Dienstag, 28. November 2023

Tag 120 - Weihnachtsbasar: Davor


Heute morgen habe ich mich fast zu Tode erschrocken, als ich das Fenster geöffnet habe und ein Dutzend Tauben, die davor gesessen hatten, auf einmal losgeflogen sind. Ich hatte sie überhaupt nicht gesehen, weil mein Blick viel faszinierter war von dem ersten Schnee der Saison. 

Ich werde jetzt nicht schon wieder ausbreiten, was ich von Schnee halte, das findet man hier im Blog bereits mehrfach. Das Timing ist aber sehr passend, denn am Donnerstag findet an der Toni-Jensen-Gemeinschaftsschule ein Weihnachtsbasar statt. Jedes Jahr wieder ist das eines der Highlights im Schulleben, habe ich gehört. Ich war bisher noch nie dort - ich kann mit Weihnachtsgedöns eben nicht so viel anfangen. 

Diesmal ist es anders, denn da ich nicht mehr an der Toni unterrichte, ist das eine schöne Gelegenheit, meine ehemaligen SchülerInnen mal wiederzusehen, und die ehemaligen KollegInnen, die ich vermisse, und für alles andere gibt es selektiven Mutismus

Ich freue mich tatsächlich darauf und werde mich gleich erstmal daran machen, meine Lederstiefel zu putzen und aufzupolieren. Damals in Kronshagen war das immer ein geliebtes Ritual vor der Lost Souls. Und bei Schneewetter sind diese Stiefel einfach großartig. Ich muss außerdem unbedingt daran denken, die Fingernägel zu lackieren (seit Monaten nicht mehr - generell kein gutes Zeichen), und vielleicht hole ich ja sogar den Kajal raus. 

Rising action...

Freitag, 24. November 2023

Tag 116 - Auf BoobEntzug

Wären wir nicht ein tolles Klassenlehrerteam? ;-P

Ich kann mir noch so oft sagen, dass ich kein Problem damit habe, allein zu sein: Irgendwann kommt dann doch dieser Moment, wo der Alltag und die ganz realen Probleme wie eine Mauer in meinem Kopf fest angestaut sind. Und da ist es gut, wenn die große Buba zu Besuch kommt. Einfach mal alles an Realität draußen lassen, hier in der kleinen Weltraumbasis-Bubble, über das Leben erzählen, über den Job - oder das Nichtvorhandensein dessen - lästern, dann einen Film oder eine Serie schauen oder, wie heute Abend, mal wieder einen Schritt weiter dabei kommen, die Welt zu retten.

Noch gut zwei Stunden seelisch vorbereiten und mal was essen, und dann wird es wieder Zeit, die Nachbarn kirre zu machen.

ICH FREU MICH! :D

Dienstag, 21. November 2023

Tag 113 - Die Ruhe


Das war für mich immer ein Horrorszenario: Die Sendungsverfolgung bei DHL sagt mir, dass ein Päckchen zu mir unterwegs war, ich war aber nicht da, und so hat ein Nachbar das entgegengenommen. Es ist Meditationstag, das heißt, ich denke nicht daran, zum Nachbarn zu gehen, weil andere Gedanken wichtiger sind. Und so lande ich abends in der Meditation, alles ist dunkel, ich liege auf der Couch ausgebreitet, Räucherware sorgt für die Atmosphäre, zusammen mit unaufdringlicher Musik. 

Und ich bekomme Angst. Was, wenn ausgerechnet während der Meditation jemand an der Tür klingelt - der Nachbar, der besagtes Päckchen zu mir bringen will? So etwas ist schon zweimal passiert und ich werde komplett aus meinen Gedankengängen gerissen. Es fühlt sich an, als würde mein Zug entgleisen. Und so meditiere ich also immer mit der Angst im Hinterkopf, dass die Türklingel läuten könnte, und ich kann sie nicht abschalten. Ich habe zwar ein "Bitte nicht stören"-Schild oben an der Wohnungstür aufgehängt, aber was ist, wenn unten jemand klingelt, der das nicht sieht? Immer diese Unsicherheit im Hintergrund.

