Freitag, 9. Dezember 2016

Manisch-Depressiv

Schön passendes Bild, kommt von dieser Quelle

Ich vermute, jeder hochbegabte Leser ("HB") wird schon einmal eine manisch-depressive Episode gehabt haben. Und viele Andere wahrscheinlich auch. Was bedeutet das, was verbirgt sich dahinter?

Bisher konnte mir jeder HB bestätigen, dass er oder sie drastische Stimmungsumschwünge erlebt. Auch in dem sehr lesenswerten Buch über Hochbegabung von Andrea Brackmann wird dieser Punkt aufgeführt. Da ist man zunächst extrem gut drauf, läuft mit einem strahlenden Lächeln durch die Gegend, nichts kann die Stimmung trüben - denkste! Da muss nur eine Kleinigkeit kommen, die gerade mit Deinem Lebensskript, mit Deiner Sicht der Dinge und mit Deinem Plan nicht übereinstimmt und es geht bergab. Sehr schnell und sehr tief.

Beispiel gefällig?

Ich bin der beliebteste Lehrer der Schule, jeder mag mich, ich bin unkonventionell. Die Schüler freuen sich auf ihren Englischunterricht, ich nehme sie mit auf eine spannende Reise. Ich krieg' sie rum, sogar die schwierigsten Leistungsverweigerer. Sie vertrauen mir alles an, wir reden offen und ehrlich über die Probleme, die sie beschäftigen. Ich genieße die Aufmerksamkeit. Jeder sollte so sein wie ich, ich schwebe auf einer pädagogischen Wolke, bin der Begleiter im Lernprozess der Kinder. Sie finden mich einfach...

"Dr Hilarius, ich habe einen Anruf von einer Mutter bekommen."

...furchteinflößend. Ich kann mit den Schülern nichts anfangen, die hören mir überaupt nicht zu. Die Kollegen finden mich sowieso schon scheiße und unnormal. Wie bin ich überhaupt durch's Referendariat gekommen? Jeder Andere könnte ihnen den Stoff besser beibringen als ich. Alles, was ich mache, ist falsch. Selbst wenn ich vorgefertigte Materialien verwende: Die Art, wie ich sie im Unterricht benutze, ist falsch. Ich verderbe diese Kinder. Der nachfolgende Kollege muss das dann alles ausbaden. Ich habe es komplett verbockt, es ist nicht nur die falsche Schule, es ist der falsche Beruf. Was kann ich überhaupt?

Die HBs denken ja so ungünstig schnell, das erklärt, warum sie aus Kleinigkeiten gern Dramen machen (wie die Tragödienmuse). Es wird alles gesteigert bis ins Unerträgliche, man leidet und versinkt in seinem Sumpf aus Selbstmitleid. Man weint sich in den Schlaf. Und wacht fröhlich wie eh' und je auf, neuer Tag, neue Chance, die Welt sieht schon wieder ganz anders aus. Ich strahle alle Menschen an.

Hat man damit automatisch eine sogenannte bipolare Störung? Nein, nicht jeder HB ist ein BiPo, nicht jeder Mensch, der an einer bipolaren Affektstörung leidet, ist auch automatisch hochbegabt. Keine Sorge, liebe HBs. Ihr zeigt "nur" die Symptome dieser Krankheit, und so oft kommt es ja eh' nicht vor.

Aber das macht es nicht leichter. Ihr habt mein vollstes Mitgefühl, wenn Euch mal wieder die Stimmung umkippt. Da hilft nur, abzuwarten. Versetzt Euch in eine geistige Quarantäne. Schlaft drüber. Es wird auf jeden Fall wieder besser.

Und dann könnt Ihr Eure Mitmenschen wieder mit Eurer scheiß Fröhlichkeit nerven! ;-)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen