Samstag, 23. März 2019

Linguistisches Beruhigungsmittel

Wohlfühlsprache

Ich habe mir heute First Man angeschaut (Aufbruch zum Mond, 2018), aber das hier wird keine Filmrezension werden, sondern es geht mal wieder um Hochbegabung. Der Film ist eine Chronologie der ersten Mondreise Neil Armstrongs. Der Film hat für seine visuellen Effekte den Academy Award gewonnen - ja, technisch ist das schon wirklich schmackhaft. Was mir aber am meisten gefallen hat, war die Fachsprache, die hier und dort verwendet wurde. Nicht wirklich im Übermaß, aber es wirkte sehr authentisch, was da gesprochen wurde, während Armstrong samt Begleitung in's All geschossen wurde.

Ich mag sowas. Aus irgendeinem Grund hat es eine beruhigende Wirkung auf mich, wenn ich bei Fachsprache zuhören darf, keine Ahnung, das weckt mein Interesse, und natürlich habe ich keinerlei Ahnung von NASA-Wissenschaft. Vielleicht ist es gerade das: Menschen zuhören, die wissen, wovon sie reden, denen ich vertrauen kann. Denn das nimmt mir die Angst - und damit wären wir wieder bei einem sehr beliebten HB-Tick.

Ich kann so gut in Panik geraten! Standardbeispiel Telefon: Wenn es klingelt, gehe ich nicht ran. Nie. Weil ich nicht weiß, wer dran sein könnte, und ich den Gesprächsablauf nicht vorhersehen kann, und während des Klingelns male ich mir in meinem Kopfkino diverse Horrorszenarien zurecht, in denen ich Schüler misshandelt habe, Geheimnisse verraten habe, Fristen nicht eingehalten habe oder auch einfach ein "Du lässt gar nicht mehr von dir hören!". Immer wieder Angst.

Oder die Angst, als ich mir damals den Finger gebrochen habe. Nee, wird schon nicht so schlimm sein, ich breche den wieder zurück und gehe in's Bett, dachte ich in dem Moment. Aber die Angst war da, dass eben doch etwas sein könnte, und ich wollte auf keinen Fall zum Arzt gehen. Einen Monat lang. Bis es dann wirklich höchste Eisenbahn wurde und ich vom Hausarzt Richtung Facharzt Richtung Lubinus geschickt wurde.

Dort wurde ich betreut von Dr.Andreas Koblitz, und das war ein Glücksfall. Ich hatte ihn damals ganz bewusst darum gebeten, mir genau zu erklären, was los ist. Mit allen Fremdwörtern, Fachjargon und Konsorten. Und er hat sich sofort darauf eingelassen, das war richtig toll! Er hat mir die ganze Sache erklärt, als wäre ich selbst ein Handchirurg. Und das hat mich dann wieder beruhigt (und ich bin ihm heute noch dankbar dafür). Und auch, als Dr. Ranft dann bei der Operation kommentiert hatte "Ich setze jetzt einen Schnitt..." und das alles erklärt hat, das war wunderbar!

Um zum Weltall zurückzukehren: Auch bei Interstellar (2013) habe ich es sehr genossen, dass auf wissenschaftliche Akkuratheit (soweit möglich; ist halt science fiction) geachtet wurde. Ich fand die Erklärungen zur Raumzeit-Verkrümmung unglaublich spannend, und zur Einstein-Rosen-Brücke und was noch alles vorkam. Ich verstehe davon kein bisschen (glaube ich zumindest), aber es fühlt sich so gut an, das zu hören.

Sind da draußen Hochbegabte, denen es ähnlich geht? Frei sprechen, Fachleuten zuhören usw.?

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