Samstag, 6. Juli 2019

Auteur

Ich konnte explodieren, wenn etwas nicht so lief, wie ich mir das zurechtgelegt hatte...

Surreal, suspenseful, and visually stunning, this new "Twin Peaks" is an auteurist triumph for David Lynch.

So lautet der Kritikerkonsens bei rottentomatoes.com über die dritte Staffel der abgefahrenen Fernsehserie. Aber was heißt "auteurist" - was ist ein "auteur"?

Ich habe damals in Zweitausendachtzehn, als die Staffel veröffentlicht wurde, den Begriff zur Kenntnis genommen und dachte mir, naja, das wird wohl sowas wie "Autor" sein. Ist aber tatsächlich ein wenig spezieller: Ein Auteur ist jemand, der ein Werk erschafft, über das er volle Kontrolle hat ausüben wollen. Keine Kompromisse (zum Beispiel, um etwas massentauglicher zu machen). David Lynch ist so ein Regisseur, aber auch aus Deutschland kommen schräge Köpfe, zum Beispiel Werner Herzog oder Rainer Werner Fassbinder.

Der ist mein heutiger Anlass für diesen Beitrag, denn ich schaue mir gerade seinen Zweiteiler Welt am Draht (1973) an, ein Film, der seiner Zeit weit voraus war. Es geht um eine Lebenssimulation am Computer, so wie zum Beispiel Die Sims, das einige von Euch sicherlich schon einmal gespielt haben. Was an dem Film speziell ist? Er wird aus der Perspektive einer Figur innerhalb der Simulation erzählt, ein Mann, der langsam herausfindet, dass er programmiert wurde. Klasse. (Natürlich gibt es noch mehr Filme mit dieser Thematik, The Matrix, Dark City, The Signal, Inception, aber heute sehe ich mir eben Fassbinder an). Der Film ist nicht unbeingt masentauglich, denn die Personen dort handeln sehr... ungewöhnlich. Ohne Emotionen, sachlich, das sorgt für einen Entfremdungseffekt, und dazu war es wichtig, dass Fassbinder zu jeder Zeit die Kontrolle über seinen Film (nach einem Roman) hat.

Ich tendiere auch zu solchem Verhalten, und ich bringe immer wieder gern meine Zeit bei den Saturnalien an: Ich hatte damals immer ein ganz bestimmtes Bild im Kopf, wie ein Sketch aussehen sollte, und wollte das gern Eins zu Eins auf die Bühne bringen. Das hat Vor- und Nachteile: Mit etwas Glück kann etwas richtig Geniales dabei herauskommen, aber phasenweise (oder dauerhaft) war ich für meine Mitspieler nur schwer auszuhalten. Im Film-Kontext: Klaus Kinski, ein genialer Schauspieler, war ebenso schwer zu ertragen bei der Filmproduktion am Set.

Und dabei ist das doch nie böse gemeint.

Hat schon einen Grund, dass Auteur und Autismus gleich anfangen, denn das griechische Wort "autos" (Herr Leinhos hat die griechischen Schriftzeichen) bedeutet "selbst". Man bekommt sehr viel selbst hin, aber es muss bitte auch genau so sein wie in meinem Kopf. Erklärt sich von selbst, dass ich Gruppenreferate im Studium gehasst habe. Und weil ich meinen Mitmenschen nicht mehr so sehr auf die Nerven gehen möchte, habe ich nicht so viele Freunde und komme in meiner Wohnung einigermaßen allein zurecht.

Ich habe jetzt einfach mal ein neues tag gesetzt, weil ich nicht mehr "geisteskrank" genutzen möchte. Würde passen.

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