Na, was geht diesmal im Treppenhaus vor sich? |
Endlich Regen. Gern noch etwas mehr, gern mit einem knalligen Gewitter, alles, was die Luft etwas abkühlt. Die letzten beiden Nächte in meiner Wohnung waren grauenhaft, weil im Gegensatz zur letzten Hitzewelle abends kein Luftzug aufgekommen ist, der die Wohnung durchpustet. Zwei schlaflose Nächte, nun reicht es.
Für manche Menschen kann das ein Grund sein, sich eine andere Wohnung zu suchen, und das habe ich hier im Blog auch schon mehrfach thematisiert. Irgendwie scheint unser Eckhaus nur für wenige Menschen eine ernsthafte Perspektive darzustellen, die meisten, die hier einziehen, machen das übergangsweise, als Studien-WG oder etwas in der Art, weil die Wohnungen nicht allzu teuer sind.
Und Gründe zum Auszug gibt es wirklich mehr als nur die Hitze im Sommer. Da wäre der Straßenlärm, der nur bei geschlossenem Fenster einigermaßen unterdrückt werden kann, und geschlossenes Fenster + Sommer = Backofen. Ich komme mit dem Hintergrundlärm aber sehr gut klar; nur bei Filmen oder Meditationen brauche ich Ruhe, genauer gesagt, keine Nebengeräusche, die mich ablenken. Und dann wäre da noch Vonovia, die immer ein Grund zum Auszug ist.
Und so heißt es auch heute wieder Here we switch!, denn ein Nachbar zieht aus, und ein neuer wird - vermutlich - einziehen. Eigentlich sollte ich so etwas sagen wie Here we go!, oder im richtigen Tonfall mit der großen Buba Here we gay! in Anspielung auf das überbritisierte Here we göi! in Ni No Kuni. Aber ich gehe ja nicht, sondern beobachte nur den nächsten Mieterwechsel. Lang' lebe der Bewusstseinsstrom!
Um so mehr wachsen einem die Menschen an's Herz, die bleiben, quasi als Fels in der Brandung für einen Menschen, der mit Veränderungen vermutlich weniger klarkommt, als er bisher dachte. So ist im Erdgeschoss immer noch das Beratungsbüro Görgner, Sozialberatung, in einem nicht gerade überdurchschnittlich starken Viertel wie Hassee eine echte Bereicherung. Und ebenfalls ebenerdig sind da Tina, Petra und Bine, die Friseurmädels von Hair & Body, die jetzt seit bald zwanzig Jahren hier im Kopf-Ab-Business arbeiten. Dann wären da noch zwei Nachbarn im zweiten Stock, die sich für den Ruhestand hier niedergelassen haben.
Solche Nachbarn ziehen in der Regel nicht aus, und wenn, dann ist das definitiv ein paar Gedanken wert, wie zum Beispiel damals bei Frau Kuntzmann, oder aber der Nachbar fand seine Wohnung einfach nur noch todlangweilig - wörtlich. Ich glaube, ich gehöre zu letzterer Gruppe. Also, nicht zu denen, die in der Wohnung mal eben sterben, sondern die, die hier bleiben. Und ich bin gespannt auf das nächste neue Gesicht.
Ich hätte nicht gedacht, dass ich irgendwann einmal froh wäre, den einen oder anderen meiner Nachbarn persönlich zu kennen - ich dachte immer, ich wünschte mir vollkommene Anonymität - aber so ist das eben mit den Linneas und Tures und Kellers und Tinas und Lukassen: Irgendwie tun nette Nachbarn gut.
post scriptum: Ich habe mir gestern den Netflix-Film "Bird Box" (2018) angesehen. Scheiße. Eine tolle Prämisse, und mit Sandra Bullock, John Malkovich und Trevante Rhodes gar nicht schlecht besetzt; Bullock spielt mal wieder eine spröde, emotional schwer zugängliche Frau, die man nicht sofort liebgewinnt - so wie damals bei "Murder by Numbers" (2002) - und das ist eine nette Abwechslung. Dazu eine schöne Science Fiction-Geschichte, mit ein wenig Horror dazu, Anleihen von Stephen Kings "The Mist" (2008) und von vielen faulen Kritikern als Abklatsch von "A Quiet Place" (2018) verschrien. Abklatsch, weil es diesmal um eine Welt geht, in der man seine Augen nicht öffnen darf (während man in letzterem Film keinen Laut von sich geben durfte); faule Kritiker, weil es kein Abklatsch von AQP sein kann, wenn "Bird Box" auf dem gleichnamigen Roman von 2014 basiert. Und scheiße, weil aus einer fantastischen, unheimlichen Prämisse letztlich ein Film gestrickt wurde, der nach der SciFi-Horror-Formelsammlung arbeitet und kaum Neues bietet. Ändert aber nichts daran, dass mich die erste Hälfte begeistert hat. Der Film ist bei Netflix verfügbar.
paulo post scriptum: Heute gab es "Unsane" (2018) - der Film hat mich gereizt, weil er von Steven Soderbergh gedreht wurde und ich muss zugeben, in finde seinen Stil faszinierend. Visuell reduziert, intelligent geschnitten, keine einzige unnötige Szene, das hat mir auch damals in seinem Remake von Tarkovskys "Solaris" (2002; das Original ist von 1972) gefallen. Auch interessant: Der Film wurde komplett auf dem iPhone 7 plus aufgenommen - das erzeugt einen klaustrophobischen Effekt, der zu dem Szenario in einer geschlossenen Psychiatrie gut passt.
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