Samstag, 29. Dezember 2018

STOP

Den mag ich ja nun überhaupt nicht...

Hochbegabung meets Autismus

Ich habe in diesem Blog mehrmals über meine Leidenschaft für das S-Bahn-Fahren geschrieben. Auch darüber, wie sorgfältig ich mir den Sitzplatz aussuche, wenn ich die Fahrt richtig genießen möchte; es gibt allerdings auch rein zweckdienliche Fahrten, oftmals kurz, und da verhält sich das mit dem Sitzplatz anders - in der U-Bahn noch deutlicher als in der S-Bahn: Ich stelle mich, während ich auf den Zug warte, an die Stelle des Bahnsteigs, an der am Zielbahnhof der Ausstieg ist. Das war anfangs eine lustige Knobelei: Ist der Ausstieg vorn oder hinten? Kommt der Zug von vorne? Wie sieht noch gleich der nächste Bahnhof aus? Aber es hat nicht allzu lange gedauert, da kannte ich neben dem Liniennetz auch "meine" Bahnhöfe auswendig. Fantasie FTW!

Etwas anders ist es, wenn ich in Kiel mit dem Bus fahre. Früher im Studium habe ich mich gern an einer Endhaltestelle in den Bus gesetzt und bin die ganze Strecke entlang gegondelt, was sich besonders bei Linien wie der Einhundert oder der Fünfhunderteins lohnt. Aber auch in Kiel gibt es kurze Strecken, zum Beispiel zum Bahnhof, wenn ich zu faul zum Laufen bin oder nicht genügend Zeit habe. Seit einigen Jahren soll der Einstieg in den Bussen ja (mit einigen Ausnahmen) nur noch vorne stattfinden, halte ich für nachvollziehbar, aber ich kann mir aussuchen, wo ich aussteige.

Nun ist ein Bus wesentlich kürzer als eine U-Bahn, da macht es hinsichtlich der Zielhaltestelle nicht so viel aus, ob ich vorn oder hinten aussteige. Also brauche ich ein anderes Auswahlkriterium, und da kommt wieder ein leichter Anflug von Autismus in's Spiel: Ich steige an der Tür aus, die den "schönsten" STOP-Knopf hat.

Ich liebe es seit meiner Kindheit, auf Knöpfe zu drücken, Schalter umzulegen und damit irgendwas in Gang zu setzen. Ich glaube, das ist ganz normal, nicht hochbegabt, sondern einfach nur kindlich-neugierig. Allerdings macht es mir etwas aus, wie der Schalter ausieht - rot? Gelb? Metallic? Quadratisch? Länglich? Rund? Mit oder ohne Beschriftung in Braille? Und es beeinflusst meine Entscheidung auch, wie der Schalter sich bei'm Drücken anfühlt. Klickt es? Quietscht es? Rastet es irgendwie ein? Lässt der sich nur schwer reindrücken? Habe ich dabei das Gefühl, auch richtig gedrückt zu haben, oder muss ich noch einmal nach der Wagen hält-Anzeige schielen?

Da schlagen andere Menschen wieder die Hände über dem Kopf zusammen, "Warum machst du es dir so kompliziert, ist doch vollkommen egal, welchen Knopf du drückst!" - Nein, es ist mir eben nicht egal, genauso wie es mir nicht egal ist, mit welchem der diversen Esslöffel ich meine Suppe esse. Das macht etwas aus, auch wenn es nur eingebildet ist; ein gewaltiger Teil unserer Wahrnehmung der Welt ist eben nur das: Wahrnehmung. Und sie beeinflusst unser Leben. Und wenn ich niemandem damit schade, kann ich mir doch auch aussuchen, den schönen runden, metallischen, klickenden Knopf am Hinterausgang zu drücken, nicht wahr?

post scriptum: Nostalgieflash für heute - gibt es irgendein Kind der Neunziger, das diesen Song nicht mehr kennt? Schweden, die den amerikanischen Westen auf's Korn nehmen; denkt daran, falls Ihr über die Musik der heutigen Jugendlichen lästern wollt. Nicht falsch verstehen: Ich liebe den Song (wobei mir "Old Pop In An Oak" noch besser gefallen hat) noch immer ;-) Ach so, und was mich an der heutigen Musik stört, sind frauenverachtende, homophobe und überhaupt irgendwie herabwertende Tendenzen. Rednex, das war einfach nur Fun:




paulo post scriptum: Ich bin heute am Südfriedhof vorbeigefahren und der Anblick hat mich an eine Phase im Grundstudium erinnert. Ich hatte gerade Gothic und Doom Metal neu für mich entdeckt, und es war wunderschön, mit Tristanias Widow's Weeds über den Friedhof zu gehen, grauer Himmel, nasskalt, und zu sehen, wie die Bäume ihre kahlen Äste tief über Gräber, Gruften und Seen beugten. Irgendwie melancholisch, malerisch, und sehr schön. Talk about Ambiente...

1 Kommentar:

  1. Ich bin zwar kein Kind der Neunziger, aber zu diesem Song kenne ich sogar einen Squaredance. Haha!

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