Samstag, 27. Januar 2018

Es geht um Sex: Das "Gewerbe"


Ich habe vor ein paar Tagen Luis Bunuels Film Belle de Jour (1967) gesehen. Ich finde, der Film präsentiert auf eine recht glaubhafte Weise, wie eine "anständige" Frau das Sehnen verspürt, sich als Prostituierte zu betätigen. Kurze Einschätzung vorweg: Der Film ist toll, danke Amazon prime. Catherine Deneuve spielt alle Emotionen ihrer Figur Severine durch, die Abscheu, den Ekel, aber auch die Faszination des "Gewerbes". Der Film wird öfters in einem Atemzug genannt mit Stanley Kubricks Eyes Wide Shut (1999), nicht zuletzt wegen der Traumsequenzen.

Mir geht es heute aber nicht um den Film, sondern um das Thema an sich - Prostitution wird gern als ältestes Gewerbe der Welt bezeichnet - Sex sells, as we know.  Es gibt zahlreiche gute Gründe, sich zu prostituieren: Vielleicht sehnt man sich nach der Ablenkung zu seinem normalen Sexleben, nach Praktiken und Fantasien, die man mit seinem Lebenspartner nicht ausleben kann. Vielleicht ist es der Reiz, viele unterschiedliche Sexpartner kennenzulernen. Vielleicht ist es einfach eine Möglichkeit, um Geld zu verdienen. Ich bewerte keinen dieser Gründe, ich zähle sie nur auf. Und ich stelle fest, dass ich all' diese Gründe gut nachvollziehen kann.

Wie kommt es, dass Prostitution so verpönt ist? Es gibt ganz sachliche Gründe, und mit Sachlichkeit kriegt man mich immer rum: Zu oft wird nicht verhütet und ein Leben "aus Versehen" in die Welt gesetzt; die Tiefe dieses menschlichen Abgrundes kann ich kaum ertragen. Oder aber es werden Krankheiten übertragen. Auch können Gewaltspielereien zu weit gehen, ernsthafte Verletzungen folgen. Oft wird die Grenze des Legalen zum Beispiel auch durch gleichzeitigen Drogenkonsum überschritten - wobei das schon zu einem Grund wird, den ich nur in Ansätzen nachvollziehen kann: Wenn die Menschen, die sich zum Sex treffen, ihr Erlebnis mit psychoaktiven Substanzen anfeuern wollen, dann lasst sie doch! Solange das Konzept der Drogenmündigkeit bewusst bleibt, ist das eine vollkommen natürliche Handlungsweise.

Was ich dagegen ganz und gar nicht verstehe, sind Vorbehalte der Prostitution gegenüber, die aus konservativen Antrieben entstehen: Sex ist etwas Heiliges, das man nur mit seinem festen Lebenspartner teilen darf. Leute, warum macht Ihr es euch selbst so schwer? Das ist genau wie James Dean, der einen genialen Satz geantwortet haben soll, und zwar auf die Frage, ob er jemals sexuelle Erfahrungen mit einem anderen Mann gesammelt habe (damals ein absolutes Tabu): "No, I am not a homosexual. But I'm also not going to go through life with one hand tied behind my back."

Diese ganze Verklemmtheit beim Thema Sex fasziniert mich immer wieder: Warum stellt sich Sexualität uns als Tabu dar? Warum machen wir uns nicht frei von den Ketten, die wir uns selbst auferlegt haben? Immerhin, langsam tauen wir auf. Langsam werden Seiten wie PlanetRomeo oder Tinder gesellschaftstauglich. Dennoch wird es ihn immer geben, diesen Zwiespalt, auf unverbindlichen Sex abschätzend herabzublicken und gleichzeitig davon fasziniert zu sein.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen