Montag, 30. September 2019

Klassenfahrt


Die große Buba ist gerade mit ihren Kiddies auf Klassenfahrt, und das lädt mich ein, ein wenig zu sinnieren, wie ich zu dem Thema Klassenfahrt stehe - nämlich am liebsten gar nicht.

Damals

Als Schüler habe ich Klassenfahrten gehasst, und zwar jede einzelne von ihnen. Ich habe es gehasst, an unbekannten Orten schlafen zu müssen, nicht mein Zimmer, das mir Sicherheit gibt, ich habe es gehasst, nicht zu wissen, was es zu essen gibt (wir hatten zuhause einen Speiseplan, der sich nach den Wochentagen ausrichtete, das war großartig), ich habe das Gefühl gehasst, nicht zu wissen, wann ich auf's Klo gehen kann, ich habe es gehasst, dass jemand Anderes meinen Tagesplan festgelegt hat, ich habe es gehasst, mit anderen Jungs in einem Raum zu schlafen (ich kann auch heute nicht schlafen, wenn eine andere Person in der Wohnung ist), immerhin, wenn ich Glück hatte, war ich nicht mit den Jungs auf einem Zimmer, die mich gemobbt hatten, trotzdem habe ich das Bewusstsein gehasst, dass es für die Mobber auf Klassenfahrten wesentlich einfacher ist, ihrer Arbeit nachzugehen., und ich habe es gehasst, zu zelten, nass und kalt und komischer Geruch und vortäuschen zu müssen, ich hätte in einem Schlafsack gut geschlafen.

Heute 

Heute hat sich an der Haltung nicht viel geändert. Als Lehrer habe ich panische Angst vor Klassenfahrten. Ich war an meiner Ausbildungsschule auf zweien dabei, und scheine Vieles falsch gemacht zu haben, was ich natürlich wieder nicht mitbekommen habe. Ich habe Angst davor, die Verantwortung für dreißig Schüler weit weg von ihrem Zuhause zu übernehmen. Ich habe in diesem Blog so oft geschrieben, dass ich an viele wichtige Dinge nicht denke - und das könnte mir auch auf einer Klassenfahrt passieren. Einen Schüler zurücklassen. Oder vielleicht auch nur seine Sachen. Den ganzen Versicherungskram auf die Reihe bekommen. Gut, dass man nicht allein auf Klassenfahrt geht, trotzdem der Horror. Schüler, die sich volllaufen lassen, nach Hause gebracht werden müssen, in den falschen Zug einsteigen, ungeschützten Sex haben und ich muss die ganze Nacht durch wach sein. Nein, muss ich nicht, klar, es gibt Schichten und sowas, aber mein Kopf lässt mich auf einer Klassenfahrt nicht einschlafen. Die falsche Jugendherberge gebucht. Überhaupt zu buchen, unbekannte Menschen anrufen, darauf achten, dass der Busfahrer seine Pflichtpausen einhält. Und die Hälfte der Klasse hat sowieso keinen Bock auf die Fahrt. Warum also überhaupt machen?

Sicher, Klassenfahrten können irgendwo ihr Gutes haben. Manchmal bekommen Schüler eine Möglichkeit, über den Tellerrand zu schauen (ob sie das nun wollen oder nicht), maaaaanchmal kann so eine Aktion die Klassengemeinschaft stärken - aber nur wenn man normal ist; NP damals war nicht normal, hatte schon ihren Grund, warum sie ihr Zelt mit dem Eingang in einem Dornengebüsch aufgestellt hat. Aber Hauptsache, das Kind kommt mal an die Luft. Für sie war die Klassenfart pure Folter.

Wenn ich mit Schülern auf Klassenfahrt gehe, dann bestenfalls als Begleitung. Und am liebsten noch nichtmal das. Ich bin viel zu zerstreut und bräuchte einen Partner, der nicht nur auf die Kiddies, sondern auch noch auf mich mit aufpassen kann.

Ihr seid herzlich eingeladen, meine Leidenschaft für Klassenfahrten zu entfachen.

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