Freitag, 2. Dezember 2016
Mrs Dragonfood
Ich hatte früher eine Englischlehrerin, bei der ich sehr viel gelernt habe. Aber wir hatten alle Angst vor ihr. Denn sie hat uns angeschrien, sie hat uns einzeln vor die Klasse geholt und dann fertig gemacht. Und wir sollten immer nach vorne kommen und unsere Hausaufgaben zeigen, und wenn wir die nicht sauber genug gemacht hatten, dann hat sie uns wieder angeschrien, hat gesagt "Das sind keine Hausaufgaben, das ist dragon food! Nochmal machen!" und uns bei schlechter Laune einen Tadel gegeben oder uns ins Klassenbuch eingetragen.
Das war Mrs Dragonfood. Und was haben wir ihr wohl geschrieben, wenn sie von uns ein Feedback für ihren Unterricht haben wollte? Haben wir ihr gesagt, dass wir Angst vor den Englischstunden hatten? Haben wir ihr gesagt, dass wir nicht mehr angeschrien werden wollten? Nein, wir haben aufgeschrieben, dass wir ganz viel gelernt haben und dass wir gut mit dem Stoff vorangekommen sind. Wir haben sie nicht kritisiert, aus Angst, dass wir erneut angeschrien werden. Wir waren irgendwann mucksmäuschenstill in der Klasse. Der Unterricht ist gelaufen. Aber schön war das nicht.
Ich hätte nie gedacht, dass ich auch ein Mr Dragonfood sein könnte. Dass die Schüler mich so erleben. Aber genau so ist es in einer Lerngruppe gewesen, und natürlich wusste ich das nicht: Es hat sich ja keiner getraut, mir ein ehrliches Feedback zu geben. Denn die Klasse ist laut und anstrengend und die Resultate oft deprimierend und ich bin an ihnen echt verzweifelt. Das "Du musst natürlich bei denen alles perfekt machen" anderer Kollegen hat da nicht gerade geholfen.
Tja, besser der Knoten platzt spät als nie, und so haben wir uns heute von einem schwarzen Gefühl zu einem pinken Gefühl geredet. Ich habe meine Schüler ein bisschen besser kennengelernt und sie mich. Und jetzt kennen sie auch Mrs Dragonfood, und wissen, dass ich nie so sein wollte. Und ich weiß, dass sie mich nie in den Wahnsinn treiben wollten.
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"Unser erster Englischlehrer, Herr XY, der sah genauso aus wie sie. Der hatte auch schwarz lackierte Fingernägel, und der hat auch immer schwarz getragen, und der hatte die gleichen Turnschuhe wie sie an, auch mit kaputten Sohlen. Und der hat mit uns immer nur gespielt, und der hat sich von uns immer auf der Nase rumtanzen lassen und als wir sie gesehen haben, da dachten wir am Anfang, dass sie auch so sind, und da wollten wir ein bisschen austesten, wie weit wir gehen dürfen, und vielleicht sind wir da auch einfach zu oft zu weit gegangen."
Da sieht man mal, was man mit Schülern alles anrichten kann. Also, Pädagogen, seid Euch Eurer Verantwortung bewusst!
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