Samstag, 30. Dezember 2017
Rückkehr nach Twin Peaks
"I'll see you again in twenty-five years."
Diesen Satz sagt Laura Palmer zu Special Agent Dale Cooper in der Black Lodge - und es ist wahr geworden. David Lynch hat fünfundzwanzig Jahre nach der zweiten Staffel der mittlerweile tatsächlich legendären Serie Twin Peaks viele Darsteller der Originalserie zusammengetrommelt und ein neues Kunstwerk erschaffen: Twin Peaks - A Limited Event Series.
Ich weiß gar nicht, wie ich anfangen soll; ich bin extrem beeindruckt, dabei habe ich gerade einmal die erste Folge der neuen Staffel gesehen. Mehr als einmal konnte ich meinen Augen nicht trauen, denn sie sind alle wieder da, und sie sind fünfundzwanzig Jahre älter geworden: Deputy Andy Brennan und Lucy Moran haben einen vierundzwanzigjährigen Sohn. Hawk hat mittlerweile graue Haare. Margaret, die Log Lady, taucht auf; ihre Szene ist ein besonderer Genuss, denn die Darstellerin Catherine E. Coulson ist bereits 2015 verstorben. Dieser Umstand trägt zur Atmosphäre bei, die sich schnell beschreiben lässt: düster, verstörend.
Das neue Werk ist wesentlich tiefer im psychologischen Horror verwurzelt als die Originalserie. Ich muss zugeben, zeitweise hatte ich ein bisschen die schräg-lustige Seite von damals vermisst - das soll aber nicht heißen, dass kein Humor vorkommt, ganz im Gegenteil, es gibt wieder den rabenschwarzen Lynch-Humor. Ich habe zwischendurch einen Lachanfall bekommen bei einer Szene, in der es um das Öffnen einer Apartmenttür geht. Ich gehe nicht in's nähere Detail, denn ich könnte mir vorstellen, dass es da draußen mehrere Menschen wie mich gibt: aufgeschlossen für Neues, gierig nach Lynch-Input und ich möchte nicht "gespoilert" werden (was die Sprache so alles anstellt...).
David Lynch hat diesmal die Zügel nicht aus der Hand gegeben (wie in der zweiten Staffel), er hat eine ganz konkrete Vorstellung davon gehabt, wie sich das alles entwickeln soll. Die Serie ist eine achtzehnstündige Einheit. Wenn nicht die Credits über den Bildschirm laufen würden, wüsste man nicht, dass eine Folge zu Ende ist. Lynch hat alles gefilmt, was er zu "sagen" hatte, und hat dann das Ganze in achtzehn Episoden unterteilt.
Ich bin so beeindruckt - und auch dermaßen verstört - von der ersten Folge, dass ich unbedingt wissen möchte, wie es weitergeht. Lynch hat die Pilotfolgen 1 und 2 beim Filmfestival in Cannes in diesem Jahr gezeigt und fünfminütige standing ovations bekommen. Das zeigt: David Lynch ist ein Meister seines Fachs, das hat nichts mehr mit Mainstream zu tun, das ist eine Nische, aber eine sehr tiefgründige, inspirierende und illuminierende Nische.
Es sollte erwähnt werden, dass die Serie in Deutschland das Siegel FSK18 bekommen hat, und das zu Recht. Der Inhalt ist definitiv nicht für Jugendliche gedacht. Es ist eine düstere Kunst und verlangt eine gewisse Reife, um das Gezeigte überhaupt verarbeiten zu können.
Ich bin sehr gespannt, wie es weitergeht. Ich muss jetzt erstmal die Eindrücke der ersten Folge verarbeiten. Die älter gewordenen Darsteller. Die düsterer gewordene Grundstimmung (trotz Kaffee und Donuts). Die neuen Schauplätze (zusätzlich zur Stadt Twin Peaks). Ich weiß noch sehr gut, was am Ende der letzten Staffel mit Dale Cooper passiert ist, auch Er weiß das noch, und unzählige Menschen da draußen, und nun entwickelt sich alles genau in die in der letzten Folge angedeutete Richtung.
David Lynch hat ein unglaubliches Talent dafür, Alpträume mit der Kamera aufzuzeichnen. Das hat er schon in Mulholland Drive (2001) getan, und es ist ein Genuss, sich in sein düsteres Universum entführen zu lassen.
Thank you for being unconventional.
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