beuteltransplantationen, bis der Mann im Ausguck aus vollem Halse brüllt: "Hoooooooooolz in Sicht! HOOOOOOOOOOOLZ!!!!" Und so können wir endlich einen bedeutenden Moment in unserem Logbuch festhalten:
13-05-2021 - Die Entdeckung des Fußbodens
Doch für mich ist es eine bittersüße Entdeckung, denn mir ist bewusst, dass der Käpt'n mich nun nicht mehr brauchen wird. Er wird mich in's Badreich verbannen, wo ich vom Mahlstrom der gnadenlosen Herrscherin durchgespült werde. Das hat noch niemand überlebt. Aber mein Glaube ist stark: Ich weiß, ich werde wiedergeboren werden - anders, reifer, sauberer - als Geschirrtuch. Möge das Waschmittel sich meiner erbarmen!
post scriptum: Irgendwie scheint sich das zu einem running gag zu entwickeln, dass Aufräumanfälle mit einem Blogbeitrag bedacht werden. Hauptsache, Ihr seid gut unterhalten ;-)
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