Donnerstag, 27. Januar 2022

Schriftliche Missbilligung


Wenn ich einem Schüler eine schriftliche Missbilligung ausstellen muss, dann macht mich das fertig. Ich erlebe das als herbe Niederlage, als Bankrotterklärung für mein pädagogisches Talent: Ich habe es in einem halben Jahr nicht geschafft, zu diesem Schüler durchzudringen - so, dass er sich freiwillig in meinem Unterricht gut benimmt. Ich war immer ein bisschen stolz drauf, dass ich gerade Schüler in schwierigen Situationen gut "kriege", und so eine Sanktionsmaßnahme holt mich dann wieder schnell auf den Erdboden zurück.

Denn was auch immer ich an Vertrauensbasis oder Verständnisgrundlage zwischen mir und diesem Schüler aufgebaut habe, erlebt einen herben Dämpfer. Der Schüler macht wieder dicht, die Distanz wird wieder größer. Das hat mir Thekla damals in St.Peter-Ording beigebracht: Mit solchen Aktionen erreiche ich nichts. In der Konsequenz trainiere ich, keine Strafen mehr im Unterricht einzusetzen.

Immerhin hat mich das Meditationstraining dazu befähigt, mein Verhalten im Anschluss von allen Seiten auszuleuchten, und im Lojong gilt: Jede Schwäche bietet eine Möglichkeit, besser zu werden. 

Trotzdem ist das Gefühl erstmal shayze.

Dienstag, 25. Januar 2022

Schule zu?


Berlin setzt die Präsenzpflicht an Schulen aus - als Alternative zu Schulschließungen? Irgendwie ist es doch irre, die Zahlen schießen in die Höhe, die Inzidenz kratzt regelmäßig an neuen Rekorden, ich wundere mich fast schon, dass ich in meinen Klassentestungen noch keine positiven Fälle hatte. Einzelne Jahrgänge müssen täglich getestet werden, und natürlich auch die dort unterrichtenden Lehrkräfte - ergo vergeht kein Abend ohne einen Schnelltest, der aktuelle liegt neben mir und gleich kann das Nasebohren losgehen.

Die Schulen sollen auf gar keinen Fall geschlossen werden, sagt das Ministerium. Ist da etwas dran? Wie seht Ihr das? Ich kann da nicht von mir auf Andere schließen: Ich habe überhaupt kein Problem damit, ohne soziale Kontakte allein zu Hause zu bleiben, aber die Zahlen zeigen, dass Fälle von Depressionen bei Schülern seit Pandemiebeginn stark zugenommen haben. 

Schule auf, täglich testen - das wäre eigentlich super! Allerdings benötigen wir dafür Unmengen an Tests, und diese Kapazität hat Schleswig-Holstein derzeit nicht. Dass mit täglichem Testen fünf Wochenstunden Unterricht ausfallen - merke ich gar nicht mehr an, denn mittlerweile hat der Unterrichtsausfall sich in meinem Kopf normalisiert. Da kann man auch noch so schnell seine Klasse testen - in großen Klassen muss man einen Durchgang je Hälfte machen, und das kostet Zeit. Hin und wieder frage ich mich, ob wir nicht noch schnell in den letzten zwanzig Minuten etwas schaffen können - aber ich unterrichte in Kursen aus mehreren Klassen, und alle Schüler zusammenzuhaben, das hat bisher noch nie geklappt.

Ich frage mich, wann die Schulen wieder zugemacht werden.

Dienstag, 18. Januar 2022

Fine Tuning


Heute habe ich mit der letzten Lerngruppe das Google Trends Game 2021 gespielt. Schön - das sorgt immer wieder für Spannung. Und es ist immer wieder faszinierend: Ich habe bisher kein Spiel ohne den Begriff Youporn oder Pornhub seitens der Schüler gespielt, heute in der siebten Klasse.

