Samstag, 13. Oktober 2018

Meditation - ein Genuss

Lächle - und die Welt verändert sich (Buddha)

Ist eine kleine Anspielung auf meinen Studienleiter, der am Examenstag zu mir meinte: "Dr Hilarius, die Lateinstunde - ein Genuss." Und keine Sorge, es geht nicht um Selbstbeweihräucherung, denn mein Portfoliogespräch und die PFDS-Aufgabe habe ich glänzend versaut. Bzw. einer hat eine Eins dafür gegeben, jemand Anderes eine Fünf und dann haben sie sich die Köpfe eingeschlagen, was es denn nun werden sollte.

Naja, es freut mich ja, dass er die Stunde genießen konnte. Ich lerne auch immer mehr, die Welt um mich herum zu genießen, und deswegen möchte ich die Meditation unbedingt als festen Bestandteil in meinen Alltag integrieren. Erst wird geduscht, und da geht es schon los. Kennt Ihr das nicht? Das Gefühl, dass der Körper rein ist? Irgendwie schon ein bisschen befreit. Und dann gehe ich aus dem vollgedampften Badreich in meine Wohnung und ein angenehm erfrischender Luftzug ist am ganzen Körper zu spüren.

Der schönste Moment ist allerdings der Einstieg in die Meditation. Wenn ich mich mit weicher Haut langsam auf das gestärkte, pieksige Handtuch lege - wirklich ganz langsam, um das Gefühl zu genießen - und dann schließe ich die Augen, so dass ich mich intensiver auf meine anderen Sinne konzentrieren kann. Ich weiß, dass ich jetzt eine Stunde in kompletter gedanklicher Freiheit vor mir habe, und das Gefühl ist berauschend. Und langsam kommen Sinneswahrnehmungen hinzu.

So merke ich nach ein paar Minuten den Duft nach Nag Champa, der sich in der Wohnung verbreitet, denn ich habe dabei immer Räucherware an - zur Abwechslung momentan gerne dhoop cones, Räucherkegel. Ich genieße diesen Duft für ein paar tiefe, langsame Atemzüge, und dann merke ich, wie mein Körper von innen heraus warm wird; ich trinke immer einen heißen Tee direkt vor dem Hinlegen.

Der weiche Körper, die Signale, die meine Haut Richtung Gehirn abgibt (wegen der pieksigen Handtücher), die Wärme von innen und der Duft werden zudem um Musik bereichert. Durch die Meditationen habe ich die Musikrichtung downtempo überhaupt erst kennengelernt, und dank des Surroundsounds passiert überall um mich herum etwas. Hier fegt ein Wind durch Blätter, dort fallen Regentropfen und da drüben knacken Äste, alles zu einer Musik, die Emotionen wecken kann und keine Songtexte hat, auf die man sich konzentrieren müsste. Und da meine Augen geschlossen sind, fabriziert mein Gehirn die Klangwelt um mich herum, quasi behind closed eyelids.

Und nachdem ich mich so etwa zehn bis zwanzig Minuten eingelebt habe in dieser Atmosphäre, lasse ich meine Gedanken frei. In alle Richtungen, ich möchte alles abarbeiten, was in meinem Gehirn gerade aktuell ist. Und ich sperre keine Gedanken aus: Geh' an die Orte, die Du fürchtest, hat Pema Chödrön geschrieben, und ich verstehe, warum.

Dann bemerke ich meinen musikalischen Fingerzeig; das ist die Stelle im Musikalbum, an der Aufwachen angesagt ist. In der Regel habe ich das Album bis dahin fast komplett durchgehört. Und nur gaaaanz langsam fange ich an, meine Zehen zu bewegen. Die Füße zu drehen. Nach einer Stunde völliger Regungslosigkeit fühlt sich das fantastisch an, und ich mache ganz langsam weiter, um das Gefühl zu verlängern.

Im Studium hätte ich mir niemals die Zeit eingeräumt, um bewusst zu meditieren, das kam erst ganz spät, weil ich immer dachte, dass ich die Zeit sinnvoller nutzen könnte. Aber meine Erfahrung ist, dass es einem hochbegabten Gehirn ganz gut tut, wenn man es regelmäßig frei lässt.

Mittlerweile meditiere ich seit fünf Jahren, und es wird immer noch besser mit jedem Mal.

post scriptum: "Oops." - das ist der Moment, in dem man realisiert, dass man richtig Scheiße gebaut hat. Das kennt Ihr vielleicht. Ich weiß es noch von damals, als ich meine linke Hand betrachtet habe und ganz fasziniert davon war, dass mein Zeigefinger am Mittelgelenk um neunzig Grad nach links abgebrochen war. Daran musste ich denken, als ich mir heute Danny Boyle's "127 Hours" (2010) angeschaut habe. Dort rutscht ein Extremsportler beim Kaminklettern ab, und ein Fels quetscht seine Hand so gegen die Wand ein, dass er nicht mehr herauskommen kann. Wahre Begebenheit, toller Film, und der Moment kommt dort, als der Kletterer realisiert hat, dass er niemandem Bescheid gesagt hat, wo er gerade ist - und ihn somit niemand retten kann. Oops.

Immerhin hat er aus dem Ereignis gelernt - der Film zeigt seine Tortur bis hin zu dem Moment, an dem er sich entschließt, sich den Arm abzuschneiden, mit einem Billig-Multifunktionswerkzeug. Und weiter: Der Film hat in der ungekürzten Fassung völlig zu Recht eine Freigabe ab achtzehn erhalten, denn die Szene, in der er sich seine Sehnen durchschneiden muss, geht in Mark und Bein. Wer sowas nicht abkann, aber trotzdem gern sehen würde, was diese Situation mit ihm angestellt hat, der kann gern die geschnittene Fassung anschauen, bei der wirklich nur die explizitesten Szenen entfernt wurden. Es lohnt sich! Typisch Danny Boyle, flashy, tolle Musik, ein echtes Abenteuer.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen