Samstag, 5. März 2016

National Lampoon's Vacation

"One of the truly American identities is Consumerism." Ich beziehe mich hier auf den von Thorstein Veblen geprägten Begriff des conspicuous consumption. Zu deutsch etwa "zur Schau gestellter Konsum" - jep, das ist wahrlich amerikanisch. Aller Welt zeigen, wie viele Dinge man wieder eingekauft hat, das neue Auto, der neue PC, der neue Schmuck, schon der neue Nagellack gehört dazu. Mit viel Glitzer, Bling und Shiny.

Und es muss immer größer, höher, schneller, weiter sein. Das Auto sollte zumindest ein SUV mit schlachtschiffähnlichen Ausmaßen sein. Der Schmuck sollte das Dekolleté nicht verschönern, sondern gänzlich verdecken - es sei denn, die frisch operierten Brüste sollen ihrer Besitzerin Gigantomanie betonen. Die Kleidung sollte die natürliche Schönheit des Menschen nicht unterstreichen - sie sollte den Menschen komplett definieren. Die geposteten Urlaubsfotos in immer höher werdender Auflösung, die Videos der Edelhaustiere mit 60, 80, 100 frames per second, der raumfüllende Sound mit 5.7, 7.1, 9.1, nichts da, es geht bereits bis 22.2, und dass es auch alle Welt wisse!

Der geneigte Leser wird anmerken, dass ich mich selbst zu dieser Gruppe zählen muss, der ich unlängst von meiner Surround-Anlage berichtet habe. Ja, in der Tat. Ich bin schon irgendwie ein kleiner Amerikaner.

Das Flagschiff dieses Consumerism scheint wohl Las Vegas zu sein, das Mekka der Marquees, das Bonanza einarmiger Banditen und Bunnyfrauen, die charmant Chips verteilen, mit denen wir das sauer verdiente Geld mit aller Gewalt wieder zu verprassen versuchen.

Und es ist noch nicht einmal so, dass die Amerikaner nicht um ihren Konsumwahn wüssten. Längst nehmen sie ihn auf die Schippe - sei es in Sozialstudien wie Geoffrey Gorers grandiosem The American People: A Study in National Character (1948) oder aber in Satiren wie National Lampoon's Vacation (1983), den Deutschen besser bekannt unter dem unsäglichen Titel Die schrillen Vier auf Achse.






Das Filmplakat sagt schon alles - hier werden Stereotype aufs Korn genommen: Der Familienvater in all seiner muskulös-männlichen Überlegenheit, die Frau, die sich begierig an ihn klammert, die Tochter, die hinter ihm Schutz sucht. Er hat alles im Griff, die Urlaubsutensilien, mit dem Familienwagen trotzt er dem Abgrund, die Tempel amerikanischer Vergnügungssucht warten darauf, von ihm bezwungen zu werden.

Zur Handlung: Clark Griswold plant, mit seiner Familie einen Urlaub zu verbringen, der typisch amerikanische Sehenswürdigkeiten beinhaltet: die amerikanische Steppe, das größte Wollknäuel der Welt und derlei ähnliche Grausamkeiten, um am Ende den Freizeitpark Walley World zu erreichen, der Inbegriff des conspicuous consumption. Clark tut wirklich alles, um diesen Urlaub perfekt werden zu lassen, und er geht dabei wortwörtlich über Leichen.

Was soll man sagen? Ein grandioser Film, ein no-brainer, aber man braucht keinen Bergman, um gut unterhalten zu werden. Kein Klischee wird ausgelassen, und Clark Griswold als typisch amerikanischer Familienvater wird durch jeden Kakao gezogen, den man auf der Urlaubsreise zusammenrühren konnte - eben so, wie es sich für eine echte Screwball Comedy gehört. Der Film ist wesentlich besser, als man es beim ersten Ansehen meinen sollte, und ich kann nur empfehlen, all die kleinen Seitenhiebe auf den Konsum aus vollem Herzen zu genießen.

Abschließend muss ich hier noch den Titelsong verlinken, der Ohrwurmpotential besitzt und den Tenor des gesamten Films perfekt darstellt, Holiday Road von Lindsey Buckingham. Ja, der gute Herr wird mit einem "e" geschrieben, ein Youtuber darf sich - genau wieder jeder andere Mensch auf diesem Planeten - auch mal einen Rechtschreibfehler erlauben. Wer meine findet, darf sie gern behalten.


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