Was ebenfalls häufig auftaucht: Ein Team geht frühzeitig mit vielen Punkten in Vorsprung (gerade in Jahren mit offensichtlichen Suchbegriffen, Beispiel Covid-19), so dass es uneinholbar wirkt. Das nimmt den Schülern die Motivation, weiterzumachen. Also habe ich die Regeln ein bisschen angepasst: Zwanzig Minuten vor Spielende werden die zu verdienenden Punkte verdoppelt, zehn Minuten vor Ende verdreifacht. Außerdem hat das unterlegene Team den letzten Versuch, und zwar mit fünffacher Punktzahl. So bleibt es wirklich bis zum Ende offen, ob das Team "Window" oder "Door" gewinnt.

Und das Coronavirus rollt durch die Schulen, wir haben mittlerweile Jahrgänge, die täglich getestet werden müssen, Lehrkräfte inklusive - wie schaut es bei Euch aus, habt Ihr das Geschehen noch unter Kontrolle?

Sonntag, 16. Januar 2022

Endlich wieder da


Ich stelle fest, dass mich die erste Schulwoche vollkommen überfordert hat. Die Kollegen wiedersehen, die Schüler wiedersehen nach so langer Zeit. Den Unterrichtsversuch Videospiele weiterführen. Neue Corona-Maßnahmen, Verdacht auf HB/Aspi bei einer Schülerin und nebenbei eines der besten Videospiele erleben, die ich bisher gespielt habe, und als Abschluss Erkältung am Wochenende. Ursprünglich wollte ich meine Eltern an der Westküste besuchen, aber meine Mutter hat - weise, weise - vorgeschlagen, den Besuch um zwei Wochen zu verschieben, bis ich wieder im Tritt bin.

Acht Wochen ohne Unterricht, ohne Schule, das ist wahrscheinlich auch für neurotypische Menschen nicht einfach so umzustellen. Für den Aspi, der sich auf einen "Krankheits-Alltag" umgestellt hatte, ist das noch eine Spur schwieriger. Aber, und das bleibt immerhin zu erwähnen, es war eine tolle Woche. Viele neue Eindrücke, das Gefühl, dass einige Schüler sich tatsächlich freuen, dass Dr Hilarius wieder da ist. Vielleicht schaffe ich es in der nächsten Woche, das Chaos etwas abzuarbeiten, und vielleicht schaffe ich es endlich, den neuen Psychologen-Termin anzupeilen. 

Ich hätte nicht gedacht, dass grauer Alltag eine schöne Sache sein kann, aber er bietet Regelmäßigkeit, Sicherheit (so denn möglich), eine Art Ariadnefaden durch das Gewirr der Unvorhersehbarkeiten.

Kann losgehen (mit Zeugniskonferenzen an den nächsten drei Tagen, hochspannend)!

post scriptum: Die Neuverfilmung von Frank Herberts "Dune" durch Denis Villeneuve (2021) ist schön anzusehen und anzuhören [und weckt viele Erinnerungen an "Blade Runner 2049" (2017)], aber ich muss zugeben, sie hat mir wieder Lust auf die Verfilmung von David Lynch (1984) gemacht. Der alte Film mag zusammenhanglos, surreal und dreamlike sein - Lynch eben - aber ich glaube, er gefällt mir besser als der Neue, vielleicht gerade wegen seiner Skurrilitäten; Villeneuves Film ist auf Hochglanz poliert und massentauglich, soweit man bei der Romanvorlage von Massentauglichkeit sprechen kann. I prefer films with an edge.

Freitag, 14. Januar 2022

Strike!


Was für ein irre tolles Gefühl das ist, wenn sich der HB- und dazu noch Aspi-Verdacht bei einem Schüler erhärtet. Das ist eine seltene Kombi, und es ist erst mein zweiter Schüler, den ich damit entdecke - aber es fühlt sich toll an, in's Gespräch zu gehen, die passenden Fragen zu stellen und nach und nach in der geistigen Checkliste einen Haken nach dem anderen zu setzen, inklusive eines ganz bestimmten Löffels, mit dem das Essen einfach besser schmeckt. Geil. Heute habe ich Brackmann mitgegeben, ich denke mal, nächstes Wochenende werde ich dann Attwood mitgeben. Das könnte mein erster "offizieller" Erfolg werden, wir schauen mal, und wieder einmal werde ich The Talos Principle ausleihen.