Bis vor Kurzem. Ich hatte berichtet, dass die Klingelanlage in unserem Haus ausgetauscht wurde. Das neue Gerät hat zwei Knöpfe, auf einem ist ein Schlüssel abgebildet, auf dem anderen eine Flurlampe (damit man für wen auch immer das Drei-Minuten-Licht einschalten konnte?). Sah zumindest für meinen Nachbarn und mich so aus - aber die Flurlampe ist bei sehr genauem Hinsehen eine Klingel. Dieser wunderbare kleine Knopf schaltet die Türklingel aus.

Interessant, was dieses Bewusstsein mit einem machen kann. Ich drücke jetzt jedesmal vor der Meditation auf diesen Knopf und habe Sicherheit, dass dieser nervtötende Klingelton nicht passieren wird. Ich habe Ruhe.

Und manchmal kann die Ruhe wirklich gut tun.

post scriptum: Liebe Eltern, DANKE!

Samstag, 18. November 2023

Tag 110 - Die Sendung mit der Maus

 


Meine Eltern haben früher immer sehr darauf geachtet, wie lange wir Kinder vor dem Fernseher sitzen durften, und das war auch gut so. Kaum zu glauben: Wir haben noch "direkt" gelebt, sind in den Wald zum Spielen gegangen, den Kugelfang im Winter runtergerodelt, und das alles ohne ein Smartphone vor dem Gesicht. Und abends durfte ich mir dann die Sesamstraße anschauen - damals wusste ich noch nicht, dass die Serie aus den USA stammt. Freitags gab es Hallo, Spencer! - aber das hat mir nicht so gefallen.

Das Tollste war der Donnerstagabend, denn da gab es die Sendung mit der Maus. Lach- und Sachgeschichten. Quasi eine Dokureihe für Kinder, die immer gefragt hat "Warum ist das so?" oder "Wie funktioniert das?". Wie kommen die Streifen in die Zahnpasta? Wie funktioniert eine Spülmaschine? Wie wirkt eine Kopfschmerztablette? 

Das wurde mit kleinen Filmen, im Schnitt fünf bis acht Minuten, erklärt, und ich fand das wahnsinnig interessant, weil mir kleinem Steppke die Welt auf kindgerechte Art und Weise erklärt wurde. Einer meiner Favoriten waren die Filme mit Armin Maiwald, der sie übrigens auch in's hohe Alter noch gemacht hat. Er hat immer lockere Sprüche dabei, ist witzig, gelassen und authentisch und ich habe ihm sehr gern zugehört. Ich poste unten mal das Video Wie funktioniert eine Spülmaschine? für alle, die zehn Minuten Nostalgie erleben wollen.

Wer nur eine Minute Nostalgie erleben will, für den poste ich außerdem einen Vorspann der Sendung, der war nämlich auch immer cool: Vor dem Hintergrund einer lustigen Melodie wurden kurz die Themen der jeweiligen Sendung vorgestellt - und dann lief der Vorspann gleich noch ein zweites Mal, und zwar jedesmal in einer anderen Sprache. Das war großartig, denn Internet war damals noch nicht, und das war eine der wenigen Möglichkeiten, fremde Sprachen gesprochen zu hören.

Ich habe die Sendung mit der Maus geliebt (und ich finde die Videos auch heute noch interessant), und ich hoffe, Ihr Eltern da draußen zeigt sie auch Euren Kindern ;-)




Donnerstag, 16. November 2023

Tag 108 - Ding Dong! (dong... dong... dong... dong...)

Neu und weiß

Ich sollte definitiv häufiger Handwerker oder Elektriker in der Wohnung haben. Das letzte Mal, dass ich einen halben Tag lang durchgearbeitet habe, ist ewig her. 

