Derek Chauvin (mugshot) |
Nein, es geht hier nicht um Sidney Lumets brillantes Gerichtsdrama Die zwölf Geschworenen (12 Angry Men, 1957), es geht um eine ganz reale Situation, die dem Inhalt aber sehr nahe kommen dürfte; gestern schrieb ich von der Pandemielage, die etwas zeige, was vor fünfzig Jahren noch ein Science Fiction-Film gewesen war. Seit gestern läuft Lumets Film in den USA als Realszenario ab: Die zwölf Geschworenen haben sich zur Beratung im Fall Derek Chauvin ([Mörder?] von George Floyd) zurückgezogen.
Diese zwölf bisher anonym gehaltenen Menschen sind ab sofort "kaserniert"; wie in Lumets Film sind sie nun eine von der Außenwelt fast hermetisch abgeriegelte kleine Gesellschaft, die versuchen wird, zu einem einstimmigen Urteil zu kommen. Wer den Film nicht kennt: Es geht um einen Jugendlichen, der einen Menschen mit einem Messer ermordet haben soll. Elf Geschworene sind sich sicher, dass es Mord war. Nur einer fordert durch sein Veto eine gründliche Diskussion ein, die dann Kernbestandteil des Films ist.
Unsere heutige Jury könnte an einem Tag fertig werden, sie könnte aber auch Wochen brauchen. Ich habe mir schon öfters vorgestellt, wie es wohl wäre, Geschworener zu sein. Ich frage mich, ob da wirklich Menschen sitzen, die einfach nur schnell wieder nach Hause wollen. Ob da Menschen sitzen, die ihre persönliche Wut in ein Votum umsetzen. Ich bin gespannt, wann das Urteil gesprochen wird.
Und wie viele Andere auch bin ich ein bisschen besorgt, was in den USA passieren könnte, wenn das Urteil zu milde ausfällt oder Chauvin gar freigesprochen wird. Geschäfte verbarrikadieren aus Angst vor Gewaltausbrüchen bereits ihre Schaufenster. In den drohenden Unruhen könnten wieder Menschen zu Tode kommen, und Gewalt scheint so oft das einzige Mittel zu sein, was Menschen in ihrer Wut in den Sinn kommt.
Wird alles sehr spannend...
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