Und endlich geht das Projekt Videospiele im Unterricht weiter, und es zeigen sich erste Schwierigkeiten: Selbst wenn nur die ersten drei Reihen des Hörsaals benutzt werden, kommen die Anweisungen der Schüler teilweise extrem leise bei mir an, kommen nicht gegen den Spielsound an. Ein Punkt Abzug für den Hörsaal, und da in der gesamten Schule Screens installiert sein, könnten wir überlegen, das in den Klassenraum zu verlegen. 

Aber auch etwas Positives gibt es zu vermerken, wie interessant es nämlich ist, wie unterschiedlich Lerngruppen in den gleichen Spielsituationen entscheiden. Heute:

Max, unsere Protagonistin, kann nicht in ihr Studentenwohnheim zurück, weil die Campus-Bitch die Treppen blockiert. Beide Lerngruppen entscheiden sich, ihr eins auszuwischen, indem ein Eimer Farbe von einem Gerüst fällt und die Bitch mit Farbe besudelt. Danach hat man zwei Möglichkeiten, wenn man mit ihr redet: "Mock her" oder "Comfort her" - also entweder sich über sie lustig zu machen oder sie zu trösten. Klasse Neun hat sich lustig gemacht, Klasse Zehn getröstet, und die unterschiedlichen Entscheidungen haben Einfluss auf die Story. 

Genau darin liegt für mich der Reiz - zu sehen, wie unterschiedlich Schüler die Situationen bewerten und die Konsequenzen dann in Kauf nehmen - und deswegen ist ein Spiel mit relevanten Entscheidungen wie Life Is Strange auch so gut geeignet.

Ab in die Meditation, es gibt viel zu verarbeiten!

Donnerstag, 13. Januar 2022

Ich feier' Anime. ... ?


Da zeigt sich mal wieder, wie egal es mir ist, was Schüler so über mich denken und reden: Ich hatte mich sowieso schon gewundert, warum so viele Schüler mich fragen, ob ich Anime mag. Selbst in mir völlig fremden Klassen in einer Vertretungsstunde werde ich gefragt. Heute hat mich dann eine Schülerin gefragt, ob ich [Hier Namen einsetzen] kenne. Ich sage ihr, dass ich davon noch nie gehört habe, und sie ist total überrascht.

"Waaaaaas? Wie kann das sein, sie feiern doch Anime!"

"Ähm...  also es gibt ein paar Anime, die ich toll finde, aber ich würde nicht sagen, dass ich sie feiere..."

Und ich erkläre ihr, dass ich Ghost in the Shell, Akira, Chihiros Reise ins Zauberland, Prinzessin Mononoke und Paprika toll finde - und frage nun doch endlich mal nach, wieso Schüler auf die Idee kommen, ich könnte Anime mögen. Genauer gesagt, dass ich Anime "feiere".

Youtube. Natürlich. Ich nutze Youtube, um alles Mögliche hochzuladen, nicht zuletzt Videobotschaften an Kollegen und Schüler. Dadurch kennen sie meinen Youtube-Kanal und sehen, was ich da sonst noch hochlade, und jetzt könnte die große Buba anfangen, zu wackeln und kichern: Sie ist noch nicht ganz so weit, Videospielwelten ganz allein zu erforschen. Das ist immer noch ein Partnerevent mit mir. Und wann immer ich in einem Spiel, das wir nicht zusammen spielen, eine Szene finde, die unserem Humor entspricht, nehme ich ein kurzes Video auf (die PS4 kann das ganz praktisch) und lade es bei Youtube hoch, damit die fette Schnecke was zu kachen (sic) hat.

Und so findet man da kurze Clips von übertriebenen Gay-Stimmen, missverstandener Sprachausgabe und vor allem ungewöhnliche Brüste. Ja. Aus irgendeinem Grund machen sich viele Spieledesigner einen Spaß daraus, den Brüsten ihrer weiblichen Charaktere unnatürliches Verhalten zuteil werden zu lassen - da wackeln die Titten einfach mal von selbst oder fallen herunter. Ja, da erinnert sich die große Buba an die Königin der Unterwelt in einem Spiel, die immer, wenn sie sich zur Seite gelehnt hat, ihre rechte Titte nach unten geklappt hat. 

