Mittwoch, 20. September 2017

Zerhackt

Noch nicht zerhackt...

Der Wanderer ist wieder unterwegs. Sein schwerer, schwarzer Mantel reicht bis fast auf den tristen Asphalt der herbstnassen Straße hinunter, der Kragen hochaufgeschlossen, wie eine Rüstung  - wogegen? Gegen den Wind? Den Regen? Gegen die Blicke der Anderen? Den schwarzen Hut mit der breiten Krempe trägt er tief in's Gesicht gezogen, sodass niemand einen Blick auf seine müden Augen erhaschen kann. Er wirft einen Blick auf seine mit metallenen Totenköpfen besetzte Armbanduhr, es ist zwölf Uhr mittags; er sollte wach sein, und doch scheint das metallene Klirren der Nieten, Ketten und Ringe an seiner Hose ihn bei jedem Schritt auf's Neue aufzuwecken.

Natürlich ist auch die Hose schwarz, ebenso wie das Shirt mit Gevatter Tod in Rolle eines Richters darauf. Die Fingernägel sind frisch lackiert, selbstverständlich schwarz, auch sind es schwarze Schuhe mit dicken Sohlen und Stahlkappen, mit Nieten und Schlaufen, mit Ketten und Bändern, die den Klang seiner Schritte noch weiter verstärken.

In der Hand trägt der große schwarze, unheimliche Mann einen großen, prall gefüllten Müllsack. Seine Arbeit zuhause hatte er getan - sollte sich darin etwa ganz normaler Hausmüll befinden? Oder aber... er biegt in die Seitenstraße ein, die zur örtlichen Müllverbrennungsanlage führt. Niemand weiß, was er vorhat, an diesem düsteren Herbstmittag, in dieser düsteren Kluft, in dieser sinistren Gegend.

"Ist irgendwo jemand gestorben?"
"...noch nicht."

Aber ob die Schulkinder, die einen weiten Bogen um ihn machen, ihm das wirklich glauben können? Denn gerade in diesem Moment tropft eine dunkle Flüssigkeit durch ein Loch an einer Ecke des Müllsacks, dunkle Tropfen, die den Asphalt benetzen und sich dort mit dem Schmutzwasser des letzten Regens vermischen. Sie sehen es, diese armen, unschuldigen Kinder, und es schaudert ihnen vor dem Wanderer, der sie keines Blickes würdigt, sondern weiter nur vor sich auf dem Boden schaut, das Mülllheizkraftwerk gerade voraus. Was will er dort? Er wird doch nicht...?

"Renate, so kannst du doch nicht über deine Schwester..."

Der Rentner bricht mitten im Satz ab, als er den Wanderer sieht und versucht gleich darauf, möglichst unbeeindruckt mit seiner Frau weiter zu reden, aber man spürt förmlich die Gänsehaut, die er für einen Moment gespürt haben muss.

"Sagt mal, belästigt ihr beiden da einen Schüler auf seinem Heimweg?"

Der Wanderer nimmt alles wahr, auch diesen großartigen Einsatz von Hilfsbereitschaft eines eigentlich unbeteiligten Fahrradfahrers, während zwei Jugendliche einen dritten, dem die Tränen in den Augen stehen, zu piesacken versuchen. Doch nun wendet er sich von der Müllverbrennungsanlage ab. Dort soll es nicht hingehen. Auch nicht in Richtung der Klaus-Groth-Schule, von der die Schulkinder kamen. Nein, es geht gen plaza.

Denn sein - mein - Ziel war nicht die Müllverbrennung, sondern Sky, und ich musste wirklich dringend den Riesenhaufen alter Leergutflaschen wegbringen und mich dieses versifften Beutels entledigen. Wurde mal wieder Zeit, dafür konnte ich dann auch neue Zutaten kaufen, langsam möchte ich nämlich mal wieder Basler Läckerli backen. Dafür brauchte ich allerdings gehackte Nüsse, und natürlich waren die in den Zutatenregalen samt und sonders vergriffen. Also habe ich ganz normale Nüsse geholt und sie dann zuhause selbst zerhackt. Was für eine Arbeit.

@Sannitanic: Der Mantel ist klasse, irgendwie gucken die Leute ganz komisch. Ich versteh' gar nicht, warum keine Schule mich einstellen will! ;-)

Und: Zeigt Zivilcourage! Nicht wegschauen. Hingehen! Eingreifen!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen