Montag, 7. Mai 2018
Wie peinlich!
"Oh mein Gott, Herr Lauber hat schon wieder loggisch gesagt!"
Fremdschämen pur. Lateinunterricht elfter Jahrgang, erstes Jahr in der Oberstufe und wir kamen uns alle unglaublich erwachsen vor. Umso mehr versuchten wir, unsere Würde zu bewahren, wann immer der kleine dickliche Mann da vorne, mein Lateinlehrer, das Wort "logisch" wie "loggisch" aussprach. Ich meine, wir wussten doch alle, dass es "loooooogisch" heißt. Einige von uns lachten - immer wieder, wenn Lauber sich diesen vermeintlichen Fehltritt leistete.
Denn vermeintlich, das war dieser Fehltritt, und nicht mehr. Herr Lauber wusste natürlich, dass unser heutiges Wort "logisch" sich vom altgriechischen lógos ableitete, an beiden Stellen mit je einem Omikron geschrieben. o-mikron - "kleines O". Und natürlich sagen die altsprachlich nicht bewanderten Menschen Oooohhhmikron und Ommmeeeehhhga, obwohl es genau andersherum lauten müsste - Ommmmikron und Oooohhhmegga. Herr Lauber wusste einfach nur Bescheid, und wir nicht, und weil wir diese Aussprache nicht kannten, weil wir das noch nie gehört hatten, weil es ungewohnt war, wollten wir uns darüber lustig machen.
Wie viele Jugendliche eben so sind: Halten sich für das Zentrum der Welt, für das Maß aller Dinge, was sie nicht kennen, gibt es nicht, oder zumindest ist es eklig, wie in der schwulen Schulgeschichte hier. Und wir werden alle erwachsener, erweitern unseren Horizont, jeder in seinem eigenen Tempo und in seiner eigenen Ausprägung. Wir werden aufgeschlossener, Ungewohntes nicht als eklig oder falsch zu betrachten, sondern Neues kennenzulernen. Zumindest gibt es viele Menschen, die sich so entwickeln. Manche fühlen sich im Konservativismus wohler aufgehoben, manchen macht das Progressive Angst.
Ich denke, eine unserer Aufgaben besteht darin, Schüler dahingehend zu schulen, dass sie auf das Unbekannte neugierig zugehen, nicht abwehren, dichtmachen, auslachen.
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