Das ist ein herrlicher Spaß, und oft tauchen solche Szenen eben in Spielen im Anime-Stil auf (Tales-Reihe, Dragon Quest-Reihe, Atelier-Reihe und viele mehr). Also finden die Schüler diese Clips auf meinem Kanal und leiten daraus ab, dass ich total auf Anime abfahre.

Irgendwie fand ich die ganze Episode witzig und gönne den Schülern ihren Stalking-Spaß.

Ich wiehbe meinen Beruf!

Mittwoch, 12. Januar 2022

Kopfnoten


Es wird langsam Zeit für Zeugnisse, und hin und wieder überlege ich mir, wie das Zeugnis eines Schülers wohl für einen potentiellen Arbeitgeber aussehen muss. Ob man sich angesichts der Noten einen Menschen dahinter vorstellt? Und wie authentisch ist dieses Bild dann? Zeugnisse können nicht die charakterliche Dreidimensionalität eines Menschen abbilden - aber sie können es zumindest versuchen.

Da denke ich doch einfach mal an Schüler Klaus, der vielleicht sogar Klaus heißt. Hat eine Menge im Kopf, ist fachlich absolut top, bekommt eine Zwei. Das klingt gut! Was diese Note nicht sagt: Klaus hat nie seine Sachen dabei. Er kann nicht eigenständig arbeiten und sich im Unterricht kaum konzentrieren. Seine Hausaufgaben macht er selten, und wenn, dann eher schlampig, genau wie seine Heftführung. Er ist absolut nicht konfliktfähig und kann nicht mit anderen Schülern in einer Gruppe arbeiten.

Um solche Umstände auszudrücken bzw. sichtbar zu machen, gibt es die Kopfnoten. Die gibt es nicht überall, und an meiner Schule heißen sie LeSos. Das sind Anmerkungen, die jeder Lehrer für seine Schüler macht und die das Lern- und Sozialverhalten in vier Stufen beschreiben. Ich dachte anfangs, dass das nur unnötig viel Arbeit für die Lehrkräfte ist - aber ich finde sie mittlerweile richtig gut, um eventuelle Probleme bei'm Verhalten den Erziehungsbereichtigten noch deutlicher zu machen. Dieser alternative Notenspiegel lässt auch Rückschlüsse zu, ob Klaus sich nur in einem Fach so auffällig verhält, oder ob es sich durch seinen gesamten Schulalltag zieht.

Habt Ihr Kopfnoten oder ähnliche Zeugnisvermerke? Wie steht Ihr dazu?

Dienstag, 11. Januar 2022

Unterrichten? Wie geht das?

Pädagogen-Sneaker, das Klischee erfülle ich gerne!

Stundenraster? Problematisierung? Sicherung und Transfer? Leistungskontrolle? AHR-Noten? WAS IST DAS ALLES?!

Ein bisschen fühlt es sich an, als wäre ich acht Wochen nicht mehr in der Schule gewesen. Tatsächlich waren es neun, und ich hatte riesige Angst davor, die Namen meiner Schüler nicht mehr zu kennen. Indeed: Da hat eine Schülerin einen totalen Stilwandel durchgemacht - mit tollem Ergebnis, aber ich wusste nicht mehr, wer da vor mir sitzt. Dann die Realisation, dass wir im Stoff hinterherhängen und eine weitere Wochenstunde durch zusätzliche Testung ausfällt. 

Und trotzdem fühlt es sich an wie Schule - oder vielleicht gerade deshalb. Und es fühlt sich toll an, die kleinen Monster wieder vor mir zu haben, die einen tollen Handel anbieten: Meine Nerven gegen das großartige Gefühl, etwas zu leisten. Ohbeidhekhlebottipotti. Es war wirklich höchste Zeit, wieder vor die Schüler zu kommen. So "schön" es auch sein mag, den ganzen Tag mit Videospielen und Filmen auf der Couch zu verbringen - ich brauche die Schul-Action, quasi als Ausgleich.

Und das Jahr startet dann auch endlich mit neuen Schuhen, Neunundvierzig Einhalb, weil ich scheinbar große Füße habe. Aber nun habe ich, wenig überraschend, ein paar Nike Air Max in schwarz, leicht, stabil. 

