Hin und wieder frage ich mich, wonach sich unser Verhalten in der Gegenwart anderer Menschen bestimmt. Ich vermute, beim Großteil der Menschheit macht es zumindest einen kleinen Unterschied, ob sie allein sind oder in Gesellschaft, genauso wie es einen Unterschied machen kann, ob sie nüchtern sind oder nicht. Timo und Julian werden in der Hinsicht noch einige Erfahrungen sammeln. So wird Julian merken, dass er sich in Timos Gegenwart anders verhält - ungezwungener, wie die beiden später feststellen. Da mir das ein wenig bekannt vorkommt, habe ich es in die Geschichte eingebaut.
Ich bekomme mitunter die Rückmeldung, dass Menschen sich bei mir anders verhalten als bei Anderen. Das kommt zum Beispiel in der Schule vor: "Bei dir ist die Klasse ganz anders drauf, es ist lauter, aber die Kinder sind viel positiver bei der Sache." (Gerade wegen solcher Beobachtungen finde ich es spannend, mich mit einer Schulbegleitung auszutauschen, die den gesamten Unterricht eines Tages sieht.) Aber auch Flo, die verrückte Buba und Linnea von unten sind der Meinung, wenn man meine Wohnung betrete, fühle es sich an wie eine bubble, eine Blase, in der die Einflüsse der Außenwelt nicht wirken. In der sie sich ungezwungen geben können, unabhängig von gesellschaftlichen oder materiellen Zwängen. In der sie nicht auf die Sprechweise achten müssen oder darauf, dass sie sich möglichst männlich oder weiblich geben.
Immer, wenn ich so etwas zu hören bekomme, frage ich mich dann, woran das liegt. Warum ticken Menschen so? Liegt es an der Umgebung? Meine Wohnung ist durchwoben mit Esoterik, an der Zimmerdecke steht eine Mahnung zur Authentizität, am Bettende ein Zitat Buddhas. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass es etwas damit zu tun hat: Warum würden sich sonst meine Lerngruppen anders verhalten, die doch meistens im gleichen Raum unterichtet werden, unabhängig vom Lehrer.
Von meiner SPO-Sozialpädagogin habe ich ein Kästner-Zitat gelernt: "Es nützt gar nichts, unsere Kinder erziehen zu wollen. Sie machen uns sowieso alles nach." Und das Prinzip "Wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus". Mein eigenes Verhalten würde demnach in den Verhaltensweisen meines Gegenübers gespiegelt - reflektiert - quittiert. Wenn ich viel von mir gebe, quasi Offenheit vorlebe, fällt es dem Gegenüber leichter, ebenfalls offener zu sein.
Flo, Du erinnerst dich: Auch wenn wir es zeitweilen holprig erleben, so hast Du mir mehrfach gesagt, dass Du dich bei mir "sicherer" fühlst. Dass Du keine Erwartungen erfüllen musst (auch wenn ich diesen Effekt leider stark abgenutzt zu haben scheine). Buba, für Dich gilt das ebenso, Du kannst über fast alle möglichen Themen mit mir reden, ohne dass da Hemmungen sein müssen. Okay, sie abzubauen, das ist ein längerer Prozess, aber es funktioniert.
Sollten diese Erklärungen stimmen, so bin ich froh, dass ich mit meiner Art und Weise etwas Positives ausstrahle - denn oft genug denke ich mir, dass ich immer alles falsch mache. Besonders, wenn Leute mir reinreden - so wie das zum Beispiel im Referendariat der Fall war. Manchmal tut es gut, zu hören, dass man auch mal etwas richtig gemacht hat.
Und, Ihr zwei Besten: Bei Euch bin ich sicher, dass es ebenso funktioniert, weil die gute Art, mit der Ihr Kommunikation gestaltet, sich darin beweist, dass man gern Zeit mit Euch verbringt (und alle Anderen: Bei Euch fehlt mir die Expertise, um eine Aussage zu treffen).
post scriptum: Dieser Beitrag ist für Lehrer wirklich relevant, denn wie die Schüler sich in einer Klasse geben, hängt tatsächlich mit dem Verhalten der Lehrkraft zusammen. Wenn man also mit einer Lerngruppe überhaupt nicht klarkommt, sollte man auch einmal sein eigenes Verhalten einer kritischen Prüfung unterziehen. Es gibt viele Lehrer, die das nicht wollen oder können, die jedes Feedback panisch vermeiden - schade um einen möglicherweise guten Unterricht.
Mehr Esoterik: "Look within. Find your own divinity. Detach yourself from the social and material struggles." Dank Goa verstehe ich solche Prinzipien ein bisschen besser.
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