Die Tür-Klingel-Schließanlage ist in unserem Haus in allen Wohnungen ausgetauscht worden. Als Zeitpunkt wurde per Post vor zwei Wochen heute zwischen acht und sechzehn Uhr angekündigt, und auf die Minute genau waren die Stimmen im Treppenhaus zu hören. Heißt, dass ich mir den Wecker stellen musste, auch weil ich Verantwortung äi käi äi Haustürschlüssel meines Nachbarn für heute übernommen hatte. 

Ich wollte vorher natürlich die ganze Wohnung aufgeräumt haben, aber dann kam The TALOS-Principle II und ich war im Aspi-Heaven. Bin ich immer noch, und die Wohnung ist immer noch rumpelig. 

Dafür habe ich allerdings während der Arbeiten Einiges geschafft, denn die haben sich mehrere Stunden hingezogen. Was genau das Problem war, habe ich nicht mitbekommen, ich habe nur immer wieder aus diversen Etagen und auch an meiner Haustür etwas in Richtung "Ach du Schande" gehört. 

Ich hätte mich vor den Fernseher setzen können. Stattdessen habe ich den Stellenmarkt gesichtet (da kommt momentan eine Menge dazu, oft ist aber DaZ Voraussetzung), ich habe endlich, nach Monaten, den Ständer für den Müllsack repariert (der ist großartig und gut standfest und hält Vieles aus, außer wenn man sich draufsetzt); ich hatte es erst mit Klebeband versucht, und mit Reparaturkleber, bis mir heute dann die Heißklebepistole in der Kammer aufgefallen ist, die da seit Monaten unbenutzt herumsteht. Also ab die Post, versuchen kann ich es ja mal - war eine wackelige Angelegenheit, aber jetzt hängen alle Teile wieder so zusammen, wie sie sollen. Mal sehen, ob es lange hält. Ich werde mich jedenfalls nicht nochmal draufsetzen.

Wäsche abgenommen, Decken gewaschen, Bett neu bezogen (ebenfalls ewig vor mir hergeschoben), Papierberg hinuntergetragen (leider nur einen Teil davon, denn die Tonnen sind voll, aber sobald sie abgeholt werden, wird weiter entrümpelt). Die neunundfünfzig Karten mit den Lojong-Losungen unter dem Tisch hervorgekramt und wieder richtig in ihren Kasten einsortiert, nicht benutzte Konsolen weggeräumt. Das Deutschlandticket als Chipkarte zum Januar bestellt, dazu musste ich allerdings persönlich in der KVG-Verwaltung vorbeischauen, weil einige Formulierungen im Antrag missverständlich waren, zumindest für diesen Aspi. Ich bin gespannt, wann ich die Karte in Händen halten darf - endlich nicht mehr das Papierticket ausdrucken, und Handy ist bei mir ja nicht, wie Ihr wisst.

Und nun habe ich also Einiges geschafft und ein neues Klingeltelefon an der Tür geschaltet. Mal schauen, ob die große Buba und ich damit auch wieder so viel Spaß haben werden (die Überschrift spricht Bände für uns). Und vielleicht kann ich dann ja endlich wieder mit der Person unten sprechen, und es ist weiß, und nicht mehr dieses Siebzigerjahre-Orange-Senfcremefarben, als hätte man es dauervollgeraucht. Außerdem ist die Klingelkonsole am Haupteingang rund um die Uhr beleuchtet.

Ich liebe es!

Montag, 13. November 2023

Tag 105 - Das Lehrerzimmer

Hilft manchmal... oder?

Dieser Film hätte von Michael Haneke stammen können (Cache, Das weiße Band, Amour, Funny Games); dessen Filme zeichnen sich oft aus durch die klinische (fast Cronenbergsche) Distanz zwischen dem Regisseur und dessen, was seine Kamera filmt. Gerade Cache orientiert sich stark am cinéma vérité und wirkt dadurch authentisch und glaubwürdig, und etwas, was gegen Ende des Filmes passiert, dadurch umso schockierender.