Wie war Euer Start?

Freitag, 7. Januar 2022

Der Untergang der Schokoberliner

Alas, I knew him well...

Es war einst in einem anderen Land, weit vor unserer Zeit, als einfach jeder Mensch glücklich war. Männer und Frauen waren glücklich, Kinder und Alte waren glücklich, Schwule und Lesben waren glücklich, Behinderte waren glücklich, Gesunde und sogar Kranke waren glücklich. Sie alle hatten eines gemeinsam: Sie lebten unter der Herrschaft der Schokoberliner.

Seitdem zum ersten Mal ein Mensch in dieses frittierte Wunder gebissen hat und den unbeschreiblichen Segen der Nuss-Nougat-Füllung erlebt hat, ging es mit diesem Land nur noch bergauf. Innerhalb von Minuten konnte ein Schokoberliner jeden Menschen zum Lächeln bringen, zum verträumten Seufzen, zum Strahlen oder dazu, dass sich seine Zähne im Mund auflösen.

Die Schokoberliner hatten unter sich einen zu ihrem Herrscher auserkoren, der war noch praller und runder als sie, und war von allen Seiten glasiert und mit Zuckerstreuseln bedeckt. Er war bis zum Rand mit Nougatcreme gefüllt, so dass diese schon fast zum Füllloch herausplatzte. Ehrfurchtsvoll wurde er von den Menschen "Schoko-Zuckerschock-Bombe" genannt, kurz SZB. Es ging der Mythos, dass wer auch immer in SZB beißt, sofort durch den death by chocolate sein Leben verliert. Kein Sterblicher würde je die zweihundert Milliarden Kalorien überleben, die nur ein einziger Bissen von SZB enthielt.

Die Menschen verehrten und fürchteten also die Schokoberliner. Sie wurden allesamt glücklich, und sie wurden allesamt fett und träge. Denn sie hatten nicht bemerkt, dass die gerissenen Schokoberliner irgendwann ganz von allein in ihren Rachen rollten. Kein Mensch musste mehr zum Bäcker gehen, die kleinen Schokoklopse rollten durch jede noch so kleine Nische, jeden noch so schmalen Geldbeutel und jede noch so sorgfältig geplante Diät weiterhin direkt in den Magen und in das Herz der Bürger. 

Ja, die Bürger waren allesamt glücklich. Und fett. Aber sie waren nicht frei - sie hatten sich von den Schokoberlinern vollkommen abhängig gemacht, und niemand bemerkte es, sie alle wurden weiter randvoll mit Nougatcreme gestopft. Kaum ein Mensch konnte sich noch bewegen, und noch immer rollten die kleinen Monster durch jede Bäckerei des Landes, und sie schienen sich wie die Heuschrecken über das Land zu ergießen, wenn die Weihnachtszeit kam.

Doch dieses Weihnachten sollte alles anders kommen. In einem nicht näher bekannten Ort stand ein großer kleiner Mann auf, mit einem krummen Finger und ganz in schwarz gekleidet, und rief seinen Mitmenschen zu: "Nennt ihr das etwa Glücklichsein? Vollstopfen und dann selig grinsend in ein Fresskoma fallen? Wie könnt ihr nur so leben!" Doch niemand nahm ihn ernst, denn während er diese Worte sprach, pulte er mit seinem Finger noch bunte Zuckerperlen zwischen seinen Zähnen hervor, und in seiner rechten Hand hielt er einen Sack, aus dem geschmolzene Nougatcreme tropfte.

"Ja", rief er, "auch ich hatte einst kapituliert vor der Übermacht der SZB, aber ich werde mein Leben wieder in meine eigene Hand nehmen!" Entschlossen holte er einen Schokoberliner aus dem Sack und biss hinein. Es dauert keine zehn Sekunden, bis sich sein Gesicht in ein seliges Lächeln wandelte. "Verräter, du bist doch auch nicht besser als wir!" schallte es ihm aus den Häusern entgegen... doch dann warf der schwarze Mann den Rest des Berliners auf den Boden und stampfte mit seinem überdimensionierten Kindersarg-Stiefel darauf. 

