Mittwoch, 8. Juni 2016

Termin beim Arbeitsamt


Eines der Dinge, die ich an der Arbeitslosigkeit überhaupt nicht mag, ist das Gefühl der "Bringschuld", ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll. Das Gefühl, ich müsste noch mehr getan haben, mehr Initiativbewerbungen rausschicken, mehr Schulen in persona besuchen, irgendwelche Fortbildungen machen, an Seminaren teilnehmen - da ich Vater Staat ja zur Zeit auf der Tasche liege. Für mich fühlt es sich an, als sei ich ein Geschwür in der Arbeitslosenquote, das entfernt werden muss. Kurzum: Kein schönes Gefühl. Gerade, weil man als Lehrer eigentlich nur warten kann. Die Bewerbungen in Schleswig-Holstein sind permanent im sogenannten pbOn aktiv und für alle Schulen sichtbar. Wann ruft mich jemand ab?

Was ich darüber hinaus machen könnte, zum Beispiel, wären Bewerbungen an Alternativschulen, aber ich hab Angst, dass ich dafür einfach ungeeignet und viel zu normal bin. Also mache ich das nicht. Und wieder Zeit gespart. Zeit, die ich nutzen kann für... was? Für mich fühlt sich die Arbeitslosigkeit an, als habe ich phasenweise (nicht immer) viel zu viel Zeit. Deswegen habe ich mir Beschäftigungen vorgenommen, in den Freizeitpark fahren, die Geschichte mit Timo und Julian weiterschreiben. Und zur Zeit immerhin einen schulischen Kurs vorbereiten.

Wenn also in dieser "Ich mache alles falsch"+"Ich verhalte mich nicht arbeitsamtsanforderungskonform"-Situation dann eines schönen Tages einer, nein, zwei, sogar drei Briefe vom Arbeitsamt kommen... und abends klingelt die Nachbarin mit dem vierten Brief, der aus Versehen bei ihr abgegeben wurde... Dann liegen da auf dem Schreibtisch vier ungeöffnete Briefumschläge mit meiner Adresse und dem Absender "Agentur für Arbeit" - ich hab irgendwas falsch gemacht! Und wieder falle ich in das Muster von "lieber nicht jetzt öffnen, da steht eh nichts Gutes drin, und dann öffne ich es zu spät, so dass ein weiterer Brief mit einer Erinnerung kommt und mich noch kleiner macht".

Nicht mit mir. Diesmal nicht. Und so habe ich beherzt mit meinen Liliendolchen die Briefumschläge aufgeschlitzt - und dabei aus Versehen meinen Sachbearbeiter in zwei Teile geteilt - siehe da, alle Aufregung legt sich. Drei Briefe enthalten je eine Abrechnung der Anrechnung des Nebeneinkommens für die Monate April, Mai und Juni. Und der vierte Brief enthält meinen nächsten Gesprächstermin im Arbeitsamt mit der sehr einladenden Standard-Wendung "Sehr geehrter Arbeitsloser, der mir grad tierisch auf den Zeiger geht, ich möchte gern Ihre berufliche Situation mit Ihnen besprechen."

Aber TOUCHÉ! Was mein Sachbearbeiter noch nicht weiß: Am kommenden Montag steht ein Bewerbungsgespräch an, endlich, endlich wieder zumindest eine Perspektive, egal, ob es erfolgreich wird oder nicht. Natürlich würde ich mich freuen, wenn ich meinem nachdenkenden Sachbearbeiter diesen Vordruck schicken kann:

"Sehr geehrter Herr Sachbearbeiter, der keine Ahnung hat, was in meinem Kopf vor sich geht, aber trotzdem wie bei allen Arbeitslosen im Team Akademiker die gleiche Masche anwendet,

ich werde den Termin zum persönlichen Gespräch nicht wahrnehmen, da ich ENDLICH wieder eine Vertretung habe."

Aber ob es dazu kommt, bleibt abzuwarten, also bitte Daumen drücken!

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