Etwas weniger schockierend, aber durchaus alltagstauglich, geht es in Ílker Çataks Das Lehrerzimmer (2023) zu. Der Film ist der deutsche Beitrag für die 2024 Academy Awards in der Kategorie bester internationaler Film. Muss wohl damit zu tun haben, dass er in der internationalen Kritik (als The Teachers' Lounge) sehr gut angekommen ist. Ich würde Euch diesen Film gern an's Herz legen, wenn Ihr selbst Lehrkraft seid. Vielleicht werdet Ihr die Szenen im Film wiedererkennen, oder sie werden bei Euch Kopfschütteln auslösen ob des dargestellten Schullebens - das leider recht realistisch ist (zum Beispiel der Glottisschlag bei "SchülerInnen" oder die panische Angst vor Rassismusvorwürfen). Das hier ist kein Fack ju Göhte.

Carla Novak ist frisch eingestellte Lehrkraft an einem Gymnasium, an dem eine Reihe von Taschendiebstählen für Unruhe sorgt. Auch sie wird bestohlen, allerdings hat Carla einen ziemlich eindeutigen Beweis, mit dem sie sich an die Schulleitung wendet und damit die gesamte Schulsituation zur Eskalation bringt, weil nicht unbedingt alle Mitglieder des Kollegiums so vorsichtig wie sie an die Sache herangehen. Schnell werden Anschuldigungen öffentlich, schnell wird Carla zwischen SchülerInnen- und Kollegiumsseite hin- und hergezerrt, bis sie fast alle gegen sich hat.

Was ich schön erfrischend fand, und auch ein Hauch von Haneke ist, dass der Täter bis zum Ende des Films nicht überführt wird. Irgendwann laufen die Credits (wenn auch nicht ganz so kühl wie in Hanekes Cache). Das ist eine wunderbare Entscheidung, weil sie uns klarmacht, dass es dem Film nicht darum geht, wer nun Geld aus einem Portemonnaie gestohlen haben mag - sondern darum, wie an der Schule von Erwachsenenseite und von den Jugendlichen mit der Situation umgegangen wird und was das mit dem Schulfrieden anstellt an einem Gymnasium, das sich mit einer Nulltoleranzpolitik rühmt.

Für mich persönlich war der Film wieder eine Erinnerung daran, warum ich nicht an ein Gymnasium möchte. Klar, Anfeindungen kann man an jeder Schulform finden. Es sind solche Kleinigkeiten - dass manche KollegInnen sich siezen und mit Titel anreden lassen und Sachen, die ich nicht in Worte fassen kann. Es wirkt alles etwas kälter (gestellter?) als an einer Gemeinschaftsschule, es wird noch mehr über- als miteinander geredet.

Natürlich weiß ich, dass es nicht an allen Gymnasien so ist. Es gibt andere. Ich muss sie nur erst noch kennenlernen.

Also: Ganz klarer Filmtipp, Das Lehrerzimmer von Ílker Çatak aus diesem Jahr.

Samstag, 11. November 2023

Tag 103 - In Gedanken versunken

Sie hat auch sehr viel nachgedacht - Alexandra Drennan

Ich schreibe derzeit wenig, ich denke derzeit viel nach.

Vor gut einer Woche ist das Spiel The TALOS Principle II veröffentlicht worden. Wer den Vorgänger kennt, weiß, dass es ein Grafikadventure mit vielen Rätseln ist - diese Rätsel sind allerdings nicht reiner Selbstzweck, sondern tragen zu einem philosophischen SciFi-Narrativ bei. Der Mensch als Wesen wird hinterfragt - von seinen Nachfahren. Im ersten Teil - die große Buba erinnert sich noch gut daran - setzten wir den Grundstein für eine neue Zivilisation, nachdem die Menschheit durch eine unaufhaltbare Krankheit ausgerottet worden war (ein beliebter SciFi-Topos).

Der zweite Teil führt das Ganze weiter, denn er spielt in dieser neuen Zivilisation, und als Spieler wird man noch intensiver als im ersten Teil mit Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach der Bedeutung des Selbst konfrontiert, das eigene Handeln hinterfragt, und das teils abstrakt, aber teils auch so konkret, dass ich manchmal nur in dieser fiktiven Welt stehenbleibe, den Anblick genieße, die New-Age-Musik höre und über mein eigenes Leben nachdenke, und die provokativen philosophischen Fragen, die das Spiel stellt, mit meiner derzeitigen Lebenssituation abgleiche.

