Vor dem genüsslichen Rezipieren dieses Artikels möchte ich darauf hinweisen, dass es auch Schulleiterinnen gibt, die Silke heißen. Das hat aber hiermit nichts zu tun, das ist reiner Zufall. Und das wiederum ist keine Ironie. Also wollen wir doch mal schauen, was ich mit Silke so angestellt habe.
Irgendwann wacht man in seiner eigenen Wohnung auf, fühlt sich müde, nüchtern und rational und angeekelt von dem ganzen Dreck, den man auf einmal sieht: Wäscheberge hier, da und dort. Geschirrplantagen auf, unter und neben den Möbeln. Müllfeuchtbiotope vor, hinter und in den Schubladen. Die Wohnung steht kurz davor, ein gefährliches Eigenleben zu entwickeln. Reicht schon, wenn es
im Badreich soweit ist. Das muss nicht auch noch in den Wohngefilden passieren. Also schreitet man irgendwann zur Tat und überlegt verzweifelt, wo man nur anfangen soll.
Und ich nehme mir den ganzen Staub vor: Man sollte nicht glauben, wie viel davon der Couchtisch schon wieder eingefangen hat,
angesichts des multisexuellen tête-à-têtes auf der Glasplatte. Überhaupt wird mir IKEAs MARIT langsam etwas langweilig. Sie ist faltig. Sie ist befleckt. Ich hätte gern eine saubere, junge Dame auf meinem Couchtisch. Zum Glück hat mir die wurfreife Abrissbirne (sie möge mich ob dieser Titulierung verschonen, aber der Spaß muss sein, bevor der Ernst des Familienlebens beginnt) ein Weihnachtsgeschenk gemacht, über das ich mich riesig freue: Silke.
Silke ist der auf dem Foto abgebildete Tischläufer. Bislang lag dort MARIT herum, die jetzt aber in den Schrank gewandert ist. Sie war praktisch, um einfach *irgendeinen* Tischläufer zu haben. Jetzt aber wurde es Zeit für ein wenig Design und die Rocky-Baby-Mountains hatten etwas Stoff übrig - schwarz-grau, mit geometrischem Muster und leicht glänzend, wie perfekt für diesen Doktor, der es düster und symmetrisch mag. Und weil es mich vom Glanz her ein bisschen an Seide erinnert, ist der Name
Silke aufgetaucht - abgesehen davon, dass es neben
Telse einer meiner Standardnamen für alles Mögliche ist; es ist schon erstaunlich, dass der Kühlschrank
Xena getauft wurde. Was soll's, es gibt auch Menschen, die ihre Migräne
Medusa nennen, und ich kann das vollkommen nachvollziehen.
Also habe ich heute endlich den Tisch vom Unrat befreit, den Staub heruntergewischt und Silke schön flachgelegt, die Yin & Yang-Untersetzer darauf drapiert und den Zen-Garten dazu, wobei mir aufgefallen ist, dass das Grau des Gartens sich wunderbar mit Silkes Farbgebung verträgt. Und sowas wirkt beruhigend auf mich - insofern darf ich stolz feststellen, dass das eines der besten Weihnachtsgeschenke seit Langem ist. Jetzt ist der Tisch viel zu edel, als dass ich darauf Klassenarbeiten korrigieren könnte - ich denke mal, ich lagere sie in der staubigen Ramschecke, da fallen sie nicht so sehr auf. Und nun eine kleine Schreibpause, vielleicht fällt mir ja in der Meditation nachher noch mehr dazu ein. Erstmal muss ich noch die Welt retten. Oh, und mein Auto wiederbekommen, das haben die Bösewichte nämlich gestohlen. Und die ganze Lauferei kann sehr stressig sein; manchmal merkt man den Wert von Dingen - und Menschen - erst, wenn man sie nicht mehr hat.
Welch' subtile Anspielung.
(...)
"Kleine Schreibpause" ist wohl untertrieben für das, was in der Zwischenzeit abgegangen ist. Kopftechnisch. Also, das hätte ein wunderbar runder Tag sein können, Tisch aufgeräumt, Silke eingeweiht, ein paar Monster getötet und fertig.
