Freitag, 10. Juni 2016

Dude


Ich bin dabei, eine weitere Wissenslücke in Sachen Filmkunst zu schließen, und die trägt den Namen der Coen-Brüder. Und wer sie kennt und den Titel des Beitrags liest, wird schnell darauf schließen können, dass ich mir gestern endlich einmal The Big Lebowski (1998) angeschaut habe, und das mit Begeisterung.

Ich könnte mich jetzt darüber auslassen, dass ich den Film genau im richtigen Moment geschaut habe, weil es nämlich um eine Lebenseinstellung geht - den Dudeism, der viel damit zu tun hat, die Dinge ruhig anzugehen und gelassen zu bleiben im Angesicht drängender Situationen. Ich könnte davon erzählen, dass diese Haltung mir in dieser Phase gerade ein echtes Vorbild ist - aber das tue ich nicht und genieße eine zünftige praeteritio.

Stattdessen möchte ich von ein paar Dingen erzählen, die mich beim ersten Ansehen schon begeistert haben. Die Reihenfolge? Wie immer bei meinen Einträgen so, wie es mir gerade in den Kopf kommt. Ich mache nur selten vorher eine Gliederung, schließlich ist das hier keine Klausur in der Schule.

Ich fange an mit den ersten Momenten des Filmes, genauer des Vorspanns, in dem Julianne Moore erwähnt wird. Ich halte sie für eine großartige Schauspielerin, die zu Recht den Academy Award gewonnen hat (2014 als Beste Schauspielerin in Still Alice). Ich liebe ihre offbeat-Performances in Cookie's Fortune (1999) und eben jenem The Big Lebowski, ich genieße aber auch ihre etwas mehr am Mainstream orientierten Darstellungen wie z.B. in Non-Stop (2014) oder dem Remake von Carrie (2013). Sie hat keine Probleme damit, ungewöhnliche und anspruchsvolle Rollen zu übernehmen, und so habe ich mir schon vor Anblick ihres Gesichtes gedacht, dass sie es ist, die da gerade nackt an einem Ledergestell aufgehängt durch den Raum fliegt, um ein Gemälde zu kreieren. Grandios!

Jeff Daniels spielt den Dude ("Nobody calls me Jeffrey Lebowski, my name is Dude!") so überzeugend, als hätte er sein Leben lang nichts Anderes gemacht. Das ist keine Schauspielerei mehr, das ist richtige Darstellung. Ich nehme ihm die Rolle sofort ab. John Goodman macht einen perfekten Job als sein Partner, die beiden ergänzen sich, als könne es sie nur im Doppelpack geben.

An Kritik wird nicht gespart, so zum Beispiel daran, Menschen nach ihrem Äußeren zu beurteilen und der arroganten Überzeugung, sie deswegen wie Vollidioten behandeln zu können. Ich muss mich damit einfach identifizieren, denn ich erlebe es selbst immer wieder, dass Menschen aufgrund meines Äußeren zu einem vorschnellen Urteil gelangen und mich behandeln, als wäre ich eher am unteren Ende der Intelligenzkurve vertreten. Ich provoziere das bewusst, das ist mir klar. Ich tue das, um Menschen davon zu überzeugen, sich eine Meinung durch eigenes Erleben zu bilden. (Das wäre, als würde man davon ausgehen, jemand sei eine gute Lehrkraft, nur weil er gut aussieht oder Nadelstreifenanzüge trägt.)

Es hat mir sehr gut getan, den Film zu sehen, gerade jetzt. Weiß nicht, warum ich damit so lange gewartet habe.


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