Montag, 1. Juli 2019

Indie-Filme

Mind-Blowing trifft es ganz gut

Hollywood-Blockbuster. Sie können großartig sein wie Titanic (1997), oder aber absoluter Schrott wie Pearl Harbor (2001). Was haben sie gemeinsam? Sie sind groß, sie sind laut, bombastisch, gerne auch mal too much, sie haben Weltstars und sind gut verständlich und dadurch massentauglich. Mainstream eben, sehr teuer und spült im Erfolgsfall wieder viel Geld in die Kassen. Es gibt einige Regisseure, die sich in diesem Bereich aufhalten und wirklich tolle Werke abliefern, Geschmack hin oder her. Ich weiß, was ich erwarten kann, wenn ich einen Steven Spielberg sehe, oder einen Quentin Tarantino. Es gibt auch Regisseure, die etwas abseits vom Mainstream sind, und bei denen ich mich auch auf einen Stil verlassen kann - wie zum Beispiel David Lynch.

Aber wenn wir noch etwas weiter abseits schauen. Gar nicht mehr Mainstream, gar nicht mehr große Studios, sondern independent movies. Oft mit geringem Budget, aber obwohl ihnen weniger Geld zur Verfügung steht, haben sie so viel mehr Freiheiten: Sie dürfen intelligent sein, sie dürfen ungewöhnlich sein, sie dürfen surreal sein, genre bending, denn sie müssen nicht für das Mainstream-Publikum angepasst werden. Da können tolle Ergebnisse entstehen, und es gibt Indie-Regisseure, die mich faszinieren. Anhand dreier möchte ich kurz erklären, warum das so ist.

Da wäre erstmal Karyn Kusamas The Invitation (2015), ein Film aus dem Genre des psychological horror. Und eigentlich ist da auch gar nicht so viel Horror, es fliegen keine Körperteile durch die Gegend, keine Geister und keine Schreckmomente. Es geht einfach nur um eine kleine Dinnerparty, bei der irgendwas nicht stimmt - aber vielleicht bildet der Hauptcharakter sich das auch nur ein. Die Dinnerparty ist toll zusammengestellt worden, wir haben eine diverse Gruppe, ein schwules Paar, interracial relationships, wir haben Erwachsene, die aufgeschlossen über erwachsene Themen sprechen, unverklemmt - ein richtiger "Genuss", wenn man es denn so nennen kann, denn bei'm Ansehen fühlt man sich hier und da dann doch irgendwie unwohl, irgendwas ist da faul. Der Film ist bei Netflix verfügbar.

Dann hätten wir Shane Carruth. Zwei Filme hat er bisher geschaffen, im Abstand von neun Jahren, und er wird auf dem Sundance-Festival gern als indie wunderkind bezeichnet. Seine Filme Primer (2004) und Upstream Color (2013) sind hochintelligent konstruiert, sie erfordern extreme Aufmerksamkeit, der Kopf des Zuschauers ist intensiv in die Erstellung der beiden Science Fiction-Geschichten eingebunden. Wirken wie Filme für Nerds, aber wie Roger Ebert damals ganz treffend festgestellt hat: Man selbst fühlt sich intelligent, wenn man diese Filme schaut - und danach erstmal mit Eindrücken überfüllt. Die große Buba war nach Upstream Color erstmal ein wenig überfordert; das sorgfältige Sounddesign, die fragmentarische Erzählweise, das fordert einen Tribut.

Zuletzt die beiden Regisseure, die heute dafür gesorgt haben, dass dieser Beitrag entsteht - Justin Benson und Aaron Scott Moorhead, ich nenne sie hier kurz B&M. Nicht verwechseln mit dem Achterbahnhersteller Bolliger&Mabillard, die in der Szene als B&M bekannt sind.

Ich habe heute das Debüt des Teams geschaut, den Film Resolution (2012), der sich nicht leicht in Genres einordnen lässt. Es geht um zwei beste Freunde, von denen der Eine den Anderen an die Heizung kettet, im letzten Versuch,ihn von seiner Cracksucht zu heilen. Das Ganze findet in einer sehr ungewöhnlichen Umgebung statt, denn irgendjemand scheint sie zu beobachten. Es ist die gleiche Umgebung, in der dann auch die quasi-Fortsetzung The Endless (2017) spielt - und das hat einen wunderbaren Effekt für mich als Zuschauer: Ich habe mich heute gefühlt, als würde ich nach Hause zurückkehren; ich hatte den Film vom letzten Jahr zuerst gesehen. Ich treffe bekannte Charaktere wieder, und die Filme sehen zu keiner Zeit billig aus. Sie spielen in der freien Natur, das lässt sie realistischer erscheinen - und noch realistischer wird das Erlebnis dadurch, dass ich die gestalteten Charaktere vollkommen abnehme. Wir haben hier menschliches Verhalten, unkonstruiert, und richtig gute schauspielerische Leistungen. Das wird kombiniert mit einer ordentlichen Dosis Intelligenz, und ich habe zwei spannende Science Fiction-Psychological Horror-Drama-Comedy-Filme. Ich freue mich jetzt schon auf den nächsten B&M-Film, auch wenn es noch Jahre dauern könnte.

War ein tolles Erlebnis heute!

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