Donnerstag, 21. Dezember 2017

Mein erstes Mal mit Leni Riefenstahl

Bei dem Anblick schaudert's mir...

Leni Riefenstahl. Ich habe den Namen schon so oft gehört, er hat sich wie ein Bild in mein Gehirn gebrannt. Ich hatte keine Ahnung, wer Leni Riefenstahl war, aber der Name hatte etwas. Hat mein Interesse geweckt. Warum auch immer; allerdings nicht so weit geweckt, dass ich mich mal über die Riefenstahl informiert hätte. Hatte einfach nur einen interessanten Klang.

Und dann kam das: Dieser Tage setze ich mit mit alten Filmen auseinander. Ich lerne etwas über die Geschichte des Films. Wann ungefähr der Wechsel stattfand von den Stummfilmen zu den Talkies, ich schaue gemischt Stummfilme und Sprachfilme aus jener Zeit. Immer mit dem Hintergedanken, dass ich gern jene Filme sehen möchte, die als beste Filme der Welt erachtet werden. Ich bin eben neugierig, ich möchte wissen, was sie so großartig macht. Ich möchte wissen, warum ein Film ohne Sprachausgabe so großartig sein kann, zum Beispiel (über Metropolis werde ich später mal etwas schreiben, wenn ich die restaurierte Fassung gesehen habe).

Um Leni Riefenstahl kommt man einfach nicht herum, wenn man dieses Mindset hat. Und ich weiß jetzt auch, wieso. Ich fühle mich gehirngespült - aber es ist nur ein Gefühl. Kudos an den Film Triumph des Willens (1934), den ich heute angeschaut habe.

Ich sollte das vielleicht vorweg sagen, damit kein falscher Eindruck entsteht: Dieser Film ist pure Propaganda. Er besitzt keinerlei inhaltliche Tiefe und ist ein Dokument der NSDAP. Roger Ebert nannte ihn einst evil. Das sollte vermerkt werden, weil der Film vom Standpunkt eines Filmliebhabers ein Meisterwerk ist und ich nun in's Schwärmen kommen werde.

Leni Riefenstahl war eine kontroverse Figur der deutschen Geschichte. Sie hat sich von der NSDAP instrumentalisieren lassen - anders als ihr Regiekollege Fritz Lang, der "rechtzeitig" in die USA auswanderte. Adolf Hitler soll sehr angetan gewesen sein von Riefenstahls Arbeit, allerdings hat er ihr garantieren müssen, dass der Triumph der letzte Propagandafilm sein würde, den er bei ihr in Auftrag gegeben hat.

Wie schon erwähnt, gibt es in diesem Film keinen Inhalt. Er ist eine Dokumentation des Reichsparteitages der NSDAP im Jahr 1934. Wir sehen stramme Jungs marschieren, Soldaten und Parteigänger den Hitlergruß ausführen, wir sehen Goebbels, Himmler, wir hören Reden, alles auf ausschweifende Art und, wie es sich nun einmal für Propaganda gehört, einseitig und dauerpositiv. Der Film sollte niemanden umstimmen - deswegen habe ich mich oben ein bisschen geziert mit der "Gehirnwäsche" - er sollte einfach jene Menschen, die bereits der NSDAP treu ergeben waren, bestätigen, dass sie das "Richtige" taten, und das tut der Film über knapp zwei Stunden.

Eigentlich würde ich abgeschaltet haben bei einem solchen Mangel an Inhalt und Plot. Aber ich komme nicht umhin zuzugeben, dass der Stil der Frau Riefenstahl mich begeistert hat. Ich habe mittlerweile zeitgenössische Filme gesehen, zum Beispiel M - Eine Stadt sucht einen Mörder (1931) von erwähntem Fritz Lang. Und dadurch, dass ich den Vergleich habe, bemerke ich die Klasse dieses Films. Luftaufnahmen, Massenszenen, nicht ein einziges Gesicht, das nicht ernst marschiert, nicht eine einzige Mütze sitzt schief. Überkopfaufnahmen von einem Torbogen, während unten im Takt der Musik die Soldaten marschieren. Ein fantastischer Einklang von Musik und Bildern, und immer wieder habe ich mich gefragt: Wie hat die Riefenstahl das gemacht? Mittlerweile habe ich gelesen, dass sie mit dreißig Kameras gearbeitet hat und mit einhundertfünfzig Kameraleuten.

Das erklärt Einiges und ist ein Zeugnis des Talents der Regisseurin. Es hat einen Grund, dass Hitler angetan war. Goebbels muss diesen Film geliebt haben; war der nicht Reichspropagandaminister?

Warte mal, Dr Hilarius, fängst du etwa gerade an, dich ernsthaft für die Zeit des Nationalsozialismus zu interessieren? Musste ich dafür erst vierunddreißig Jahre warten? In der Schulzeit hat das Thema mich nur genervt, ich hatte keine Ahnung von gar nichts, und Herr Lasch hatte es leider nicht drauf, Geschichte wirklich lebendig werden zu lassen. Und wie das bei Hochbegabten so ist: Wenn sie eine Sache nicht interessiert, merken sie sich auch nichts. Scheinbar hat mein Interesse für Filmgeschichte mir einen Blickwinkel auf das Dritte Reich eröffnet, der mir vorher verborgen geblieben ist.

Ich komme einfach nicht drumherum: Dieser Film ist fantastisch, und er ist fürchterlich. Ein Meisterwerk für einen sehr üblen Zweck.

post scriptum: Und ich bin schockiert, wie viele Parallelen ich zum Verhalten der AfD ziehen konnte...

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