Diese Anekdote ist ein paar Monate alt, aber heute ist mir in der Meditation aus heiterem Himmel dieser Satz in den Kopf gekommen ("Herr -icke..."), ich fand den drollig, und der passt sehr gut zu der Geschichte.
Eine Apotheke im Kieler Stadtteil Dietrichsdorf. Ich hatte keine Honigbonbons von Em-eukal mehr, und das geht gar nicht. Zahlung per Karte, Bargeld ist dieser Tage nicht so wirklich in, ich reiche der Apothekerin meine Karte unter dem Plastikschutz hindurch, sie legt sie auf das Lesegerät und hält einen Moment inne. "Dr Hilarius? Ich kenne sie, wir haben damals zusammen Latein studiert, bevor ich zur Pharmazie gewechselt habe. Ist aber ewig her, das muss ein Proseminar bei Radicke gewesen sein."
Solche Situationen begegnen wir immer mal wieder - jemand erkennt mich wieder, ich kenne die andere Person überhaupt nicht. Und mir ist das immer etwas unangenehm, weil ich mir denke, wie unhöflich, jemand erkennt mich und ich kann mich überhaupt nicht an diesen Menschen erinnern. Natürlich ist das ein unsinniger Gedanke, das hat ja mit Höflichkeit nichts zu tun, und dennoch ist es mir unangenehm, für einen Moment, jedesmal wieder.
Und wie kommt es überhaupt dazu, dass es immer wieder jemanden gibt, der mich wiedererkennt und ich bin völlig planlos? Jemand hat mal gesagt, ich sei unvergesslich, ich denke, das hängt mit meinen Outfits zusammen. Wenn es tatsächlich im Proseminar Eins war, dann hatte ich Socken in Sandalen im Winter an. Es könnte aber auch ein ganz spezieller Moment in Erinnerung geblieben sein: Ich bin mitten im Seminar aufgestanden und habe zu Radi gesagt: "Finden sie nicht, dass zwei Klausuren, ein Referat und eine Hausarbeit ein bisschen viel sind für einen Teilnahmenachweis?" Denn das wollte er tatsächlich machen, und wir hatten unter Kommilitonen schon einmal darüber gesprochen, dass wir das doch etwas heftig finden. Aber der Aspi kann natürlich sein Maul nicht halten und klatscht seinem Prof das Ganze vor versammelter Mannschaft in's Gesicht. Mit Kopftuch.
Das dürfte das Wiedererkennen erklären, und ich kann meinen Mund auch heute nicht halten.
post scriptum: Wobei ich gemerkt habe, dass der selektive Mutismus (a.k.a. einfach mal die Fresse halten und gar nichts mehr sagen) ein angenehmer Weg ist, um nicht immer wieder Menschen vor den Kopf zu stoßen ;-)
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