Kann eine künstliche Intelligenz Dein Freund sein? |
Ich glaube, ich bin mit meiner Oberstufe endlich in einem Abitur-Themenkorridor angekommen, der mich interessiert. Sehr sogar: Es geht um Science & Technology. Ist ja nicht so, dass mich das Andere alles gar nicht interessiert, aber es fühlt sich halt anders an. In Eckernförde musste ich eine Unterrichtseinheit zu Irland zusammenklöppeln, mit Abschlussklausur. Das hat zwar auch geklappt, aber ich habe gemerkt, wie wenig ich daran interessiert bin. Es hat trotzdem Spaß gemacht, sich eine Klausur dazu auszudenken, und ich habe selbst eine ganze Menge über die Troubles und vieles mehr gelernt, aber das war eher Pflichterfüllung. Das hier ist Leidenschaft. Oder so.
Heute ging es um das Thema Transhumanismus, also die Tatsache, dass wir Teile unseres Körpers immer mehr, immer besser mit Technologie ersetzen oder aufrüsten können. Das fängt beim Doping an, geht über Tattoos und diverse andere Bodymods weiter Richtung künstliche Gelenke und schließlich Themen wie upload of consciousness - Das eigene Bewusstsein auf einen Rechner hochzuladen, in ein Netzwerk, um seinen eigenen Tod zu überstehen. Wir sind noch nicht so weit mit der Forschung, aber eben deswegen ist es ja Science Fiction. Johnny Depp hat in Transcendence (2014) einen Wissenschaftler gespielt, der angesichts einer tödlichen Krankheit sein Bewusstsein "online bringt". Den Film kann man gut oder schlecht finden, er gibt auf jeden Fall einige Denkanstöße.
Überhaupt ist mir aufgefallen, dass ich den Schülern in diesem Korridorthema viele Filmtipps geben kann. Das ist nicht weiter überraschend, da SciFi eines meiner Lieblingsgenres ist. Und klar wurde im Schulbuch heute auch auf den Film Matrix (1999) verwiesen. Sind alles interessante Ideen, allerdings stehen bei diesen Filmen irgendwann die üblichen Actionsequenzen und shootouts an und man driftet etwas ab vom Ideenanregen. Die besten SciFi-Filme beschäftigen sich vollumfänglich mit Ideen. Dazu gehört auch der Film, den ich zur Zeit mit meinen Schülern schaue - Ex Machina (2014).
Hier geht es um einen hochintelligenten Mann, der eine künstliche Intelligenz (KI) entwickelt hat. Er nennt sie "Ava", und bis zum Zeitpunkt des Films hat noch kein Mensch außer ihm Ava gesehen. Der Film dreht sich um einen Mitarbeiter, Caleb, der als erster "Externer" mit Ava in Kontakt treten soll (quasi Turing-Test). Nachdem Caleb schon einmal durch die Ausmaße der Forschungseinrichtung eingeschüchtert ist, kommt er schließlich in eine kleine Kammer mit Glaswänden, an drei Seiten umringt von einem großen "Wohnzimmer" - Avas Funktionsbereich.
Und dann tritt Ava auf. Schaut sich Caleb an, vorsichtig, neugierig. "Hello." ist ihr erstes Wort in der Szene, und dann traut Caleb sich, aus der Einschüchterung auszubrechen und beginnt ein Gespräch mit Ava, in dem sie unter Anderem fragt, ob sie Calebs Freund werden kann.
Im Klassenraum ist es mucksmäuschenstill: Die Schüler befinden sich vollkommen in Calebs Position - sprachlos, neugierig. Sie sind ebenso gespannt wie er, zu sehen, was dann passiert. Und das ist eine wunderbare Ausgangslage für weiterführende Arbeit an dem Film im Unterricht, denn die Schüler sind wirklich interessiert. Wir haben heute nur etwa eine halbe Stunde gesehen, und ich bekomme zu hören, dass wir den hoffentlich bald weiterschauen, weil es wirklich aufregend ist. Anregend. Inspirierend. Und ich gebe ihnen eine Hausaufgabe: "Ava has a right to be freed from this place / capitivity. Comment on this statement." Und eine Rückmeldung dazu fand ich besonders gut - "Das ist das erste Mal, dass ich eine Textproduktion wirklich machen will und nicht muss."
Großartig. Ich weiß nicht, warum ich den Film nicht schon beim ersten Ansehen in meinen Schulkanon aufgenommen habe. Und die Spezialeffekte sind wirklich genial (dafür gab es dann auch einen Academy Award), aber im Mittelpunkt stehen all' diese Gedankenzüge, die durch den Film in Gang gesetzt werden.
Ich bin fasziniert.
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