Freitag, 25. November 2016

The Knife - Silent Shout: Düster & Mystisch


Okay - das Titanic-Finale wird noch einen Abend weiter geschoben. Damit der gewillte Leser sich einen entspannten und nichtsdestotrotz hochspannenden Lesenachmittag am Sonntag machen kann. Mein unentwegt denkendes Gehirn denkt gerade an etwas Anderes, was dringender auf das "Papier" muss. Einer der Vorteile des Bloggers ist, dass er selbst entscheidet, worüber er schreiben möchte. Und idealerweise interessiert es ihn dabei überhaupt nicht, wie viele Leser seine Beiträge lesen. Diesen hier werden nur sehr wenige lesen, weil sie nicht an Rezensionen alternativer Musik interessiert sind, und das kann ich ihnen nicht verdenken.

Diesen Beitrag sollten Menschen lesen, die Luft auf Neues, Ungewöhnliches, Faszinierendes, Künstlerisches, Düsteres und sehr Schönes haben.

Karin Dreijer-Andersson. Unsere Romanze hat begonnen in der Schwarzen Szene vor acht Jahren - kann auch länger her gewesen sein. Damals hatte ich in der Disco den Song What Else Is There? von Röyksopp im Remix von Trentemöller gehört, dem Karin ihre Stimme geliehen hat. Mir ist direkt ihre Stimme aufgefallen - ich kann sie schlecht beschreiben. Etwas schnarrig? Nein. Auf jeden Fall nicht so weich und keine Massenstimme. Etwas ganz Spezielles, hab ich nicht auf Anfang schön gefunden. Das brauchte Zeit.

Röyksopp ft. Karin Dreijer-Andersson - What Else Is there? (Trentemöller Remix)

Der Song kann süchtig machen, wenn man dazu tanzt, umringt von düster aufgestylten Menschen. Krachende Beats auf dem Dancefloor und zwischendurch Dreijer-Anderssons Stimme, die mich zu hypnotisieren versucht. Und ich fand ihren Namen interessant.

Karin Dreijer-Andersson. Schwester von Olof Dreijer, wie mir Wikipedia damals mitteilt. Sieh an, mit ihm zusammen hat sie ein Musik-Projekt, The Knife. War damals nichts für mich, irgendwie zu dancig, zu - weiß nicht. Nicht mein Ding. Aber es wurde Karins Soloprojekt erwähnt, das ich hier auch schon erwähnt habe, nämlich Fever Ray. Ich habe damals reingehört - sie hat bisher nur ein Album veröffentlicht, gleichnamig, in 2009.

Fever Ray - Keep the Streets Empty For Me

Jenes Album hat mich unglaublich verzaubert. Düster, eiskalt und doch warm, mit einer Art Puls, komplex, hoch anspruchsvoll - versehen mit einer Reihe Musikvideos, die sich nicht bereits beim ersten Ansehen erschließen lassen. Fever Ray hat mich süchtig gemacht und ich bin seither von Dreijer-Andersson fasziniert, obwohl ich sie bisher fast noch nie ohne unglaublich entstellende Verkleidungen gesehen habe. All das gehört zu ihrer Idee von Musik und Kunst dazu.

The Knife - Pass This On

Und nun war es dann doch mal soweit. Nachdem ich einige Singles von The Knife gehört hatte (Heartbeats, Pass This On, You Take My Breath Away), wurde es Zeit für ein ganzes Album. Ich nahm mir direkt das vor, das einen Wandel des Duos zu etwas düsterer Musik markierte: Silent Shout (2006). Ich bekam sofort einen Ohrwurm von dem Lied Marble House, sicherlich auch, weil ich mich dadurch an einen lieben Menschen erinnert gefühlt habe. Dazu hatte ich ein paar Videos online gesehen von ihrer damaligen Live-Show. Und bei Amazon dann gesehen, dass sie eine DVD veröffentlicht haben: Silent Shout: An Audiovisual Experience. 

Es handelt sich dabei um einen nachbearbeiteten und aufgepeppten Mitschnitt eines Konzerts in Göteborg, neu abgemischt auf Dolby 5.1 - rein ins Heimkinosystem, die Lichter aus, meinen Verstand auf Offenheit und Neugier geschaltet, und ich habe mich mitreißen lassen.

The Knife - Silent Shout Live (Titelsong ab 39:23)

Sehr alternative Musik, die gleichzeitig toll ins Ohr geht, der Puls der Musik überträgt sich auf den Zuhörer/Zuschauer. Dazu eine Beamer- und Lichtershow, so mystifizierend, dass die Bezeichnung "audiovisual experience" nicht treffender sein könnte. Nach einundfünfzig Minuten, als die Credits über den Bildschirm rollten, wusste ich nicht wirklich, was mit mir passiert war, aber ich wusste, dass es gut war. Was für eine geile Scheibe, was für ein geiles Projekt.

Die beiden Geschwister sind absolute Perfektionisten. Man erkennt es nicht nur an den Musikvideos und den Bühnenshows, sondern auch an den teils langen Pausen zwischen zwei Veröffentlichungen. Vor einiger Zeit hat das Duo sich - getrennt? Zumindest eine kreative Pause auf unbestimmte Zeit eingelegt, und seit 2010 gibt es auch nichts Neues mehr von Fever Ray. Letztes Jahr allerdings sagte Karin in einem Interview, dass sie wieder an etwas arbeitet. Ob als The Knife oder als Fever Ray, oder vielleicht als ein ganz neues Projekt, das weiß niemand. Und das ist auch gut so, denn ich bin neugierig.

Neugierig auf Anderes.

post scriptum: Haarschnitt bei Frau Kliewer ist günstiger als bei den Billig-Ketten - wieso bin ich da nicht schon längst hingegangen! Eine Last weniger, der Tag war gut.

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