Montag, 23. August 2021

Fremdes Glück


vorweg: Dieser Beitrag lag hier fast ein halbes Jahr so herum, wird Zeit für die Veröffentlichung!

Ich frage mich ja immer wieder, ob ich es überhaupt mit der Empathie habe. Gerade wenn ein anderer Mensch ein kleines Glück erleben darf, spüre ich das dann auch? Ich habe in meinem Leben schon oft den Satz "Das ist ja toll, ich freu' mich riesig für dich!" gebracht, aber den habe ich in der Regel gesagt, weil ich das als Phrase gelernt habe. Das sagt man eben, wenn ein anderer Mensch glücklich ist, egal, ob man das meint oder nicht. Ist ein Automatismus geworden.

Jetzt aber fühle ich tatsächlich etwas Wärme, Ruhe und Zufriedenheit in meinem Kopf, denn die Sannitanic läuft jetzt endlich in den Zielhafen ein. Ihre Reise vom metaphorischen Sherbourgh hat lang genug gedauert und sie hatte es wirklich nicht einfach, weder in Kindheit, noch Jugend, noch im jungen Erwachsenenalter. Ich nenne hier keine Details, aber ich möchte wieder einmal betonen, dass meine bisherige Zeit dagegen wirklich behütet und Konsorten war.

Mir hat es immer wieder wehgetan, wenn ihr ein Strich durch die Rechnung gemacht wurde, sei es nun in Familien- oder Karrierehinsicht, und wir haben beide aufgehört, an ein Konzept von "Fairness" zu glauben (wobei ich an dem Karma-Gedanken festhalte). Umso mehr freut es mich, dass es für die jetzt bergauf geht: Nach mehreren Schulwechseln hat sie nun endlich eine Planstelle bekommen, ist also beruflich abgesichert, sie hat ihre Familie mit ihrem mittlerweile Ehemann und jetzt haben sie sich endlich ein eigenes Haus gekauft. 

Ich fühle mich so intensiv an meine Eltern erinnert - sehr oft habe ich früher die Fotoalben durchgestöbert, vom Hausbau, von der Schneekatastrophe und alles, was irgendwie interessant war, und habe oft gedacht, dass wir eigentlich paradiesische Umstände hatten (was meine Eltern sich aber erst hart erkämpfen mussten, so wie die Sannitanic). 

Und nun fühle ich, dass Sanni auch endlich in diese paradiesischen Umstände kommen kann. Sicherlich, es ist immer noch schwer mit zwei Kiddies von gut vier und zwei Jahren, Job, Ehemann, Haushalt - aber unter all' dem Am-Rad-Drehen liegt jetzt wenigstens ein sicheres Fangnetz. Das Gefühl, angekommen zu sein. Seinen Ort zu finden. Und genau dieses Bewusstsein erfüllt mich mit ein bisschen Stolz, aber vor allem Freude. Ich habe immer gedacht, dass es nicht fair wäre, wenn ich vor Sanni eine Planstelle bekommen würde, und ich muss offen zugeben: Ich hatte immer Angst, dass irgendwann der Zeitpunkt kommen würde, an dem wir beide uns auf die gleiche Stelle bewerben und ich die Zusage bekommen könnte. Diese Vorstellung war der absolute Horror für mich, und deswegen fühle ich neben der Wärme und dem Glück auch eine große Portion Erleichterung.

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