Sonntag, 14. Juli 2019
Noch mehr Er-Klärungen
Wenn ich nun also tatsächlich ein Aspi sein sollte... dann würde es auch die Abwärtsspirale erklären, die Er und ich durchgemacht haben. Er hatte immer ein großes Harmoniebedürfnis, daran wird sich vielleicht nicht viel geändert haben. Er wollte mich auf keinen Fall enttäuschen, deswegen hat Er versucht, immer das zu sagen, was ich vielleicht habe hören wollen. Das konnten Unwahrheiten sein, oder Phrasendrescherei, aber Er hat es ja nie böse gemeint, im Gegenteil.
Da Asperger ihren Kommunikationspartner allerdings immer bei'm Wort nehmen, habe ich gedacht, Er meinte das alles wirklich so, wie Er es gesagt hatte. Ich hatte keine Idee davon, dass Er etwas, das ich ihm gezeigt habe, vielleicht nicht mochte, denn Er hat immer etwas Positives gesagt. Hauptsache, es kommt nicht zum Streit. Er meinte es gut, und ich dachte, Er meinte es wörtlich, und so kam es immer wieder zu Widersprüchen, die ich nicht nachvollziehen konnte.
Das Wörtlichnehmen kann ein echtes Problem für Asperger sein, denn Menschen neigen nun mal zu höflicher Phrasendrescherei - "Das Kleid sieht toll an dir aus!" - "Ach keine Sorge, wir sehen uns bestimmt bald wieder!" - "Alles wird gut." Ich habe mir in den I-Klassen immer wieder gesagt, dass ich deutliche und eindeutige Sprache benutzen muss, wenn ein Schüler mit dem Asperger-Syndrom in der Klasse sitzt. Wie kann man eigentlich so blind sein und dieses Verhalten bei sich selbst jehrzehntelang nicht entdecken?
Aber besser spät als nie, und das gilt auch für ihn: Sollte Er sich irgendwann durchringen können und sich wieder mit mir treffen, dann wissen wir jetzt immerhin, wie wir miteinander umgehen müssen.
Das wird schon alles wieder.
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