Samstag, 13. August 2016
Wenn meine Eltern nicht wären...
...wäre Vieles einfacher, denke ich manchmal. Besonders, wenn meine Ma sich mal wieder rührend um meine Gesundheit sorgt, und vor meiner Rückfahrt (wenn ich zu Besuch bin) auch abklärt, ob ich denn genügend zu essen habe und ob noch ausreichend Klopapier da ist. Dann wird mir bewusst, dass eine Mutter eben niemals aufhören kann, eine Mutter zu sein, und seien die Kinder auch noch so flügge. Und dann wird mir bewusst, dass das auch gut so ist, und mir geht ein ganzer Kronleuchter auf, wie falsch meine eingehende Annahme doch ist.
Sicher: Ich hätte nicht öfters dieses Gefühl, dass ich mich schon wieder zu lange nicht bei ihnen gemeldet habe. Und ich müsste nicht so oft versichern, dass ich genügend Vitamine zu mir nehme und dass ich genügend Socken und heile Shirts zuhause habe. Aber sind das nicht alles liebgewonnene Automatismen geworden? Und wie sehr habe ich mich entfalten können, was ohne meine Eltern nicht möglich gewesen wäre - bzw., wenn sie sich früher anders verhalten hätten, weniger fürsorglich, auch wenn ich manchmal noch so wenig durchschaubar war in meinem erratischen Verhalten.
Dazu gehörte, dass ich gerne mal auf verrückte Ideen gekommen bin. Lasst uns doch mal einen Film drehen! Zeigt mir mal, wie die Schreibmaschine funktioniert, ich möchte eine Geschichte schreiben! Wenn ich manchmal bei Schülern erkennen muss, wie wenig Zeit sich deren Eltern für sie nehmen (können), und wie sehr diese Kinder nach Aufmerksamkeit lechzen, dann bin ich total glücklich, dass es bei mir anders gewesen ist.
Meine Eltern haben jeden kleinen Ausbruch der Kreativität ihres Sohnes gefördert. Sie haben mir Papier zum Schreiben gegeben, und eine Videokamera, um Drehbücher zu verfilmen. Sie haben mir Orte zum Spielen zur Verfügung gestellt, und wenngleich sie oft den Kopf geschüttelt haben müssen darüber, wie ihr kleiner Hilarius an die Dinge herangeht - unkonventionell, komplizierter als nötig oder mit unangebrachtem Feuereifer - so waren sie stets auf meiner Seite. Sie haben mich ermutigt, weiterzumachen und meine Ideen umzusetzen.
Wenn es beruflich eng geworden ist, wenn es finanzielle Probleme gab oder ich einfach ein Bett für eine Nacht brauchte, oder als ich zwei Jahre lang zwischengefahren bin, um irgendwie meine Arbeit in St.Peter-Ording zu verrichten, von der ich total begeistert war, haben sie nicht gezögert, mich nach Kräften zu unterstützen.
Mir ist erst sehr spät bewusst geworden, dass das keinesfalls selbstverständlich gewesen ist. Und sehr spät habe ich dann erst gelernt, das alles wertzuschätzen. Zu einfach war es, sich ab und an auf ein "Meine Eltern nerven mich!" zu stürzen und damit war die Sache geklärt. Heute ist es ein bisschen anders, in meinem vierten Lebensjahrzehnt weiß ich, wie wichtig das alles für meine Entwicklung gewesen ist. Wie viel mir all ihre Unterstützung bedeutet hat und noch immer bedeutet.
Und deswegen, Mama&Papa, ist der eingehende Satz dieses Artikels nicht viel mehr als eine verblassende Erinnerung einer früheren Denkweise. Ich bin sehr froh, dass ich Euch habe und dass Ihr weiter hinter mir steht. Das ist nicht selbstverständlich, und auch wenn mein Verhalten bisweilen immer noch erratisch ist, exzentrisch und unvorhersehbar, so tut Ihr alles, um sicherzustellen, dass es mir gut geht. Und das ist etwas, was ich nicht werde "zurückzahlen" können. Ich kann dieses Verhalten anderen Menschen angedeihen lassen, um die Rechnung auf null zu bringen und zu zeigen, dass ich von Euch etwas gelernt habe.
Ihr Lieben, fühlt Euch gedrückt, ich denke an Euch, auch wenn mein chaotischer Kopf gerne mal ganz woanders ist. Ich weiß, dass Ihr das lest, ich weiß, dass Papa diesen Beitrag für Mama ausdrucken wird und dann könnt Ihr ihn in aller Ruhe lesen.
Ich habe Euch sehr lieb!
Euer kleiner Dr Hilarius
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