Heavy stuff, und deswegen bin ich derzeit ganz in meiner eigenen Welt. Sorry, wenn ich nicht oder nur sporadisch antworte - der Aspi ist in seinem Element und es geht ihm da gut.

post scriptum: Jetzt beginnt die Phase, in der die neuen Planstellen ab Februar ausgeschrieben werden. Es tauchen immer mehr Stellen mit Englisch auf, aber entweder passt das zweite Fach nicht, oder die Schule ist auf Sylt oder in Geesthacht, oder es ist eine Grundschule. Noch nichts Passendes dabei, mal schauen, vielleicht taucht ja auch eine passende Schulanfrage für eine Vertretung dieser Tage auf. 

Abwarten, und Tee trinken. Und nachdenken, und gesund bleiben.

Fabi, Moss, Tom: Ich habe Euch nicht vergessen! I need time...

Sonntag, 5. November 2023

Tag 97 - Gymnasium

Auch am Gymnasium kann man Spaß haben

Gestern ist eine Mail gekommen - ein Gymnasium in Neumünster fragt an, ob ich kurzfristig bis zu den Weihnachtsferien Latein vertreten könnte.

Wer mich kennt, weiß die Antwort. Nein. Aus so vielen Gründen, kurzfristig mal eben spontan ist für Menschen auf'm Spektrum nur schwer möglich. Ich habe einmal den riesigen Fehler gemacht und während meiner Arbeitslosigkeit eine extrem knapp befristete Vertretung angenommen. Das hat leider dazu geführt, dass ich während der Zeit kein Arbeitslosengeld bekommen habe, und weil es nur um einen Kurs ging, hatte ich echte Geldprobleme.

Eine neue Schule, nur für ein paar Wochen? Das gebe ich gern an Mainstream-KollegInnen ab. Es braucht immer ein paar Wochen, bis die SchülerInnen sich überhaupt auf mich eingestimmt haben, und dann bin ich schon wieder weg. Nichts da, also habe ich eine nette Absage geschickt und die Sache ist erledigt.

Allerdings hat die Sache mich daran erinnert, dass ich ja auch auf einem Gymnasium landen könnte - und davor habe ich richtige Angst. Die Erwartungen an mich wären immens, Eltern würden sich über die neue Lehrkraft beschweren (alles passiert), die SchülerInnenschaft wäre ein bisschen weniger authentisch, dann noch ein großes LehrerInnenzimmer und meine Arbeit hätte als Schwerpunkt Fachvermittlung. 

Ich habe echt etwas Angst, dass sich für mich eine Stelle an einem Gymnasium ergeben könnte. -.-

Freitag, 3. November 2023

Tag 95 - Schüler-Möbius


vor dem Bankautomaten im rewe Center und warte darauf, dass der Kunde vor mir fertig ist, doch von rechts kommt jemand und fragt mich, ob ich an den Geldautomaten möchte, aber ich verneine, und von links höre ich meinen Namen, der im Stimmengewirr im Einkaufscentrum untergeht, und so meine ich nur, ihn gehört zu haben, aber dann höre ich ihn ein zweites Mal, blicke nach links und sehe zwei ehemalige Schüler von mir im Dönerimbiss sitzen, worüber ich mich wie immer riesig freue - Ehemalige zu treffen, strahle sie an und fühle mich ein bisschen unwohl, denn sie winken mir zu und das könnte eine Einladung sein, zu ihnen zu gehen und mit ihnen zu reden, aber ich warte ja nun mal darauf, meine Überweisung machen zu können und bleibe stehen, schaue verlegen, aber grinsend auf den Boden und fühle, wie die gute Laune durch meinen Kopf und meinen Körper wabert, und dann wird die awkwardness der Situation genommen, denn die beiden sind fertig und kommen einfach mal kurz rüber zu mir - der Schüchterne von ihnen lächelt einfach nur und schweigt, der andere spricht mich direkt an und fragt, ob es mir gut geht, und natürlich antworte ich ehrlich und schüttele mit einem etwas traurigen Lächeln den Kopf, erkläre ihnen, dass ich nicht an der Schule bleiben konnte, und während sie nach der Elften von der Schule gegangen sind und eine neue Schule für das Weg zum Abitur gefunden haben, bin ich arbeitslos geblieben und solche Momente zerreißen mir dann das Herz, besonders wenn ich von ihnen Komplimente bekomme (und ich staune wieder, wie gut erzogen und höflich der Eine ist), und wenn ich dann wieder nicht einsehen kann, warum eine Schule mich nicht haben will, aber mittlerweile kenne ich ja zum Glück einige der Argumente und erkläre sie den beiden, die sie genau so wenig einsehen wollen wie ich, und sie wünschen mir viel Glück auf der Suche nach einer neuen Schule - yay - und natürlich wünsche ich ihnen alles Gute auf dem Weg zum Abitur und kann meinen Blick wieder nach vorne wenden, denn ich stehe

post scriptum: Ich weiß, dass ich schon mehrfach solche Möbiustexte geschrieben habe - zum Beispiel in "Der Wiederholer". Sie machen mir aber Spaß, weil es manchmal einfach Spaß macht, sich einen Text im Entwurf hakeliger zu machen, als es eigentlich nötig ist. Manchmal kann das eine besondere Herausforderung sein - aber ein Möbiustext ist relativ einfach und heute hatte ich einfach mal wieder Lust darauf. Weil es mich so gefreut hat, meine ehemaligen Schüler wieder zu treffen. :-)

Donnerstag, 2. November 2023

Tag 94 - Indiana Jones und der Fluch der CGI


Indiana Jones war für mich immer ein aufregendes Abenteuer, egal ob als Film oder in Folge als Videospiel (interessant, wie Tomb Raider dieses Konzept umgedreht hat, als Videospiel gestartet ist und nun auch als Filmreihe existiert, inklusive Geschlechtsumkehrung). Der B-Movie-Charakter, die Mischung aus Actionsequenzen und Rätseln, das Erforschen alter Ruinen und ein Hauch des Übernatürlichen. Kein Anspruch auf Realismus, sondern einfach einmal in ein Abenteuer fallen lassen. Nicht viel Nachdenken müssen, tolle Schauplätze erleben.

Nun habe ich vor Kurzem den fünften und letzten Teil der Reihe gesehen, Indiana Jones and the Dial of Destiny (2023). Nur leichte Spoiler hier für diejenigen, die ihn noch sehen wollen. Wenn ich es genau betrachte, ist der Film nicht schlecht. Er hat das, was die anderen Teile auch haben: Actionsequenzen (auch wenn ein Pferdegalopp durch U-Bahn-Tunnel meine suspension of disbelief arg strapaziert), mythologische Artefakte, trashige Dialoge, eine wilde weibliche Partnerin, ein größenwahnsinniger Antagonist (gespielt von Mads Mikkelsen, den ich seit Hannibal (2013-2015) für einen faszinierenden Schauspieler halte, grenzenlos verschwendet in Casino Royale (2006)), Wissenschaftler, aber natürlich spielt auch der Krieg wieder eine Rolle. Und auch einen positiv wahnsinnigen Wissenschaftler haben wir, herrlich nerdig gespielt von Toby Jones, der für solche Rollen prädestiniert ist.

Der Plot ist vollkommen absurd, aber das macht nichts. Altphilologen, -geschichtlern und Archäologen wird sich der Magen umdrehen, wenn sie sehen, was hier mit der Antikythera des Archimedes angestellt wird, aber gerade diese Albernheit macht den Spaß bei Indy aus. Also sollte es doch ein tolles Finale für eine wunderbar unterhaltende Reihe sein, oder?

Wären da nicht die Spezialeffekte. Ausgerechnet! Spielberg hat das damals alles per Hand gemacht, echte Requisiten, echte Stunts. Ein erschreckend hoher Anteil des neuen Films wurde per CGI gemacht - ich hätte nichts dagegen, wenn es mir nicht ständig in's Auge springen würde, dass es Spezialeffekte sind. Sie sind teilweise grottenschlecht choreographiert (Autofahrt), teilweise schlecht animiert (eine bestimmte Kriegsszene) und schlecht mit dem Sound abgestimmt. Harrison Ford wurde für den Prolog per Computer verjüngt, einigermaßen in Ordnung, aber die Stimme passt nicht, und sofort tritt der Effekt des uncanny valley auf. Er bewirkt, dass ich realisiere, dass das da auf dem Bildschirm nicht echt ist. Dass ich nur einen Film sehe. Immersionsfaktor null.

Und das ist so schade, denn eigentlich hat dieser Film Herz. Er hat ein tolles Ende, rundet die Reihe inhaltlich perfekt ab, Mads Mikkelsen ist ein charismatischer Gegner, und wenngleich es etwas zu lange dauert (der Film ist gefühlt eine Dreiviertelstunde zu lang), bis wir endlich zu den Abenteuer-Ausgrabungen kommen (davor eine Actionsequenz nach der anderen, mit oben erwähnter mittelmäßiger und stark schwankender Qualität), ist es für mich trotzdem ein schönes Erlebnis gewesen. 

Ich war nur echt baff, dass man in einer Zeit grandioser Spezialeffekte so einen Scheiß bauen kann.

Hat jemand von Euch ihn gesehen?

post scriptum: Welch' Gegensatz. Ich sehe mir gerade Alex Garlands Miniserie "Devs" (2020) an. Mal von seinem jüngsten Werk "Men" (2022) abgesehen, sind seine Science Fiction-Werke echte Kunstwerke. Viel Auge für's Detail. Brillante Spezialeffekte. Hochglanz, und alles wirkt echt. Garlands Werke bringen mich zum Nachdenken (er hat von Tarkovsky gelernt). Nichts mit uncanny valley - und dann frage ich mich, ob die Macher des fünften Indy-Filmes absichtlich schlechte CGI verbaut haben? In einem Versuch, dem B-Movie-Charme nachzueifern?

Wer weiß?

Mittwoch, 1. November 2023

Tag 93 - Elf SchülerInnen

Mal woanders unterrichten

Es findet sich auf dem Stellenmarkt für Lehrkräfte derzeit eine sehr interessante Stelle, ein halbes Jahr Vertretung in Englisch (und anderen Fächern). Leider nicht wegen der Lage - es geht um die Grund- und Gemeinschaftsschule auf der Hallig Hooge. Das muss man schon wollen - aber dafür erwartet einen dort ein Schulumfeld, das ziemlich einzgartig in Deutschland sein dürfte.

An der Schule werden insgesamt elf SchülerInnen in den Klassen Eins bis Neun unterrichtet - von zwei Lehrkräften. Das war's. 

Ich muss an meine Zeit in St.Peter-Ording denken, natürlich. Im Regionalschulteil knapp hundertachtzig SchülerInnen mit einem Kollegium von nicht einmal fünfzehn, und es war das beste Arbeiten, was ich bis dato genießen durfte. Insofern ist Hooge wirklich interessant - aber ich kann mir bei'm besten Willen nicht vorstellen, dort raus zu fahren. No way. Eine der Sachen, auf die ich am Leben in der Stadt nicht verzichten kann, ist das Gefühl von "Leben" - das ist auf dem Land anders, und nach neunzehn und einem Jahr habe ich davon tatsächlich genug. 

Ich brauche die nervigen drängelnden AutofahrerInnen unten auf der Kreuzung, ich brauche die Busse und die Krankenwagen, und alles in Reichweite zu haben und anonym leben zu können. Die Schule klingt wirklich so unglaublich verlockend, aber es ist wie mit SPO - mein privates Leben steht in meiner Prioritätenliste über meinem Beruf. Da müssen Entscheidungen getroffen werden.