Montag, 14. Januar 2019

Dalai Lama (DHL-Remix)

Oder doch lieber Selbstabholung...?

Als ich vor knapp fünf Jahren nach Kiel umgezogen war, hatte ich zwei verschiedene Paketzusteller. Ein lustiger älterer Deutscher und eine junge sportliche Russin, beide sehr freundlich und unglaublich zuverlässig. Das hat sich mittlerweile geändert, und damit erzähle ich wohl niemandem mehr etwas Neues. Und woran das liegt? Natürlich wie immer an den Anderen!

"Die Zusteller kommen hier in die Filiale und verstehen unsere Sprache nicht, sagenhaft!" - "Die haben bei mir nichtmal geklingelt!" - "Ich sollte das Paket in Filiale A abholen, aber das ist in Z gelandet!" - "Ich habe über eine Woche gewartet!"

Ich bin mir sicher, dass auch einige von Euch in letzter Zeit ein paar Probleme hatten, nicht nur mit DHL, sondern auch mit anderen Lieferdiensten. Ich hatte sie definitiv, momentan gibt es im Schnitt bei einer von fünf Zustellungen Probleme. Und ich befinde mich in einer Zwickmühle.

Ich könnte mich wunderbar darüber aufregen, ich könnte herumgrummeln, wozu ich überhaupt Postgebühren zahle, wenn dann nichts geliefert wird, ich könnte mich aufregen über alle oben in Anführungszeichen genannten Dinge. Oder ich halte es wie der Dalai Lama, nichts ist entspannender, als das anzunehmen, was kommt. Das fällt nicht immer leicht.

Dennoch gibt es zur Zeit Punkte, die es etwas leichter machen. Denn warum verstehen zum Beispiel viele Zusteller unsere Sprache nicht? Weil sie Geflüchtete sind, oder freiwillig frisch ausgewandert. Und irgendwie finde ich es ja schön, dass DHL diesen Menschen hier eine Arbeitsperspektive verschafft. Eigentlich ist das doch toll.

Aber für DHL ist das auch bitter nötig, denn wir haben alle mitbekommen, wie die Arbeitsbedingungen in den Keller gerauscht sind, so weit, dass kein Deutscher sich das antun möchte. Geringe Bezahlungen und vor allem ein extrem enges Zeitkorsett, kürzere Filialöffnungszeiten, immer öfter müssen Zustelltouren abgebrochen werden, weil einfach Unmögliches von den Zustellern verlangt wird. Und es geht mir überhaupt nicht darum, dass der Postvorstand im Schnitt zweihundertzweiunddreißigmal so viel Gehalt bekommt wie der normale Angestellte, das sind Milchmädchenrechnungen.

Ich finde es nur einfach scheiße, wenn Angestellte ausgebeutet werden. Und ich finde es richtig scheiße, wenn ich das live miterleben muss, wie die Zusteller ausgebeutet werden, manchmal unterhalte ich mich mit ihnen, und kann darin wieder nur Sparmaßnahmen sehen, genauso wie die durschnittliche Klassengröße an Schulen in Deutschland bald auf vierzig ansteigen wird, denn Lehrer sind ja zu teuer. Und eine Sonderschullehrkraft pro zweihundert Schüler.

Ich muss mich einfach darauf einstellen, wenn ich etwas per Post bekommen möchte, dass ich es am besten zwei Wochen vorher bestelle. Und das sollte nicht unmöglich sein. Ich würde all' den Zustellern wirklich wünschen, dass sie bessere Arbeitsbedingungen bekämen.

Und, nur so ganz nebenbei: Wir müssen nicht jedes Kleidungsstück im Internet in fünf verschiedenen Größen zum Anprobieren bestellen, nur weil wir das alles dann ja wieder kostenfrei zurücksenden können. Wir tragen selbst die Verantwortung dafür, dass der Paketverkehr in Deutschland um ein Vielfaches zugenommen hat; kein Wunder, dass es da zu Problemen kommt. Ergo sollten wir auch vor unserer Haustür kehren.

Wie seht Ihr das?

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