Doch dann kam die große Buba.
Nicht
in persona, sie feiert irgendwo mit Freunden und das ist auch gut so. Die Buba hat mir ein Geschenk gemacht, und es ist noch nicht einmal ein Weihnachtsgeschenk: Zum Geburtstag hatte ich es bekommen, und seither liegt es herum und wartet auf seine Präsentation. Es ist eine Bluray des Films
Mad Max:Fury Road in 3D. Und ich hatte keine Ahnung, worauf ich mich da einlasse.
Ich hatte den Namen
Mad Max schonmal irgendwo gehört, das hatte irgendwas zu tun mit einem postapokalyptischen Szenario, die Welt ist eine Wüste und Wasser ist wertvoller als Gold. So oder so ähnlich - und mit diesen Erwartungen habe ich den Film gestartet. Ich wurde sofort irritiert: Moment, die ganzen Szenen ergeben keinen Sinn. Und ein bisschen unrealistisch ist das schon, was da gezeigt wird. Und wieso überlebt der Typ einen Autounfall ohne Blessuren?
Es hat über eine halbe Stunde gebraucht, bis ich realisiert habe, dass ich mir eine
Comicverfilmung anschaue. Die haben ihre eigenen Gesetze, und das ist auch vollkommen in Ordnung - nur musste mein Gehirn das erstmal begreifen. Tja, was kann ich zu dem Film sagen?
Ich habe keine Ahnung, worum es geht. Menschen fahren durch die Wüste, tagsüber und nachts. Ich weiß nicht, warum sie fahren. Und da ist so ein widerlicher Typ, der den Menschen das Wasser vorenthält. Und eine Frau mit einem halben Arm, mal mit, mal ohne Prothese. Ich habe keinen Plot gefunden - erst fahren sie in die eine Richtung, dann in die andere, und das war es dann auch. Allerdings zwei Stunden lang. Zwei spektakuläre Stunden.
Ich konnte mich erst richtig fallenlassen, nachdem mein Gehirn gerafft hat, dass es sich hierbei um einen
no brainer handelt. Dass es Fun ist und nicht ernstgenommen werden soll. Und dann habe ich es genossen: Überall explodieren Dinge, stürzen ein, werden durch die Luft geschleudert. Der Surroundsound ist wunderbar passend abgemischt. Ich versuche gar nicht erst, die Handlung zu verstehen, denn ich glaube, darum geht es nicht. Halt warte, wenn es eine Comicverfilmung ist... dann gibt es da draußen wahrscheinlich sehr viele Menschen, die das
Mad Max-Universum kennen und für die dieser Film deutlich mehr Sinn gemacht hat als für mich. Jetzt weiß ich, wie sich das anfühlt, wenn man "nicht dazugehört".
Aber es hat wirklich Spaß gemacht. Ich staune, was man mit moderner Technik alles machen kann. Der Film stützt sich hauptsächlich auf CGI (
computer-generated imagery) und ich frage mich, wann Schauspieler komplett ersetzt werden. Der Mensch macht sich selbst überflüssig, beliebter Topos in dystopischen Szenarien. Der Film ist laut - so sehr, dass meine Nachbarn vermutlich froh waren, als es vorbei war und endlich wieder die leichten (und mir immer mehr ans Herz wachsenden)
Oxycanta-Klänge zu hören waren.
Es gibt Situationen, in denen ich für Budenzauber sehr empfänglich bin. Grelle Farben, schrille Töne, ich tauche ein und vergesse die Welt um mich herum. Genau das habe ich heute genossen, und das alles hat den zweiten Feiertag für mich zu einem wunderbaren Erlebnis werden lassen. Und es zeigt, wie wichtig mir meine beiden besten Freundinnen sind: Die Rocky-Baby-Mountains haben mir den Tischläufer genäht, und ich finde den unglaublich toll, und die verrückte Buba hat mir mit diesem Knallerfilm ein Grinsen ins Gesicht gezaubert.
Danke, Ihr Beiden! Ich hab' Euch lieb!