Montag, 29. August 2016
Adler Töwe Muschi Hirsch
Es gibt Wochenenden, nach denen man aufwacht und...
...und das Chaos regiert in der Wohnung - denn man hat das Wochenende zum Ferienabschlusswochenende in Sachen Meditation erklärt und sich nichts Anderem gewidmet außer einer wunderbaren Freizeitgestaltung und der Ordnung der eigenen Gedanken für das anstehende Schuljahr. Ergo begrüßt einen dann am Montagmorgen, pardon -nachmittag ein kaputter Kühlschrank, Wäsche in der ganzen Wohnung verteilt, Husten mit Auswurf, Essensreste, ein Wrack beim Blick in den Spiegel und ein Zettel mit der Aufschrift "Adler Töwe Muschi Hirsch", und das Einzige, was mein Gehirn in dem Moment zu denken in der Lage ist - wie inkonsequent! Es müsste doch eigentlich "Adwer" heißen! Da hilft erstmal nur hochkonzentriertes Koffein, kombiniert mit inspirierendem Goa zum Aufwachen - danke Moe, Du Spacken, Du hast mich grad wieder auf den Geschmack gebracht.
...und beschließt, okay, alles, was gerade nicht die Dringlichkeit einer brennenden Wohnung besitzt, wird nach hinten geschoben, bis der Kopf wacher, klarer, fitter ist. Essensreste werden beseitigt, bevor sich ein dokumentationswürdiges Biotop ausbreitet. Alles, was ein "maschine" im Namen trägt, wird eingeschaltet und auf Reinigung programmiert. Hauptsache, das läuft von selbst. Und dann werden erstmal die Fenster aufgerissen, und mir wabern Erinnerungsfetzen von letzter Nacht durch den Kopf, als die verrückte Buba und ich hier am weit geöffneten Küchenfenster über die nächtliche Hamburger Chaussee herausgestarrt haben und uns königlich amüsiert haben über nen augenscheinlich noch etwas jüngeren männlichen Vertreter der Spezies homo minime sapiens, der lautstark brüllend seinen offenbar nicht nur betrunkenen Weg Richtung Baustellenloch beschritten hat. Da waren definitiv noch andere Substanzen im Spiel - sollten es Opiate gewesen sein, hoffe ich, dass er die Nacht gut überstanden hat, sollten es Psychedelika gewesen sein, hoffe ich, dass er wenigstens seinen Spaß gehabt hat - während er in seiner kleinen Welt alle anderen Menschen zusammengeschlagen hat, weil er ja der Größte und Beste war. Süß. Dem möchte man einen Pudding kochen. Haben wir aber nicht gemacht, weil die GDB die ganze Zeit Schatzkisten auf Wolken gesucht hat und die verrückte Buba Blumen gepflückt hat und dabei unentwegt "Deidäh!" gerufen hat. So ein Wochenende war das.
...und überall liegen Rechnungen herum, was man allerdings erst bemerkt, als man sich an den Schreibtisch setzt, um den ersten Kontakt mit der Zivilisation da draußen zu schließen, Rücksturz in die Realität, sozusagen, nachdem man das Wochenende mit Anime-Mädchen, Achterbahnjunkies und alliterierenden Alter Egos verbracht hat (der war spontan, geil oder?). Der nächste Blick geht auf das Windows 10-Datum und man stellt erleichtert (erweichtert) fest, dass es nicht mehr lange dauern kann, bis das Gehalt auf dem Konto ist und man jene Rechnungen wegarbeiten kann. Da aber im Moment noch die Hände gebunden sind, werden die Rechnungen aus meinem Tunnelblick verbannt und ich lasse das Koffein langsam wirken und setze meine alternden Kochen in Bewegung.
...und dann komme ich doch nicht dazu, weil mich auf den blauen Seiten jemand mit meinen Neigungen festhält - während die Musik im Hintergrund weiterwummert und ich beschließe, okay, nachdem es ein "damage"-Wochenende war, wird das heute ein "repair"-Tag und morgen gehe ich zur Tagesordnung über. Nicht heute, nicht jetzt, jetzt lasse ich mich erstmal auf einen netten Chat mit dem Gegenüber ein, hey, es sind noch Ferien, und ich bin unglaublich gut darin, das Chaos zu ignorieren. Und ich bin ein Mann - da setzt das Denken sowieso gern mal aus.
...und ich gehe ins Bad, um Mensch zu werden, und denke schockiert, dass ich wieder Eintritt nehmen könnte für extrem erhellende Expeditionen ins Badreich. Flora und Fauna begrüßen mich lautstark, so dass ich nur schnell das Nötigste erledige, die Tür zudonnere und das Reich dahinter zur Jumanji-Zone erkläre - Eintritt nur mit Machete und Granatwerfer, sollte mich nicht wundern, wenn neben den obligatorischen Staubmäusen auch Killerkrokodile und muhende Zombies auf mich warten. Da gehe ich nur schwerst bewaffnet mit hochreinigungsaktiven Tensiden wieder rein!
...und das Loch in meinem Magen erklärt sich zur hochgravitativen Zone mit eigenem Schwarzschildradius - sobald ich nur in die Nähe von etwas Essbarem komme, wird es selbsttätig eingeatmet ohne Chance auf ein Wiedersehen (zum Glück). Die Frage, was alles die Definition von "essbar" erfüllt, stellen wir in einem solchen Moment lieber nicht. Es wird alles eingesaugt, und nichts kehrt hinter dem Ereignishorizont jemals zurück, um zu berichten, was es einst war. In diesem Zustand durch einen Supermarkt zu gehen, wird zu einer Übung in Sachen Katastrophenschutz: Wie verteidigt man Nahrungsmittelregale und Geldbeutel gegen die enorme Anziehungskraft des Schwarzen Lochs, das sich Magen schimpft? Somit wird der "Tag danach" auch zu einer Übung in Survival und physikalischen Theorien. Die philosophische Komponente schließt sich unerbttlich an, wenn ich den Blick auf den Kassenbon werfe - zum Glück wird der in der Wohnung direkt mit dem umherliegenden Müll assimiliert und verschwindet auf Nimmerwiedersehen aus dem Survival-Tunnelblick.
...und plötzlich ist der halbe Nachmittag um und man hat nichts geschafft!
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