Was das genau ist? Wird zum Glück nie explizit gezeigt oder erklärt. Ist aber zutiefst menschlich... |
Vorgestern hatte ich Lust auf einen neuen Film. Diesmal sollte es nichts Episches, Großes, Stundenlanges sein; ich hatte Lust auf einen kleinen, effektiven Horrorfilm. Genauer gesagt auf ein Subgenre, den sogenannten Psychological Horror. Das sind diese Geschichten, bei denen der Horror größtenteils im Kopf des Zuschauers stattfindet. Beispiele dafür sind Rosemary's Baby, The Shining oder die späteren Filme von David Lynch und die dritte Staffel seiner Serie Twin Peaks. Ich liebe es einfach, die oft subtile Abfahrt in den Wahnsinn zu genießen, und habe es dabei besonders gern, wenn meine Sinne verwöhnt werden - Spiel mit Licht und Schatten, Farbfiltern und sorgfältig gestalteten Surroundsound.
Also habe ich mich auf die Suche begeben und bin eher durch Zufall bei einem Film gelandet, der ein bisschen wie eine Gruselgeschichte für Kinder wirkte, wie etwas aus dem Geschichtenbuch. Wurde auf RogerEbert.com und Rottentomatoes extrem positiv bewertet, gilt als einer der kritisch erfolgreichsten Filme seines Jahres und das hat mich neugierig gemacht auf diesen unscheinbaren, unerwarteten Film aus Australien: The Babadook (2014).
If it's in a word or it's in a look, you can't get rid of the Babadook! |
Eigentlich möchte ich nicht zuviel zum Inhalt sagen. Es geht um eine seit einem Unglück schwer belastete Mutter-Sohn-Beziehung. Der Junge ist stark verhaltensauffällig und die Unfähigkeit des Umfeldes, mit dieser Situation zurechtzukommen, führt nach und nach zur Isolation der Mutter; diese versucht, alle Anfeindungen auszuhalten, doch ihre "heile" Welt bricht nach und nach zusammen - spätestens seit einer Gutenacht-Geschichte, die sie ihrem Jungen vorliest, stellt sich eine Paranoia ein, die schließlich dazu führt, ihr Leben komplett zu hinterfragen.
Diese eigentlich unschuldige Geschichte namens The Babadook handelt von einer Kreatur, die des Nachts versucht, von Menschen Besitz zu ergreifen. Aber sowas gibt es natürlich nicht im richtigen Leben... oder doch? Genau diese Frage dominiert das letzte Viertel des Films, und als Zuschauer ist man gut beraten, die Dinge, die man sieht, nicht ganz wörtlich zu nehmen. Es gibt etwas, das man subjektive Kamera nennt: Die Kamera zeigt Dinge so, wie sie von einer der Figuren wahrgenommen werden.
Wir haben hier psychologischen Horror, der sich vor allem im Kopf abspielt. Wer ein wenig Lebenserfahrung besitzt, wird sich mit den Figuren identifizieren können und deren Leid verstehen. Es fliegen keine Körperteile durch die Gegend. Es gibt noch nicht einmal einen nennenswerten Bodycount. Aber den gab es bei The Shining auch nicht, und trotzdem ging jener Film unter die Haut.
In diesem Film taucht nichts Übernatürliches auf. Metaphorisch, ja, und auch menschlich. Eben eine Allegorie auf menschliche Emotionen - und damit keinesfalls unrealistisch - und das gibt dem Film seine Energie: Dass jeder Mensch lernen muss, mit seinem Babadook zu leben ("You can't get rid of the Babadook!"). Du auch, und auch ich. Und auch wenn es jetzt vielleicht noch nicht so weit sein mag, so kommt dieser Moment unausweichlich.
post scriptum: Es ist doch mal wieder kennzeichnend für die menschliche Dummheit und den Unwillen, etwas verstehen zu wollen, wenn es Mühe erfordert. Während die Kritik den Film hoch lobt, ist er beim allgemeinen Publikum ziemlich unpopulär. Das zeigt sich in der Wertung der IMDb oder zum Beispiel in den Rezensionen bei Amazon. Bin froh, dass ich nicht zu dieser Gruppe gehöre - ich fand den Film klasse ;-)
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