"Schaut! Es ist möglich, sich zu wehren - ich habe es gerade eben geschafft! Man kann NEIN sagen - und ich werde euch dabei helfen, indem ich eine Bäckerei öffne, die ab Februar keine Schokoberliner mehr führen wird. Nur so können wir uns vom Nutella-Joch befreien."

"Das sagst du so leicht, das ist ja ein schöner Plan für die Zukunft, aber es liegen noch tonnenweise Schokoberliner in unseren Häusern herum, viele davon schon auf dem Weg in unseren..." - mehr konnte er nicht sagen, da sich ein weiterer Schokoboller von selbst in seinen Mund gestopft hatte.

"Ich werde einen Weg finden, diese Abermillionen von tollwütigen Schokoberlinern zu vernichten! Habt ihr von dem Gerücht gehört, dass es irgendwo in einem verborgenen Tal eine große Buba geben soll, wie ein Trichter, in den die Berliner rollen, ohne dass jene Buba jemals platzte? Niemand hat je einen Beweis dieses Wesens gesehen, aber in den Geschichtsbüchern ist von einer Frau die Rede, die einsam den Kampf gegen eine Sturzflut aus Zimtsternen geschlagen haben soll. Wenn dies die Buba ist, dann werde ich sie finden und unsere Welt retten!"

Fortsetzung folgt ausnahmsweise mal nicht; ich habe diesen Beitrag vor knapp einem Jahr geschrieben und unveröffentlicht gelassen. Es kam einfach kein kreativer Funke auf, ihn fertigzuschreiben. Anlass war die Ankündigung der Bäckerei unten an der Kreuzung, dass Schokoberliner ab Februar nicht mehr im Sortiment sind - zum Glück! Die Teile sind absolut gnadenlos schlonzig, und das musste ich einfach literarisch verarbeiten.

Donnerstag, 6. Januar 2022

Knusperlesben


Khlottseidank haben heute endlich alle richtig wichtigen Dinge den Weg in meine Wohnung gefunden - das sorgt für ein leichteres Lebensgefühl.

Da wären zuerst mal die beiden wichtigen Karten - heute Vormittag konnte ich in der Sparkassenfiliale zum Glück ohne Problem meine Bankkarte zurückbekommen; "Ich müsste nur einmal ihren Personalausweis sehen." - "Da haben wir Pech, denn der liegt zur Zeit im Fundbüro." Aber der Führerschein tut es ja auch. Dann hat mein Weg mich zum Ordnungsamt geführt, wo eine unglaublich nette Dame im Fundbüro saß, die eine junge Kollegin mit sich hatte: "Das ist heute ihr erster Tag!" flüstert sie mir strahlend zu, während die junge Dame große Schränke nach meinem Ausweis durchsucht. Drei Euro Verwaltungsgebühr, und das tat ihr richtig Leid - ich war einfach nur froh, wieder meine Sachen beisammen zu haben.

Auf dem Weg zurück nach Hause hat sich das nächste wichtige Ding finden lassen - Pute-Ei-Sandwiches. Klasse, jetzt habe ich wieder alles für meinen "Essensplan" zusammen - und die große Buba sagt natürlich pseudogriechisch "hä poútäh".

Dann zuhause angekommen waren zwei Pakete angekommen - ein neuer Regenschirm (ich habe mir endlich mal einen qualitativ ordentlichen Schirm besorgt) und pünktlich heute die Candyman-Bluray; endlich kann ich den Film ohne Verpixelungen genießen.

Was sich noch angefunden hat, ist eine Tüte mit Knuspererbsen, die die große Buba mitgebracht hatte. Allerdings war der Schriftzug etwas umgeknickt und so habe ich heute erstmal "Knusperlesben" gelesen; das klingt wie ein Boss aus einem japanischen Hentai-Videospiel.

Impfpass. Der fehlt noch. Geht aber los. Jetzt kann ich mich ja auch endlich wieder ausweisen.

