Montag, 16. Oktober 2017

Polterabend

Röm pöm klirr

Am Samstag habe ich erlebt, dass so ein Polterabend ein Panoptikon an Emotionen erzeugen kann:

Neugier

Wie sieht das Haus des Brautpaares aus? Wo genau wohnen sie? Wie sieht überhaupt der Zukünftige aus? Hat die Braut sich in all' diesen Jahren verändert? Wer wird noch da sein? Gibt es Neuigkeiten bei meiner Mitfahrgelegenheit? Solche Fragen helfen mir, den Gedanken abzuschütteln, dass ich vielleicht nicht würde hinfahren wollen, weil da so viele unbekannte Menschen sind. Die Neugier ist in diesem Fall stärker. 

Freude

Ich habe mich tatsächlich darüber gefreut, dass ich nun endlich mal das Geschirr loswerden konnte, was nicht wirklich in meinen Haushalt gepasst hat. Irgendwann hatte ich auf schwarze Teller, Tassen usw. umgestellt, aber aus meiner Husumer Zeit hatte ich noch ein weißes Service von Aldi, weil das billig war (das schwarze war auch billig, von Ikea), und das hat nun seinen Dienst getan. Mit dem richtigen Timing kann ein Polterabend also außerordentlich praktisch sein.

Spaß

Ich habe mich beinah scheckig gelacht, als wir uns schadenfroh angeschaut haben, wie das Brautpaar versucht hat, die Scherben zusammenzufegen und in einen Müllsack zu befördern. Das ist ja der Sinn eines Polterabends: Symbolisch soll das Paar erleben, wie wichtig es ist, dass sie ab jetzt alles im Leben zusammen durchstehen werden. Und damit das nicht zu einfach wird, haben einige Gäste zwischendurch den mühsam aufgekehrten Scherbenhaufen wieder mit den Füßen über die ganze Terrasse verteilt. Oder, noch etwas gemeiner, in einem unachtsamen Moment den Sack mit den Scherben genommen und fröhlich wieder ausgeschüttet. Sollten ja schließlich etwas davon haben, die beiden. Das war sehr spaßig.

Trauer

Nur für einen Moment, aber ganz unerwartet, als ich während der Autofahrt erfahren habe, dass eine ehemalige Kommilitonin aus dem Lateinstudium vor ein paar Jahren verstorben ist. Das lässt einen darüber nachdenken, in welchem Lebensabschnitt man sich befindet: Um einen herum heiraten die Menschen, bekommen Kinder, bauen Häuser... und es sterben die ersten Menschen, völlig unerwartet und deswegen umso berührender.

Sehnsucht

Das erklärt sich wohl ziemlich leicht. Wie gesagt, um mich herum all' die Paare, die gerade erst geheiratet haben oder in den nächsten Wochen und Monaten heiraten werden, und natürlich der Blick auf unser Hochzeitspaar, die sich dieser Tage kirchlich das Ja-Wort geben werden. Das lässt mich meine eigene Situation überdenken. Und auch wenn ich immer noch der Meinung bin, dass ich für eine feste Beziehung derzeit nicht bereit bin, weil ich zu sehr meine Freiheiten und meine Unabhängigkeit genieße, denke ich hin und wieder nur spaßeshalber darüber nach, wie es wohl wäre, wenn Er wieder in meinem Leben wäre.

Nostalgie

Irgendwie ist es schön, mal wieder einen Teil der alten Lateingruppe aus dem Studium wiederzusehen. Das erinnert an die gute alte Zeit. An das schöne Gefühl, dass man nicht allein ist mit seinem Sprung in der Schüssel; die Lateinstudenten hatten damals alle irgendwie ein Rad ab. Und das hat uns zusammengeschweißt und durch eine anstrengende Zeit geholfen. Und die Sannitanic lästert jetzt wieder: "Anstrengend? Du hast doch überhaupt nichts dafür getan!" Und sie hat ja Recht. Aber trotzdem war es eine intensive Zeit und ich habe mit einem Lächeln daran zurückgedacht.

Frust

Eigentlich sollte ich mit einem positiven Gefühl abschließen. Eigentlich sollte ich nicht schon wieder damit anfangen. Aber eigentlich sollte ich jetzt auch einen Job haben und nur deshalb zuhause herumsitzen, weil ich Herbstferien habe. Es ist nun mal so: Meine Mitfahrgelegenheit - verbeamtet. Die Polterlady - verbeamtet. Weitere Gäste auf der Party - verbeamtet. Und ich habe derzeit nicht mal mehr einen befristeten Arbeitsvertrag. Was sollte das in mir auslösen, wenn nicht Frust? Aber er hält sich gering, langsam komme ich wieder mit der Arbeitslosigkeit klar. Immerhin muss ich nicht verhungern, immerhin haben wir ein funktionierendes soziales Netz in Deutschland.

Kurzum: Auch wenn ich ein bisschen Angst davor hatte, dass es mir vielleicht zu viele Menschen sein könnten, war es ein sehr schöner Polterabend, ich gönne es der Braut von ganzem Herzen.

Und wann polterst Du?

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