Screenshot aus dem Film Searching |
Dieser Begriff muss irgendwo um Zwanzig Vierzehn entstanden sein; screenlife ist kein Filmgenre, aber ein Filmformat: Alles, was gezeigt wird, findet auf Bildschirmen statt, so dass ich quasi als Zuschauer direkt dabei bin, wie etwas passiert. Das kann einen recht starken immersiven Effekt haben, man möchte direkt mitklicken.
Ich fand das ziemlich clever, und am Beispiel von Searching (2018) kann man schön erklären, wie das funktioniert. Wir starren also auf diesen ganz normalen Desktop-Hintergrund, und der Protagonist ist erstmal nicht zu sehen, nur in Form des Zeigers auf dem Bildschirm. Wir sehen ihn nicht, aber wir sehen, was er macht; so schaut er sich zum Beispiel alte Fotos an und in einer tragisch-schönen Sequenz erfahren wir ohne viele Worte, dass er Vater ist, eine Tochter hat und dass seine Frau an einer Krankheit verstorben ist. Erinnert ein kleines bisschen an den Film Up (2009).
Dann wird - ich bringe es nicht mehr genau zusammen, also ist das nur eine ungefähre Wiedergabe - der Messenger gezeigt, in dem der Vater mit seiner Tochter textet, man sieht ihr Profil auf einem sozialen Netzwerk, man sieht kleine Videos, die an schöne Ereignisse erinnern - aber irgendwann kommt keine Antwort von der Tochter, und man kann gefühlt in Echtzeit miterleben, wie der Vater sich Sorgen macht, Bekannte und Freunde fragt und mehr wird nicht verraten; der Film dreht sich also um die Such nach seiner Tochter. Dabei erhält der Vater auch interessante Einblicke, die das Bild seiner Tochter etwas relativieren.
Mich hat der Film richtig gut mitgenommen damals, das war aufregend, und ich war von dem Screenlife-Format (im Deutschen Desktop-Film) erstmal begeistert. Hat sich aber als Strohfeuer herausgestellt, denn diese Art von Filmen wurde plötzlich massenhaft produziert und veröffentlicht und ist nur sehr selten qualitativ hochwertig - und bereits jetzt, einige Jahre später, fühlt sich das Filmformat ausgetreten an.
Das erinnert mich an den damaligen Kinohit The Blair Witch Project (1999), der das found footage-Filmformat populär gemacht hat. Es ist so oft verwendet worden, und so selten überzeugend. Immerhin kommen da noch ab und an kleine Perlen wie Cloverfield (2008) oder Paranormal Activity (2007).
Es lässt sich einfach nicht dieses Gefühl abschütteln: Hat man einen Film dieser Art gesehen, hat man alle gesehen. Aber als Filmfreund interessiert es mich natürlich immer, wenn neue Filmformate aufploppen und einen Namen erhalten. Heute habe ich mir den Film Host (2020) angeschaut, es geht um eine Online-Séance per Zoom, bei der übernatürliche Phänomene auftauchen. Klingt unoriginell, ist es auch, aber kurz (knapp unter einer Stunde) und effektiv. Und eine Stunde später schon wieder vergessen.
Kennt jemand von Euch noch einen richtig guten Screenlife-Film?
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