Mittwoch, 5. Januar 2022

Zerstreut


Vor ein paar Wochen habe ich meinen Personalausweis bei Rewe vergessen. Bei der Impfung habe ich meinen Schirm dort liegen gelassen. Heute Mittag habe ich dann meine Bankkarte im SB-Automaten gelassen. Ich staune, dass ich es noch schaffe, meinen Kopf mitzunehmen, wenn ich die Wohnung verlasse - wobei, offensichtlich habe ich meinen Kopf nicht dabei.

Drollig, das lässt mich an einen wunderbaren französischen Animationsfilm denken, J'ai perdu mon corps (Ich habe meinen Körper verloren, 2019); dort ist eine Hand auf der Suche nach dem Rest des Körpers, niedlich, romantisch, sehenswert und auf Netflix verfügbar.

Nicht ganz so drollig ist, wie zerstreut ich momentan offensichtlich bin. Und jedes Mal geht es auf eine unvorhergesehene Planänderung zurück: Heute morgen klingelt mein Wecker wie geplant um Acht. Ich drücke die Snooze-Taste, noch fünf Minuten kuscheln, ich habe genug Zeit. Der Wecker klingelt nochmal, ich schalte ihn ab, okay, wie fange ich heute an? Ich muss darüber nachdenken... im Bett... kurz die Augen zu... FUCK. Halb Zwölf. Verschlafen.

Ich hatte keine Termine, aber ich wollte einige Dinge erledigen - die müssen auf morgen warten. Heute vor dem Zubettgehen schreibe ich mir eine komplette Liste für morgen, und bei'm Weckerklingeln stehe ich direkt auf. Ich muss meinen Perso wiederbekommen, meine Bankkarte wiederbekommen, das Video an die Schüler schicken, mein Iserv durchschauen - wovor ich tatsächlich etwas Angst habe - mein Impfbuch aus den Achtzigern zu meinem Hausarzt bringen, damit ich endlich mal einen neuen gelben Impfpass habe.

Hoffen wir einfach mal, dass ich morgen vernünftigen grip bekomme und meinen Kopf mal nicht nur wörtlich bei mir habe.

Sonntag, 2. Januar 2022

Kann losgehen!

Bald darf ich endlich meinen Schülern wieder auf die Nerven gehen...

So, angekommen im neuen Jahr Zwanzig Zweiundzwanzig (wie angenehm, die Zwei ist meine Lieblingszahl), heute nochmal gammelig-ruhig, kann es dann morgen losgehen mit der Arbeit. Da steht Einiges an, und ich vermute mal, dass ich meine Schulaufgaben besser werde erledigen können, wenn die Wohnung nicht mehr ganz so chaotisch aussieht. Außerdem ist Regen angesagt, grau, und das ist wunderbares Putzwetter.

Die Impfung (Moderna) habe ich scheinbar gut vertragen; gestern Abend war ich ein wenig matschig-flau, aber heute scheint alles wieder in Ordnung zu sein. Jetzt muss ich nur noch darauf achten, dass ich mich nicht komplett in das aktuelle Zelda-Spiel (open world games können massig Zeit fressen, weil man keinerlei Vorgaben bei der Erkundung der Welt hat) reinschlotzen lasse - geht aber, wenn ich einen vernünftigen Zeitplan mache. Das wird eine Woche der Buba-Abende, auch wunderbar, wir sind gerade voll im Fringe-Fieber und regen uns über dumme Männer auf (irgendwie geht das viel leichter als bei dummen Frauen - vielleicht, weil sie sich nur so selten dumm verhalten).

Morgen steht der nächste Gang zu Rewe an, denn die Salate, Sandwiches und Nachtische sind aufgebraucht. Also gehe ich wieder los und kaufe viermal das Gleiche. Es ist so wunderbar entspannend, wenn man sich nicht entscheiden muss, was es zu essen gibt. So kann ich mich eher auf die wichtigen Aufgaben konzentrieren. Vorsätze? Nein. Die dienen nur als Grundlage für Enttäuschung, und im Buddhismus lernt man, keine Grundlagen für negative Gefühle zu schaffen. Stichwort: Ich sollte meine Lojong-Kenntnisse auffrischen.  

Nehmt Ihr Euch Sachen für das neue Jahr vor?