Donnerstag, 27. September 2018

Beep...bop!

Manche Englischlehrer werden dieses von Volvo gestaltete Foto aus den Sprechprüfungen wiedererkennen.

Ich schaue zur Zeit die elfte Staffel The X-Files, die im ersten Drittel des Jahres in den USA veröffentlicht wurde. Ich bin positiv überrascht, was die Macher nach einem ziemlich müden Staffelauftakt da alles servieren - richtig schöne oldschool Geschichten (Plus One), Darin Morgans irren Humor (The Lost Art of Forehead Sweat), auch mal eine schöne Mythologieepisode, in der wir etwas über Scullys Sohn erfahren (Ghouli), aber mein Favorit könnte die vorgestern gesehene Episode sein - Rm9sbG93ZXJz (S11E07).

Und dabei fängt alles ganz unspektakulär an mit Mulder und Scully, die in einem Sushi-Restaurant zu Abend essen wollen. Ein voll automatisiertes Restaurant, und man kann sich schon denken, dass etwas schiefgehen wird. Es entwickelt sich zu einer Humorepisode; wer die X-Files kennt, weiß, dass ein paar der witzigen Episoden mit zu den besten der ganzen Serie gehören, z.B. Bad Blood (S05E12). Herrlich, wie penetrant die automatisierten Roboter jedesmal, wenn sie etwas falsch gemacht haben, nachfragen, ob unsere Agenten stolz auf sie sind.

Natürlich handelt es sich bei der Episode um eine Satire auf unsere Gadget-Besessenheit und den Drang, das gesamte Leben zu automatisieren; der Inhalt und die Moral des Ganzen sind längst nicht mehr neu, aber mit der Akte X-Tapete im Hintergrund ist es ein Genuss, zu beobachten, wie Scully und Mulder sich gegen die moderne Technik zur Wehr setzen müssen. Ich habe mich schief gelacht, als Scullys Vibrator von einem wahnsinnigen Putzroboter unter dem Bett hervorgeholt wird, und die völlig inkompetenten Sprachcomputer sind wunderbar eingesetzt.

Mir gefällt auch, dass man sich hier auf visual storytelling konzentriert, es gibt fast überhaupt keine Dialoge. Ich habe spätestens seit A Quiet Place (2018) diesen Kniff sehr zu schätzen gelernt; eine angenehme Alternative zu minutenlangen Expositionsschlachten.

Genau genommen ist das hier fast keine X-Files-Episode. Aber genau solche Experimente braucht eine Serie nach über zweihundert Folgen und zwanzig Jahren Fernsehexistenz. Es gibt sie, die ungewöhnlichen Folgen in einer Serie, der "ungewöhnlich" bereits auf die Stirn geschrieben steht. Ich mag es, wenn man (für die Serie) unkonventionelle Erzähltechniken benutzt; das hat John Doe (S09E07) für mich zu einem kleinen Goldstück werden lassen. Und ich habe mich hier thematisch an Chaplins Modern Times (1936) und Tatis Playtime (1967) erinnert gefühlt, und das war es die dreiundvierzig Minuten wert.

post scriptum: Nun bin ich mit der Staffel durch und leider sehr enttäuscht, dass auch die letzte Episode "My Struggle IV" sehr schwach und inhaltsleer ist. Das, kombiniert mit dem Umstand, dass Gillian Anderson nun definitiv ihren Ausstieg bei den X-Files erklärt hat, und die realistische Einschätzung, dass es sich hierbei um die letzte Staffel gehandelt haben kann, hinterlässt einen unschönen Nachgeschmack. 

Und dennoch bleibe ich dabei: Die elfte Staffel hat ein, zwei der besten Episoden der gesamten Serie hervorgebracht. Genuss pur. Das macht richtig Lust darauf, wieder einmal einen Durchlauf zu starten.

Wer Interesse hat, findet hier noch einen älteren Blogartikel zu den X-Files.

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