Nacht? Überbewertet... |
Es gab da also einmal diese Phase, in der ich einen Beitrag für unsere Schülerzeitung Hermes schreiben wollte, aber ich war gerade in der Oberstufe angekommen, hatte weder Rückgrat noch Selbstvertrauen und war mir sehr sicher, dass ich nicht gut schreiben kann. Ganz bestimmt könnte ich keinen ernsthaften Beitrag veröffentlichen, der zum Nachdenken anregt, ganz bestimmt fehlten mir dazu Intelligenz und Hintergrundwissen. Also entschied ich mich für den einfacheren Weg und nahm mir vor, etwas Witziges zu schreiben. Das war der viel einfachere Ausweg, denn auf diese Weise sollte man meinen Text gar nicht ernst nehmen und ich wäre aus dem Schneider, gewissermaßen.
Aber ich war mir sicher, dass ich genau genommen auch nichts Witziges schreiben konnte. Das musste irgendwie anders erzeugt werden. Ich musste etwas schreiben, dass sich selbst nicht ernst nimmt, dessen gewünschte Leserreaktion allerdings anders erzeugt wird. Wie soll das gehen? Zeichnen konnte ich erst recht nicht, und ich war bei Weitem nicht so schlau wie unser Jahrgangsprimus MC S, niveauvoll war also auch nicht drin. Es musste etwas völlig Unsinniges sein, und am besten auch ohne meinen Namen in der Zeitung veröffentlicht werden, damit niemand irgendwelche Rückschlüsse auf meine Person ziehen könnte.
Also nahm ich mir etwas Albernes vor. Und schrieb einen Brief an die damalige Bürgermeisterin der Dithmarscher Kreisstadt Heide, Maike Jahns. Ich wollte das einfach mal probieren: Einen Brief an eine wichtige Person schreiben, und dann mal schauen, ob und wie diese Person (oder meinethalben irgendein Angestellter) darauf reagiert. Und sollte diese Reaktion witzig sein, gäbe ich sie zusammen mit meinem Brief an die Redaktion der Schülerzeitung weiter.
Dann versuchte ich, einen Mittelweg zu finden: Etwas völlig Albernes zu schreiben, aber mit ganz sachlicher Logik zu argumentieren, pseudo-ernsthaft, so dass diese "berühmte Person" selbst entscheiden kann, ob ernsthaft oder witzig geantwortet würde. Also schrieb ich an die Bürgermeisterin einen Brief mit der Bitte um die Abschaffung der Nacht, da eine Reihe von Argumenten dafür sprächen.
Und ja, es kam eine Antwort. Das war dann so ein Fall, wo es in meinem Kopf hieß: "Was, sie hat tatsächlich geantwortet? Oder irgendjemand? Oh mann, den Brief mache ich nicht auf, mein Brief war so albern, ich bekomme bestimmt Ärger oder so." Keine Ahnung, ob das typisch HB ist oder einfach konditioniert, diese Versagensangst bzw. Angst vor Zurückweisungen. Dennoch habe ich den Brief geöffnet - und kurze Zeit später konnte der Briefwechsel dann in der Schülerzeitung unter der Rubrik Funkuchen gelesen werden (draufklicken zum Vergrößern):
post scriptum: Ich habe mir heute endlich einmal "The Social Network" (2010) angeschaut, ein Biopic über Mark Zuckerberg und seine Facebook-Gründung. Ein brillanter Film, für mich anstrengend zu folgen, weil derweil so viele Gedanken in meinem Kopf gekreist sind. Und eine sehr authentische Darstellung eines sozial inkompetenten, gefühlskalten, genialen Hochbegabten, und deswegen füge ich diesen Film der Seite "Hochbegabung im Film" hinzu.
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