Hilft manchmal... oder? |
Dieser Film hätte von Michael Haneke stammen können (Cache, Das weiße Band, Amour, Funny Games); dessen Filme zeichnen sich oft aus durch die klinische (fast Cronenbergsche) Distanz zwischen dem Regisseur und dessen, was seine Kamera filmt. Gerade Cache orientiert sich stark am cinéma vérité und wirkt dadurch authentisch und glaubwürdig, und etwas, was gegen Ende des Filmes passiert, dadurch umso schockierender.
Etwas weniger schockierend, aber durchaus alltagstauglich, geht es in Ílker Çataks Das Lehrerzimmer (2023) zu. Der Film ist der deutsche Beitrag für die 2024 Academy Awards in der Kategorie bester internationaler Film. Muss wohl damit zu tun haben, dass er in der internationalen Kritik (als The Teachers' Lounge) sehr gut angekommen ist. Ich würde Euch diesen Film gern an's Herz legen, wenn Ihr selbst Lehrkraft seid. Vielleicht werdet Ihr die Szenen im Film wiedererkennen, oder sie werden bei Euch Kopfschütteln auslösen ob des dargestellten Schullebens - das leider recht realistisch ist (zum Beispiel der Glottisschlag bei "SchülerInnen" oder die panische Angst vor Rassismusvorwürfen). Das hier ist kein Fack ju Göhte.
Carla Novak ist frisch eingestellte Lehrkraft an einem Gymnasium, an dem eine Reihe von Taschendiebstählen für Unruhe sorgt. Auch sie wird bestohlen, allerdings hat Carla einen ziemlich eindeutigen Beweis, mit dem sie sich an die Schulleitung wendet und damit die gesamte Schulsituation zur Eskalation bringt, weil nicht unbedingt alle Mitglieder des Kollegiums so vorsichtig wie sie an die Sache herangehen. Schnell werden Anschuldigungen öffentlich, schnell wird Carla zwischen SchülerInnen- und Kollegiumsseite hin- und hergezerrt, bis sie fast alle gegen sich hat.
Was ich schön erfrischend fand, und auch ein Hauch von Haneke ist, dass der Täter bis zum Ende des Films nicht überführt wird. Irgendwann laufen die Credits (wenn auch nicht ganz so kühl wie in Hanekes Cache). Das ist eine wunderbare Entscheidung, weil sie uns klarmacht, dass es dem Film nicht darum geht, wer nun Geld aus einem Portemonnaie gestohlen haben mag - sondern darum, wie an der Schule von Erwachsenenseite und von den Jugendlichen mit der Situation umgegangen wird und was das mit dem Schulfrieden anstellt an einem Gymnasium, das sich mit einer Nulltoleranzpolitik rühmt.
Für mich persönlich war der Film wieder eine Erinnerung daran, warum ich nicht an ein Gymnasium möchte. Klar, Anfeindungen kann man an jeder Schulform finden. Es sind solche Kleinigkeiten - dass manche KollegInnen sich siezen und mit Titel anreden lassen und Sachen, die ich nicht in Worte fassen kann. Es wirkt alles etwas kälter (gestellter?) als an einer Gemeinschaftsschule, es wird noch mehr über- als miteinander geredet.
Natürlich weiß ich, dass es nicht an allen Gymnasien so ist. Es gibt andere. Ich muss sie nur erst noch kennenlernen.
Also: Ganz klarer Filmtipp, Das Lehrerzimmer von Ílker Çatak aus diesem Jahr.
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