Samstag, 14. September 2019

Das EGO-Buch


Das lateinische Wort ego bedeutet "ich" - Ihr wisst das. Sehr viele Menschen wissen das. Und trotzdem könnte man dieses kleine schwarze Buch oben im Bild als ein Zeichen von Arroganz oder Überheblichkeit deuten. Ich kenne da jemanden in Husum, der das definitiv so sehen würde. Dabei hat das Buch mit Arroganz überhaupt nichts zu tun.

In ein paar Monaten steht mein Vorgespräch in der Psychiatrie des UKSH-Campus in Lübeck an. Meine Hauaufgabe bis dahin besteht darin, so viele Berichte wie nur möglich zu sammeln, die Verhaltensauffälligkeiten bei mir bescheinigen. Über die Zeugnisse hatte ich bereits geschrieben; jetzt brauche ich andere Menschen, die über mich berichten können, und so schicke ich kleine Notizbücher an meine Eltern, meine Tante und an die Sannitanic, die große Buba hat ihres schon, mit der Bitte, bis zum Ende des Jahres alles aufzuschreiben, was ihnen an Verhaltensauffälligkeiten meinerseits einfällt.

Und auch ich selbst kann diese Auffälligkeiten bei mir feststellen, wobei aus ärztlicher Sicht Fremdbeurteilungen wohl aussagekräftiger sind. Und wenn es auch nur dazu da ist, mich daran zu erinnern, dass ich tatsächlich anders bin: Ich schreibe in diesem Buch alles auf, was mir zu mir selbst einfällt, und ich unterteile es in drei Kategorien.


Die Ticks sind harmlose kleine Sachen, die niemandem schaden, die einfach nur ungewöhnlich sind, und das muss meistens noch nicht einmal etwas mit einer möglichen Form von Autismus zu tun haben. Ein Beispiel dafür: Wenn ich die Lautstärke an meinem Soundsystem verstelle, muss der Wert immer durch Zwei teilbar sein. Lautstärke Acht ist mir zu leise? Dann wechsle ich auf Zehn - bloß nicht auf Neun oder Elf. Das fühlt sich dann "schief" an. Und ich weiß, dass irgendwo da draußen ein hochbegabter ehemaliger Schüler von mir sitzt, der das auch hat, aber bei ihm muss die Lautstärke immer durch Fünf teilbar sein.


Die Probleme sind dann Sachen, die sich wirklich negativ auf mein Leben auswirken. Der Klassiker ist das Essenvergessen, dazu muss ich nichts weiter sagen, und es gibt bisher neun weitere Problemsituationen.


Der interessanteste Abschnitt für die Ärzte dürfte dann aber das Kapitel Vorfälle sein, in dem ich ganz konkrete Ereignisse aufschreibe - wie zum Beispiel den Tag, an dem ich im Freizeitpark einen Kreislaufkollaps hatte, oder die schulischen Vorfälle der letzten Jahre.

Wenngleich es für die Diagnose nachher nicht so relevant sein mag, so ist das EGO-Buch für mich wie ein kleiner Spiegel, der mich daran erinnert: So bin ich.

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