Dienstag, 15. November 2016

"Dr Hilarius, ich habe gekifft."


Ich wollte diesen Beitrag ursprünglich (also in der Meditation gerade) Multiple Persönlichkeiten nennen. Ausgehend von der Beobachtung meines Verhaltens, wenn ein Schüler mir den Satz im tatsächlichen Threadtitel entgegenbringt. Das ist bisher an jeder meiner Schulen mindestens einmal vorgekommen. Die Schüler sind im Einzelgespräch mit der Zeit recht offen mir gegenüber. Und jedes Mal wieder weiß mein Gedankenzug nicht, über welche Weiche er fahren soll.

Der Lehrer: Ich checke erstmal gründlich ab, ob er gegen die Schulordnung verstoßen hat, denn das muss gemeldet werden - führt kein Weg dran vorbei, aber vorher arbeite ich mit dem Schüler noch etwas auf der pädagogischen Ebene [ich bleibe dabei: Lehrer und Pädagoge sind nicht immer dasselbe, leider] und melde mit gutem Gewissen den Fall erst eine Weile später, bis ich mir sicher sein kann, dass der Schüler sich der Lage bewusst ist, und zwar sachlich.

Der Drogenkrieger: "Boah, lass den Scheiß, Drogen sind scheiße, hör auf damit, bevor es dich kaputtmacht. Gras ist ne Einstiegsdroge, einmal geraucht, hängste auch bald am Heroin. Sag NEIN zu Drogen! Wer ist dein Dealer? Den zeig ich sofort an!" (War on Drugs hat noch nie funktioniert)

Die Petze: Ich nehme die Info auf und trage es gleich an den Klassenlehrer weiter, so wie wir das im Referendariats-Handbuch gelernt haben. Je nach Schulorganisation kann der erste Ansprechpartner aber auch der Schulsozialpädagoge sein.

Der Eskalierer: "Guten Abend, Frau Gänseklein, entschuldigen sie, dass ich so spät noch anrufe, aber wussten sie eigentlich, dass ihr Kind Drogen nimmt? Schließen sie ihre Medikamente eigentlich sicher genug weg?"

Der Eskalierer v2.0: "Frau Gänseklein, ich denke, wir sollten uns über ihr Kind unterhalten. Bringen sie bitte etwas Zeit mit. Und ein Beruhigungsmittel."

Der Streetworker: Ich gehe mit dem Schüler ins offene Gespräch und checke ab, ob die vier Grundsäulen der Drogenmündigkeit das Kindeswohl schützen und gebe entsprechende Tipps, Hinweise oder Warnungen.

Jeder Lehrer hat seine eigene Herangehensweise an solch eine Situation. Ich bin der Meinung, dass es da keinen goldenen Standard gibt, keine Vorgehensweise, die immer funktioniert. Tatsache ist, dass das ein sehr sensibles Thema ist und man den Schüler wissen lassen sollte, dass man seine Offenheit und seine Ehrlichkeit schätzt und dass das wichtige Eigenschaften sind. Ohne Vertrauensbasis geht nix (aber: Lehrer, werd' nicht leichtsinnig!), und auch hier muss nochmal mit dem namedroppenden Salzstreuer ein John Hattie als Würze dienen. Je besser das Verhältnis des Lehrers zum Schüler, umso eher kann man einen sichtbaren Lernerfolg gewährleisten.

So, ich pack' meine vielen Persönlichkeiten für heute mal ein. In meinem Kopf gibt es immer gute Unterhaltung!

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